Während die Zahl der Todesfälle in den USA gestern auf rund 6.000 anstieg, wächst im ganzen Land die Wut über das elende Versagen der Trump-Regierung, Ärzten und Krankenpflegern medizinische Ausrüstung zur Verfügung zu stellen. Die Beschäftigten im Gesundheitswesen sind auf diese Ausrüstung angewiesen, um gegen die Coronavirus-Pandemie zu kämpfen und das Leben ihrer Patienten zu retten – von ihrem eigenen ganz zu schweigen.
Bei Amazon, Whole Foods und Instacart legten die Beschäftigten spontan die Arbeit nieder. Sie arbeiten ohne Schutz, um die amerikanische Bevölkerung mit lebenswichtigen Gütern zu versorgen. Sie tun dies unter Bedingungen eines von Privatinteressen gelenkten Wirtschaftssystems, in dem völlige Anarchie herrscht und das jeden Menschen im Kampf ums Überleben auf sich selbst zurückwirft. Auch in der Industrie und im Gesundheitswesen kam es in verschiedenen Teilen des Landes zu Protesten der Arbeiter, da der Zorn der Bevölkerung über die Unfähigkeit und Gleichgültigkeit der US-Regierung angesichts einer Krise, die das Leben von Millionen Menschen bedroht, immer größer wird.
Vor diesem Hintergrund eröffnete der US-Präsident am Mittwoch seine tägliche Pressekonferenz zur Corona-Krise mit der Ankündigung, er werde Kriegsschiffe der US Navy in südamerikanische Gewässer entsenden, um in einem angeblich eskalierenden Krieg gegen „die tödliche Geißel des Rauschgifts“ zu intervenieren. Ohne auch nur die Spur eines Beweises vorzubringen, behauptete Trump, dass Drogenkartelle versuchen würden, die tödliche Pandemie auszunutzen.
„Wir setzen zusätzliche Zerstörer, Kampfschiffe, Flugzeuge und Hubschrauber der Marine, Boote der Küstenwache und Überwachungsflugzeuge der Luftwaffe ein und verdoppeln damit unsere Fähigkeiten in der Region“, erklärte Trump.
US-Verteidigungsminister Mark Esper und der Chef des Generalstabs, General Mark Milley, wurden auf das Podium des Weißen Hauses gebracht, um klar zu machen, dass die militärische Eskalation in der südlichen Hemisphäre in erster Linie gegen Venezuela gerichtet ist und in diesem Rahmen auch Spezialeinheiten in die Region entsandt werden.
„Gewissenlose Akteure wie das illegitime Maduro-Regime in Venezuela sind auf die Gewinne aus dem Verkauf von Drogen angewiesen, um ihre unterdrückerische Macht zu erhalten“, sagte Esper.
Diese Aussage ist vollkommen irre. Die Menge an Drogen, die durch Venezuela transportiert wird, ist verschwindend gering im Vergleich zu der Menge, die die Vereinigten Staaten als weltweit größtem Markt für Kokain von Verbündeten der USA wie Kolumbien und Honduras aus erreicht.
Die Verstärkung der Flotte folgt darauf, dass das US-Justizministerium letzte Woche Anklage gegen Nicolas Maduro und andere venezolanische Spitzenpolitiker wegen Drogenhandels und Geldwäsche erhoben hat. Die Anklage entbehrt jeglicher Beweise. Die ganze Kampagne wird von einem „Fahndungsposter“ im Wildwest-Stil begleitet, auf dem eine Belohnung von 15 Millionen Dollar auf den Kopf des venezolanischen Präsidenten ausgesetzt wird.
Der US-Imperialismus setzt Venezuela mit einem Regime von Wirtschaftssanktionen, das einem Zustand des offenen Kriegs gleichkommt und die Wirtschaft des Landes erdrosselt, dem „maximalen Druck“ aus. Venezuelas Ölexporte werden blockiert und die Einfuhr lebensnotwendiger Medikamente und Nahrungsmittel verhindert. Diese Entwicklung hat sich seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie nur noch verstärkt. Washington betrachtet die Pandemie bei seiner Kampagne, um die venezolanische Bevölkerung in die Knie zu zwingen und im ölreichsten Land der Welt ein US-Marionettenregime zu installieren, als willkommenen Verbündeten.
Nur wenige Stunden bevor Trump seine Pressekonferenz am Mittwoch begann, nutzte er seinen Twitter-Account, um eine weitere Kriegsdrohung auszustoßen. Trump erklärte: „Verschiedene Informationen und Annahmen zeigen an, dass der Iran oder seine Stellvertreterkräfte einen heimlichen Angriff auf US-Truppen und/oder Ziele im Irak planen. Sollte das geschehen, wird der Iran wirklich einen sehr hohen Preis zahlen!“
Wie im Fall von Venezuela hat Washington kontinuierlich die lähmenden Wirtschaftssanktionen gegen den Iran verschärft. Dabei ist das Land mit einer der weltweit höchsten Todesraten von Covid-19 konfrontiert. Die Trump-Administration hat zynisch behauptet, dass Medikamente und medizinisches Material nicht unter die Sanktionen fielen, während gleichzeitig die iranische Zentralbank nach wie vor auf der schwarzen Liste der USA steht, wodurch es für Teheran unmöglich ist, irgendetwas auf dem Weltmarkt zu kaufen.
Unterdessen hat das Pentagon Patriot-Raketensysteme im Irak stationiert – gegen den erklärten Willen der irakischen Regierung. Das Parlament des Landes hatte den sofortigen und vollständigen Abzug der US-Truppen gefordert, die mit tausenden Soldaten eine Besatzungsmacht darstellen. Bagdad befürchtet, dass die Raketen zur Vorbereitung eines US-Kriegs gegen den Iran eingesetzt werden, in dessen Verlauf der vom Krieg verwüstete Irak zum Schlachtfeld wird. Schon jetzt hat das Land zu kämpfen mit einer wachsenden Zahl von Corona-Fällen.
Trump hat sich in den letzten Wochen wegen eines angeblichen Kriegs gegen das Coronavirus wiederholt als „Kriegspräsident“ bezeichnet. Wenn es sich dabei tatsächlich um einen Krieg handeln und Trump die Rolle eines Generals spielen würde, wäre er inzwischen vor ein Kriegsgericht gestellt und als Verräter verurteilt worden. Während er problemlos Kriegsschiffe gegen Venezuela und Raketen gegen den Iran in Stellung bringt, ist er nicht in der Lage, Masken, Kittel und Handschuhe für den Schutz des Personals an der medizinischen Front bereitzustellen – ganz zu schweigen von Beatmungsgeräten, um zu verhindern, dass Covid-19-Patienten an den Folgen der Krankheit sterben.
Der dreiste Versuch der US-Regierung, mit der Verschärfung der militärischen Drohungen gegen Venezuela und den Iran das Thema zu wechseln, hat einen offensichtlichen Beigeschmack von Verzweiflung und Hysterie. Diese rücksichtslosen Aktionen sind symptomatisch für ein herrschendes Regime, das in einer extremen Krise steckt, instabil ist und dabei über keinen grandiosen Plan verfügt, um die amerikanische Bevölkerung durch patriotisches Kriegsfieber auf Linie zu bringen.
Was könnte die USA durch einen Krieg gegen den Iran oder Venezuela unter den gegenwärtigen Bedingungen erreichen? Er würde lediglich dazu dienen, den amerikanischen Kapitalismus noch weiter zu diskreditieren, der zunehmend als erbärmlicher Fehlschlag wahrgenommen wird, da die Weltbevölkerung entsetzt auf Szenen blickt, in denen Covid-19-Erkrankte vor Krankenhäusern in Schlangen anstehen und Leichen mit Gabelstaplern auf Kühllastwagen geladen werden. Die Entfesselung militärischer Gewalt gegen eines der beiden Länder würde einzig und allein dazu führen, dass enormes menschliches Leid und neue Ströme von Kriegsflüchtlingen entstehen und sich die Pandemie noch weiter ausbreitet.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Selbst innerhalb des US-Militärs gibt es zweifellos erhebliche Meinungsverschiedenheiten bezüglich der Kriegsdrohungen. Während Kriegsschiffe nach Südamerika entsandt werden, lähmt das Coronavirus gleichzeitig den atomgetriebenen Flugzeugträger USS Theodore Roosevelt, der als ultimatives Symbol amerikanischer Militärmacht gilt. 100 Matrosen haben sich infiziert, wodurch der über 4.000 Mann starken Besatzung die Krankheit droht. Ihr Kapitän bat inständig darum, sie von Bord schicken zu dürfen. „Wir befinden uns nicht im Krieg“, erklärte er. „Die Matrosen müssen nicht sterben.“ Die Trump-Regierung steht deren Leben jedoch ebenso gleichgültig gegenüber wie dem der Venezolaner und Iraner, die sich im Fadenkreuz der Aggression Washingtons befinden.
Das wilde Umsichschlagen des Weißen Hauses vom Mittwoch folgte auf die Veröffentlichung eines Berichts der Vereinten Nationen, in dem es heißt, dass die Corona-Krise die größte Herausforderung für die Menschheit seit dem Zweiten Weltkrieg darstellt, dem über 70 Millionen Menschen zum Opfer fielen. Die Organisation warnte vor „dem Alptraum, dass sich die Krankheit wie ein Lauffeuer im globalen Süden ausbreitet und Millionen von Toten verursacht.“ Zudem bestehe die Gefahr, dass die Krankheit anschließend „dort wieder auftaucht, wo sie zuvor besiegt wurde.“
Neben abgedroschenen Appellen an globale „Solidarität“ und internationale Zusammenarbeit – in einer Zeit, in der die kapitalistischen Regierung auf der ganzen Welt Protektionismus, Handelskrieg und Fremdenfeindlichkeit schüren – fordert der Bericht die Beendigung von Sanktionsmaßnahmen und einen globalen „Waffenstillstand“. „Alle Länder sollen“, so der Bericht, „ihre Waffen niederlegen, um den größeren Kampf gegen Covid-19 zu unterstützen – den gemeinsamen Feind, der jetzt die gesamte Menschheit bedroht.“
Die Pressekonferenz im Weißen Haus am Mittwoch hat zur Genüge bewiesen, dass dies unter der bestehenden kapitalistischen Ordnung ein Wunschtraum ist. Der „gemeinsame Feind“ wird lediglich als eine weitere Waffe in den Kriegen um geostrategische Interessen und Kontrolle von Märkten und Ressourcen angesehen.
Im UN-Bericht heißt es: „Die COVID-19-Pandemie ist ein entscheidender Moment für die moderne Gesellschaft, und die Geschichte wird die Wirksamkeit der Reaktion nicht anhand der isoliert getroffenen Maßnahmen einer einzelnen Gruppe von Regierungsakteuren beurteilen, sondern anhand des Grades, in dem die Reaktion global über alle Sektoren zum Wohl unserer Menschheitsfamilie koordiniert wird.“
Es handelt sich in der Tat um einen entscheidenden Moment, aber das Urteil wird nicht der Geschichte überlassen werden. Werktätige und unterdrückte Menschen auf der ganzen Welt werden zu Zeugen des kriminellen Charakters der kapitalistischen Weltordnung angesichts der globalen Pandemie und des Massensterbens. Das Bewusstsein von Hunderten von Millionen Menschen verändert sich radikal. Der Kapitalismus ist als ein System entlarvt, das wirtschaftlich, sozial und moralisch vollkommen bankrott ist. Überall auf der Welt breitet sich Massenwiderstand aus – von Call-Center-Mitarbeitern in Brasilien bis hin zu Krankenwagenfahrern in Indien.
Nur die Arbeiterklasse hat angesichts der drohenden Zerstörung der Menschheit eine Alternative zu bieten – einen international vereinten Kampf für den Weltsozialismus.