Nach Assads Sturz: USA und Israel starten massive Bombenangriffe auf Syrien

Nachdem der syrische Präsident Baschar al-Assad am Sonntag zurückgetreten war und eine friedliche Machtübergabe an die „Rebellen“ unter Führung der al-Qaida-nahen Miliz Hayat Tahrir al-Sham (HTS) angeordnet hatte, begannen amerikanische und israelische Kampfflugzeuge massive Bombenangriffe auf Syrien.

Israelische Soldaten neben einem gepanzerten Fahrzeug an der Grenze zwischen Syrien und den Golanhöhen am 9. Dezember 2024 [AP Photo/Matias Delacroix]

Washington und seine regionalen Verbündeten beginnen mit der Plünderung und Aufteilung Syriens. Während das israelische Militär im Norden in Richtung Damaskus angreift, attackiert die von der Türkei unterstützte Syrische Nationalarmee (SNA) in südlicher Richtung die kurdischen Kräfte im Norden Syriens. Die HTS übernimmt derweil die Regierung in den Gebieten, die bisher von Assad kontrolliert wurden. Aussagen israelischer Regierungsvertreter machen deutlich, dass die amerikanisch-israelischen Bombenangriffe darauf abzielen, die Fähigkeit Syriens, sich militärisch zu verteidigen, zu zerstören.

Am Dienstagabend erklärten israelische Militärvertreter gegenüber der Jerusalem Post, sie hätten 350 Luftangriffe auf „die meisten strategischen Waffenlager in Syrien“ durchgeführt. Zu den israelischen Zielen in Syrien gehörten Luftabwehrsysteme, Raketenlager, Flugfelder, Kampfflugzeuge, Panzer, Drohnenflotten und Rüstungsbetriebe in Städten wie Damaskus, Homs, Palmyra, Latakia und Tartus. Berichten zufolge hat Israel auch die Schiffe der syrischen Marine versenkt, die in Al-Bayda und Latakia vor Anker lagen.

Die amerikanisch-israelischen Angriffe stoßen auf keinerlei Widerstand der syrischen Luftabwehr. Israelische Regierungsvertreter erklärten gegenüber der Post, sie hätten „umfassende operative Freiheit“ in Syrien.

Jetzt zeigt sich, dass Washingtons Waffenlieferungen an Israel während des Völkermords in Gaza einer breiteren Offensive zur Unterwerfung der gesamten Region dienen. Das hat der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Montag auf einer Pressekonferenz unverblümt erklärt. Er begrüßte den Zusammenbruch des Assad-Regimes als „ein neues und dramatisches Kapitel“ der Geschichte und sagte: „Wir ändern das Gesicht des Nahen Ostens.“

Israelische Einheiten haben die Grenze nach Syrien überschritten, um Teile der Golanhöhen einzunehmen, und eine Offensive mit Panzern nach Norden in Richtung Damaskus gestartet. Laut Al Jazeera stehen die israelischen Panzer nur 25 km vor Damaskus, in der Nähe des Flughafens. Das haben israelische Regierungsvertreter zwar geleugnet, sie fordern aber die Einrichtung einer von Israel kontrollierten „sterilen“ Pufferzone zwischen den Golanhöhen und der syrischen Hauptstadt.

Der israelische Verteidigungsminister Israel Katz erklärte am Dienstagmorgen beim Besuch eines Marinestützpunkts in Haifa: „Zusammen mit dem Ministerpräsidenten habe ich [das Militär] angewiesen, eine sterile Verteidigungszone frei von Waffen und terroristischen Bedrohungen im Süden Syriens einzurichten, in der es keine ständige israelische Präsenz gibt.“ Unabhängig davon, ob es eine ständige israelische Militärpräsenz gibt oder nicht, würde Damaskus durch eine solche Zone dauerhaft der Gefahr israelischer Angriffe ausgeliefert sein.

Während in den amerikanischen und europäischen Medien behauptet wird, Assads Machtübergabe an die HTS würde eine neue demokratische Ära für Syrien einläuten, zeichnen die Berichte vor Ort ein anderes Bild. Die sunnitisch-islamistische Miliz, die von den Nato-Mächten und Israel unterstützt wird, terrorisiert die Bevölkerung – vor allem die christlichen, drusischen und schiitisch-alawitischen Gemeinden.

Kardinal Mario Zenari, der Abgesandte der katholischen Kirche in Syrien, berichtete gegenüber Vatican News über die Lage in Aleppo nach der Eroberung durch die HTS: „In bestimmten Zonen ist es relativ ruhig, aber das ist verdächtig. Es herrscht große Angst, Behörden wurden geschlossen, und die Armee ist verschwunden. Bewaffnete Gruppen laufen herum und versprechen, die Zivilbevölkerung nicht anzugreifen. Es scheint, als hätten sie dieses Versprechen bisher eingehalten, aber die Menschen haben weiterhin Angst und schließen sich zu Hause in ihren Häusern ein. ... Es herrschen Angst, Terror und Unsicherheit.“

In den sozialen Netzwerken zirkulieren bereits Videos, auf denen zu sehen ist, wie HTS-Kämpfer Alawiten auf offener Straße hinrichten. Die HTS stehen dem schiitischen Islam, dem mehrheitlich schiitischen Iran und den Alawiten, denen auch Assad angehört, genauso feindselig gegenüber wie das gesamte al-Qaida-Netzwerk und dessen Hintermänner in den sunnitisch-muslimischen Ölscheichtümern am Persischen Golf. Ein Video zeigt, wie HTS-Kräfte in Lattakia Menschen hinrichten, von denen sie behaupten, sie seien Alawiten:

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Auf einem weiteren Video ist zu sehen, wie ein HTS-Kämpfer zwei Männer bedroht und erschießt, die er für Alawiten hält:

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Vertreter der US-Regierung bejubeln den Sieg der HTS als vernichtenden Schlag für Russland und den Iran, die das Assad-Regime im fast 14 Jahre andauernden Bürgerkrieg unterstützt haben. Der Krieg wurde 2011 von Washington und der Nato angezettelt, die die islamistischen Milizen unterstützt haben. Assad hatte iranische und später russische Truppen in das Land eingeladen, um gegen Milizen zu kämpfen, die mit al-Qaida oder dem Islamischen Staat verbündet waren. Diese Milizen wurden zwar von der Nato unterstützt, hatten aber kaum Rückhalt in der Bevölkerung. Jetzt jubeln US-Regierungsvertreter darüber, dass ihre Unterstützung für Israel gegen Gaza und die Hisbollah sowie für den Krieg der Ukraine gegen Russland die Verbündeten Syriens – Russland und den Iran – geschwächt hat, sodass Washington Syrien zerschlagen kann.

Der scheidende US-Präsident Joe Biden erklärte am Sonntag: „Unsere Vorgehensweise hat das Kräftegleichgewicht im Nahen Osten geändert. Zum ersten Mal überhaupt konnten weder Russland noch der Iran noch die Hisbollah dieses abscheuliche Regime in Syrien verteidigen. Das ist ein direktes Ergebnis der Schläge, die die Ukraine und Israel in ihrer Selbstverteidigung und mit unermüdlicher Unterstützung durch die USA ausgeteilt haben.“

In Wirklichkeit ist es enorm skrupellos und verbrecherisch, in Syrien al-Qaida-Kräfte an die Macht zu bringen. Die Entscheidung wird unweigerlich Konsequenzen haben, die von Washington nicht beabsichtigt sind. Sie wird kein Ende der blutigen Stellvertreterkriege zwischen Israel, der Türkei, dem Iran und den Großmächten um Einfluss in Syrien und im Nahen Osten bedeuten, sondern den Weg zu ihrer Eskalation ebnen.

In diesem Kontext sind Assads Anweisung an sein Regime, den islamistischen „Rebellen“ die Macht zu übergeben, und der Zusammenbruch der syrischen Armee, eine bittere Erfahrung mit dem Bankrott und dem Verrat der arabischen Bourgeoisie. Die Geschwindigkeit, in der das syrische Regime zusammengebrochen ist, geht nicht nur auf das bewusste Zurückweichen Assads zurück, sondern auch auf die Komplizenschaft seiner Hintermänner in Moskau und Teheran.

Der Kreml, der seine Kriegsschiffe von seinem syrischen Marinestützpunkt Tartus abgezogen hat, hat keine Erklärung für Assads Zusammenbruch gegeben. Der stellvertretende russische Außenminister Sergei Rjabkow bestätigte am Dienstag, dass sich Assad in Moskau befindet, erklärte aber nicht, warum er geflohen ist. Rjabkow sagte: „Er ist in Sicherheit, und das zeigt, dass Russland so handelt, wie es in einer solch außergewöhnlichen Situation erforderlich ist. Ich habe keine Ahnung, was im Moment mit ihm los ist. Es wäre jedoch sehr falsch von mir, darauf einzugehen, was passiert ist, und wie es gelöst wurde.“

Am Montag veröffentlichte die halboffizielle iranische Nachrichtenagentur Mehr jedoch einen Artikel, in dem von zunehmenden Konflikten zwischen Teheran und Assad im Vorfeld der HTS-Offensive die Rede ist. Demnach waren iranische Militärkommandanten nach Syrien gereist, als es Anzeichen dafür gab, dass die HTS eine Offensive in den von der Türkei und den USA kontrollierten Gebieten in Nordsyrien vorbereitete. Mehr schrieb: „Iranische Regierungsvertreter kamen nach stundenlangen Beratungen über die Entwicklungen in Syrien zu dem Schluss, dass diesmal die Bedingungen für eine militärische Unterstützung Irans für Baschar Assad nicht gegeben waren.“

Der Zusammenbruch des Assad-Regimes nach einem 14 Jahre andauernden Krieg ist in jedem Fall eine bittere Lektion über den Bankrott der bürgerlich-nationalistischen Strategie des Widerstands gegen den Imperialismus. Um das Abgleiten in die Barbarei zu verhindern, ist es notwendig, die Opposition gegen imperialistischen Krieg und Völkermord in der Arbeiterklasse zu mobilisieren und auf der Grundlage des Kampfs für Sozialismus international zu vereinen.

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