Ausweitung der ethnischen Säuberung und Hungerpolitik Israels im Norden Gazas

Ein Jahr nach Beginn des Völkermords in Gaza intensiviert Israel mit Unterstützung des US-Imperialismus seine Vernichtung und ethnische Säuberung der Bevölkerung in Gaza.

Ein Palästinenser mit der Leiche eines Verwandten, der während eines israelischen Luftangriffs auf Gaza getötet wurde. Aufgenommen in einer Krankenhaus-Leichenhalle in Deir al-Balah am 8. Oktober 2024 [AP Photo/Abdel Kareem Hana]

Zwischen dem 5. und 7. Oktober gaben die Israelischen Verteidigungskräfte (IDF) die Zwangsvertreibung von Hunderttausenden Menschen aus Gebieten des nördlichen Gazastreifens bekannt, während Israel seine Offensive nahe dem Flüchtlingslager Dschabaliya fortsetzte.

Trotz der Berichte in den sozialen Netzwerken, dass „Dschabaliya ausgelöscht wird“, gibt es keine offiziellen Angaben zur Zahl der Todesopfer. Dies geschieht inmitten des fast vollständigen Zusammenbruchs der medizinischen Infrastruktur des Gazastreifens.

Das UN-Büro für Menschenrechte warnte am Montag: „Die Angriffe im Norden von Gaza geben in Verbindung mit den massiven Evakuierungsbefehlen, die mit dem humanitären Völkerrecht unvereinbar sind, Anlass zu ernster Besorgnis über die Zwangsvertreibung und die Zwangsumsiedlung der palästinensischen Bewohner von Gaza.“

Am Dienstag forderten israelische Truppen die Evakuierung des Kamal-Adwan-Krankenhauses, des indonesischen Krankenhauses und des al-Adwa-Krankenhauses im Norden von Gaza innerhalb von 24 Stunden.

Der Direktor des Kamal-Adwan-Krankenhauses, Hussam Abu Safiya, erklärte: „Offensichtlich gibt es einen neuen Plan, unsere Bevölkerung im Norden von Gaza durch die Zerstörung aller Bereiche des Gesundheitssystems in dieser Region zu vertreiben. Wir haben alle darüber informiert, dass die nördliche Region dicht bevölkert ist und eine große Zahl von Einwohnern hat. Wir haben das Recht, diese Menschen weiterhin zu versorgen. Wir werden standhaft bleiben, wir werden bleiben, und wir werden weiterhin medizinische Dienste anbieten, egal was es kostet.“

In einem Interview mit CNN fügte er hinzu: „Was hier passiert, ist willkürlich und eindeutig eine Vertreibung der Einwohner des nördlichen Gazastreifens. Das Kamal-Adwan-Krankenhaus ist weiterhin das einzige aktive Krankenhaus im Norden, deswegen wäre es für die Menschen, die es brauchen, eine große Katastrophe, das Krankenhaus zu schließen. Es gibt hier noch immer viele Patienten und viele Babys und Kinder in der Neugeborenen-Station, deshalb ist eine Evakuierung schwierig.“

Im Tagesbericht der Vereinten Nationen hieß es, im Norden von Gaza „werden mehr als 400.000 Menschen dazu gedrängt, nach Al Mawasi im Süden zu ziehen, das bereits überfüllt ist und wo es keine Grundversorgung gibt. Auch der Zugang zu humanitärer Hilfe droht weiter eingeschränkt zu werden, vor allem zwischen dem Süden und dem Norden des Gazastreifens. Das Gleiche gilt für den Zugang zu und die Funktionsfähigkeit von wichtigen humanitären Einrichtungen in den für die Evakuierung vorgesehenen Gebieten.“

Diese ethnischen Säuberungsaktionen finden bei ständiger Bombardierung, Artilleriefeuer und Beschuss durch die israelischen Truppen statt.

Das vorsätzliche Aushungern der Bevölkerung von Gaza wird immer weiter intensiviert. Laut einem Bericht des UN-Kinderhilfswerks UNICEF kamen im September so wenig Lebensmittel in den Gazastreifen wie seit März 2023 nicht mehr. Für Kinder im Alter von 6 bis 23 Monaten sowie schwangere und stillende Frauen ist im gesamten Gazastreifen deutlich weniger Nahrung verfügbar.

Weiter heißt es: „Nur fünf Prozent der schwangeren und stillenden Frauen haben Milchprodukte konsumiert, und nur sechs Prozent der Kinder haben etwas Fleisch gegessen; im Norden von Gaza sind diese Prozentsätze auf ein bzw. drei Prozent gesunken.“

Chris Gunness, ein ehemaliger Sprecher des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge, warf Israel in einem Interview mit Al Jazeera vor, die Bevölkerung des Gazastreifens „abzuschlachten“.

Er erklärte: „Letztes Jahr haben wir erlebt, wie der Gazastreifen vom größten Freiluftgefängnis der Welt zum größten Konzentrationslager der Welt wurde.“

Weiter sagte er: „Heute ist Gaza in ein industrielles Schlachthaus verwandelt worden. Und ich benutze das Wort ,Schlachten‘ absichtlich, weil ehrlich gesagt die Tiere in den meisten Schlachthöfen der Welt humaner getötet werden als die Frauen und Kinder in Gaza.“

UN-Generalsekretär Antonio Guterres erklärte zum ersten Jahrestag des Völkermords in Gaza: „Der Alptraum in Gaza geht nun in ein grauenhaftes, abscheuliches zweites Jahr.“

Guterres fuhr fort: „Laut Berichten wurden mehr als 41.000 [Palästinenser] getötet, hauptsächlich Frauen und Kinder. Tausende weitere werden vermisst und liegen vermutlich unter den Trümmern. Fast die gesamte Bevölkerung wurde vertrieben, kein Teil des Gazastreifens wurde verschont.“

Weiter erklärte er: „Wir erleben eine eindeutige Intensivierung der israelischen Militäroperationen. Wohngebiete wurden angegriffen. Krankenhäuser wurden zur Evakuierung aufgefordert. Die Stromversorgung wurde unterbrochen – kein Treibstoff oder kommerzielle Güter dürfen in den Gazastreifen. Etwa 400.000 Menschen werden erneut dazu gedrängt, nach Süden in ein überfülltes, verschmutztes Gebiet zu ziehen, wo es an jeder Grundversorgung zum Überleben fehlt.“

Er schloss mit den Worten: „Kein Ort in Gaza ist sicher, niemand ist sicher.“

Israels Angriff auf Gaza wird begleitet von einer israelischen Militäroffensive im gesamten Nahen Osten, darunter Operationen im Libanon, Syrien und dem Jemen. Mit der Biden-Regierung in den USA diskutiert Israel zudem über einen direkten Angriff auf den Iran.

Am Dienstag drohte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu der Bevölkerung des Libanon mit Zerstörungen „wie in Gaza“.

Er forderte in seiner Rede, jeden Widerstand gegen Israel aufzugeben. „Sie haben die Gelegenheit, den Libanon zu retten, bevor er in den Abgrund eines langen Kriegs stürzt, der zu Zerstörung und Leid führen wird, wie wir es in Gaza sehen.“

Im Libanon wurden am Dienstag bei israelischen Angriffen 36 Menschen getötet und 150 verwundet. Seit Mitte September sind dort 1473 Menschen durch israelische Angriffe getötet worden.

Ebenfalls am Dienstag griff das israelische Militär Damaskus in Syrien an. Laut syrischem Staatsfernsehen wurden dabei sieben Zivilisten getötet und elf weitere verwundet.

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