Am Freitag veröffentlichte das Büro des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte einen Bericht, laut dem 70 Prozent der bestätigten Toten in Gaza Frauen und Kinder sind. Diese Zahlen verdeutlichen einmal mehr, dass Israel in Gaza einen Vernichtungskrieg führt.
In dem Bericht heißt es: „Die meisten Opfer von Angriffen auf Wohngebäude waren Kinder. Die drei unter den bestätigten Todesopfern am stärksten vertretenen Altersgruppen waren – in dieser Reihenfolge: 5 bis 9 Jahre, 10 bis 14 Jahre und 0 bis 4 Jahre, und zwar sowohl Jungen als auch Mädchen.“
Aufgrund der systematischen Zerstörung des Gesundheitssystems in Gaza ist es unmöglich, die tatsächliche Zahl der Todesopfer seit Beginn des israelischen Vernichtungskriegs am 7. Oktober 2023 zu bestimmen. Das Gesundheitsministerium von Gaza bestätigte 43.000 Todesopfer durch israelische Angriffe, wobei zahllose weitere nicht gezählt wurden und unbestattet blieben. Anfang des Jahres veröffentlichte die medizinische Fachzeitschrift The Lancet einen Artikel, in dem die tatsächliche Zahl auf mindestens 186.000 geschätzt wurde. Mittlerweile ist sie zweifellos auf mehr als 200.000 gestiegen.
Der UN-Bericht basierte auf den Todesfällen, die vom Hochkommissariat der Vereinten Nationen für Menschenrechte aus erster Hand verifiziert werden konnten: 8.119 Menschen. Darunter befanden sich 2.036 Frauen und 3.588 Kinder.
Fast ebenso schockierend ist, dass die überwiegende Mehrheit der Opfer, d.h. 64 Prozent, bei Angriffen getötet wurden, die mindestens zehn zivile Todesopfer forderten. Der Grund dafür ist, dass Israel systematisch riesige Mengen von Sprengkörpern auf dicht besiedelte Wohnviertel und Hochhäuser abgeworfen hat, um so viele Menschen wie möglich zu töten.
Ein Massaker dieses Ausmaßes wurde möglich, weil die USA Israel bislang mehr als 14.000 2.000-Pfund-Bomben geliefert haben. Mit ihnen haben die Israelischen Verteidigungskräfte (IDF) mehr als 60 Prozent der Gebäude in Gaza zerstört.
In dem UN-Bericht heißt es:
Die IDF haben im Verlauf ihrer Angriffe in Gaza seit dem 7. Oktober 2023 systematisch gegen die Prinzipien der Unterscheidung, der Verhältnismäßigkeit und der Vorsichtsmaßnahmen bei Angriffen verstoßen, d.h. gegen fundamentale Prinzipien des humanitären Völkerrechts bei Kampfhandlungen.
Weiter heißt es:
Das Ausmaß der Verstöße gegen das Völkerrecht war beispiellos und hat Anlass zur Sorge gegeben, dass Kriegsverbrechen und womöglich weitere Gräueltaten verübt wurden. Der Internationale Gerichtshof hat in seiner Reihe von Verfügungen über provisorische Maßnahmen die internationalen Verpflichtungen Israels deutlich gemacht, Akte von Völkermord und damit verbundenes strafbares Verhalten zu verhindern, davor zu schützen und sie zu ahnden.
Zum Schluss wird festgestellt:
Bewusst Zivilisten und zivile Objekte anzugreifen und wissentlich Angriffe durchzuführen, die zugleich zum Tod oder zur Verletzung von Zivilisten oder Schäden an zivilen Objekten führen können, die im Verhältnis zu dem erwarteten konkreten und direkten militärischen Gesamtvorteil eindeutig zu hoch sind, sind Kriegsverbrechen.
Der Bericht vergleicht außerdem die Altersverteilung mit früheren israelischen Kriegen gegen Gaza und kommt zu dem Schluss, dass bei dem gegenwärtigen Völkermord die Zahl der angegriffenen Kinder massiv zugenommen hat. Dazu heißt es: „Im Vergleich mit der Verteilung der vom Hochkommissariat für Menschenrechte bei früheren Kampfhandlungen verifizierten Todesopfer deuten die Angriffe auf Wohngebäude in Gaza seit dem 7. Oktober auf ein Muster von Angriffen hin, bei dem die Todesopfer gleichmäßig auf die gesamte Bevölkerung verteilt sind. Die hohe Anzahl von Babys und Kleinkindern, Frauen, Alten und Familien, die gemeinsam in Wohngebäuden getötet wurden, löst weitere Bedenken aus, dass die IDF die grundlegenden Prinzipien des internationalen humanitären Völkerrechts nicht strikt eingehalten haben.“
Der UN-Bericht warnt: „Anfang Januar stellte sich unter den Palästinensern eine Hungersnot ein, vor allem im Norden. Berichten zufolge starben dort die Schwächsten, darunter Säuglinge und ältere Menschen.“
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Das Famine Review Committee, ein internationales Expertengremium zum Thema Nahrungsmittelversorgung und Ernährung, warnte in einem eigenen Bericht, ebenfalls von Freitag, „im gesamten Gazastreifen“ herrsche Ernährungsunsicherheit auf „Notfallniveau“. Weiter warnte es, in großen Teilen des Gazastreifens stehe eine Hungersnot unmittelbar bevor: „Die Schwellenwerte für eine Hungersnot sind möglicherweise bereits überschritten oder werden in naher Zukunft überschritten werden.“
Diese Berichte bilden den Hintergrund der Ankündigung der IDF, sämtliche Personen im nördlichen Gazastreifen nicht mehr als Zivilisten zu betrachten, womit das gesamte Gebiet zur „Free-Fire-Zone“ (uneingeschränkte Freigabe des Schusswaffengebrauchs) gemacht wird.
IDF-Brigadegeneral Itzik Cohen erklärte diese Woche in einer Besprechung: „Es besteht nicht die Absicht, die Einwohner des nördlichen Gazastreifens in ihre Häuser zurückkehren zu lassen.“
Er fügte hinzu, dass keine humanitären Hilfslieferungen mehr in das Gebiet gelangen dürfen, da es dort „keine Zivilisten mehr gibt“.
In Wirklichkeit befinden sich in Nord-Gaza weiterhin zehntausende Menschen, die unablässig von Israel bombardiert und bewusst dem Hungertod preisgegeben werden.
Letzten Monat setzte die Netanjahu-Regierung den so genannten „Plan der Generäle“ um, der die Entvölkerung des nördlichen Gazastreifens durch ethnische Säuberung und Aushungern vollenden soll. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu diskutierte diesen Plan letzten Monat mit US-Außenminister Antony Blinken, der Israel nach dem Treffen die uneingeschränkte Unterstützung der USA zusicherte.
Ermutigt durch den Sieg des eine Diktatur anstrebenden Faschisten Donald Trump erklärt das israelische Militär nun ganz offen, dass es die Bevölkerung von Nord-Gaza verhungern lassen will. Bisher hatte die Netanjahu-Regierung diese Tatsache nur in Leaks an die Presse bestätigt.