NATO verstärkt Kriegsvorbereitungen gegen Russland

Vor dem Hintergrund der US-Aggression gegen Nordkorea verstärkt die Nato ihre Kriegsvorbereitungen gegen Russland, die zweitgrößte Atommacht der Welt. Ein Bericht des Spiegel (Ausgabe 43/2017), der sich auf ein geheimes Dokument des Verteidigungsbündnisses stützt, macht deutlich, wie weit die Pläne dafür fortgeschritten sind. Das Nachrichtenmagazin selbst kommt zu dem Schluss: „Im Klartext: Die Nato bereitet sich auf einen möglichen Krieg mit Russland vor.“

In dem Papier mit dem Titel „Fortschrittsbericht über das verstärkte Abschreckungs- und Verteidigungsdispositiv der Allianz“ fordern führende Militärs eine massive Verstärkung militärischer Fähigkeiten, um heute eine sogenannte „Major Joint Operation Plus“ führen zu können. Hinter dem Begriff verbirgt sich ein Krieg, an dem militärische Großverbände aller Nato-Länder und damit Hunderttausende Soldaten beteiligt wären. Der Spiegel stellt fest: „Die Zeit der Friedensdividende ist vorbei, die Kommandostrukturen des Kalten Krieges kehren zurück.“

Im Geheimbericht heißt es, die Nato müsse in der Lage sein, „schnell einen oder mehrere bedrohte Verbündete zu stärken, Abschreckung in Friedens- und Kriegszeiten zu untermauern und Verbündete im Falle eines Angriffs zu unterstützen.“ Zur Mobilisierung der dafür erforderlichen Truppen sei eine „robuste militärische Logistik und Fähigkeiten“ notwendig. Die Kommunikationslinien müssten von Nordamerika bis zur Ost- und Südgrenze des Bündnisses reichen.

Insbesondere bei der Verlegung großer Militärverbände nach Osteuropa sehe sich die Nato durch die Schrumpfung und Flexibilisierung der Streitkräfte für Auslandseinsätze nicht ausreichend vorbereitet. Im Bereich der Logistik sei „das Risiko für eine schnelle Verstärkung erheblich“, so der Bericht. Es fehle an Tiefladern für Panzer und Bahnwaggons zur Verlegung von schwerem Gerät an die Front. Die Infrastruktur sei etwa für den schweren Kampfpanzer der Bundeswehr „Leopard 2“ nicht ausgelegt.

Den Kern des Nato-Papiers bildet die Forderung nach zwei neuen Kommandos mit insgesamt 2.000 Mann.

Das erste dieser Kommandos folgt dem Vorbild des Supreme Allied Command aus dem Kalten Krieg, das den Nachschub von Truppen und Material für einen Krieg in Europa über den Atlantik sicherstellen sollte. „Der Seeweg, glauben hochrangige Nato-Militärs, könnte im Ernstfall eine Achillesferse für den Nachschub werden“, lässt der Spiegel seine Leser wissen. „In den geheimen Sitzungen zur Kommandoreform warnten Analysten, Russland bewege sich im Atlantik weitgehend unbeobachtet mit U-Booten.“ Angesichts der aktuellen Kommandostruktur seien Nato-Konvois im Atlantik wehrlos.

Die Einrichtung eines solchen Kommandos bedeutet ganz unmittelbar eine massive Militarisierung des Nordatlantiks. Dies verdeutlicht ein Blick auf sein historisches Vorbild.

Das Kernstück des Supreme Allied Command Atlantic bestand bis zu seiner Auflösung im Jahr 2003 aus der Eingreifflotte Atlantik (Striking Fleet Atlantic). Diese umfasste bis zu vier Flugzeugträger-Kampfgruppen, zwei U-Boot-Abwehrkommandos, ein amphibisches Kommando für Landungsoperationen und 22.000 Marinesoldaten. Mit diesem Großverband sollte die Vorherrschaft über die Seewege zwischen Nordamerika und Europa aufrecht erhalten werden.

Ein zweites Kommando unter der Bezeichnung „Rear Area Operation Command“ soll die Verteilung von Kriegsmaterial in Europa organisieren. Seine Hauptaufgabe bestünde laut Spiegel darin, „die Logistik zwischen Mitteleuropa und den östlichen Mitgliedsstaaten zu planen und abzusichern.“ Dahinter verberge sich „in Wahrheit die Renaissance des Mobilisierungskonzepts des Kalten Krieges“.

Im Klartext: Das Kommando soll den Aufmarsch großer Truppenverbände an der russischen Grenze organisieren und einen Überfall auf Russland vorbereiten. Die Vorbereitungen dafür laufen bereits auf Hochtouren und Berlin spielt dabei eine zentrale Rolle. So soll der Standort des Kommandos in Deutschland liegen. Anfang Oktober, kurz nach der Bundestagswahl, kam es laut Spiegel-Informationen bereits zu entsprechenden Gesprächen zwischen hochrangigen Militärs der USA und der Bundeswehr.

Auch beim ersten Telefongespräch zwischen der noch amtierenden Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und ihrem amerikanischen Amtskollegen James „Mad Dog“ Mattis ging es um die Einrichtung des Kommandos. Deutschland, das seit drei Jahren massiv aufrüstet und versucht, sein militärisches Gewicht innerhalb der Nato zu erhöhen, würde damit noch stärker als bisher zum Dreh- und Angelpunkt der Nato-Kriegsvorbereitungen gegen Russland.

„Innenpolitisch wäre das Projekt selbst in einer möglichen Jamaikakoalition mit den Grünen wohl unproblematisch, denn die Deutschen würden keine Kampftruppen stellen, sondern nur Stabssoldaten“, kommentiert der Spiegel. Die aggressive Rhetorik der Grünen gegenüber Russland und der bisherige Verlauf der Sondierungsgespräche, bei denen es in der Frage der Kriegspolitik lediglich taktische Differenzen zwischen den Parteien gibt, lassen daran keinen Zweifel.

Für das Treffen der Nato-Verteidigungsminister am 8. und 9. November in Brüssel wird somit trotz der wachsenden Spannungen innerhalb der Nato selbst, ein entsprechender Beschluss zur Einrichtung der neuen Kommandostrukturen erwartet.

Der Nato-Geheimbericht und der Bericht des Spiegel darüber, rechtfertigen die Kriegsvorbereitungen gegen Russland, die Millionen Menschenleben gefährden, als Reaktion auf die „russische Annexion“ der Krim. Das stellt die Wirklichkeit auf den Kopf. Das Putin-Regime repräsentiert nichts Fortschrittliches und erhöht mit seiner eigenen Aufrüstung die Kriegsgefahr. Aber in Osteuropa ist nicht Moskau der Aggressor, sondern die westlichen Mächte. Seit der Auflösung der Sowjetunion vor 25 Jahren verfolgen vor allem die USA das Ziel, Russland einzukreisen und zu unterwerfen. Im Februar 2014 hat Washington gemeinsam mit der Bundesregierung in der Ukraine einen rechten Putsch gegen die pro-russische Janukowitsch-Regierung unterstützt.

Mit der Darstellung Russlands als aggressiver Großmacht, die nur darauf wartet, sich ganz Osteuropa einzuverleiben, rechtfertigen die imperialistischen Mächte seitdem den Aufmarsch von Nato-Truppen an der russischen Grenze. 2014/15 vergrößerte die Nato ihre „Schnelle Eingreiftruppe“ auf 40.000 Soldaten. Deren sogenannte „Speerspitze“ umfasst vier „multinationale Gefechtsverbände“ mit je 1.000 Soldaten in den drei baltischen Staaten sowie in Polen, angeführt von Großbritannien, Kanada, Deutschland und den USA.

Der Geheimbericht fordert nun, diese Verbände weiter aufzustocken. Es gebe „keine ausreichende Sicherheit, dass selbst die Nato-Eingreiftruppe in der Lage ist, schnell und – wenn nötig – nachhaltig zu reagieren.“ Dass es dabei in Wirklichkeit nicht um eine Reaktion auf russische Aggressionspläne, sondern um aktive Kriegsvorbereitungen gegen Moskau geht, macht der Spiegel selbst deutlich. Es rechne „kaum jemand damit“, so das Nachrichtenmagazin, „dass Russland tatsächlich ein Nato-Land angreifen könnte.“

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