Trump-Wahl entfacht Spekulationsorgie an der Wallstreet

Donald Trumps Sieg bei den Präsidentschaftswahlen in den USA hatte unter anderem zur Folge, dass die Spekulationen an der Wall Street zunahmen und die Aktienindizes in den Tagen nach dem 5. November Rekordhöhen erreichten.

Der Dow erklomm erstmals die Marke von 44.000 Punkten und der breiter gefasste S&P 500 stieg auf 6.000 Punkte. Die anfängliche Euphorie hat sich zwar etwas gelegt, da die Anleger höhere Inflationszahlen als erwartet einkalkulieren und die Zinssenkungen der US-Notenbank möglicherweise nicht so schnell kommen werden wie erwartet. Der Trend zeigt jedoch weiterhin steil nach oben.

Ein Händler an der New Yorker Börse [AP Photo/Craig Ruttle]

Eine Schlagzeile im Wall Street Journal lautete kürzlich: „Investoren setzen auf eine rasante Explosion des Marktes“. Es gab einen regelrechten „Ansturm auf Fonds, die den US-Aktienmarkt abbilden“. Diese Fonds sammelten in der Woche bis zum 13. November fast 56 Milliarden Dollar ein, was den zweithöchsten wöchentlichen Zufluss seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2008 darstellt.

Die Wall Street spekuliert darauf, dass Trump weitere Steuererleichterungen durchsetzen wird. Doch nicht nur direkte staatliche Unterstützung befeuert den Markt. Ein weiterer wichtiger Impuls ist die Erwartung, dass die Regulierung des Finanzkapitals – Banken und Hedgefonds – weiter gelockert wird, bis sie faktisch vollständig abgeschafft ist.

Es war im September, als sich die Macht der Finanzwelt in aller Deutlichkeit zeigte: Die Banken erzwangen eine vollständige Kapitulation der US-Notenbank Fed bezüglich ihrer Pläne, nach dem Zusammenbruch von drei Großbanken im März 2023 strengere Regulierungen einzuführen.

Diese Vorschriften waren von einem Ausschuss der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel ausgearbeitet worden und unter dem Namen „Basel III Endgame“ bekannt. Sie zielten darauf ab, rund 80 Milliarden Dollar in Form von Reserven zu binden, um für mögliche Verluste gewappnet zu sein.

Die Banken wollten davon nichts wissen und organisierten eine massive Lobbykampagne, in der insgesamt 486 Bundeslobbyisten engagiert waren. Sie erzwangen eine vollständige Rücknahme, und der zuständige Fed-Beamte Michael Barr erklärte, er habe „die Lektion der Demut gelernt“.

Die Finanzoligarchie der Wall Street glaubt nun, dass solche Operationen nicht mehr nötig sind, da sie eine Regierung an der Macht weiß, die ihr Diktat direkt ausführt. Einer ihrer führenden Vertreter, Elon Musk, der reichste Mann der Welt, wird eine Schlüsselrolle bei der Politikgestaltung spielen.

Inmitten dieser spekulativen Raserei, in der auch die Kryptowährung Bitcoin, ein Finanzinstrument ohne inneren Wert, Rekordhöhen erreicht hat, gibt es Anzeichen dafür, dass das Kartenhaus der Finanzwelt auf eine weitere Katastrophe zusteuert.

Die Financial Times berichtete Anfang dieser Woche, dass die Handelsdepots der US-Banken – das Geld, mit dem sie auf den Märkten wetten – im dritten Quartal dieses Jahres auf über eine Billion Dollar gestiegen sind. Das ist der höchste Stand seit 2008, kurz vor der globalen Finanzkrise, die durch ihre spekulativen Aktivitäten ausgelöst wurde.

Der FT-Artikel stellte fest, dass das Wachstum der Handelsfonds die Banken, „insbesondere die größten, stärker als je zuvor seit der Finanzkrise den Marktbewegungen ausgesetzt hat, da sie immer größere Bestände an kursempfindlichen Wertpapieren halten“.

Bill Moreland, der Leiter von BankRegData, dass die Daten über den Handel der Banken zusammengestellt hat, sagte: „Es ist eine Wette auf Finanzanlagen und nicht auf die Kreditvergabe oder die Wirtschaft, denn dort sehen sie die Rendite“.

Anders ausgedrückt: Die Handelszunahme ist rein spekulativ, eine Wette darauf, dass die Finanzwerte weiter steigen werden.

Der WSJ-Artikel berichtete auch über die Zunahme der Spekulation. Er wies darauf hin, dass einer der größten börsengehandelten Fonds, der an den Russell-2000-Index gekoppelt ist und seit der Wahl um 2 Prozent gestiegen ist, Anfang des Monats 3,9 Milliarden Dollar in einer einzigen Handelssitzung angezogen habe. Dies sei der höchste Betrag seit Juni 2007.

„Auch einige der riskantesten Ecken der Finanzmärkte blühen auf“, heißt es weiter. „Drei der fünf besten Handelstage für Call-Optionen, die zum Kauf von Aktien berechtigen, fanden in diesem Monat statt, wie aus den Optionsaufzeichnungen seit 1973 hervorgeht.“

In einer kürzlich erschienenen Kolumne warnte Rana Foroohra, stellvertretende Chefredakteurin der FT, dass trotz der kurzfristigen Euphorie über Steuersenkungen und Deregulierung „irgendwann während der Trump-Präsidentschaft ein Abschwung kommen muss“. Die Geschichte zeige, dass „die USA sowohl für eine Rezession als auch für eine große Marktkorrektur überfällig“ seien.

Sie verwies auf eine kürzlich veröffentlichte Kundenmitteilung des Finanzunternehmens TS Lombard. Darin heißt es, dass „dieser Konjunkturzyklus immer ‚künstlich‘ erschien, da er von einer Reihe vorübergehender oder einmaliger Kräfte angetrieben wurde“, einschließlich der Erholung nach der Covid-19-Pandemie und steuerlicher Anreize.

Foroohar merkte an, dass diese Beobachtung noch ausgeweitet werden könnte.

„Man könnte in der Tat argumentieren, dass das Marktumfeld der letzten 40 Jahre mit seinem Trend zu sinkenden Zinssätzen und massiven Stimulierungsmaßnahmen und quantitativer Lockerung nach der großen Finanzkrise künstlich ist. Wir haben eine Generation von Händlern, die keine Ahnung haben, wie ein echtes Hochzinsumfeld aussieht“.

Wie sie beobachtete, führte ein leichter Anstieg der Zinssätze zum Zusammenbruch und zur Rettung der Silicon Valley Bank im März 2023. Es führte auch zum Anstieg der Anleiherenditen, der das Ende der kurzlebigen Regierung von Liz Truss im Vereinigten Königreich im September-Oktober 2022 einleitete.

Foroohar bezog sich auf Kommentare von Dennis Kelleher, Präsident von Better Markets – einer Organisation, die sich für ein sichereres Finanzsystem einsetzt: „Ich denke, wir werden unter Trump einen zweijährigen Zuckerrausch erleben, aber auf lange Sicht droht uns eine potenziell katastrophale Korrektur – etwas Schlimmeres als die [globale Finanzkrise von] 2008. Das liegt daran, dass wir ein Finanzsystem haben, das im Wesentlichen extraktiv ist.“

Mit „extraktiv“ ist gemeint, dass die enormen Gewinne, die das Finanzsystem anhäuft, keinen echten Mehrwert darstellen.

Das Finanzkapital hat eine Rolle bei der Expansion der Produktivkräfte gespielt, indem es Geld für neue Investitionen in der Realwirtschaft zur Verfügung gestellt hat, entweder durch Kapitalerhöhungen an der Börse oder durch Verschuldung.

Es ist jedoch immer parasitärer geworden, da ein immer größerer Teil der Marktgeschäfte aus Finanztransaktionen, Währungsspekulationen, dem Handel mit Aktien und ihren Derivaten, Übernahmen, Aktienrückkäufen und Umschuldungen besteht.

Statt sich an der Entwicklung der Produktivkräfte zu beteiligen und zur Schaffung von Mehrwert beizutragen, saugt das Finanzkapital zunehmend wie ein riesiger Vampir den andernorts produzierten Wert aus. Auf diese Weise gleicht die Wirtschaft immer mehr einer auf dem Kopf stehenden Pyramide – einer riesigen Anhäufung von Reichtum an der Spitze, die auf einer immer schmaler werdenden Basis am unteren Ende ruht.

Im Falle der USA wurde diese Pyramide auf historische Ausmaße aufgebläht.

Dieser Prozess bestand aus zwei Komponenten: den Geldspritzen der Fed – Billionen Dollar, die seit 2008 zur Stützung des Finanzsystems eingesetzt wurden, darunter rund 4 Billionen Dollar, die innerhalb weniger Wochen nach der Krise im März 2020 ausgegeben wurden, als der US-Treasury-Markt einfror – und dem Anstieg der US-Staatsverschuldung, die größtenteils für Krieg, sowie für Rettungsmaßnahmen und Unternehmenshilfen ausgegeben wurde, auf ein Rekordhoch von fast 36 Billionen Dollar.

Der Anstieg der US-Staatsverschuldung wurde auch von Fed-Chef Jerome Powell als „untragbar“ bezeichnet. In Anlehnung an den Aphorismus des Ökonomen Herb Stein: „Wenn etwas nicht ewig so weitergehen kann, wird es aufhören“.

Schon jetzt macht sich Nervosität darüber breit, wie lange die Finanzmärkte den Anstieg der US-Staatsverschuldung, der unter Trump noch zunehmen dürfte, noch absorbieren können. Dies spiegelt sich im Anstieg der Renditen, also der Zinssätze, der längerfristigen Staatsanleihen wider.

Der bekannte Ökonom Ed Yardeni, der in den 1980er Jahren den Begriff der „Bond Vigilantes“ prägte, sagte der New York Times:

„Wenn die Trump-Regierung eine übermäßig expansive Fiskalpolitik verfolgt, mit vielen Ausgaben und Steuersenkungen, die zu noch größeren Defiziten führen, könnten die Bond Vigilantes ein Niveau erreichen, das Probleme für die Wirtschaft verursacht.“

Niemand kann vorhersagen, wann und wie der Prozess der ständig wachsenden Spekulation und des Parasitentums enden wird, doch die gesamte Finanzgeschichte zeigt, dass er, wenn er endet, die Form eines Schocks annehmen wird, der höchstwahrscheinlich von unerwarteter Quelle kommt. Die Geschichte zeigt auch, dass er zu tiefen Angriffen auf die Arbeiterklasse führen wird, um sie für die Krise bezahlen zu lassen.

Eine Seite der Trump-Regierung hat sich bereits in der spekulativen Aufblähung der Finanzmärkte gezeigt. Wenn dieser Aufschwung in eine Krise mündet – und die Anzeichen dafür sind bereits sichtbar –, wird das Wesen des Regimes als Diktatur des Finanzkapitals, das sich auf die brutale Gewalt des Staates gegen seinen Klassenfeind, die Arbeiterklasse, stützt, immer deutlicher zutage treten.

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