Trondheim, Norwegen: Forscher und Studierende setzen Protestcamp gegen Gaza-Genozid fort

Seit fünf Wochen halten Forscher und Studierende in Trondheim eine Mahnwache gegen den Völkermord in Gaza aufrecht. Sie richtet sich auch gegen die Zusammenarbeit der Norwegischen Technisch-Naturwissenschaftlichen Universität NTNU mit der Rüstungsindustrie, dem Krieg und dem Genozid.

Forderungen des Protestcamps an der NTNU in Trondheim: Boykott der Kongsberg-Gruppe und aller Institutionen, die am Waffenhandel mit Israel und an dessen Unterstützung beteiligt sind; öffentliche Verurteilung des Genozids in Gaza und Wiederaufbauhilfe für die Palästinenser

Anders als in vielen anderen Ländern ist das Protestlager der „Studenter for Palestina“ bisher von organisierten Antisemitismusverleumdungen, Polizeirazzien oder Schlägertrupps unbehelligt geblieben, während im benachbarten Schweden sogar Polizeihunde gegen den Protest von Studierenden der KTH Stockholm eingesetzt wurden.

Norwegen hat während der jahrzehntelangen imperialistischen Kriege der USA und ihrer Verbündeten im Nahen und Mittleren Osten viele Flüchtlinge aufgenommen. Diese sind relativ jung und in den Städten, Werken und Universitäten stark präsent. Zudem drückt sich die jahrhundertelange eigene Abhängigkeit von Dänemark und Schweden traditionell in starken Sympathien für die nationale Befreiungsbewegung der Palästinenser aus.

Mit der formellen Anerkennung Palästinas als Nationalstaat ist die norwegische Regierung vor wenigen Wochen den starken Protesten einen symbolischen Schritt entgegengekommen.

Die Aktivisten sprechen von der Doppelgesichtigkeit ihrer Universitätsleitung: Einerseits rühmt sich diese einer demokratischen Diskussionskultur und räumt den Aktivisten ein Bleiberecht bis September ein; andererseits ist der Campus zu hohem Grad Rekrutierungs-, Ausbildungs- und Forschungsfeld der skandinavischen Waffenindustrie um die Kongsberg-Gruppe. Granaten der NAMMO-Werke im norwegischen Raufoss etwa töten an den imperialistischen Kriegsfronten in Israel und der Ukraine.

In einem Gebäudeeingang der NTNU wirbt die Munitionsfabrik NAMMO Studierende für ein Satellitenträgerprojekt an

Die Aktivisten im Protestcamp fordern von der Universitätsleitung den Boykott der Kongsberg-Gruppe und aller Institutionen, die am Waffenhandel mit Israel und an der Unterstützung des Kriegs beteiligt sind, eine öffentliche Verurteilung des Genozids im Gazastreifen und Wiederaufbauhilfe für die Palästinenser.

Für den kommenden Dienstag, den 18. Juni, steht eine Aussprache mit der Universitätsleitung an. Die meisten Aktivisten im Camp sind sich im Grunde darüber im Klaren, dass ihre Forderungen nach Boykott der Kongsberg-Gruppe und aller Institutionen, die an der israelischen Unterdrückung beteiligt sind, nicht in Erfüllung gehen werden, weil die Universitätsführung nicht bereit ist, auf das Sponsoring zu verzichten. Sie hoffen jedoch auf einen gewissen Teilerfolg symbolischer Natur.

Silje Marie, Sprecherin des Protestcamps in Trondheim

Silje Marie, die Sprecherin der “Studenter for Palestina”, ist das Kind einer Kohlebergarbeiterfamilie in Longyearbyen auf Spitzbergen. 1983 war ihr Vater als Soldat der UN-„Friedensmission“ im Libanon stationiert. Als sie das Studium der Philosophie aufnahm, wurde Silje Mitglied im Trondheimer Palästinakommittee, das noch auf maoistische Studenten der Rebellion nach 1968 zurückgeht. Bereits anlässlich der vermehrten Mordanschläge auf palästinensische Zivilisten im letzten Sommer, also noch vor dem Gaza-Ausbruch der Hamas am 7. Oktober, wurde Silje Mitgründerin der „Studenter for Palestina“ an der NTNU.

Sie beschreibt ihren Aktivismus als von Mitgefühl und einem starken Sinn für Gerechtigkeit motiviert, sowie von einem Geschehen, das ohne jeden Zweifel Völkermord ist. Sie habe nur die Wahl gehabt, entweder „etwas zu unternehmen“ – oder verrückt zu werden.

Dies allein ist freilich als politische Perspektive nicht ausreichend. Die Befreiung der Palästinenser kann auf dem Weg solcher Proteste nicht erreicht werden. Auch der Boykottaufruf an eine Universität, der die Aktivisten nichts anbieten oder entziehen können, das mit der fütternden Hand des Kongsberg-Konzerns vergleichbar ist, wird, wie sie bereits ahnen, bestenfalls auf freundliche Ignoranz stoßen

Nur die Arbeiterklasse ist als gesellschaftliche Kraft in der Lage, die Dinge zu ändern. Daher ist die einzig erfolgversprechende Strategie, um die massive Unterdrückung sowohl in Gaza wie auf der ganzen Welt zu stoppen, der Aufbau des Internationalen Komitees der Vierten Internationale (IKVI) und ihrer Jugend- und Studierendenorganisation IYSSE, sowie auch die Bildung von Aktionskomitees in den Betrieben, um einen revolutionären Kampf der Arbeiterklasse zu führen.

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