Kriegsoffensive gegen Russland: Pistorius weiht neues Marinehauptquartier in Rostock ein

Am 21. Oktober 2024 weihten Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius und die Ministerpräsidentin des Landes Mecklenburg-Vorpommern Manuela Schwesig (beide SPD) das Commander Task Force Baltic, ein maritimes taktisches Hauptquartier für die NATO, in Rostock ein. Unmittelbare Aufgabe des CTF Baltic ist die sogenannte maritime Lagebilderstellung im Gebiet der Ostsee im Rahmen der Nato-Kriegsoffensive gegen Russland.

Fregatte "Baden-Württemberg" [Photo by Ein Dahmer / wikimedia / CC BY-SA 4.0]

Pistorius ließ in seiner Rede keinen Zweifel daran, worum es dabei geht. Nicht um die Verteidigung von Freiheit und Demokratie – wie es in der offiziellen Propaganda heißt –, sondern um die Durchsetzung handfester imperialistischer Interessen. „Die Ostsee war schon immer ein Knotenpunkt der europäischen Geschichte und ist viel mehr als nur eine Wasserstraße“, so der Verteidigungsminister. „Sie ist ein wichtiger Korridor für den Handel, die militärische Mobilität und die Energiesicherheit. Sie ist ein strategisches Gebiet von großer geopolitischer Bedeutung und eine Frontlinie in unserer kollektiven Verteidigung gegen sich entwickelnde Bedrohungen.“

Und weiter: „Am wichtigsten ist jedoch: Die Sicherheit des Ostseeraums ist untrennbar mit der Sicherheit ganz Europas verbunden. Die Bedeutung der Region ist vor dem Hintergrund der anhaltenden russischen Aggression in unserer unmittelbaren Nachbarschaft noch deutlicher geworden.“

Tatsächlich ist der Hauptaggressor in Europa nicht Russland, sondern es sind die Nato-Mächte. Mit der langjährigen militärischen Einkreisung Russlands haben sie die reaktionäre Intervention des Putin-Regimes in der Ukraine bewusst provoziert. Nun eskalieren sie den Konflikt immer weiter, um das rohstoffreiche Land militärisch weiter unter Druck zu setzen und letztlich zu unterwerfen.

„Wir müssen sicherstellen, dass Putin nicht seinen Willen bekommt. Wir müssen uns verteidigen und alles tun, um unsere Partner an der Ostflanke der NATO zu unterstützen“, drohte Pistorius. Mit der Einweihung der Commander Task Force Baltic sei „Deutschland erneut einen Schritt nach vorne gegangen und bereit, Verantwortung zu zeigen und als globale Handels- und Seefahrernation im Ostseeraum die Führung zu übernehmen“.

Der deutsche Imperialismus, der bereits in den beiden Weltkriegen des 20. Jahrhunderts gewaltsam Richtung Osten expandierte und dabei fürchterliche Verbrechen beging, sieht die Aufstellung des Nato-Hauptquartiers unter deutscher Führung als Chance, sein militärisches Gewicht in der Nato und vor allem in Nord- und Osteuropa zu erhöhen. Dabei machte Pistorius keinen Hehl daraus, dass es dabei um die Vorbereitung eines offenen Kriegs gegen Russland geht.

Das Hauptquartier werde „eine entscheidende Rolle bei der Erstellung militärischer Lageberichte und bei der Reaktion auf regionale Herausforderungen spielen, einschließlich des Schutzes der Interessen der NATO-Mitgliedstaaten vor aggressiven Handlungen, insbesondere angesichts der Nähe Russlands“, erklärte Pistorius. Es werde „auch eine Schlüsselrolle bei der Förderung der Zusammenarbeit zwischen den Marinen der Ostseeregion, der Verbesserung der Interoperabilität und der Sicherstellung einer schnellen Entsendung von Streitkräften bei Bedarf spielen.“

Pistorius hatte bereits Anfang des Jahres in mehreren Interviews erklärt, dass sich Deutschland auf eine direkte militärische Konfrontation mit Russland vorbereiten müsse. Seitdem wird dieser wahnwitzige Plan systematisch vorangetrieben. Die Bundesregierung richtet ihre gesamten Strukturen auf Krieg aus, entsendet Kampftruppen nach Litauen direkt an die russische Grenze und stationiert gegen Moskau gerichtete US-Langstreckenraketen in Deutschland. Nun unterstützt sie auch die Entscheidung der Biden-Regierung, Kiew die Erlaubnis zu erteilen, mit Marschflugkörpern Ziele tief im Inneren Russlands zu attackieren. Damit beschwört sie eine militärische Reaktion der Nuklearmacht herauf.

Als Antwort auf die Einweihung des CTF Baltic im ostdeutschen Rostock bestellte Moskau am 22. Oktober den deutschen Botschafter Alexander Graf Lambsdorff ein. Der Botschafter sei darauf hingewiesen worden, „dass dieser Schritt der regierenden Kreise in Deutschland die schleichende Revision der Ergebnisse des Zweiten Weltkriegs und die Militarisierung des Landes fortsetzt“, teilte das russische Außenministerium in einer offiziellen Pressemitteilung mit.

Es handle sich „um eine grobe Verletzung“ des Zwei-plus-Vier-Vertrags. Washington, Brüssel und Berlin müssten „sich darüber im Klaren sein, dass die Ausweitung der militärischen Infrastruktur der Nato auf das Gebiet der ehemaligen DDR äußerst negative Folgen haben und nicht ohne eine entsprechende Antwort von russischer Seite auskommen wird“.

Dass die Errichtung eines Nato-Hauptquartiers auf dem Gebiet der ehemaligen DDR den Vertrag zur Regelung der deutschen Wiedervereinigung vom 12. September 1990, den sogenannten Zwei-plus-Vier-Vertrag, bricht, ist offensichtlich. Absatz 3 des Artikels 5 des Vertrages legt fest: „Ausländische Streitkräfte und Atomwaffen oder deren Träger werden in diesem Teil Deutschlands weder stationiert noch dorthin verlegt.“

Das CTF Baltic in Rostock wird zwar durch einen deutschen Admiral geführt. Aber die Position seines Stellvertreters wird zunächst mit einem polnischen Admiral besetzt, die des Stabschefs mit einem schwedischen Offizier. Auch nachgeordnete Führungspositionen sind multinational besetzt.

Neben Deutschland sind noch elf weitere Nationen personell am CTF Baltic beteiligt: Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Lettland, Litauen, Niederlande, Polen und Schweden. All diese Länder sind NATO-Mitglieder. Soldatinnen und Soldaten aus diesen und weiteren Partnerländern können bereits in Friedenszeiten 60 von 180 multinationale Dienstposten im CTF Baltic besetzen. Im Krisen- und Konfliktfall kann der Stab auf bis zu 240 Dienstposten aufwachsen. Spätestens alle vier Jahre sollen die nationalen Verantwortlichkeiten wechseln.

Wenn das Putin-Regime jetzt den Bruch des Zwei-plus-Vier-Vertrags anprangert, unterstreicht das auch den reaktionären Charakter der poststalinistischen Oligarchie in Russland selbst. Der Vertrag besiegelte 1990 die Restauration des Kapitalismus auf dem Gebiet der DDR. Die anschließende Auflösung der Sowjetunion durch die stalinistische Bürokratie schuf letztlich die Voraussetzung für die ungezügelte Erweiterung der Nato bis an die Grenzen Russlands. Das Putin-Regime reagiert darauf mit einer reaktionären Mischung aus unterwürfigen Appellen an die westlichen „Partner“ und extremen militärischen Drohungen.

Auf die Pläne der Nato, Kiew zu erlauben, Russland mit weitreichenden westlichen Raketen anzugreifen, reagierte der Kreml bereits im September mit einer Verschärfung seiner Nukleardoktrin. Vor einer Sitzung des russischen Sicherheitsrats warnte Putin, dass sich Russland das Recht vorbehalte, „im Falle einer Aggression gegen Russland und Belarus Atomwaffen einzusetzen“.

Das neue NATO-Hauptquartier und der Marinestandort in Rostock sind im Krisen- oder Kriegsfall zwangsläufig mögliche Ziele für konventionelle oder sogar taktisch-atomare Raketenangriffe.

Einwohner Rostocks und ganz Deutschlands und Europas sollten sich nicht der Illusion hingeben, mit der militärischen Aufrüstung des Marinestandortes Rostock erhöhe sich die Sicherheit für die Zivilbevölkerung. Schon einmal wurde Rostock fast komplett zerstört, weil es ein militär-strategisches Ziel war. Die Heinkel-Werke in Rostock und Rostock-Warnemünde stellten im zweiten Weltkrieg Militärflugzeuge für die deutsche Luftwaffe her. Von Juni 1940 bis August 1944 warfen britische und amerikanische Flugzeuge bei insgesamt 16 schweren Angriffen rund 4000 Tonnen Bomben auf Warnemünde und Rostock ab.

Am Kriegsende waren 85 Prozent der Rostocker Wohnungen und 42 Prozent der gewerblich genutzten Gebäude zerstört oder beschädigt. Durch Evakuierungen halbierte sich die Einwohnerzahl zwischen 1940 und Kriegsende von 130.000 auf 60.000. Bei den Luftangriffen in Rostock zwischen 1940 und 1944 verloren 617 Menschen ihr Leben, darunter über 100 Fremdarbeiter und Kriegsgefangene.

Insgesamt starben weltweit über 60 Millionen Menschen im Zweiten Weltkrieg.

Dieser Krieg wurde von den imperialistischen Kreisen Deutschlands mit der Übergabe der Macht an Hitler, dem völkerrechtswidrigen Wiederaufbau der Reichswehr und der antisemitischen und rassistischen Hetze gegen Juden und gegen die Völker Osteuropas skrupellos vorbereitet.

Die entscheidende Frage ist, Arbeiter weltweit vor der drohenden Gefahr eines dritten Weltkriegs mit noch größerem Zerstörungspotential zu warnen und sie dagegen zu mobilisieren. Die Pläne der kapitalistischen Regierungen, noch mehr Blut zu vergießen, weitere Milliarden in die aktuellen Kriege zu stecken, ihre Kriegsmaschinerien auszubauen und den Lebensstandard und die sozialen Rechte der Arbeiter anzugreifen, um diese Verbrechen zu finanzieren, müssen gestoppt werden. Dies erfordert den Aufbau einer internationalen sozialistischen Antikriegsbewegung in der Arbeiterklasse gegen den imperialistischen Krieg und seine Wurzel, das kapitalistische Profitsystem.

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