Ramelow für deutsche Soldaten in der Ukraine

Bei ihrem größenwahnsinnigen Plan, die Atommacht Russland militärisch zu besiegen, gibt es für die Nato keine „Roten Linien“ mehr, warnt die WSWS in einer Perspektive zur Kursk-Offensive. „Wenn es der Ukraine erlaubt ist, Russland mit Nato-Waffen anzugreifen, so folgt daraus zwangsläufig, dass auch ein direkter Angriff von Nato-Truppen auf Russland zulässig ist,“ heißt es darin.

Es spricht Bände über den durch und durch militaristischen Charakter der Linkspartei, dass der erste führende deutsche Politiker, der prominent die Entsendung deutscher Soldaten in die Ukraine fordert, aus ihren Reihen kommt. Wenige Wochen vor den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg gab Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) eine Reihe von Interviews, in denen er sich voll hinter den Nato-Kriegskurs gegen Russland stellt und sogar einen Einsatz der Bundeswehr ins Spiel bringt.

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) [Photo by Kasa Fue / wikimedia / CC BY-SA 4.0]

„Meine Haltung zu Russlands Krieg gegen die Ukraine war und ist eindeutig,“ gibt er gegenüber dem Tagesspiegel zu Protokoll. „Es war Putin, der seine Armee angewiesen hat, ein anderes Land zu überfallen. Das sind die Realitäten. Was bei aller Sehnsucht nach Frieden bleibt, ist, dass ein Staat in der Lage sein muss, sich verteidigen zu können. Für mich gilt die Stärke des Rechts, nicht das Recht des Stärkeren.“

Wenn will Ramelow für dumm verkaufen? Natürlich weiß er genau, dass die imperialistischen Mächte – allen voran Deutschland und die USA – nicht auf der „Seite des Rechts“ stehen. Auf dem Balkan, im Nahen Osten und in Zentralasien haben sie in den vergangenen drei Jahrzehnten ganze Länder in Schutt und Asche gelegt und Millionen getötet.

Und auch im Ukrainekonflikt ist die Nato der Hauptaggressor. Mit der systematischen militärischen Einkreisung Russlands und dem anti-russischen Putsch in Kiew 2014 hat sie den russischen Einmarsch regelrecht provoziert. Seitdem eskaliert sie den Konflikt immer weiter, um Russland in einen umfassenden Krieg zu zwingen. Dabei geht es nicht, wie behauptet, um „Frieden“ und „Demokratie“, sondern darum, sich die Ukraine einzuverleiben und das rohstoffreiche und geostrategisch zentrale Russland zu unterwerfen.

Diese Pläne werden von der Linkspartei aktiv unterstützt. Mitte Juni nahm der führende Linken-Politiker Dietmar Bartsch an der sogenannten „Ukraine-Wiederaufbaukonferenz“ in Berlin teil, bei der es explizit um die Eskalation des Nato-Kriegs gegen Russland und die Aufteilung der Kriegsbeute unter den imperialistischen Mächten ging.

Im Interview mit dem Tagesspiegel plädiert Ramelow dafür, den Druck auf China und Russland zu erhöhen und sogar eigene Truppen in die Ukraine zu schicken. „China könnte einen Impuls erzeugen, der Russland zu einem Waffenstillstand zwingt,“ erklärt er, und: „Wenn es zu einem Waffenstillstand kommt, müssten wir Europäer bereit sein, Blauhelm-Soldaten in die Ukraine zu entsenden.“ Auf Nachfrage betonte er: „Auch Deutschland sollte im Falle eines Waffenstillstandes für Bundeswehrsoldaten unter UN-Mandat offen sein.“

Was Ramelow vorschlägt, wäre kein „Friedenseinsatz“, sondern die Verwirklichung weitreichender Nato-Pläne, noch direkter und aktiver in den Krieg einzugreifen. Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte bereits Anfang des Jahres wiederholt den Einsatz europäischer Truppen in der Ukraine gefordert und damit offengelegt, welch weitgehenden Kriegspläne die Nato-Mächte hinter dem Rücken der Bevölkerung schmieden.

Auf dem Nato-Gipfel in Washington im Juli beschloss das Militärbündnis schließlich die Einrichtung eines Büros in der Ukraine und eines Nato-Kommandos in Deutschland, um die Kriegsoffensive gegen Russland effektiver zu organisieren. Es ist offensichtlich, dass der ukrainische Vorstoß in die Kursk-Region, der mit amerikanischen, britischen und deutschen Panzern geführt wird, durch die Nato koordiniert wird.

Vor allem der deutsche Imperialismus, der im 20. Jahrhundert bereits zweimal versucht hat, Russland zu unterwerfen und dabei mit dem Holocaust und dem Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg die schlimmsten Verbrechen der Menschheitsgeschichte begangen hat, treibt die Kriegseskalation voran. Erst in der vergangenen Woche stellte sich der gesamte Vorstand der Kanzlerpartei SPD hinter die Pläne der Bundesregierung, US-Langstreckenraketen in Deutschland zu stationieren. Berlin sieht den Krieg als Chance, lang gehegte Aufrüstungs- und Großmachtpläne in die Tat umzusetzen.

Dieser Kurs wird von Ramelow unterstützt. In einem weiteren Interview mit der Berliner Morgenpost prahlt der Ministerpräsident Thüringens damit, dass die Nato in Litauen eine Kampfbrigade aufbaut, „die von Thüringer Soldaten geführt wird“. Weiter fordert er, Moldau und Georgien sollten „in die EU aufgenommen werden“ und die europäische Verteidigung neu geordnet werden.

Deutschland brauche „eine Armee zur Landesverteidigung, die ihren Namen verdient,“ verlangt Ramelow. Daher sei er „strikt dafür, die Bundeswehr gut auszustatten“. Auch das ist unmissverständlich: Unter dem Mantra der Landesverteidigung arbeiten der SPD-Verteidigungsminister und die Bundeswehrführung intensiv daran, Deutschland wieder „kriegstüchtig“ zu machen und auf einen großen „Landkrieg“ mit Russland vorzubereiten.

Wenn Ramelow erklärt, dass Russland auch zu Europa gehöre und in die neue Ordnung einbezogen werden müsse, knüpft er das an den Sturz Putins und die Installation eines prowestlichen Regimes in Moskau. „Natürlich“ gebe es keine Neuordnung „mit einer Diktatur, einem Unterdrückungsapparat“, betont er. Aber man müsse „das Land im Blick behalten – und diejenigen stärken, die Veränderung in Russland wollen“. Der „andauernde Krieg“ und die „massive Repression im Land können Kräfte in der russischen Gesellschaft freisetzen“.

Damit meint Ramelow nicht etwa eine revolutionäre Offensive gegen das Putin-Regime, das die Interessen der herrschenden Oligarchie vertritt, die aus der Restauration des Kapitalismus durch die stalinistische Bürokratie hervorgegangen ist. Ramelow unterstützt das Ziel der imperialistischen Mächte, einen Teil der Oligarchen zu gewinnen, damit sie sich gegen Putin wenden, und ein Nato-höriges Regime zu errichten. Gegenüber den demokratischen und sozialen Rechten der Arbeiter wäre ein solches Regime nicht minder reaktionär als das Putins.

Der Grund für den Militarismus der Linkspartei sind nicht einfach ihre rechten Führer, wie Ramelow und Bartsch, sondern die politische und soziale Orientierung und die Geschichte der gesamten Partei. Die Linke war trotz ihres Namens nie eine linke oder gar sozialistische Partei, sondern immer eine bürgerliche Organisation, die die Interessen des Staatsapparats und wohlhabender Mittelschichten vertritt. Ihre Vorläuferorganisation, die stalinistische SED/PDS, hat in Ostdeutschland den Kapitalismus wieder eingeführt und damit auch der Rückkehr des deutschen Militarismus den Weg bereitet, den sie nun so aggressiv vorantreibt.

Unter Arbeitern und Jugendlichen ist Die Linke deshalb – und auch wegen ihrer Politik des sozialen Kahlschlags, der Polizeistaatsaufrüstung und der Angriffe auf Flüchtlinge und Migranten – zunehmend verhasst. Bei den Europawahlen Anfang Juni brach sie regelrecht zusammen und erzielte nur noch 2,7 Prozent der Stimmen.

Auch in Thüringen, wo sie mit Ramelow den Ministerpräsidenten stellt und bei den letzten Landtagswahlen 2019 noch 31 Prozent der Stimmen erhalten hatte, liegt sie in Umfragen nur noch bei 15 Prozent. SPD und Grüne, mit denen Ramelow eine Minderheitsregierung führt und die auch auf Bundesebene die Kriegspolitik forcieren, kommen lediglich noch auf knapp 6 bzw. 3 Prozent.

Unter Bedingungen, unter denen die nominell linken Parteien als größte Kriegstreiber verhasst sind, gelingt es sogar der faschistischen AfD, die Antikriegsstimmung in der Bevölkerung bis zu einem gewissen Grad auszuschlachten. Sie kritisiert den Nato-Krieg gegen Russland von einem nationalistisch-militaristischen Standpunkt. Die Partei, die von der herrschenden Klasse gezielt aufgebaut wird, um das Programm von Militarismus und Diktatur durchzusetzen, plakatiert neben ihren Hetzparolen gegen Flüchtlinge und Migranten auch für den „Frieden“. In Umfragen kommt sie aktuell auf etwa 29 Prozent.

Vor allem die Linkspartei-Abspaltung Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), die in Umfragen bei etwa 19 Prozent liegt, bemüht sich, die Antikriegsstimmung aufzufangen und zu unterdrücken.

Wenn Wagenknecht den Nato-Kriegskurs gegen Russland kritisiert, tut sie dies ebenfalls vom Standpunkt des deutschen Imperialismus. Sie artikuliert die Interessen eines Teils der herrschenden Klasse, die engere Beziehungen mit Moskau als notwendig für eine größere wirtschaftliche und militärische Unabhängigkeit von Washington sieht. Dabei stimmt sie im Kern mit der Aufrüstung überein. „Die Bundeswehr muss ihren grundgesetzlichen Auftrag erfüllen können und dafür angemessen ausgestattet sein – ihre adäquate Ausrüstung … muss das Ziel der Verteidigungspolitik sein,“ heißt es im Wahlprogramm des BSW.

Arbeiter und Jugendliche, die gegen Imperialismus, Faschismus und Krieg kämpfen wollen, müssen mit der Linken und ihrem Spaltprodukt, dem BSW, genauso bewusst abrechnen wie mit der Ampel und allen anderen kapitalistischen Parteien. Das erfordert den Aufbau der Sozialistischen Gleichheitspartei. Sie ist die einzige Kraft, die die Rückkehr des deutschen Militarismus und dwen drohenden Weltkrieg auf Grundlage einer internationalen sozialistischen Perspektive bekämpft.

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