Am 6. Januar 2025, vier Jahre nachdem Donald Trump einen Mob seiner Anhänger auf das Kapitol marschieren ließ, um die Wahl von Joe Biden zu verhindern, bestätigte der US-Kongress Trumps Sieg über die Vizepräsidentin Kamala Harris im Wahljahr 2024. Die Bestätigung am Montag war die letzte verfassungsrechtliche Hürde, bevor Trump am 20. Januar 2025 als 47. Präsident vereidigt wird.
In krassem Gegensatz zu den Ereignissen vor vier Jahren erhob kein einziger Senator oder Abgeordneter Einwände gegen die Wiederwahl Trumps. Und dies obwohl Trump eine führende Rolle gespielt hat beim gescheiterten Staatsstreich am 6. Januar 2021, der in enger Abstimmung mit der Mehrheit der Republikanischen Partei, Elementen des Polizei-, Militär- und Geheimdienstapparats und dem Obersten Gerichtshof inszeniert wurde. Anstelle von ein paar Hundert Polizisten und einfachen Absperrgittern wurden diesmal der Kapitolkomplex und die Umgebung in eine Hochsicherheitszone verwandelt, mit 2,5 m hohen Sicherheitszäunen, die um das Kapitol errichtet wurden.
Im Plenarsaal begleitete am Montag Vizepräsident Harris in der Rolle der Senatsvorsitzenden zusammen mit dem kürzlich wiedergewählten Sprecher des Repräsentantenhauses Mike Johnson die Bestätigung des Wahlsiegs. Die beiden wurden während der gesamten Veranstaltung lächelnd und fröhlich plaudernd gesehen. Nach der Verlesung der endgültigen Stimmenzahl der Wahlleute (Electoral College) durch Harris - 312 für Trump/J.D. Vance, 226 für Harris/Tim Walz – brach parteiübergreifender Applaus im Plenarsaal brach aus. Harris krönte dies, mit einem herzlichen Händedruck für Johnson.
Vor und nach der Prozedur im Kongress machten führende Mitglieder der Demokratischen Partei deutlich, darunter auch der amtierende Präsident Joe Biden, dass sie alles tun, was in ihrer Macht steht, um einen „reibungslosen Übergang“ zu Trump zu gewährleisten. Dazu gehört nicht nur, dass jeder Hinweis auf Trumps faschistische Auffassungen und Pläne gestrichen wird, sondern auch der Putschversuch von 2021 wird beschönigt.
In einem Beitrag, der am Vorabend der Zusammenkunft im Kapitol in der Washington Post erschienen ist, spricht Biden von „gewalttätigen Aufständischen“. Er vermeidet es jedoch, die Person beim Namen zu nennen, für deren Machterhalt diese gewalttätig geworden waren. In der gesamten Kolumne erwähnt Biden Trump nicht ein einziges Mal namentlich, obwohl Trump eine führende Rolle bei der Verbreitung der „großen Lüge“ spielte, dass die Wahl 2020 „manipuliert“ worden sei und dass „Patrioten“ nach Washington D.C. kommen müssten, um „den Diebstahl zu stoppen“.
Biden schreibt, dass es eine „unerbittliche Anstrengung ... gegeben hat, die Geschichte des Tages umzuschreiben, ja sogar auszulöschen“. Trump und die Republikaner haben zwar versucht, die Ereignisse vom 6. Januar als einen „friedlichen Protest“ darzustellen, der „außer Kontrolle geraten“ sei. Doch Tatsache ist, dass Trumps Rückkehr ins Weiße Haus nur möglich ist, weil die Demokratische Partei sich weigerte, strafrechtliche Ermittlungen nicht nur gegen Trump, sondern auch gegen seine Komplizen in der Republikanischen Partei, im Polizei-, Militär- und Geheimdienstapparat und im Obersten Gerichtshof selbst einzuleiten.
Biden ignoriert die Tatsache, dass der oberste Putschist und seine treuesten Berater ins Weiße Haus zurückkehren, und schreibt: „Wir sollten stolz darauf sein, dass unsere Demokratie diesem Angriff widerstanden hat. Und wir sollten froh sein, dass es in diesem Jahr nicht noch einmal zu einem solchen beschämenden Anschlag kommen wird.“
In einem Kommentar zu Bidens „erbärmlicher“ Kolumne bemerkt David North, Chefredakteur der World Socialist Web Site: „Der ‚beschämende Anschlag‘ wiederholt sich deshalb nicht, weil der Mann, der den Angriff am 6. Januar angeführt hat, in sein Amt eingeführt wird.“
Im Pressegespräch am Sonntag stellte Biden die Gefahr einer Diktatur als eine Sache der Vergangenheit dar. Mit Blick auf Trump sagte Biden: „Ich denke, was er getan hat, war eine echte Bedrohung für die Demokratie. Ich bin zuversichtlich, dass wir das hinter uns gelassen haben.“
Bidens Beitrag ebnet den Weg für die weitere Unterwürfigkeit der Demokraten am Montag. Führende Demokraten sind bereit, die Geschichte umzuschreiben und sich Trump zu beugen, und stellen dies noch als Beweis dafür dar, dass die faschistische Bedrohung vorüber sei. Der Vorsitzende der Demokratischen Minderheitsfraktion im Senat, Chuck Schumer, will die Öffentlichkeit einschläfern anstatt sie vor der drohenden Diktatur zu warnen: In einer zehnminütigen Rede während der Sitzung, nannte er nicht einmal Trumps Namen oder erwähnte Trumps Rolle bei dem Anschlag.
Stattdessen machte Schumer amorphe „Randalierer“ und „Aufrührer“, die von „Wahlverleugnung“ besessen seien, für den Angriff verantwortlich. Es dauerte mehr als acht Minuten, bis Schumer den Punkt einräumte, dass einige Republikaner „versucht haben, die Wahl zu untergraben“.
Schumer versuchte, den 6. Januar als einen Moment der Einigkeit darzustellen, und behauptete, der Aufstand sei nicht an der Unerfahrenheit des Mobs gescheitert, sondern weil „Demokraten und Republikaner inmitten des Sturms völliger Gesetzlosigkeit vereint waren und sich dafür einsetzten, die Bestätigung der Wahl zu Ende zu führen“. Er nannte den 6. Januar einen „historischen Moment der Überparteilichkeit, in dem sich beide Seiten für den Schutz unserer Demokratie einsetzten.“
Schumer zufolge war der gescheiterte Staatsstreich nicht Ausdruck des Zerfalls der amerikanischen Demokratie, sondern einfach ein Amoklauf des „Wahlverleugnungsdenkens“. Er führte aus:
Ich erwähne den 6. Januar, um diese Generation und künftige Generationen vor den immensen Gefahren zu warnen, die entstehen, wenn Wahlverleugung toleriert, entschuldigt und propagiert wird. Wir dürfen nie wieder zulassen, dass es zu einer derartigen Wahlverleugnung kommt - nicht von Republikanern, nicht von Demokraten, von niemandem. Und wir gehen heute mit gutem Beispiel voran.
In Wirklichkeit stimmte eine Mehrheit der Republikaner im Repräsentantenhaus gegen die Bestätigung der Wahl nach dem Anschlag und weigerte sich, Trump weniger als einen Monat später in einem verkürzten Verfahren anzuklagen. Trump hat weiterhin behauptet, die Wahl 2020 sei gestohlen worden, er hat die Hunderte von rechten Milizionären gelobt, die in seinem Namen das Kapitol gestürmt haben, und er hat versprochen, Hunderte - wenn nicht sogar über 1.000 - seiner einfachen Fußsoldaten zu begnadigen, die seiner Meinung nach von einem gegen die Republikaner gerichteten Justizsystem misshandelt worden sind.
Das einzige Mal, dass sich Schumer direkt auf Trump bezog, war, als er kurz „den Präsidenten“ dafür kritisierte, „Begnadigungen für diese Randalierer zu erwägen, die das Gesetz gebrochen haben [und] am 6. Januar unsere Polizeibeamten angegriffen haben. Die Begnadigung der Kriminellen, die Polizeibeamte angegriffen und versucht haben, den demokratischen Prozess zu stoppen, wäre eine gefährliche Unterstützung der politischen Gewalt.“
Schumer, ein glühender Verfechter des von den USA unterstützten israelischen Völkermordes in Gaza, weiter:
Es wäre eine Botschaft an das Land und die Welt, dass diejenigen, die Gewalt anwenden, um ihren Willen durchzusetzen, nicht bestraft werden. Es ist falsch, es ist rücksichtslos, und es wäre eine Beleidigung für die Erinnerung an diejenigen, die im Zusammenhang mit diesem Tag gestorben sind.
Während die Demokraten den roten Teppich für Trump ausrollen, wetterte der designierte Präsident am Montag auf Social Media, Biden tue „alles, um den Übergang so schwierig wie möglich zu machen, von einer Gesetzesschlacht in nie dagewesenem Ausmaß bis hin zu teuren und lächerlichen Durchführungsverordnungen zu Grünen Betrugsmaschen und andere geldverschwenderische Betrügereien.“
Die kriecherische Reaktion der Demokraten auf Trumps Rückkehr unterstreicht, dass der Widerstand gegen die Herrschaft der Oligarchie nicht aus den Reihen einer der Parteien kommen wird, die das Großkapitals und seine Interessen repräsentieren. Unmittelbar nach dem gescheiterten Putsch vor vier Jahren warnte die WSWS, dass die Gefahr für die demokratischen Rechte „nicht gebannt ist“. Wir schrieben:
Es ist unbedingt notwendig, in den Fabriken und Betrieben Aktionskomitees aufzubauen, die in der Lage sind, alle Teile der Arbeiterklasse zu mobilisieren und auf diese Weise die gesamte Bevölkerung zum Widerstand zu organisieren.
Vor allem müssen Arbeiter verstehen, dass die Ursache für den Zerfall der amerikanischen Demokratie in der Krise des Kapitalismus liegt. In einer Gesellschaft, die von einer derart ungeheuerlichen sozialen Ungleichheit geprägt ist, kann die Demokratie nicht aufrechterhalten werden.
Damals wie heute rufen wir unsere Leser dazu auf: Nehmt den Kampf für den Sozialismus und die Verteidigung der demokratischen Rechte auf, schließt euch der Socialist Equality Party in den USA bzw. der Sozialistischen Gleichheitspartei in Deutschland an!