Nato plant europaweite Eskalation des Kriegs gegen Russland

Seit letztes Jahr die „Gegenoffensive“ der ukrainischen Armee gegen Russland gescheitert ist, haben die Nato-Staaten ihren Krieg gegen Russland in der Ukraine unermüdlich ausgeweitet, dem Kiewer Regime Raketenangriffe auf Russland erlaubt und zugesagt, eigene Truppen in die Ukraine zu schicken. Der britische Daily Telegraph veröffentlichte am Dienstag ein Interview mit hochrangigen Nato-Vertretern unter der Überschrift „Über Nato-Landkorridore könnten im Fall eines europäischen Kriegs US-Truppen schnellstmöglich an die Front gebracht werden“. Es verdeutlicht, dass die Nato plant, den Krieg von der Ukraine auf ganz Europa auszuweiten.

Polnische und andere Nato-Truppen beim Militärmanöver Steadfast Defender 24 in Korzeniewo in Polen, 4. März 2024 [AP Photo/Czarek Sokolowski]

Der Telegraph-Artikel macht die Argumente zunichte, die Eskalation der Nato gegen Russland diene der Verteidigung der ukrainischen Grenzen oder der europäischen Demokratie. Die Nato bereitet einen europaweiten Krieg vor und schickt Hunderttausende von Soldaten für Operationen entlang der gesamten russischen Westgrenze, von Finnland bis zum Balkan. Selbst wenn die Umsetzung der Nato-Pläne nicht unmittelbar einen Atomkrieg auslösen – was eine sehr reale Gefahr ist – würde dies Europa in ein Massenschlachten stürzen, das es seit dem Zweiten Weltkrieg nicht gegeben hat.

Der deutsche Generalleutnant Alexander Sollfrank vom Logistics Command der Nato erklärte gegenüber dem Telegraph, die Nato wolle die europäische Hafen- und Bodentransport-Infrastruktur übernehmen, um die in den europäischen Atlantikhäfen eintreffenden US-Truppen quer über den Kontinent nach Russland zu schicken. In diesen Transportkorridoren, die nach Einschätzung der Nato verheerenden Luftangriffen ausgesetzt wären, würden die lokalen Gesetze außer Kraft gesetzt.

Der Telegraph veröffentlichte eine Skizze der geplanten „Transportkorridore“ durch Europa. Die ursprünglichen Nato-Pläne sehen vor, dass die US-Truppen in Rotterdam oder Hamburg in Nordwesteuropa landen. Allerdings könnten sie auch in den westitalienischen Hafenstädten Genua oder La Spezia, in der norwegischen Hafenstadt Bergen oder in türkischen Häfen ankommen. Nato-Militärs würden wichtige Straßen- und Eisenbahn-Infrastruktur übernehmen, um US-Truppen quer durch Europa an die russische Grenze zu schicken. Der Telegraph schreibt:

Die Nato entwickelt mehrere „Landkorridore“, um die US-Truppen und Panzer im Falle eines großen europäischen Landkriegs mit Russland schnellstmöglich an die Front zu bringen. Vertreter der Nato erklärten gegenüber dem Telegraph, amerikanische Soldaten würden in einem der fünf Häfen landen und entlang vorgeplanter logistischer Routen weitergeleitet werden, um einem möglichen Angriff Moskaus entgegenzutreten. ... Allerdings werden hinter den Kulissen auch Vorkehrungen getroffen, um die Routen auf andere Häfen auszudehnen, damit die Kommunikation am Boden nicht von russischen Truppen durchtrennt werden kann.

Weiter heißt es: „In diesen Korridoren würden die nationalen Streitkräfte nicht durch lokale Vorschriften eingeschränkt werden... und könnten ihre Lieferungen ohne die üblichen Einschränkungen befördern.“

Diese Pläne für Militärherrschaft und Krieg sind das Ergebnis von Vorbereitungen im Rahmen des Ukraine-Kriegs, die seit mindestens einem Jahr hinter dem Rücken der Bevölkerung laufen. Der Telegraph stellt fest:

Logistische Routen sind zu einer zentralen Priorität geworden, seit die Nato-Führer letztes Jahr bei einem Gipfeltreffen im litauischen Vilnius beschlossen haben, 300.000 Soldaten in erhöhter Alarmbereitschaft zu halten, um das Bündnis zu verteidigen.

Russland verfügt über Tausende von ballistischen Hochpräzisionsraketen mit atomaren oder konventionellen Sprengköpfen, und die Nato rechnet damit, dass ihre „Landkorridore“ Ziel ständiger Angriffe würden. Der Telegraph schreibt: „Die Nato hat nur etwa fünf Prozent der Luftabwehr, die notwendig wäre, um ihre Ostflanke zu schützen.“

Sollfrank erklärte gegenüber dem Telegraph, dass eine Verteidigung der großen Häfen und Verkehrsknotenpunkte Europas nahezu aussichtslos sei. „Was die Luftabwehr angeht, so ist sie immer knapp bemessen. Ich kann mir keine Situation vorstellen, in der man genug Luftabwehr hat“, so Sollfrank.

Durch Beobachtung und Einschätzung der russischen Kriegsführung in der Ukraine haben wir festgestellt, dass Russland die ukrainischen Logistikbasen angegriffen hat. Daraus muss man schließen, dass riesige Logistikbasen, wie wir sie aus Afghanistan und dem Irak kennen, nicht mehr möglich sind, weil sie in einer Konfliktsituation sehr früh angegriffen und zerstört werden.

Daher plant die Nato, die US-Truppen noch vor der Zerstörung der wichtigsten Häfen auf andere noch nicht identifizierte europäische Häfen zu verteilen. Angesichts der Wahrscheinlichkeit, dass „Nato-Truppen, die von den Niederlanden aus hereinkommen, durch russische Bombenangriffe getroffen oder nordeuropäische Häfen zerstört werden, wird hinter den Kulissen auch eine Ausweitung der Routen auf andere Häfen vorbereitet, damit die Kommunikationswege nicht durch Moskaus Truppen zerstört werden können“, so der Telegraph.

Mit diesen Zeilen offenbart der Telegraph die kriminelle Rücksichtslosigkeit, die das gesamte politische und mediale Establishment der Nato-Staaten ergriffen hat. Die Brandbombenangriffe der Nazis auf Rotterdam und der britischen Luftwaffe auf Hamburg im Zweiten Weltkrieg waren entsetzliche imperialistische Kriegsverbrechen. Dennoch spricht der Telegraph beiläufig von der Zerstörung dieser Häfen, ohne nach der Zahl der Todesopfer und der katastrophalen Folgen für die europäische Wirtschaft zu fragen – und vor allem ohne zu fragen, was getan werden könnte, um eine Eskalation zu verhindern.

Vielmehr treiben die imperialistischen Nato-Mächte die Kriegsentwicklung voran. Sie reagieren damit auf den rapiden Niedergang ihrer globalen wirtschaftlichen Macht und der explosiven Wut der Bevölkerung im eigenen Land. Sie sind entschlossen, Russland eine „strategische Niederlage“ beizubringen, einen Regimewechsel in Moskau herbeizuführen und Russlands immense Vorkommen an Öl, Gas und sonstigen Rohstoffen zu plündern. Ihre Unterstützung für Israels Völkermord in Gaza ist ebenso eine Warnung wie ihre kaltblütige Gleichgültigkeit gegenüber dem vermeidbaren Tod von Millionen ihrer eigenen Bürger während der Corona-Pandemie: Sie werden sich von der Gefahr katastrophaler Verluste von Menschenleben nicht abschrecken lassen.

Die Nato hat selbst bestätigt, dass sie die im Telegraph beschriebenen Pläne umsetzen will, als sie am 31. Mai eine Erklärung zu ihrem vor kurzem abgeschlossenen Militärmanöver Steadfast Defender abgab. In der Pressemitteilung aus dem Nato-Hauptquartier im belgischen Mons hieß es:

Steadfast Defender war die erste groß angelegte Serie von Nato-Übungen, bei der die neuen regionalen Verteidigungspläne umgesetzt wurden, die auf dem Gipfel in Vilnius angenommen wurden. Mehr als 90.000 Soldaten, über 50 Schiffe, mehr als 80 Flugzeuge, die Hunderte Einsätze flogen und mehr als 1100 Kampffahrzeuge aus allen 32 Nato-Staaten waren an der Übung beteiligt...

Der erste Teil war eine maritim ausgerichtete Live-Übung, bei der mehrere Hauptquartiere die strategische Verlegung von Truppen von Nordamerika nach Kontinentaleuropa probten. Teil zwei war eine bereichsübergreifende Demonstration der nationalen und multinationalen militärischen Fähigkeiten der Nato auf dem gesamten europäischen Festland.

Ein weiteres Anzeichen dafür, dass sowohl die Nato als auch der Kreml damit rechnen, dass die in Vilnius ausgehandelten Pläne umgesetzt werden, ist die jüngste Zunahme russischer U-Boot-Aktivitäten im Atlantik. Sollten US-Truppen für einen Krieg gegen Russland über den Atlantik transportiert werden, könnten russische Angriffs-U-Boote den Befehl erhalten, die amerikanischen Truppentransporte mit Langstreckenraketen zu zerstören, bevor sie in Europa eintreffen.

Im April hat der Oberbefehlshaber der Nato für Europa, General Christopher Cavoli, vor dem US-Kongress über die Aktivitäten russischer U-Boote ausgesagt: „Sie unternehmen die meiste Zeit Patrouillen auf hohem Niveau in den und durch den gesamten Atlantik, auf einem höheren Niveau als wir es seit Jahren gesehen haben.“

Seither gab es zahlreiche Berichte, laut denen im Atlantik ein Dutzend russischer Angriffs-U-Boote patrouillieren.

Die größte Gefahr ist heute, dass breiten Massen von Arbeitern und Jugendlichen das Ausmaß der Gefahr und die dringende Notwendigkeit des Aufbaus einer internationalen Antikriegsbewegung in der Arbeiterklasse nicht vollständig bewusst sind. Das IKVI schreibt in seiner jüngsten Erklärung mit dem Titel „Stoppt die US-Nato-Eskalation zum Atomkrieg! Vereinigt die internationale Arbeiterklasse gegen imperialistischen Krieg und Völkermord!“:

28. Es gibt nur eine Möglichkeit, die Abwärtsspirale in die Katastrophe aufzuhalten: Die Arbeiterklasse muss intervenieren und ein Ende des Kriegs erzwingen. Diese Forderung muss mit dem Kampf zur Beendigung des völkermörderischen Angriffs Israels auf den Gazastreifen verbunden werden. ...

29. Die Arbeiterklasse muss ihre Macht nutzen, um diesen Krieg, der auf eine Katastrophe zusteuert, zu stoppen. Um ihre Macht zum Einsatz zu bringen, muss die Kluft zwischen dem fortgeschrittenen Stadium der globalen Krise und dem aktuellen Stand des politischen Bewusstseins der Massen überwunden werden. Die Lösung dieses historischen Problems erfordert die Entwicklung einer marxistisch-trotzkistischen Führung. Die internationale Arbeiterbewegung muss auf der Grundlage einer sozialistischen Politik erneuert werden und wieder den Weg der Revolution einschlagen.

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