Im Dezember schrieb die World Socialist Web Site zu den Angriffen bei Volkswagen: „Die Kampfansage des Vorstands an die Belegschaft eröffnet eine Zeitenwende in der Sozialpolitik, die nicht nur VW betrifft.“ Nun hat Bosch eine solche Zeitenwende – ungebremste Angriffe auf Arbeitsplätze und Löhne – angekündigt.
Die Automobilsparte der Robert Bosch GmbH ist der weltweit größte Automobilzulieferer. Der Konzern fertigt zudem Elektrowerkzeuge, Hausgeräte sowie Erzeugnisse und Komponenten für die Energie- und Gebäudetechnik.
Nach einem massiven Stellenabbau und verschiedenen anderen Sparprogrammen in den letzten zwei Jahren beschäftigte die Bosch-Gruppe Ende 2024 weltweit nur noch knapp 420.000 Arbeiterinnen und Arbeiter in 60 Ländern. Allein im letzten Jahr verloren weltweit 11.500 Beschäftigte ihre Stelle, darunter 4.400 der 129.000 Beschäftigten in den deutschen Werken.
Nun hat die Bosch-Gruppe weitere Angriffe angekündigt. Das vorläufige Geschäftsergebnis für 2024 lasse einen Umsatz von 90,5 Milliarden Euro erwarten, das entspräche einem Gewinn von maximal 3,5 Milliarden Euro und einer Rendite von 3,5 Prozent. Im Jahr 2023 hatte der Gewinn noch bei 4,6 Milliarden Euro und die Rendite bei 5 Prozent gelegen.
„Ich erwarte, dass 2025 ein herausforderndes Jahr sein wird“, so Bosch-Geschäftsführer Stefan Hartung. Im gleichen Atemzug kündigte er „schmerzhafte Entscheidungen“ an – für die Belegschaften, nicht für die Konzerneigner. Denn der Konzern will den Gewinn aus 2024 bis zum Jahr 2026 mindestens verdoppeln. Das sei schwierig, aber erreichbar.
Zahlen sollen die Verdoppelung des Gewinns und damit der Rendite die Beschäftigten. In einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung kündigte Hartung an: „Es wird weitere Sparprogramme geben – einfach, weil es bis 2030 eine weitere große Verschiebung im Antriebsmix im Automobilbau geben wird.“ Da dieser Wandel strukturell bedingt sei, werde es in den kommenden fünf, sechs Jahren unweigerlich so weitergehen. Hartung weigerte sich, die Zahl der Entlassungen, die das Unternehmen plant, bekannt zu geben.
Bereits im März 2024, bei der ersten Ankündigung der Vernichtung von 3.500 Arbeitsplätzen in Deutschland, hatte Hartung in einem Interview klar gemacht, dass die aktuellen Angriffe kein Ende haben werden. „Es sind keine endgültigen Zahlen, sondern die Größenordnungen, die wir als nötig erachten, um die Wettbewerbslücke zu schließen. Am Schluss geht es um dauerhafte Kostenreduktion und die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und nicht um Kopfzahlen.“ Ende 2024 kündigte Bosch dann an, bis 2026 weltweit weitere 12.230 Stellen abzubauen, davon 7.000 in den deutschen Werken.
Hartung unterstrich, dass dies nur in enger Zusammenarbeit mit der IG Metall zu erreichen sei. „Die Sozialpartnerschaft bei Bosch“ sei „bisher noch nie mit einem solchen Stellenabbau belastet“ worden. Er deutete an, dass Bosch daher einen ähnlichen Weg wie VW beschreiten möchte.
Bei VW führt der offene Schulterschluss der IG Metall mit dem Konzern zur Vernichtung von mindestens 35.000 Arbeitsplätzen, zur Senkung der Reallöhne um bis zu 20 Prozent und über kurz oder lang auch zu Werksschließungen.
Auch Bosch kürzt neben den Stellen die Löhne und Gehälter. So werden die Arbeitszeiten für mehr als 10.000 Beschäftigte zwangsweise auf 35 Stunden gesenkt – ohne Lohnausgleich. Die meisten der Betroffenen arbeiten aktuell 38 bis 40 Stunden pro Woche, verlieren also bis zu 15 Prozent ihres Bruttolohns.
Die IG Metall, in der Vergangenheit verlässlicher Partner der Geschäftsleitung bei der Planung und Umsetzung von Personalabbau und Sparprogrammen, reagierte in der Öffentlichkeit mit Empörung und Unkenntnis. Bosch Mobility Betriebsratschef Frank Sell, der auch stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats der Robert Bosch GmbH ist, beklagte, dass der Betriebsrat die „geplanten Weichenstellungen vorab nur in Andeutungen kennt und dann vor vollendete Tatsachen gestellt wird“. Wer das glaubt, wird selig.
Noch vor weniger als zwei Jahren, im Juli 2023, hatte Sell bei der Vorstellung eines mit der Geschäftsleitung vereinbarten Sparprogramms euphorisch gesagt: „Zunächst können sich die Mitarbeiter an den Mobility-Standorten über einen sicheren Arbeitsplatz bis 2027 freuen.“
„Die Betriebsräte werden nun auch frühzeitig in strategische und wirtschaftliche Planungen eingebunden, zum Beispiel hinsichtlich der Ansiedlung von Zukunftsprodukten und Entwicklung von Zielbildern“, freute sich Sell. „So gestalten wir die Zukunft der deutschen Mobility-Standorte auch über das Jahr 2027 hinaus.“
Nun will der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende vor vollendete Tatsachen gestellt worden sein und beschwört die alte „Sozialpartnerschaft“, mit der Gewerkschaft und Konzern gemeinsam Kostenreduktionspläne, sprich Angriffe auf die Belegschaft, ausgearbeitet haben.
Die Gewerkschaft verweist daher in Sonntagsreden gerne auf die Tradition des Unternehmens, das der rechte Sozialdemokrat Robert Bosch 1886 gegründet hatte. Damals stand die Industrie Deutschlands auf dem Höhepunkt der weltweiten kapitalistischen Entwicklung. Die Arbeitsbedingungen verbesserten sich unter diesen Umständen gewaltig – vor allem wegen der Arbeit der SPD unter Leitung von August Bebel, die die Gewerkschaften aufbaute und unter dem Banner des Marxismus die Arbeitermassen organisierte.
Weniger als 30 Jahre später beendete der sich anbahnende Erste Weltkrieg die reformistischen Illusionen, die sich in der SPD gleichzeitig entwickelt hatten. 1913 ließ Bosch sein Werk in Stuttgart wegen eines Streiks für bessere Löhne und Arbeitsbedigungen vorübergehend schließen. Am 4. August 1914 stimmte die SPD-Fraktion im Reichstag für die Kriegskredite des Kaisers. Wie Rosa Luxemburg so vortrefflich sagte: Der Kapitalismus stellte die Arbeiterklasse vor die Alternative „Sozialismus oder Barbarei“.
Auch heute steuert die kapitalistische Gesellschaft auf eine Katastrophe zu. Krieg und Handelskrieg eskalieren in einem seit dem Zweiten Weltkrieg nie dagewesenen Tempo. US-Präsident Donald Trump beschleunigt und verschärft dies weiter.
Der Handelskrieg, in den die internationalen Konzerne, speziell in der Autoindustrie, mit Sieben-Meilen-Stiefeln marschieren, wird auf dem Rücken der Belegschaften ausgetragen. Kein Werk, kein Arbeitsplatz, kein Lohn, keine Rente ist vor der unbarmherzigen Jagd nach Rendite und Profit sicher.
Die IG Metall erklärt sich, wie bei VW, dazu bereit, das durchzusetzen. In bester Co-Manager-Manier beklagt Betriebsrat Sell die Kopflosigkeit der Geschäftsführung. Diese weigere sich, ein Konzept für das gesamte Unternehmen zu diskutieren. „Es fehlt an unternehmerischem Mut“, so Sell. Daher „rasen wir mit 200 auf eine Wand zu, und keiner wagt es, als Erster zu bremsen“.
Das ist Augenwischerei, und Sell weiß es. Hartung und der von ihm geleitete Konzern haben ein Konzept. Es werden so lange Arbeitsplätze abgebaut und Löhne gesenkt, bis die Rendite wieder stimmt. Um das durchzusetzen, lässt Hartung in jeder einzelnen Sparte und an jedem einzelnen Standort die Betriebsräte getrennt mit den jeweiligen Vorständen und Managern verhandeln. So soll eine gemeinsame Antwort der deutschlandweit rund 130.000 und weltweit fast 420.000 Arbeiterinnen und Arbeiter verhindert werden. Und die Betriebsräte machen mit.
Um eine machtvolle Antwort auf die Angriffe zu geben, müssen sich die Beschäftigten in unabhängigen Aktionskomitees organisieren. Darin müssen sich all diejenigen Kolleginnen und Kollegen, egal ob IGM-Mitglied oder nicht, austauschen und beraten, die ernsthaft für den Erhalt der Arbeitsplätze und Löhne kämpfen wollen.
Die weltweit 420.000 Beschäftigten bei Bosch sind vereint schon eine gewaltige gesellschaftliche Macht. Ihnen werden sich bei einem wirklichen Kampf die 670.000 VW-Beschäftigten und viele Millionen Arbeiter in aller Welt anschließen. Überall gibt es wachsenden Widerstand gegen die drohenden Angriffe.
Doch die Gewerkschaftsapparate wollen die Gegenwehr der Belegschaften unterbinden. Sie sind eng mit der SPD und den anderen Bundestagsparteien verbandelt. Die aktuelle Bundestagswahl soll nicht durch protestierende oder gar streikende Arbeiter gestört werden. Deshalb verlegt die IG Metall ihren bundesweiten Protesttag, an dem in Hannover, Stuttgart, Köln, Frankfurt und Leipzig Demonstrationen angemeldet sind, auf den 15. März – also nach der Wahl.
Der kommenden Bundesregierung soll so der Rücken gestärkt werden, damit sie die Angriffe auf Arbeitsplätze, Einkommen und Sozialleistungen durchsetzen, die Aufrüstung forcieren und die Kriegsbeteiligung ausweiten kann.
Im Wahlaufruf der Sozialistischen Gleichheitspartei (SGP) zu den Bundestagswahlen heißt es daher:
DGB, IG Metall und Verdi befürworten die Kriegspolitik der Regierung. Ihre gutbezahlten Funktionäre und Betriebsräte stehen auf der Seite der Aktionäre und des Managements. Sie spielen die Belegschaften verschiedener Werke und Länder gegeneinander aus und sind zu jedem Zugeständnis bereit, damit „ihr“ Standort im globalen Kampf um niedrigere Kosten und höhere Profite wettbewerbsfähig bleibt. Bei Volkswagen unterstützen IG Metall und Betriebsrat den Kahlschlag und feiern ihn zynisch als „Weihnachtswunder“.
Um Arbeitsplätze, Löhne und Rechte zu verteidigen, müssen sich Arbeiter unabhängig von den Gewerkschaften organisieren und international zusammenschließen. Die SGP ruft zum Aufbau von Aktionskomitees auf, die von der Basis kontrolliert werden und nur dieser verantwortlich sind. Sie müssen jeden Arbeitsplatz an allen Standorten grundsätzlich verteidigen und alle Zugeständnisse bei Löhnen und sozialen Errungenschaften zurückweisen.
Dieser Kampf muss international geführt werden. Die Aktionskomitees müssen die Spaltung der Belegschaften nach Stamm- und Leihbeschäftigten, Standorten und Automarken überwinden und sich mit Aktionskomitees in anderen Werken, Unternehmen und Ländern vernetzen. Wir haben zu diesem Zweck die Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees (IWA-RFC) ins Leben gerufen.
● Keinen Cent für Aufrüstung! Gesundheit und Bildung statt Rüstung und Krieg!
● Verteidigt alle Arbeitsplätze! Baut unabhängige Aktionskomitees auf!
● Entschädigungslose Enteignung der Miethaie, Energiekonzerne und Kriegsgewinnler!
Arbeiterinnen und Arbeiter, die damit übereinstimmen, sollten sofort Kontakt mit dem Aktionskomitee aufnehmen. Meldet euch per Whatsapp unter +49-163-337 8340 oder registriert euch gleich über das unten stehende Formular.