Österreich: Rechtsextreme FPÖ gewinnt Parlamentswahl

Das Ergebnis der österreichischen Nationalratswahl vom vergangenen Sonntag folgt demselben Muster wie 2022 die Wahl in Italien, 2023 in den Niederlanden und 2024 in den deutschen Bundesländern Thüringen, Sachsen und Brandenburg.

Die verbreitete Opposition gegen den Ukrainekrieg, gegen sinkende Reallöhne und gegen Sozialabbau hat zu einem dramatischen Niedergang der etablierten Parteien geführt. Da die Gewerkschaften den Klassenkampf unterdrücken und sämtliche etablierten Parteien die faschistische Flüchtlingspolitik der extremen Rechten übernommen haben, konnten vor allem letztere davon profitieren. Ihr Wahlerfolg ist nicht das Ergebnis einer rechten Massenbewegung, sondern des Rechtsrucks der herrschenden Eliten.

FPÖ-Chef Herbert Kickl [Photo by C.Stadler/Bwag / CC BY-SA 4.0]

Fünf Jahre nachdem sie wegen des Ibiza-Skandals aus der Regierung geflogen war, wurde die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) am Sonntag mit 29,2 Prozent stärkste Partei. Im Vergleich zur Wahl 2019 gewann sie 13 Prozentpunkte hinzu. Besonders stark schnitt sie in ländlichen Regionen und bei der Generation der 35- bis 59-Jährigen ab. Unter Arbeitern erzielte sie 50 Prozent.

Dabei ist die FPÖ unter ihrem neuen Führer Herbert Kickl weiter nach rechts gerückt. Der 55-jährige ehemalige Politik- und Philosophiestudent steht den Identitären nahe, die für biologisch begründeten Rassimus eintreten. Er stellte den Schlachtruf der „Remigration“ in den Mittelpunkt seines Wahlkampfs und forderte die massenhafte Abschiebung von Migranten. Das Wahlprogramm der FPÖ trug den Titel „Festung Österreich, Festung der Freiheit“. Asylanträge sollen in Österreich überhaupt nicht mehr genehmigt werden.

Kickl präsentierte sich als zukünftigen „Volkskanzler“ – eine Anspielung auf Adolf Hitler – und wetterte gegen die „Systemparteien“ und gegen Corona-Schutzmaßnahmen. Gleichzeitig wandte er sich gegen die weitere Unterstützung der Ukraine im Krieg gegen Russland.

Kickl arbeitet seit 30 Jahren für die FPÖ und diente Jörg Haider, unter dem die Partei scharf nach rechts schwenkte, als Redenschreiber und Stichwortgeber. Von 2017 bis 2019 war er unter Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) österreichischer Innenminister und machte mit drakonischen Abschiebungen, der Aufrüstung der Polizei und mehreren Skandalen von sich reden.

Die konservative Volkspartei (ÖVP) und die Grünen, die Österreich seit Anfang 2020 gemeinsam regieren, erlitten am Sonntag Rekordverluste. Die ÖVP sackte von 37,5 auf 26,5 Prozent ab, die Grünen von 13,9 auf 8 Prozent.

Zu den wichtigsten Gründen gehören die hohen Reallohnverluste und die steigende Armut aufgrund der kriegsbedingten Inflation. Österreich erlebte in den letzte Jahre eine der höchsten Inflationsraten Europas, besonders die Preise für Mieten, Lebensmittel und Energie schnellten in die Höhe, was Familien mit niedrigem Einkommen besonders belastet. 2023 galt jedes fünfte Kind in Österreich als armutsgefährdet.

Vor einem Jahr war ein Video publik geworden, in dem Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) arme Familien und Mütter, die in Teilzeit arbeiten, verhöhnt. Er empfahl ihnen, mehr zu arbeiten und zu McDonald’s essen zu gehen. Das sei zwar nicht gesund, aber „die billigste warme Mahlzeit“, die man in Österreich bekommen könne. Die ÖVP verteidigte seine Aussage.

Nach dem Ausscheiden der FPÖ aus der Bundesregierung hatte Nehammer 2020 von Kickl das Innenministerium übernommen und dessen rigorose Abschiebungspolitik fortgesetzt. Ende 2021 löste er dann Sebastian Kurz als Bundeskanzler ab. Auch im jüngsten Wahlkampf setzte Nehammer die Hetze gegen Flüchtlinge fort.

Die Grünen unter Vizekanzler Werner Kogler, einem engen Vertrauten des deutschen Wirtschaftsministers Robert Habeck, haben den rechten Kurs der ÖVP sowohl in der sozialen wie in der Flüchtlingsfrage uneingeschränkt mitgetragen.

Die Sozialdemokraten (SPÖ), die seit 1970 40 Jahre lang den Bundeskanzler stellten, erzielten mit 21 Prozent das schlechteste Wahlergebnis ihrer Geschichte. Ihr letzter Bundeskanzler, der Wirtschaftsmanager Christian Kern, der 2017 abgewählt wurde, hatte einen brutalen Sparkurs verfolgt und sich der FPÖ angenähert.

Zur jüngsten Wahl trat die SPÖ mit Andreas Babler als Spitzenkandidat an. Der Bürgermeister einer Kleinstadt mit 20.000 Einwohnern hatte im Sommer 2023 mit einer „linken“ Parteitagsrede überraschend Pamela Rendi-Wagner an der Spitze der SPÖ abgelöst. Babler beruft sich auf Bruno Kreisky, der 1970 die Ära sozialdemokratischer Bundeskanzler eröffnet hatte. Im Wahlkampf versprach er Maßnahmen gegen Kinderarmut, eine Vermögenssteuer für die Reichen, kürzere Arbeitszeiten und leichteren Zugang zu Fachärzten.

Doch die Wähler ließen sich durch die linke Rhetorik nicht täuschen. Sie haben lange Erfahrungen mit der arbeiterfeindlichen Politik der SPÖ, die auch in zahlreichen Landesregierungen und Kommunalverwaltungen sitzt und dort auch mit der FPÖ zusammenarbeitet.

Die Bildung einer neuen Regierung wird sich aufgrund des Wahlergebnisses schwierig gestalten. Bisher beteuern alle Parteien, dass sie eine Koalition mit der FPÖ unter Kickl ablehnen. Die ÖVP schließt allerdings eine solche Koalition nicht aus, falls Kickl auf das Kanzleramt verzichtet. Es wäre die sechste derartige Regierung seit 1983, wobei bisher immer die ÖVP als stärkere Partei den Kanzler stellte. In drei Bundesländern regiert die ÖVP schon jetzt gemeinsam mit der FPÖ. Möglich ist auch, dass Nehammer von seiner Partei abgelöst und durch ein Mitglied ersetzt wird, das zur Zusammenarbeit mit Kickl bereit ist.

Eine Koalition aus ÖVP und SPÖ käme im neuen Parlament auf eine knappe Mehrheit von 93 Abgeordneten und damit einen mehr, als für die absolute Mehrheit nötig sind. Es wäre eine Koalition der Wahlverlierer, die sofort enormen Widerstand auf sich ziehen würde.

Im Gespräch ist auch eine Koalition von ÖVP, SPÖ und NEOS. Die NEOS, eine wirtschaftsliberale Partei, die vor allem von jüngeren städtischen Wählern aus der Mittelschicht unterstützt wird, legte ein Prozent zu und erreichte 9 Prozent.

Doch unabhängig davon, wie die Regierungsbildung schließlich ausgeht, sie wird die Entwicklung nach rechts nicht stoppen. Die tiefe, globale Krise des kapitalistischen Systems treibt alle Parteien, die den Kapitalismus unterstützen, in Richtung Krieg, Sozialabbau und Diktatur. Nur eine unabhängige Bewegung der internationalen Arbeiterklasse, die für eine sozialistische Perspektive kämpft, kann den Rückfall in die Barbarei verhindern.

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