London und Paris planen eine groß angelegte Intervention mit Bodentruppen in der Ukraine. Gleichzeitig wächst in der Bevölkerung Europas der Widerstand gegen eine militärische Eskalation, die zum totalen Krieg gegen Russland führen könnte. Die Pläne, die hinter dem Rücken der Bevölkerung ausgeheckt werden, könnten zum Atomkrieg zwischen Europa und Russland führen. Im Innern gehen sie, um die Aufrüstung der Streitkräfte zu finanzieren, mit schweren Angriffen auf die Arbeiterklasse einher.
Die französische Tageszeitung Le Monde brachte am Dienstag unter dem Titel „Neu entfachte Diskussionen über Entsendung europäischer Truppen in die Ukraine“ folgende Meldung: „Paris und London schließen nicht aus, eine Militärkoalition in der Ukraine anzuführen.“ Unter Berufung auf eine Quelle aus dem britischen Militär heißt es: „Zwischen Großbritannien und Frankreich wird über eine verteidigungspolitische Zusammenarbeit diskutiert, vor allem im Hinblick darauf, einen harten Kern von Verbündeten in Europa zu schaffen, die sich auf die Ukraine und die allgemeine Sicherheit in Europa konzentrieren.“
Zuvor hatten hochrangige Gespräche zwischen London und Paris stattgefunden, und die Ukraine hatte Russland bereits mit britischen Langstreckenraketen des Typs Storm Shadow angegriffen. Der französische Außenminister Jean-Noël Barrot erklärte gegenüber der BBC, Frankreich habe der Ukraine erlaubt, Russland zur „Selbstverteidigung“ mit französischen SCALP-Raketen anzugreifen. Allerdings weigerte er sich, zu erklären, ob SCALP-Raketen bereits gegen Russland zum Einsatz gekommen seien. Auf die Frage, ob Frankreich seine Armee in die Ukraine schicken würde, erklärte er: „Wir schließen keine Option aus.“
Barrot forderte von den europäischen Staaten, ihre Verteidigungsausgaben massiv zu erhöhen: „Natürlich werden wir mehr ausgeben müssen, wenn wir mehr tun wollen, und ich denke, wir müssen uns diesen neuen Herausforderungen stellen.“
Diese Pläne machen deutlich, dass die imperialistischen Nato-Mächte dabei sind, die Welt in einen dritten Weltkrieg hineinzuziehen. Selbst wenn sie nicht unmittelbar einen Atomkrieg mit Russland provozieren, werden sie eine erbitterte Konfrontation mit der europäischen Arbeiterklasse vom Zaun brechen. Präsident Emmanuel Macron hat im vorigen Jahr seine letzte deutliche Erhöhung des französischen Militärhaushalts durch eine Rentenkürzung finanziert. Durchgesetzt hat er diese Kürzungen per Dekret ohne Abstimmung im Parlament, und indem er Bereitschaftspolizei einsetzte, um Massenstreiks und Proteste anzugreifen. Letztendlich vertraute er darauf, dass Frankreichs korrupte Gewerkschaftsbürokratien den Kampf beenden.
Um die Milliarden Pfund und Euro aufzutreiben, die benötigt werden, um die britischen, französischen und anderen europäischen Streitkräfte für eine bewaffnete Konfrontation mit Russland in der Ukraine vorzubereiten, wären weitere umfassende soziale Angriffe auf die europäischen Arbeiter erforderlich.
Le Monde gab weiter bekannt, dass das französische Militär-Vertragsunternehmen Défense Conseil International (DCI), das sich zu 55 Prozent im Staatsbesitz befindet, sein Personal auch in der Ukraine einsetzen könnte: „DCI, dessen Personal zu 80 Prozent aus ehemaligen Militärangehörigen besteht, wäre bereit, weiterhin ukrainische Soldaten in der Ukraine auszubilden, was es bereits in Frankreich und Polen tut. Falls erforderlich könnte es auch französische Militärausrüstung warten, die an Kiew geliefert wurde. Zu diesem Zweck wurde DCI von seinem britischen Pendant Babcock kontaktiert, das bereits in der Ukraine präsent ist, und es könnte dessen lokale Einrichtungen mitbenutzen.“
Elie Tenenbaum, ein Stratege der französischen Denkfabrik Institut français des relations internationales (IFR), erklärte gegenüber Le Monde, Frankreich erwäge „auch andere Modelle“. Die Zeitung erwähnte dazu Pläne „zur Entsendung konventioneller Truppen in die Ukraine im Falle eines Waffenstillstandsabkommens, um die Sicherheit des Landes und die Einhaltung des Waffenstillstands durch Russland zu garantieren“. Sie zitierte Tenenbaum mit der Aussage, diese Truppen würden „in der Ostukraine“, an der Grenze zu Russland, stationiert.
In der Bevölkerung, vor allem in der Arbeiterklasse, stoßen solche Pläne auf überwältigenden Widerstand. Anfang des Jahres stellte eine Umfrage der Eurasia Group fest, dass 91 Prozent der Amerikaner und 89 Prozent der Westeuropäer eine Nato-Intervention mit Bodentruppen in der Ukraine ablehnen. Dennoch verfolgen die europäischen imperialistischen Mächte genau solche Pläne.
Le Monde präsentierte eine sorgfältig zensierte Version der Diskussionen in den herrschenden Kreisen Europas über den Krieg gegen Russland und die Wahl Trumps zum US-Präsidenten. Trump hatte wiederholt erklärt, er wolle die militärische Unterstützung der USA für die Ukraine zurückschrauben. Die europäischen Mächte ihrerseits wollen mit Trump einen Deal aushandeln, in dessen Rahmen sie ihre eigene militärische Beteiligung verstärken.
Laut einem Bericht des Wall Street Journal kursieren unter Trumps Beratern verschiedene Pläne für die Ukraine. Dort heißt es: „Kiew verspricht, mindestens 20 Jahre lang auf den Nato-Beitritt zu verzichten. Als Gegenleistung würden die USA die Ukraine weiterhin mit Waffen überschwemmen, um einen künftigen russischen Angriff abzuwehren. Gemäß diesem Plan würde die Frontlinie im Wesentlichen dauerhaft werden, und beide Seiten würden einer 1.280 Kilometer breiten entmilitarisierten Zone zustimmen.“
Das Journal zitierte ein Mitglied von Trumps Übergangsteam mit den Worten: „Wir können Ausbildung und andere Unterstützung leisten, aber die Hauptarbeit würden die Europäer machen. Wir schicken keine amerikanischen Männer und Frauen, um den Frieden in der Ukraine zu sichern. Und wir bezahlen auch nicht dafür. Das sollen die Polen, Deutschen, Briten und Franzosen machen.“
Das Argument, dass eine solche Politik eine dauerhafte Grundlage für den Frieden in der Ukraine schaffen würde, ist völlig unglaubwürdig. Der Kreml ist in die Ukraine einmarschiert, um zu verhindern, dass sie der Nato beitritt, und es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass er eine Einigung akzeptieren würde, bei der Kiew seine Entscheidung zum Nato-Beitritt lediglich für zwei Jahrzehnte hinausschieben würde. Allgemeiner betrachtet steht die europäische Eskalation in der Ukraine jedoch in Zusammenhang mit europäischen Kriegsplänen gegen russische Verbündete wie China, Iran und Syrien.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Solche Kriege würden jeden sicheren und dauerhaften Frieden an der russisch-ukrainischen Grenze verhindern und im Gegenteil zu einer explosionsartigen Eskalation des Konflikts führen. Tatsächlich hat die französische Militärführung in den letzten Tagen mit einer Reihe provokanter öffentlicher Äußerungen deutlich gemacht, dass sie sich an einer globalen Eskalation des Kriegs beteiligen will, um die französischen imperialistischen Interessen unabhängig durchzusetzen.
Der französische Oberbefehlshaber General Pierre Schill erklärte letzte Woche vor Offizieren an der Militärschule in Paris: Die Welt, die wir nach dem Ende des Kalten Kriegs „geformt haben, fällt auseinander. Die Instabilität des Umfelds zwingt uns, ernsthaft nachzudenken. Wer weiß, welche Rolle wir morgen bei den Sicherheitsgarantien für die Ukraine oder für den Libanon spielen werden? (...) Unser Ziel ist es, einzuschüchtern, gefürchtet zu werden.“
Der Generalstabschef der französischen Streitkräfte, Thierry Burkhard, erklärte gegenüber Le Figaro, Frankreich müsse dazu bereit sein, Truppen in die Ukraine, in den Nahen Osten, nach Afrika und in den indopazifischen Raum zu schicken und eng mit der Nato zusammenzuarbeiten. „Alle diese Krisengebiete haben ihre eigenen Besonderheiten, und es ist unklar, ob wir dem einen oder dem anderen den Vorrang geben sollten. Wir müssen alle diese Schauplätze managen. (...) Dies erfordert eine globale Vision und vor allem ein koordiniertes Vorgehen mit unseren Verbündeten. Kein einzelnes Land kann diese Krisen allein bewältigen.“
Solche Drohungen mit globalen Militärinterventionen verschärfen nicht nur den Konflikt zwischen den europäischen imperialistischen Mächten und anderen Großmächten, sondern auch die Spannungen zwischen den europäischen imperialistischen Mächten selbst, die sich im 20. Jahrhundert schon zweimal in einem Weltkrieg entladen haben. In der Tat wirft die Diskussion über eine europäische Intervention in der Ukraine sofort die Frage auf, welche europäischen Mächte die immensen Mineralienvorkommen sowie die industriellen und landwirtschaftlichen Ressourcen der Ukraine kontrollieren werden.
Derzeit arbeitet die französische Armee an Plänen, die Rolle Deutschlands, der dominierenden europäischen Wirtschaftsmacht, möglichst klein zu halten. Le Monde schrieb, die Pläne für eine europäische Intervention in der Ukraine „werfen die Frage nach der Führung dieser Militärkoalition auf. Deutschland scheint derzeit durch seine innenpolitischen Schwierigkeiten erheblich geschwächt zu sein.“ Unter Berufung auf Tenenbaum vom IFRI heißt es weiter: „Frankreich und das Vereinigte Königreich, die beiden einzigen europäischen Atommächte, würden daher eine Schlüsselrolle spielen. Die baltischen Staaten, Polen und die skandinavischen Staaten scheinen ebenfalls wichtige Kandidaten zu sein.“
Unabhängig davon, welche rivalisierenden Invasionspläne in den herrschenden Kreisen Europas auch immer diskutiert werden, sie verdeutlichen, dass die kapitalistischen Medien der Öffentlichkeit den Ukraine-Krieg unter Vortäuschung falscher Tatsachen verkauft haben. Es handelt sich nicht um einen Krieg, der die Unabhängigkeit der Ukraine vor Russland schützen soll. Es ist vielmehr ein Krieg, den die imperialistischen Mächte in der Absicht vorantreiben, die ukrainische Wirtschaft und Ressourcen zwischen den Großmächten aufzuteilen.
Eine weitere katastrophale Eskalation des Kriegs lässt sich nur verhindern, wenn die Arbeiterklasse Frankreichs, Großbritanniens, ganz Europas und auf der ganzen Welt vor diesen Gefahren gewarnt wird, damit sie eine internationale sozialistische Bewegung gegen imperialistischen Krieg aufbauen kann.