In einer Rede in Michigan rechtfertigte der ehemalige US-Präsident Bill Clinton am Montag den amerikanisch-israelischen Völkermord im Gazastreifen und sprach sich offen für die gezielte Tötung von Zivilisten und die kollektive Bestrafung von Nichtkombattanten aus – beides sind Kriegsverbrechen.
„Arabische Amerikaner in Michigan denken, dass zu viele Menschen gestorben sind“, sagte Clinton. „Leute, die das kritisieren, sagen im Grunde genommen ... schaut, wie viele Menschen ihr als Vergeltung getötet habt. Wie viele müsst ihr denn töten, um sie für die schrecklichen Dinge, die sie getan haben, zu bestrafen?“
Darauf antwortete Clinton: „Was würden Sie tun, wenn ... sie eines Tages zu Ihnen kämen und die Menschen in Ihrem Dorf abschlachteten, würden Sie sagen: ... So rechne ich nicht ab ... Es geht nicht darum, wie viele wir töten müssten?“
Clinton sprach zu einem Zeitpunkt, als die Netanjahu-Regierung einen Plan zum systematischen Aushungern der Bevölkerung von Gaza, zur ethnischen Säuberung des gesamten nördlichen Gazastreifens und zur Ermordung aller Überlebenden verabschiedete und umsetzte. Offiziellen Angaben zufolge wurden seit dem 7. Oktober 2023 mehr als 43.000 Menschen in Gaza von Israel getötet, darunter 13.000 Kinder, und praktisch die gesamte Bevölkerung wurde zu obdachlosen, hungernden Flüchtlingen.
Clintons Verteidigung des israelischen Völkermords verstößt in eklatanter Weise sowohl gegen das Straf- als auch gegen das Völkerrecht, das „Rache“ als Rechtfertigung für die Ermordung unbewaffneter Menschen nicht zulässt.
Im Strafrecht wird jemand, der aus Rache einen Mord begeht, trotzdem wegen Mordes verurteilt. Das Gleiche gilt für das Völkerrecht. In Worten, die wie eine Widerlegung Clintons klingen, erklärte die UN-Untersuchungskommission zum Gaza-Krieg im vergangenen Monat: „Die kollektive Bestrafung der gesamten Bevölkerung für die Taten einiger weniger“ ist „eine klare Verletzung des humanitären Völkerrechts.“
Das Gesetz der „Rache“ war in der Tat die Politik, die Nazi-Deutschland während des Zweiten Weltkriegs als Reaktion auf Widerstandshandlungen gegen seine brutale Besetzung Europas verfolgte. Nach der Ermordung des führenden Nationalsozialisten Reinhard Heydrich verübten die Nazis in dem tschechischen Dorf Lidice ein wahlloses Massaker an der Zivilbevölkerung. Nach einem Bombenangriff auf deutsche Hilfspolizeieinheiten in Rom im März 1944 ordneten die Nazibesatzer an, dass auf jeden getöteten Polizisten zehn Zivilisten kommen sollten. Bei dem so genannten Massaker in den Ardeatinischen Höhlen wurden 335 italienische Zivilisten hingerichtet, von denen keiner mit dem Anschlag in Verbindung stand.
Clinton setzte seine offene Verteidigung israelischer Kriegsverbrechen fort, indem er erklärte, die Zahl der getöteten Zivilisten im Gazastreifen sei irrelevant, „weil die Hamas dafür sorgt, dass sie von Zivilisten abgeschirmt werden.“ Er fuhr fort: „Sie zwingen euch, Zivilisten zu töten, wenn ihr euch verteidigen wollt.“
Erstens hat Israel kein Recht, sich gegen die Bevölkerung Palästinas zu „verteidigen“, deren Land es im Gazastreifen seit 1967 unrechtmäßig besetzt hält. Wie die Richterin des Internationalen Gerichtshofs Navanethem Pillay auf einer Pressekonferenz am selben Tag erklärte, an dem Clinton sprach, „muss man unterscheiden“ zwischen Israel und Palästina, denn „das eine ist ein Besatzer und das andere besetzt.“
Der Gazastreifen ist eines der am dichtesten besiedelten Stadtgebiete der Welt, auf das Israel im vergangenen Jahr das Äquivalent mehrerer Atombomben abgeworfen hat. Die Netanjahu-Regierung hat bei der Zerstörung des Gazastreifens überwiegend massive 2.000-Pfund-Bomben eingesetzt, weil es ihr Ziel ist, die Zahl der Todesopfer zu maximieren und nicht zu minimieren, ganz im Einklang mit ihrer Strategie der ethnischen Säuberung Palästinas und seiner Eingliederung in ein „Großisrael“.
Clinton verteidigte das Massaker an der palästinensischen Bevölkerung und das israelische Ziel der illegalen Annexion des palästinensischen Territoriums, indem er sich auf den biblischen Mythos von König David berief. An die Palästinenser gerichtet, erklärte Clinton:
Nun, ich habe Neuigkeiten für sie. Sie [die Israelis] waren schon da, bevor es Ihren Glauben [den Islam] gab. Sie waren zur Zeit König Davids da, die südlichsten Stämme besaßen Judäa und Samaria.
Erstens gibt es keine archäologischen Beweise dafür, dass ein König namens David jemals in der Levante regiert hat, geschweige denn, dass sein angebliches Königreich das Gebiet des heutigen Westjordanlands umfasste. Aber was in der Bronzezeit geschehen sein mag oder nicht, hat absolut gar keinen Einfluss auf das heutige Völkerrecht, dessen höchstes Gremium, der Internationale Gerichtshof, in diesem Jahr kategorisch entschied, dass Israel keinerlei Recht auf das Westjordanland oder einen anderen Teil der besetzten palästinensischen Gebiete hat.
Dass Israel diesen Völkermord durchführen kann, verdankt es vor allem der bedingungslosen Unterstützung durch den amerikanischen Imperialismus. Washington betrachtet die „Endlösung“ der Palästinenser-Frage als entscheidenden Bestandteil seiner Vorbereitungen für einen Krieg in der gesamten Region gegen den Iran, der letzte Woche mit dem von den USA unterstützten Raketenangriff Israels auf Teheran einen Schritt näher gerückt ist. Der geplante Krieg im gesamten Nahen Osten ist eine Front beim Drang des amerikanischen Imperialismus nach einem weltweiten Krieg – auch gegen Russland in Osteuropa und China im asiatisch-pazifischen Raum –, um seine globale Hegemonie gegenüber seinen Rivalen und nominellen Verbündeten zu festigen.
Krieg und Völkermord werden von beiden Parteien des politischen Establishments der USA unterstützt. Die Tatsache, dass Clinton den Völkermord an den Palästinensern so ausdrücklich verteidigt hat, beweist dies und zeigt, wie weit das gesamte politische Establishment nach rechts gerückt ist.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Clinton war während seiner gesamten politischen Laufbahn ein erbitterter Feind des palästinensischen Volkes. Sein offenes Eintreten für den Völkermord und die ethnische Säuberung Palästinas erinnert an die Tatsache, dass er während seiner gesamten Präsidentschaft mit den palästinensischen Führern in völliger Unredlichkeit verhandelt hat. Tatsächlich haben die Verhandlungen in Camp David im Jahr 2000 nur den Weg für ein Vierteljahrhundert israelischer Morde und Unterdrückung geebnet, die nun in der „Endlösung“ der Palästina-Frage gipfeln.
Seine Verteidigung des Völkermords ist die authentische Stimme des amerikanischen Imperialismus, der Netanjahu, Gallant und die israelische Armee mit Hochleistungswaffen im Wert von zig Milliarden Dollar beliefert hat, um seit mehr als einem Jahr Männer, Frauen und Kinder abzuschlachten. Während Trump offen seine Absicht erklärt, eine faschistische Diktatur zu errichten, falls er die Wahl am 5. November gewinnt, ignorieren Harris und die Demokraten diese Drohung, um zu vermeiden, dass die Bevölkerung gegen ihn mobilisiert wird, während sie gleichzeitig die faschistische Auslöschung der Palästinenser gutheißen.
Harris reagierte im Juli auf Netanjahus aggressive Verteidigung des Völkermords in seiner Rede vor einer gemeinsamen Sitzung des Kongresses, indem sie den israelischen Premierminister zu einem persönlichen Treffen einlud. In einer anschließenden Rede vor den Medien versprach sie, dass Washington Jerusalem mit der militärischen Ausrüstung versorgen werde, die es für den Kampf gegen den Iran und die vom Iran unterstützten Milizen, darunter die Hamas, die Hisbollah und die Houthis, benötigt. Im Wahlkampf hat Harris dieses Versprechen mit der Erklärung unterstrichen, ihr Hauptziel im Weißen Haus werde es sein, sicherzustellen, dass die USA „die tödlichste Militärmacht der Welt“ aufrechterhalten.
Die Befürwortung faschistischer Gewalt durch die Bourgeoisie zur Durchsetzung ihrer wirtschaftlichen und geostrategischen Interessen beschränkt sich nicht auf die Vereinigten Staaten. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock sagte im Oktober vor dem Bundestag:
Wenn Hamas-Terroristen sich hinter Menschen, hinter Schulen verschanzen, dann kommen wir in ganz schwierige Bereiche. Aber wir ducken uns davor nicht weg. Deswegen habe ich vor den Vereinten Nationen deutlich gemacht: Dann können auch zivile Orte ihren Schutzstatus verlieren, weil Terroristen diesen missbrauchen. Dazu steht Deutschland. Das bedeutet für uns Sicherheit Israels.
Das Wiederaufleben der kapitalistischen Barbarei, das es seit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nicht mehr gegeben hat, ist mit dem Ausbruch einer neuen Neuaufteilung der Welt zwischen den imperialistischen Mächten verbunden. Alle roten Linien, die vermeintlich demokratische Regime von den faschistischen Diktaturen der Vergangenheit trennten, sind im Kampf um Rohstoffe, Märkte und geopolitischen Einfluss verwischt worden. Dieser Kampf wird von den unüberbrückbaren Widersprüchen des Weltkapitalismus angetrieben, zwischen dem Nationalstaat und der globalen Produktion, zwischen dem Privateigentum an den Produktionsmitteln und dem massenhaften, sozialen Charakter des Produktionsprozesses.
Der Völkermord im Gazastreifen hat die Führer aller imperialistischen Länder als eine Bande von Kriegsverbrechern entlarvt. Aber ihre Kriminalität ist Ausdruck des Bankrotts und des Verfalls der gesamten kapitalistischen Gesellschaftsordnung, die die eigentliche Ursache des imperialistischen Krieges und der sozialen Barbarei ist.