Am Dienstagabend führte Israel einen provokanten Angriff in einem dicht bebauten Teil der libanesischen Hauptstadt Beirut durch, um Mushin Shukr zu töten, einen hochrangigen Befehlshaber der vom Iran unterstützten Miliz Hisbollah. Das israelische Regime behauptet, Shukr sei bei diesem „gezielten“ Angriff ums Leben gekommen, doch laut Quellen aus dem Umfeld der Hisbollah könnte er überlebt haben.
Am Mittwochmorgen wurde bei einem weiteren israelischen Angriff in Teheran der politische Führer der Hamas, Ismail Haniyeh, getötet. Mit diesem Mord hat das zionistische Regime nicht nur jede Aussicht auf ein Waffenstillstandsabkommen in Gaza sabotiert, sondern auch deutlich gemacht, dass es – mit Unterstützung Washingtons – entschlossen ist, seinen völkermörderischen Krieg in einen Konflikt in der gesamten Region zu verwandeln.
Als Rechtfertigung für seinen Angriff in Beirut nannte Israel den Tod von zwölf drusischen Kindern durch einen Raketenangriff auf die besetzten Golanhöhen am letzten Samstag. Die Umstände sind jedoch trotz Israels hysterischen, aber haltlosen Anschuldigungen gegen die Hisbollah weiterhin unklar. Die Hisbollah hat die Verantwortung für den Raketenangriff ausdrücklich zurückgewiesen.
Bei dem israelischen Angriff wurden mindestens fünf Stockwerke eines Wohnblocks in einem dicht besiedelten Vorort im Süden von Beirut zerstört. Laut der libanesischen staatlichen Nachrichtenagentur NAA schlugen drei von einer Drohne abgefeuerte Raketen in dem Gebäude ein. Die Trümmer bedeckten die umliegenden Straßen.
Nach Angaben des libanesischen Gesundheitsministeriums wurden bei dem Angriff drei Menschen getötet und weitere 74 verwundet. Die Suche nach Opfern dauert zwar noch an, doch was bisher bekannt ist, befinden sich unter den Opfern eine Frau, ein Junge und ein Mädchen. Ob die umliegenden Gebäude, darunter das Bahman-Krankenhaus, beschädigt worden sind, ist noch unklar.
Die Entscheidung Israels, einen hohen Hisbollah-Befehlshaber zu ermorden, zielt darauf ab, einen größeren Konflikt im Libanon zu provozieren. Die Behauptungen Israels, es wolle keinen Krieg mit der Hisbollah, werden damit ad absurdum geführt. Shukr ist ein hochrangiger Berater des Hisbollah-Führers Hassan Nasrallah und Mitglied des obersten Militärrats der Hisbollah.
Der rechtsextreme Flügel des faschistischen israelischen Regimes ruft seit Monaten nach einem schrankenlosen Krieg gegen die Hisbollah. Ende Mai hatte der israelische Finanzminister Bezalel Smotrich das Militär aufgefordert, in den Südlibanon einzumarschieren und dort die Kontrolle zu übernehmen, um eine Pufferzone zu schaffen, die Hisbollah-Angriffe auf den Norden Israels verhindern soll.
Der Minister für die Nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, erklärte daraufhin, die Einrichtung einer Pufferzone reiche nicht aus. Er forderte stattdessen, das israelische Militär solle den Libanon stürmen und „die Hisbollah gänzlich vernichten“. Einen Monat später besuchte Ben-Gvir den Norden Israels, wo Raketen der Hisbollah Brände ausgelöst hatten, und erklärte: „Sie verbrennen [uns] hier. Alle Hochburgen der Hisbollah sollten niedergebrannt, sie sollten zerstört werden. Krieg!“
Der US-Imperialismus hat dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu letzte Woche während seines Besuchs in Washington grünes Licht für einen Krieg gegen die Hisbollah gegeben. Bei einer gemeinsamen Sitzung des Kongresses hatte er eine kriegerische Rede gehalten und dafür von beiden Parteien Unterstützung erhalten. Nach dem Angriff auf den Golanhöhen beendete er seine Reise am Samstag vorzeitig und kehrte nach Israel zurück, um sich mit der Militär- und Geheimdienstführung zu treffen. Er schwor, die Hisbollah werde „einen hohen Preis dafür zahlen, einen Preis, den sie zuvor noch nie gezahlt hat“.
Am Sonntag bombardierten israelische Kampfflugzeuge Waffenlager und Infrastruktur der Hisbollah im Bekaa-Tal im Ostlibanon, in Shabriha und Burj al-Shemali nahe der südlibanesischen Stadt Tyr und die Dörfer Kfar Kila, Rab el-Thalathine, Khiam und Tayr Harfa.
Am Montagabend führte das israelische Militär eine weitere Serie von Angriffen im Südlibanon und im Süden Syriens durch. Bei den Angriffen auf den Südlibanon kamen Drohnen, Artillerie und Flugzeuge zum Einsatz, die zehn Stellungen der Hisbollah in sieben verschiedenen Gebieten attackierten.
Diese Angriffe sind eine deutliche Eskalation des Konflikts zwischen der Hisbollah und Israel, der seit dem 7. Oktober tobt. Jedoch zielte der Angriff in Beirut am Dienstagabend darauf ab, die Hisbollah zu einem Vergeltungsschlag zu provozieren und die Spannungen im gesamten Nahen Osten weiter anzuheizen.
Der Angriff auf Beirut und die Ermordung Haniyehs haben eine Welle von Protesten ausgelöst. Der libanesische Außenminister Abdallah Bou Habib verurteilte den Angriff und kündigte an, er werde bei den Vereinten Nationen eine Beschwerde einreichen. Die iranische Botschaft im Libanon verurteilte den israelischen Angriff auf Beirut als „feige und sündhafte Aggression Israels“. Was die Tötung Haniyehs anbetriffte, werde der Iran dafür sorgen, dass „die terroristischen Besatzer ihre feige Tat“ bereuten, erklärte Irans neuer Präsident Masoud Pezeshkian.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Erst im April hatte Israel einen provokanten Angriff auf die iranische Botschaft im syrischen Damaskus verübt, der einen regionalen Krieg gegen den Iran hätte auslösen können. Dabei wurden zwei hochrangige Generäle der islamischen Revolutionsgarde und mindestens fünf weitere Personen getötet.
Wie CNN berichtet hat, wurden die USA im Vorfeld von dem Angriff auf Beirut informiert. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hat am Montag mit seinem israelischen Amtskollegen Yoav Gallant telefoniert. Die offizielle Abschrift zollt zwar der Notwendigkeit einer diplomatischen Lösung des Konflikts mit der Hisbollah Lippenbekenntnisse, Austin versicherte jedoch seine „unerschütterliche Unterstützung für Israels Sicherheit und Recht auf Selbstverteidigung“, womit er Israel praktisch einen Freibrief für den Angriff gab.
Die Entscheidung, Mushin Shukr ins Visier zu nahmen, kam nicht von ungefähr. Das US-Außenministerium hat 2019 ein Kopfgeld von fünf Millionen Dollar auf ihn ausgesetzt und ihn zum „Specially Designated Global Terrorist“ (besonders benannten globalen Terroristen) erklärt. Es behauptete, er habe „eine zentrale Rolle bei dem Bombenanschlag auf die Kasernen des US Marine Corps in Beirut am 23. Oktober 1983 gespielt“. Vier Jahre zuvor hatte das US-Finanzministerium Sanktionen gegen Shukr und zwei weitere Hisbollah-Führer verhängt.
Nach dem Angriff von Dienstag erklärte US-Vizepräsidentin Kamala Harris, die vermutlich zur Präsidentschaftskandidatin der Demokraten ernannt wird, rasch und nachdrücklich ihre Unterstützung für Israel: „Ich unterstütze unmissverständlich Israels Recht, sicher zu bleiben und die Sicherheit Israels zu verteidigen.“ Um dies zu betonen, fügte sie hinzu, Israel habe insbesondere „das Recht, sich gegen eine Terrororganisation zu verteidigen, und genau das ist die Hisbollah“.
Im Namen von Israels sogenanntem Recht auf Selbstverteidigung unterstützen der US-Imperialismus und seine Verbündeten Israels völkermörderischen Krieg in Gaza diplomatisch, finanziell und militärisch uneingeschränkt und rechtfertigen seine Gräueltaten. Während Israel erklärt, die Hisbollah habe mit ihrer angeblichen Tötung von Kindern auf den Golanhöhen „alle roten Linien“ überschritten, ermordet das israelische Militär jeden Tag palästinensische Kinder in Gaza. Die offizielle Zahl der seit dem 7. Oktober in Gaza getöteten Männer, Frauen und Kinder liegt bei rund 40.000; laut einer Schätzung der renommierten medizinischen Fachzeitschrift The Lancet liegt sie sogar viel höher, bei über 186.000.
Jetzt unterstützt Washington einen israelischen Krieg, der den Nahen Osten in einen weitaus verheerenderen Konflikt zu stürzen droht. Er könnte die ganze Region in Schutt und Asche legen. Trotz seiner symbolischen Aufrufe zu einer diplomatischen Lösung betrachtet der US-Imperialismus, ebenso wie das zionistische Regime, den Konflikt in Gaza als ein Element eines weitaus umfassenderen Krieges. Dieser richtet sich gegen die mit dem Iran verbündeten Gruppen in der gesamten Region und gegen den Iran selbst, denn dieser wird vom US-Imperialismus als wichtigstes Hindernis bei der Sicherung seiner Vorherrschaft im energiereichen Nahen Osten betrachtet.