Syrien: Von den USA unterstützte islamistische Milizen stürmen Aleppo

Am 27. November begannen islamistische Milizen eine Großoffensive in Aleppo, der größten Stadt Nordsyriens. Die mit Al-Qaida verbundene Miliz Hayat Tahrir al-Sham (HTS) hat Aleppo am 1. Dezember eingenommen und greift nun südlich in Richtung Hama und Homs an. Damit endete ein über vier Jahre anhaltender Waffenstillstand, der von Russland, dem Iran und der Türkei vermittelt worden war, um den Konflikt einzufrieren. Der Krieg in Syrien zwischen von der NATO unterstützten Milizen und und syrischen Regierungstruppen, die ihrerseits von russischen und iranischen Streitkräften unterstützt wurden, hatte 2011 begonnen.

Von den USA unterstützte syrische Oppositionskämpfer auf einem Pick-up-Truck am internationalen Flughafen von Aleppo am Montag, 2. Dezember 2024 [AP Photo/Omar Albam]

Bei der aktuellen Entwicklung handelt es sich um eine erhebliche Eskalation des globalen Krieges, der sich in der Ukraine, im Nahen Osten und darüber hinaus zwischen den NATO-Ländern auf der einen und Russland, Iran und China auf der anderen Seite abspielt. Israels Völkermord im Gazastreifen und seine Bombardierung der Hisbollah im Libanon sind entscheidende Fronten in diesem Krieg. Eine weitere Front zeichnet sich ab, da Washington und seine NATO-Verbündeten erneut versuchen, Syrien einzunehmen und es als Stützpunkt gegen Russland, den Iran und den gesamten Nahen Osten zu nutzen.

Vor der jüngsten Offensive kontrollierten die von der NATO unterstützten islamistischen Milizen, darunter die HTS und die von der Türkei unterstützte Freie Syrische Armee (FSA), die Provinz Idlib und nahe gelegene Gebiete in den Provinzen Aleppo, Hama und Lattakia. Die Spannungen nahmen im vergangenen Jahr zu, als das ukrainische Regime die NATO um Raketen bat, um iranische Fabriken in Syrien anzugreifen, die angeblich Drohnen für die russischen Truppen in der Ukraine herstellen. Im September dieses Jahres berichtete die Kiew Post, dass eine Einheit des ukrainischen Militärgeheimdienstes GUR russische Truppen in der Umgebung von Aleppo und auf den Golanhöhen angegriffen habe.

Der Krieg Israels gegen Gaza und den Libanon bereitete durch die Schwächung der Hisbollah-Kräfte, die in Syrien eine wichtige Rolle gespielt hatten, den Boden für die aktuelle Offensive. Nach Einschätzung der chinesische Nachrichtenagentur Xinhua sind bei der aktuellen Offensive, bei der die HTS und ihre Verbündeten die gesamte Stadt Aleppo und ihre Umgebung eingenommen haben, 1.000 Menschen getötet worden.

Die NATO-Großmächte haben die Offensive auf Aleppo noch nicht formell gebilligt. In der New York Times war zuletzt zu lesen: „Die Gruppe, die die aktuelle Offensive anführt, ist Hayat Tahrir al-Sham, die mit dem Islamischen Staat und Al-Qaida in Verbindung stand“ und „von den Vereinigten Staaten immer noch als Terrorgruppe eingestuft wird“. Dies bringe „Regierungen, die bisher gemäßigte Rebellen gegen [den syrischen Präsidenten Bashar] al-Assad unterstützt haben, in eine heikle Lage, in der sie sich weder hinter die eine noch die andere Seite stellen können.'

Doch wird diese Offensive eindeutig von der NATO unterstützt. Sie nahm ihren Anfang in Gebieten Syriens, die von der Türkei – einem NATO-Mitgliedstaat – beliefert werden, und wird von Milizen wie der Freien Syrischen Armee getragen, die von den USA über Programme wie die CIA-Operation „Timber Sycamore“ (2012-2017) finanziert wurden. Wie die New York Times klarstellt, wurde die Offensive tatsächlich durch den Krieg in der Ukraine und den Krieg Israels im Libanon ermöglicht:

Nun, da [Syriens] Verbündete geschwächt oder durch ihre eigenen Konflikte abgelenkt sind, haben die Rebellen die Gelegenheit ergriffen, das Gleichgewicht der Kräfte zu verschieben. ... Der Iran ist durch israelische Luftangriffe, Verluste seiner Stellvertreterkräfte – der so genannten Achse des Widerstands – auf dem Schlachtfeld und eine Wirtschaftskrise im eigenen Land geschwächt worden. Die Hisbollah, eine jener Stellvertreterkräfte, ist nach 13 Monaten Krieg mit Israel und der Tötung ihres Führers Hassan Nasrallah schwer angeschlagen und zahlenmäßig geschwächt. Und Russland führt seit fast drei Jahren einen Abnutzungskrieg mit der Ukraine.

Hier kommen die strategischen und finanziellen Interessen zum Ausdruck, die der Unterstützung des Völkermords in Gaza durch die NATO zugrunde liegen. Die Biden-Regierung und ihre NATO-Verbündeten betrachten die Ermordung zigtausender wehrloser Männer, Frauen und Kinder als entscheidenden Schritt bei ihren Versuchen, sich den Nahen Osten zu unterwerfen. Der Massenmord ermöglicht ihnen vor allem, den Versuch zu wagen, sich für ihr Scheitern in Syrien zu rächen. Trotz neun Jahren blutigen Kriegs in Syrien (2011 – 2020) ist es ihnen nicht gelungen, Assad zu stürzen. Dieser Krieg um die Vorherrschaft im ölreichen Nahen Osten ist jedoch nur Teil eines umfassenderen imperialistischen Kriegs um die Weltherrschaft, der sich gegenwärtig hauptsächlich gegen Russland und China richtet.

Am Montag bombardierten syrische und russische Kampfflugzeuge die islamistischen Rebellenmilizen und hunderte Mitglieder pro-iranischer Milizen aus dem Irak überschritten die Grenze nach Syrien, um an der Seite von Assads Armee zu kämpfen. Eine hochrangiger Vertreter des syrischen Militärs erklärte gegenüber Reuters, dass diese Kämpfer aus den Reihen der Badr- und Nujabaa-Milizen die Grenze in kleinen Gruppen überquert hätten, um Luftangriffe zu vermeiden: „Es handelt sich um frische Verstärkungen, die geschickt wurden, um unsere Kameraden an der Front im Norden zu unterstützen.“

Dem Iran nahestehende Telegram-Kanäle berichteten zuletzt, dass die syrische Armee südlich von Aleppo einen Gegenangriff gestartet habe. Laut diesen Quellen hätten die syrischen Streitkräfte den Ort Khanaser zurückerobert und griffen nach Norden hin in Richtung des Industriegebiets Al Safirah südlich von Aleppo an. In den Telegram-Kanälen hieß es jedoch, dass die syrischen Regierungstruppen weiterhin in Gefechte um Hama verwickelt seien.

Berichten zufolge gingen auch die von der Türkei unterstützten Kräfte der Syrischen Nationalen Armee in die Offensive und hätten die Stadt Tal Rifaat von der kurdisch-nationalistischen YPG-Miliz (Volksverteidigungseinheiten) erobert, die von den USA unterstützt wird. Dadurch seien die YPG-Einheiten daran gehindert worden, weiter nach Norden und näher an die Grenze zur Türkei vorzudringen. Die Streitkräfte und die herrschende Klasse der Türkei sind zutiefst darüber besorgt, dass kurdisch-nationalistische Gruppen, die von den USA unterstützt werden, in Teilen Syriens sowie der Türkei selbst einen unabhängigen kurdischen Staat errichten könnten.

Am Montag erklärte der türkische Außenminister Hakan Fidan, die Türkei werde „niemals zulassen, dass sich die terroristische Struktur in Syrien in einen Staat verwandelt“. Diese an die kurdischen Nationalisten gerichtete Drohung zielte offenbar auch darauf ab, die türkische Regierung von den Al-Qaida-Kräften zu distanzieren. Fidan sagte: „Die USA sind so etwas wie die Sauerstoffmaske für die Terrorgruppen in der Region. Würden die USA sie vom Sauerstoff trennen, könnten sie keine drei Tage überleben.“

Der Iran, Russland und China gaben Erklärungen zur Unterstützung Syriens ab. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow erklärte, dass die engen militärischen Kontakte zwischen Russland und Syrien fortgesetzt würden; Vertreter der iranischen Regierung sagten Syrien eine umfassende Zusammenarbeit zu.

„In Zusammenarbeit mit muslimischen Ländern werden wir die Bemühungen der Zionisten, die Einheit der Muslime zu stören und Terrorismus und Unsicherheit in der Region zu verbreiten, auf jeden Fall vereiteln“, erklärte der iranische Präsident Massud Peseschkian. „Wir glauben, dass Syrien die zionistischen Verschwörungen erneut überwinden wird. Um dieses Ziel zu erreichen, steht der Iran an der Seite der Regierung und des Volkes von Syrien.“

China, das während des Besuchs von Assad in Peking im September 2023 eine „strategische Partnerschaft“ mit Syrien angekündigt und Militärausbilder nach Syrien entsandt hat, äußerte sich ebenfalls besorgt. China unterstütze „die Bemühungen Syriens, die nationale Sicherheit und Stabilität aufrechtzuerhalten“, erklärte der Sprecher des Außenministeriums Lin Jian. China sei bereit, „positive Anstrengungen zu unternehmen, um eine weitere Verschlechterung der Lage in Syrien zu verhindern.“

Die von den USA unterstützte Al-Qaida-Offensive in Syrien droht einen Krieg im Nahen Osten von katastrophalem Ausmaß auszulösen, in den rasch alle großen Weltmächte hineingezogen werden würden. Der Bankrott des russischen, chinesischen und iranischen Regimes sowie ihrer Verbündeten liegt in der Tatsache begründet, dass die imperialistischen NATO-Mächte nicht etwa an der Verhinderung, sondern an der Eskalation des Kriegs interessiert sind. Die imperialistischen Mächte verfolgen ihr Ziel der Welthegemonie und treten dabei den überwältigenden Widerstand der weltweiten Bevölkerung gegen einen Krieg zwischen den großen Atommächten mit Füßen.

Insbesondere wird immer deutlicher, dass Trump, auch wenn er den Ukrainekrieg während der Amtszeit Bidens einige Male in demagogischer Weise kritisierte, den Krieg eskalieren will. Am Montag reagierte er auf den Einmarsch in Aleppo mit einem Post in seinem sozialen Netzwerk „Truth“, in dem er mit einem weiteren Krieg drohte, falls die israelischen Geiseln im Gazastreifen nicht freigelassen würden. Trump schrieb:

Dieser [Post] möge der Klarstellung darüber dienen, dass, wenn die Geiseln nicht vor dem 20. Januar 2025 freigelassen werden, dem Datum, an dem ich mit Stolz das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten antreten werde, im Nahen Osten ein HÖLLISCHER PREIS zu zahlen sein wird. Das gilt insbesondere für die Verantwortlichen für diese Gräueltaten gegen die Menschlichkeit. ... Diejenigen, die dafür verantwortlich sind, wird es härter treffen, als irgendjemand sonst in der langen und ereignisreichen Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika jemals getroffen wurde. LASSEN SIE DIE GEISELN SOFORT FREI!

Doch diejenigen, gegen die derartige Drohungen von Biden und Trump gerichtet sind, reagieren nicht mit Kapitulation, sondern mit der Vorbereitung auf einen umfassenderen Konflikt mit den Vereinigten Staaten. Nachdem Trump wiederholt gedroht hatte, jedes Land, das den US-Dollar nicht verwendet, durch 100-prozentige Zölle von den US-Märkten abzuschneiden, gaben Russland und der Iran letzte Woche öffentlich bekannt, dass sie den US-Dollar in ihrem bilateralen Handel nicht mehr verwenden.

Loading