Diesen Beitrag hielt Chris Marsden, der nationale Sekretär der Socialist Equality Party (UK), am 21. Februar 2024 auf einer öffentlichen Versammlung in Sheffield. Es war die letzte einer ganzen Reihe von Veranstaltungen, die auch in London, Manchester und Inverness stattfanden.
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Was sich derzeit in Gaza abspielt, ist ein Verbrechen von unvorstellbarer Brutalität. Seit dem 7. Oktober gehen Millionen Menschen Tag für Tag, Woche für Woche auf die Straße, um es zu stoppen.
Dennoch sind die Nachrichten heute voller Berichte über die verzweifelte Lage, in der mehr als eine Million Palästinenser sich befinden. Sie sitzen in Rafah fest, sind täglich Bombardements und Angriffen der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) ausgesetzt und laufen Gefahr, zu verhungern. Das Welternährungsprogramm muss die Hilfskonvois wegen eines „Zusammenbruchs der zivilen Ordnung“ aussetzen – damit sind verzweifelte Menschen gemeint, die versuchen, Lebensmittel zu ergattern, während Israel von 77 geplanten Hilfstransporten gerade einmal 15 zulässt.
Mittlerweile hat Israel ein Datum für eine groß angelegte Bodeninvasion festgelegt, und es ist denkbar provokativ, nämlich auf den 10. März, den Beginn des Ramadan, gelegt.
Die arbeitende Bevölkerung der ganzen Welt fürchtet ein Verbrechen, neben dem selbst Israels frühere abscheuliche Verbrechen verblassen werden, und die Gefahr besteht, dass der gesamte Nahe Osten explodieren könnte. Trotz alledem besteht die Lösung, die man den Gegnern des Völkermords anbietet, lediglich in der Verabschiedung unterschiedlich formulierter Resolutionen im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, sowie auch hier im Parlament in der heutigen Aufforderung an Israel, es möge einen Waffenstillstand ausrufen.
Mehrere Resolutionen (wie zum Beispiel die algerische) fordern einen „sofortigen Waffenstillstand“. Aber die USA haben dies erst gestern wieder blockiert, und das Vereinigte Königreich hat sich der Stimme enthalten – zum dritten Mal!
Um ihr Gesicht zu wahren, sah die Biden-Regierung sich sogar gezwungen, ihre eigene Alternative zu formulieren, über die sie noch gar nicht abstimmen lässt. Darin fordert sie einen „vorübergehenden Waffenstillstand“ und zwar nur „so bald wie möglich“, verbunden mit einem höflichen Appell an Israel, die geplante Offensive der IDF, die Washington selbst finanziert und bewaffnet, gegen Rafah nicht fortzusetzen.
Während wir uns hier treffen, gab es im Parlament einen weiteren Antrag, in dem die Schottische Nationalpartei (SNP) einen sofortigen Waffenstillstand fordert. Unterstützt wird sie darin von den Labour-Abgeordneten, die mit einer zweiten Rebellion drohen. Dies hat Keir Starmer und seine Kriegsverbrecherkollegen dazu gebracht, eine Alternative vorzuschlagen. Die Labour Party fordert einen „sofortigen humanitären Waffenstillstand“, um Hilfslieferungen in den Gazastreifen zu bringen, allerdings unter der Bedingung, dass die Hamas zustimme, ihre Waffen niederzulegen, d.h. sich zu ergeben und Gefängnis und Tod zu erwarten, sowie die Geiseln, die sie am 7. Oktober genommen hat, freizugeben, weil „von Israel nicht erwartet werden kann, dass es die Kämpfe einstellt, wenn die Hamas mit der Gewalt fortfährt“.
Die Wahrheit ist, dass die Position der Labour Party mit der Position der USA übereinstimmt. Sie verschaffen Israel sowohl einen Vorwand als auch ein Veto gegen einen Waffenstillstand.
Die Tories haben mit einem eigenen Änderungsantrag reagiert, der auch von Netanjahu hätte stammen können. Darin forderten sie „Verhandlungen, um eine sofortige humanitäre Pause auszuhandeln“, wobei sie ausdrücklich „Israels Recht auf Selbstverteidigung“ festhalten und „das Abschlachten, den Missbrauch und die geschlechtsspezifische Gewalt“ vom 7. Oktober verurteilen. Ihre Unterstützung für „Schritte hin zu einem dauerhaften und nachhaltigen Waffenstillstand“ setzt voraus, dass alle Geiseln freigelassen werden und die Hamas durch die „Bildung einer neuen palästinensischen Regierung“ entmachtet wird.
Nach dem parlamentarischen Verfahren hätten die Tories als Regierung den Änderungsantrag der Labour Party aufgreifen müssen. Der Unterhaussprecher hat jedoch entschieden, über den SNP-Antrag gemeinsam mit dem Änderungsantrag der Labour Party abstimmen zu lassen, um eine eindeutige Forderung nach einem sofortigen Waffenstillstand zu blockieren und Starmer vor einer Rebellion zu schützen.
[Diese Bemerkungen wurden gemacht, als sich die Ereignisse überschlugen, und ehe noch das Unterhaus im Chaos versank, weil der Speaker Sir Lindsay Hoyle gemeinsam mit Starmer sein Manöver ausgeheckt hatte. Nähere Details dazu siehe hier.]
Wesentlich ist, dass unabhängig vom Ausgang der Abstimmung am heutigen Abend Israel seine geplante massenhafte Abschlachtung und ethnische Säuberung fortsetzen wird.
Was bedeutet das alles für die Gegner des Völkermords an den Palästinensern?
Seit dem weltweiten Widerstand gegen die geplante, US-geführte Invasion im Irak im Jahr 2003, die die Labour-Regierung unter Tony Blair geschlossen unterstützte, und für welche sie zahlreiche Lügen fabrizierte, hat es keinen vergleichbaren Ausbruch von Empörung und Widerstand gegeben, der sich mit dem aktuellen Protest gegen Israels völkermörderischen Angriff messen könnte.
Damals begann die Invasion am 19. März, und Bagdad fiel 22 Tage später, am 9. April. Bush verkündete das Ende der Hauptkampfhandlungen groteskerweise am Ersten Mai. Das von den USA angezettelte Blutvergießen ging natürlich weiter. Aber die Massenproteste hatten einen Krieg nicht stoppen können, den die USA mit ihrer Strategie des „Shock and Awe“ (Schock und Furcht) – die Nazis hätten es „Blitzkrieg“ genannt – entfesselt hatten. Infolge dieses Scheiterns brach die massive Antikriegsbewegung zusammen, da ihr keine Perspektive für die weitere Entwicklung geboten wurde.
Heute stehen den Verteidigern der Palästinenser im Wesentlichen sehr ähnliche Probleme bevor. Die Proteste gegen Gaza sind nicht zusammengebrochen, und sie werden auch nicht so schnell zusammenbrechen. Aber nach wie vor ist es dringend notwendig, eine Politik und die Art von Massenbewegung zu entwickeln, die notwendig sind, um den Völkermord zu stoppen.
Das bedeutet, dass man sich mit den politischen Problemen der bisherigen Proteste ernsthaft auseinandersetzen muss, vor allem mit der politischen Perspektive und den führenden Gremien, die diese Proteste organisieren.
Das sind Themen, mit denen sich die Menschen zunächst nicht beschäftigen. Tausende von Palästinensern sind ermordet worden, und der Gazastreifen wird in Schutt und Asche gelegt. Und bisher sind seit langem etablierte, hochkarätige Organisationen in der Lage, zu Demonstrationen aufzurufen, denen Massen von Menschen folgen.
Das Programm der Stop the War Coalition
Während diejenigen, die auf die Straße gehen, von tiefer Empörung getrieben werden, wäre es die Verantwortung der selbsternannten Führung – insbesondere der Stop the War Coalition (STWC) – ein Programm vorzulegen, um das erklärte Ziel zu erreichen. Aber weder die Stop the War Coalition, noch ihre Verbündeten von der Palestine Solidarity Campaign, noch ihre verschiedenen internationalen Partner haben jemals eine solche Perspektive vorgelegt.
Genau das soll heute Abend hier diskutiert werden, um die Schlüsselfrage zu beantworten, die der Titel unsrer Veranstaltung aufwirft: „Wie kann der Völkermord in Gaza gestoppt werden?“
Die zentrale Forderung der Protestmärsche hier im Vereinigten Königreich und anderswo ist diejenige nach einem Waffenstillstand. Diese Forderung richtet sich an die konservative Regierung von Rishi Sunak. Aber niemand glaubt, dass diese Regierung je eine solche Politik betreiben würde, ohne dazu gezwungen zu sein.
Stop the War erklärt, dass dies durch schiere Zahlengewalt erreicht werden könne, und dadurch, dass man die Labour Party und die Gewerkschaften davon überzeuge, die britische Regierung davon zu überzeugen, einer weltweiten Allianz gleichgesinnter Regierungen beizutreten, die eine Verhandlungslösung unterstützen, um den Konflikt zu beenden. Das Ziel wäre dann, Washington zu isolieren und die Biden-Regierung davon zu überzeugen, dass sie mit ihrer unbeirrbaren Unterstützung Israels einen „strategischen Fehler“ begeht, der (in den Worten der Stop the War Coalition) ihre eigenen Interessen bedroht.
Besser kann ich die politischen Dummheiten nicht zusammenfassen, die als Lösung angeboten werden, um den Krieg in Gaza zu beenden.
Für die meisten Menschen ist der ehemalige Labour-Chef Jeremy Corbyn die Leitfigur von Stop the War. Er ist sowohl ihre Galionsfigur als auch die lebendige Verkörperung all dessen, was an ihr falsch ist. Die wichtigsten politischen Führer der Bewegung sind allerdings mehrere Vertreter der pseudolinken Gruppe Counterfire, einer rechten Abspaltung der Socialist Workers Party, und Andrew Murray, ein Stalinbewunderer der Kommunistischen Partei Großbritanniens. Murray hat auch als Berater von Corbyn fungiert, als dieser noch Vorsitzender der Labour Party war.
So bewegte sich die Stop the War-Sprecherin Lindsey German von Counterfire von Anfang an auf der Linie dieser Argumente. Am 16. Oktober räumte sie ein: „Die Massenbewegung der Solidarität mit den Palästinensern war noch nie so breit aufgestellt, aber noch nie haben die politischen Persönlichkeiten, insbesondere die linken Labour-Abgeordneten, sie so im Stich gelassen ...“
Die Hauptaufgabe der Anti-Gaza-Demonstrationen, so betonte sie, bestehe darin, diesen Kreaturen das Rückgrat zu stärken, denn ihre Kapitulation vor Starmer „macht es den jungen Studiernden schwerer, auf die Straße zu gehen, und denjenigen noch schwerer, die ihre Stimme hören wollen ...“ Bezüglich der Tatsache, dass die damalige Innenministerin Suella Braverman gerade dabei war, die Gaza-Demonstrationen zu kriminalisieren, fügte German hinzu: „Es ist viel schwieriger, diesen Drohungen entgegenzutreten (...) wenn diejenigen, die in gewählten Positionen sitzen, ihre Stimme nicht erheben.“
German appellierte dann an das Eigeninteresse dieser angeblich „linken“ Abgeordneten. Sie sagte: „Die Abwesenheit der Labour-Abgeordneten ist wahrscheinlich auch aus wahltaktischer Sicht kontraproduktiv, denn es ist schwer zu erkennen, warum diejenigen, die in der Palästina-Frage politisiert worden sind, sich an die Labour Party wenden sollten, da sich deren Haltung in dieser Frage nicht von dem einer rechten Tory-Regierung unterscheidet.“
Am 23. Oktober räumte German außerdem ein, dass der Gewerkschaftsblock auf den Demonstrationen „ziemlich klein“ sei, und dass „keiner der großen Gewerkschaftsdachverbände“ daran teilgenommen habe. „Diese Zurückhaltung ist zweifellos zum Teil auf die Nähe zur Labour-Führung und die bevorstehenden Wahlen zurückzuführen“, sagte German. „Sie ist zum Teil aber auch eine Fortsetzung des außenpolitischen Rückzugs, den wir auf den letzten Kongressen des TUC [Trades Union Congress] erlebt haben.“
German argumentierte, dass die Anzahl der Demonstrierenden, der reine Massendruck der Straße, die Labour Party, die Gewerkschaften und alle Machthaber schließlich dazu zwingen würden, ihren Kurs zu ändern. Am 30. Oktober schrieb sie: „Labour-Abgeordnete befürchten nun, dass die muslimischen Stimmen, die Labour als selbstverständlich betrachtete, nicht mehr ihr zugutekommen, sondern an andere Parteien gehen oder in die Stimmenthaltung fließen könnte (...) Die Demonstrationen haben sogar mehrere Labour-Abgeordnete dazu veranlasst, auf Demos zu sprechen, und die Bewegung hat von Politikern mehr Unterstützung für einen Waffenstillstand erhalten.“
Als Überschrift über diesen Beitrag wählte German: „Die wachsende Massenopposition gegen Israel ist entscheidend, um einen Wandel zu erzwingen“- Für sie bedeutet Veränderung, dass einige kapitalistische Politiker ihre Meinung ändern.
Genau das bot die Stop the War Coalition den 800.000 Menschen an, die am 11. November in London auf die Straße gingen, um einen Waffenstillstand zu fordern. Es war der größte Protest in Großbritannien seit dem Marsch gegen den Irakkrieg im Jahr 2003, und er bestand größtenteils aus Menschen, die den Kriegstreiber Starmer und die „Partei der Nato“ und des Zionismus [die Labour Party] hassen.
Am 15. November wurde die Perspektive von Stop the War schließlich auf die Probe gestellt, als die erste britische Abstimmung über Israels völkermörderischen Angriff anstand, nachdem die Scottish National Party (SNP) einen Antrag zum King’s Speech mit der Forderung nach Waffenstillstand eingereicht hatte.
Starmer gab keinen Millimeter nach. Er verbot seinen Abgeordneten, den Antrag zu unterstützen. Fast drei Viertel (142) der Labour-Abgeordneten folgten Starmers Anweisung und enthielten sich der Stimme, und nur 56 stimmten für einen Waffenstillstand, und im Anschluss an die Abstimmung traten acht Labour-Führungsmitglieder zurück. Wir schrieben damals: „Noch empörender ist die Haltung der offiziell ‚linken‘ Abgeordneten, von denen kein einziger aus der Partei ausgetreten ist. Seit Wochen weigern sie sich sozusagen pauschal, Starmer für seine kriminelle Kollaboration mit dem Völkermord auch nur namentlich zu kritisieren.“
Einer von ihnen ist auch Corbyn, der (bis auf eine einzige Ausnahme, die ich gefunden habe) Starmer nie namentlich erwähnt und die Linie der Labour Party in den letzten Monaten nie ausdrücklich kritisiert hat. Stattdessen gebärdet er sich als eine Art pazifistischer Missionar, der Sunak und Starmer und über sie Biden und Netanjahu dazu bringen möchte, ihre Schwerter zu Pflugscharen zu machen.
In der Zeitschrift Jacobin vom 9. November forderte Corbyn vor allem „einen sofortigen Waffenstillstand, gefolgt von einer dringenden Untersuchung durch den Internationalen Strafgerichtshof“, ein Gremium, das weder von Israel noch von den USA anerkannt wird. Corbyn behauptete sogar: „Die britische Regierung hat die Autorität und Verantwortung, diese Untersuchung zu fordern.“
In einem Artikel für Jacobin vom 21. November äußerte er sich öffentlich zu der Abstimmung im Parlament und erklärte: „Die Geschichte wird über diejenigen urteilen, die die Möglichkeit hatten, dieses Massaker zu verhindern, sich aber stattdessen entschieden, den Krieg zu bejubeln.“ Solange die „Geschichte“ jedoch nicht die Kurve kriegt, ist von Corbyn nichts zu erwarten. Er schloss, dass es einen Plan geben müsse, der „mit einem sofortigen Waffenstillstand beginnt, um den weiteren Verlust von Menschenleben zu verhindern. Und der mit der Freiheit und Würde aller Palästinenser und Israelis endet, die in Freude, Freundschaft und Frieden leben werden.“
Amen.
Am 2. Dezember trat die Stop the War Coalition zusammen, um über den angeblich so großen Erfolg ihrer Kampagne zu diskutieren. Murray reagierte dort auf die wachsende Unzufriedenheit mit dem, was er als „Märsche von A nach B“ bezeichnete, die nichts bewirkten. Er betonte, sie hätten tatsächlich „die größte Rebellion gegen die Starmer-Führung“ erreicht, was beweise, „dass wir auf dem richtigen Weg sind“.
Die Aufgabe bestehe darin, weiterhin Druck auf die Labour Party auszuüben, im Wesentlichen durch die Drohung, bei den nächsten Parlamentswahlen nicht mehr für ihre Abgeordneten zu stimmen.
Murray hatte die Möglichkeit entdeckt, dass der Widerstand gegen den imperialistischen Krieg zum Mittelpunkt einer revolutionären Bewegung der Arbeiterklasse werden könnte, und er argumentierte dagegen. In einem Artikel im Morning Star vom 17. November forderte er: „Unterschätze niemals die Volksmacht“. Er schrieb:
„Bringen wir Lenin hier ins Spiel. In seinem berühmten Linken Kommunismus widmete er eine Passage der Vorhersage, was eine revolutionäre Situation in Großbritannien, dem mächtigsten kapitalistischen Staat der Welt von 1920, auslösen könnte. So schrieb er [Lenin, zitiert von Murray]: ‚Es ist möglich, dass eine Parlamentskrise den „Durchbruch bringen“, das „Eis brechen“ wird; vielleicht wird es eine Krise sein, die den hoffnungslos verworrenen, sich immer schmerzhafter gestaltenden und immer mehr zuspitzenden kolonialen und imperialistischen Gegensätzen entspringt.‘“ [W.I.Lenin, „Der ‚Linke Radikalismus‘, die Kinderkrankheit im Kommunismus“] .
Daraus schloss Murray: „Jede Art von plausibler Alternative, die in der Lage wäre, die kochende Empörung über die gleichgeschaltete Unterstützung der Regierung und der Opposition für das Abschlachten einzufangen, würde sofort Wirkung zeigen.“
Stop the War: Corbyn stärken und Bruch mit Labour verhindern
Dies ist der Grund für Murrays Aufruf zu einer Protestwahl und für die endlose Lobhudelei auf Corbyn und Co., die er als Alternative dem Aufbau einer tatsächlichen revolutionären Opposition gegen Labour entgegensetzt.
Corbyn sagte in seiner Rede kein Wort über Starmers Labour Party. Erst brüstete er sich mit den 125 Abgeordneten, die für einen Waffenstillstand gestimmt hatten, und stellte dann lapidar fest: „Eine große Zahl der anderen hat nicht dafür gestimmt.“
Auf die Frage, ob man solche Politiker jemals zum Zuhören zwingen könne, antwortete Corbyn: „Ja, sie sind zum Zuhören gezwungen, denn wenn wir diese Abstimmung eine Woche früher angesetzt hätten, hätten wir nicht die 125 Abgeordneten bekommen, die für einen dauerhaften Waffenstillstand gestimmt haben. Wir hätten viel weniger bekommen …“
In der Folge wurde der Fokus auf die Vereinten Nationen und ihre Institutionen gerichtet, die gestärkt werden müssten, und auf die Forderung einiger Mitgliedstaaten nach einem Waffenstillstand – erst im Sicherheitsrat, dann in der Generalversammlung. Das einzige, das bis heute daraus hervorging, war die „operative Pause“ im Gazastreifen am 24. November, um einen Gefangenenaustausch zu ermöglichen. Die WSWS hat sie treffend als Atempause „zum Durchladen für die nächste Phase des Völkermords an den Palästinensern“ bezeichnet.
Wir erklärten: „Aus dem Mund all dieser Politiker, von Präsident Macron in Frankreich bis hin zu den despotischen Herrschern verschiedener arabischer Regime, sind die Aufrufe zu einem Waffenstillstand ein durchsichtiger Deckmantel für ihre aktive Kollaboration mit Israel, das den Gazastreifen, und danach das Westjordanland und ganz Israel ethnisch säubern will.“
Die nächste Institution, die als Retter der Palästinenser angepriesen wurde, war der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag. Dort begann am 11. Januar die Anhörung der von Südafrika eingereichten Klage, die Israel des Völkermords beschuldigte. Die Anklage, die gegen Israel erhoben wurde, war vernichtend, und weltweit verfolgten Millionen Menschen sie. Corbyn saß im Gerichtssaal.
Am 13. Januar schrieb Corbyn in der Zeitschrift Jacobin: „Die Anhörung wird in die Geschichte eingehen als die bedeutsame Demonstration internationaler Solidarität eines Volkes, das weiß, wie es ist, Apartheid zu erdulden – und abzuschaffen ...“ Südafrika sei entschlossen, „nicht nur auf der richtigen Seite der Geschichte zu stehen, sondern den Lauf der Geschichte zu ändern ...“
Schließlich warteten alle gespannt auf die Entscheidung des IGH über Südafrikas Antrag auf „vorläufige Maßnahmen“ zum Schutz der Palästinenser, einschließlich der Forderung nach einem Waffenstillstand. Am 26. Januar stellte der IGH fest, dass mehrere der von Israel in Gaza begangenen Taten „scheinbar unter die Bestimmungen der [Völkermord-]Konvention fallen“. Der IGH forderte Israel zwar auf, Maßnahmen zu ergreifen, um die Zivilbevölkerung vor Schaden zu bewahren, verlangte aber nur, dass in einem Monat ein „Bericht“ darüber vorgelegt werde, ob Israel dies auch wirklich getan habe. Der IGH forderte keinen Waffenstillstand.
Seither setzt Israel seinen mörderischen Amoklauf fort. Sein faschistischer Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir schrieb verächtlich auf twitter/X: „Haague-schmague“. Wie vorauszusehen, unterstützten Washington und London diese Haltung. Darauf äußerte Lindsey German ihre Hoffnung: „Komplizenschaft mit Israel (…) wird dem westlichen Imperialismus auf lange Sicht große Probleme bereiten.“
Die Stop the War Coalition und verwandte Tendenzen ziehen niemals die Notwendigkeit für Arbeiterinnen und Arbeiter in Betracht, sich von der Labour Party und dem sie stützenden Gewerkschaftsapparat zu lösen. Im Gegenteil spielt die Behauptung, der „Corbynismus“ sei eine Antikriegstendenz, die wesentliche Rolle für die Argumentation, dass man Labour in Sachen Gaza zu einer Kehrtwende zwingen könne.
Das ist Corbyns Rolle: Er ist der Prophet des Kompromisses und der Konfliktvermeidung, der die verlorenen Hoffnungen auffängt, der Mann für die letzte Verteidigungslinie der Bürokratie, die Schlüsselfigur für den Schutz des britischen Imperialismus vor einer Herausforderung von unten, wenn die Arbeiterklasse sich aus dem Würgegriff der Labour Party und der Gewerkschaftsbürokratie befreit.
Corbyns Verteidiger bezeichnen ihn inzwischen als den „besten Premierminister, den wir nie hatten“. Entschuldigung, aber er war der ineffektivste Labour-Führer, den wir je hatten.
Die Wähler hatten ihn 2015 vor allem wegen seiner Antikriegs- und antiimperialistischen Haltung zum Labour-Chef gemacht, wobei seine Haltung zum Irakkrieg 2003 und seine Verteidigung der Palästinenser eine besondere Rolle spielten. Millionen Arbeiterinnen und Arbeiter standen hinter ihm, und Hunderttausende traten der Partei bei, um einen Plan der Rechten zu vereiteln, ihn 2016 abzusetzen. Trotzdem tat er alles, um eine tiefe Niederlage herbeizuführen, an deren Ende er 2020 durch Starmer ersetzt wurde.
Als er Labour-Chef wurde, trat er als Vorsitzender der Stop the War Coalition zurück und beugte sich in allen Grundsatzfragen den Rechten. Besonders grotesk war sein Verzicht auf die Opposition gegen die Nato und die nukleare Abschreckung, seine Zustimmung zu den Militärausgabenzielen der Nato und seine Entscheidung, den Labour-Abgeordneten bei der Abstimmung über die Bombardierung Syriens freie Hand zu lassen.
Wie wir ebenfalls betont haben, nahm die abscheuliche Kampagne gegen Corbyn und seine Unterstützer damals in der Labour Party die heutige Hexenjagd auf antizionistische Demonstrierende vorweg, die sich dem Völkermord im Gazastreifen widersetzen. Aber Corbyn selbst hat dieser Hexenjagd Vorschub geleistet, indem er sich weigerte, den Kampf dagegen aufzunehmen, und sogar zuließ, dass unter seiner Führung mehrere seiner engsten Verbündeten ausgeschlossen wurden.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Corbyn verkörpert das Scheitern der Labour-„Linken“ und des nationalen Reformismus insgesamt. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass er heute immer noch als Anführer hochgehalten wird, damit die Stop the War Coalition und andere an der Illusion einer lebensfähigen, linksreformistischen und pazifistischen Alternative innerhalb der Labour Party festhalten können. Diese Alternative soll angeblich unter dem Einfluss der „Volksmacht“ entstehen. Angeblich ist es „das, was die Arbeiter wollen“ oder das, was sie am ehesten akzeptieren würden.
Counterfire, die Socialist Workers Party, die Socialist Party und all die anderen suchen nicht etwa nach einem taktischen Mittel, um für den „echten Sozialismus“ zu werben, wenn sie diejenigen ansprechen, die Illusionen in Corbyn haben. Sie agieren als Gegner des Sozialismus. Ihre Unterstützung für Corbyn ist ein Mechanismus, um das Wachstum revolutionärer Politik in der Arbeiterklasse zu bekämpfen.
Pro-kapitalistische und anti-revolutionäre „Außenpolitik“ der Pseudolinken
Am 2. Februar hat Lindsey German der New Left Review ein aufschlussreiches Interview gegeben. Es geht um das, was ihrer Meinung nach aus dem weltweiten Widerstand gegen den Völkermord in Gaza hervorgeht. Und es ist kein Bruch mit Labour und keine Hinwendung zum Sozialismus.
Lindsey German wird dort gefragt, ob die Massenproteste „den Raum für eine Wahlherausforderung für Starmer's Labour öffnen könnten“. Sie antwortet, dass es Protestaktionen geben werde, aber: „Es sieht immer noch so aus, als ob Labour eine klare Mehrheit gewinnen wird.“
Sie argumentiert: „Eins der großen Probleme besteht darin, dass die großen Gewerkschaften weiterhin an Labour gebunden sind.“ Und „trotz der Streikwelle, die in den letzten zwei Jahren stattgefunden hat, haben die Gewerkschaften in Bezug auf ihre Mitgliederzahl oder ihren Einfluss nicht wesentlich zugelegt. Sie sind immer noch relativ schwache Formationen. Deshalb werden sie gerne mit Starmer paktieren, sobald er an der Macht ist, und autonome politische Initiativen nur zögerlich unterstützen.“
Das ist eine Lüge. Die Entwicklung der Gewerkschaften erfolgte nicht „trotz der Streikwelle“, sondern weil sie sie verraten haben. Dennoch folgert Lindsey German: „Die größeren Gewerkschaften werden alles tun, um eine Labour-Regierung zu bekommen, selbst wenn deren Politik – von der Sparpolitik bis zum Nahen Osten – nur ein Echo auf die Tories ist.“
Nicht ein einziges Mal deutet German an, dass sich Arbeiterinnen und Arbeiter dieser Bürokratie widersetzen und mit ihr brechen können oder müssen. Sie will nicht, dass eine Bewegung entsteht, die die opportunistischen Beziehungen von Counterfire zur Labour-Linken und zur Gewerkschaftsbürokratie bedroht, denn mit diesen Beziehungen ist ein bequemer Lebensstil verbunden. Die Botschaft lautet: „Beschwert euch und protestiert so viel ihr wollt, aber nur, um die Bürokratie unter Druck zu setzen, damit sie hoffentlich den britischen und amerikanischen Imperialismus etwas zurückdrängt.“
Dies sind die sozialen und politischen Erwägungen hinter dem, was man als Außenpolitik der Pseudolinken bezeichnen kann. Sie ist durch und durch kapitalistisch und beruht auf der ausdrücklichen Ablehnung jeder Möglichkeit eines revolutionären Umsturzes. Die Stop the War Coalition will, dass sich der britische Imperialismus vom US-Imperialismus distanziert, und dass er zu diesem Zweck weniger militaristisch und nationalistisch sein soll. Die Perspektive zur Verwirklichung dieses Ziels besteht darin, auf Bündnisse mit vermeintlich ebenfalls weniger militaristischen Weltmächten zu drängen, vor allem mit China und dem „Globalen Süden“.
John Rees von Counterfire hat am 6. Februar den Krieg gegen Gaza als „strategischen Fehler“ bezeichnet, der „den Niedergang der USA beschleunigt“. Er schreibt, dass „Israels Einsatz eines hochmodernen Militärs gegen eine größtenteils unbewaffnete, bestenfalls schlecht bewaffnete Bevölkerung“ bedeute, dass Israel nie mit einer militärischen Niederlage im konventionellen Sinne gerechnet habe.
Als Trostpflaster bietet er an: „Militärische Niederlagen und politische Siege kennzeichnen viele Befreiungskämpfe.“ Als Beweis führt er die Tatsache an, dass „die Vietnamesen drei Millionen Seelen verloren haben, verglichen mit 55.000 US-Opfern, ehe der Krieg zu Ende ging.“
Heute sei es so, dass „Israel und die USA weltweit an Unterstützung verlieren“. Das sei Rees‘ Meinung nach „eine Tatsache, die durch die laufenden Ermittlungen des Internationalen Gerichtshofs (IGH) gegen Israel wegen Völkermordes deutlich wird“. Damit könnten „die Palästinenser endlich an der Schwelle zur Gerechtigkeit stehen“.
Die Isolierung der USA und ihres britischen Verbündeten sei „Teil eines Trends, bei dem die Macht der USA schwindet ...“ fuhr John Rees fort. „Ihr Militär ist das am besten ausgerüstete der Welt. Ihre Fähigkeiten zur Machtprojektion sind unübertroffen. Aber ihre militärische Überlegenheit geht nicht mehr mit einer überwältigenden wirtschaftlichen Vorherrschaft, wie fast das ganze 20. Jahrhundert hindurch, einher. Zwar mag ihre Wirtschaft immer noch die größte sein, aber sie ist einer anhaltenden Herausforderung durch China ausgesetzt. Bis Mitte des 21. Jahrhunderts werden die Volkswirtschaften Asiens, insbesondere Indiens, und Lateinamerikas sie überholen. Diese Volkswirtschaften sind heute schon unabhängige Zentren der Kapitalakkumulation. Und als solche sind sie nicht mehr unmittelbar von den Beziehungen zu den USA abhängig (...)
Inzwischen wächst der wahre Herausforderer der US-Weltmacht, China, militärisch noch schneller als wirtschaftlich.“
Da haben wir es: Auch wenn noch jahrelang Millionen durch die Hand des „am besten ausgerüsteten Militärs der Welt“ sterben sollten, so wird sich das doch irgendwann, in der Mitte des 21. Jahrhunderts, also in etwa 25 Jahren ändern. China und andere „heute schon unabhängige Zentren der Kapitalakkumulation“ werden die USA in der Rolle des globalen Hegemons ablösen. In der Zwischenzeit müssen Proteste organisiert werden, um die USA zum Nachdenken anzuregen und sich dem zu widersetzen, was Stop the War auf seinem Twitter/X-Account als „Großbritanniens Sucht nach ausländischen Kriegen“ bezeichnet. So wird eine „auf Frieden basierende Außenpolitik“ gesichert, die hoffentlich verhindern wird, dass die Welt in Stücke gerissen wird.
Wir haben erklärt:
Das Hauptproblem bei all diesen Szenarien ist, dass sie davon ausgehen, dass die USA auf eine solche Herausforderung ihrer globalen Hegemonie mit Einknicken reagieren würden, indem sie eine natürliche Degradierung akzeptieren würden. Die Realität beweist das Gegenteil (…) Die USA werden in jedem Fall auf die wirtschaftliche Herausforderung durch China mit Gegenmaßnahmen reagieren. Und wenn die wirtschaftlichen Mittel allein nicht reichen, dann werden sie zu einer militärischen Lösung greifen.
Der Plan der Biden-Regierung sieht vor, dass auf den Völkermord in Gaza eine Militäraktion gegen den Iran und seine Verbündeten folgt, was Israels Verteidigungsminister Yoav Gallant als „Mehrfrontenkrieg“ auf „sieben Schauplätzen“ bezeichnet hat: „Gaza, Libanon, Syrien, Judäa und Samaria [das Westjordanland], Irak, Jemen und Iran“. Dahinter stehen die USA, die damit rechnen, ihren Einfluss auf den ölreichen Nahen Osten zu festigen und ihre Position in einem laufenden Konflikt mit China und Russland zu stärken.
Für eine revolutionäre sozialistische Antikriegsbewegung
Alles, was die Stop the War Coalition tut, dient dazu, die Arbeiterklasse im Konflikt mit den vor ihr stehenden politischen Realitäten politisch zu entwaffnen. Diese Realitäten sind die Folgenden:
- Die USA und Großbritannien haben Israels Angriff auf Gaza zum Anlass genommen, ihre seit langem bestehenden militärischen Ziele gegen Syrien, den Libanon und vor allem den Iran in die Tat umzusetzen. Dies zielt auf die totale imperialistische Vorherrschaft über die Ressourcen des Nahen Ostens ab. Mit der Bombardierung von Jemen, Irak und Syrien haben sie die ersten Schritte für einen solchen Krieg unternommen. Währenddessen nimmt Israel die Hisbollah im Libanon aufs Korn und baut weiterhin eine massive Marine- und Militärpräsenz im Mittelmeer auf.
- Der Krieg gegen den Gazastreifen ist nur ein Schauplatz in dem globalen Konflikt, der sich ständig ausweitet. Die Nato führt in der Ukraine einen Stellvertreterkrieg gegen Russland, und das Militärbündnis AUKUS steht an der Spitze einer militärischen Aufrüstung gegen China. Das ist die eigentliche Antwort Washingtons auf den drohenden Verlust seiner globalen Vorherrschaft.
- Für den Widerstand gegen den Völkermord im Gaza-Streifen gibt es keine Grundlage, wenn nicht ein politischer Kampf gegen die Regierungen und die nominellen Oppositionsparteien wie Labour, die Israel unterstützen, sowie die Gewerkschaftsbürokratien aufgenommen wird. Die Gewerkschaften haben zur Verteidigung der Palästinenser keinen Finger gerührt. Weder die Tory-Regierung noch Labour werden ihren Kurs in diesen Fragen ändern, denn sie berühren die grundlegenden Interessen des britischen Imperialismus.
- Um diesen Kampf zu führen, ist es notwendig, systematisch die Rolle der „linken“ Labour-Abgeordneten und der Windbeutel in den Gewerkschaften aufzudecken. Denn sie sind es, die die Entstehung einer echten Anti-Kriegs-Bewegung verhindern, indem sie jeden Arbeitskampf gegen die herrschende Klasse sabotieren, so wie sie es während der Streikwelle im letzten Jahr getan haben und auch in Zukunft immer wieder versuchen werden.
In unserer Polemik gegen Corbyn und Stop the War haben wir Trotzkis Schrift „Der Kampf für den Frieden und das Anglo-Russische Komitee“ aus dem Jahr 1927 zitiert. Darin zeichnete Trotzki ein verheerendes Bild von der Rolle, die die politische „Linke“ für den Imperialismus spielt.
Ich möchte ihn hier noch einmal zitieren:
Die „Linke“ kritisiert die Regierung innerhalb bestimmter Grenzen, die sicherstellen, dass ihre Rolle als Ausbeuter und Räuber nicht beeinträchtigt wird. Die „Linke“ bringt die Unzufriedenheit der Massen innerhalb dieser Grenzen zum Ausdruck, um sie von revolutionären Aktionen abzuhalten.
Wenn die Unzufriedenheit der Massen darüber hinausgeht, versucht die „Linke“, die Bewegung zu beherrschen, um sie zu ersticken. Würde die „Linke“ die Bourgeoisie nicht kritisieren, nicht bloßstellen, nicht angreifen, wäre sie nicht in der Lage, ihr „auf ihre eigene Weise“ zu dienen.
Wenn man zugibt, dass die „Linke“ ein Ballast ist, dann gibt man zu, dass sie der nützliche, angemessene, notwendige, helfende Ballast ist, ohne den das Schiff des britischen Imperialismus schon längst gesunken wäre. [Trotzki, Writings on Britain, Bd. 2, S. 210, London 1974, aus dem Englischen]
Wie kommen wir weiter? Indem wir uns auf die politischen Realitäten stützen, statt auf Illusionen und Lügen.
Um den Massenmord und die ethnische Säuberung im Gazastreifen zu beenden, und um den anschwellenden Krieg der imperialistischen Nato-Mächte und ihrer Stellvertreter im Nahen Osten und in der Ukraine zu stoppen, der letztlich auf China abzielt, ist die Entwicklung einer globalen Bewegung der Arbeiterklasse notwendig, und sie muss sich gegen die Kapitalistenklasse und ihren repressiven Staatsapparat richten.
Jede Verzögerung stärkt nur den Feind. Der Staat wird auf die Unterdrückung von politischem und sozialem Widerstand ausgerichtet, und die Wirtschaft wird durch Lohnraub, Ausbeutung und Abbau des Sozialstaats auf Krieg umgestellt.
Das alles ist nicht einfach, aber wir leben nicht in einer Zeit der einfachen Lösungen.
Wenn die Millionen, die Woche für Woche an den Massenprotesten zur Verteidigung der Palästinenser teilnehmen, sich bewusst und systematisch den Arbeitern in den Fabriken und Betrieben zuwenden, die von all diesen Angriffen betroffen sind, dann kann eine mächtige Kraft in die Kampfarena gebracht werden. Sie wird die Macht haben, den Imperialismus ein für alle Mal zu besiegen.
Wir müssen für Aktionen der Arbeiterklasse kämpfen, einschließlich Streiks und Boykott von Rüstungskonzernen, Häfen und Flughäfen, um die Lieferung von militärisch nutzbaren Gütern nach Israel zu verhindern. Wir müssen einen politischen Generalstreik fordern, der den Kampf gegen den Krieg mit dem Widerstand gegen die brutalen Sparmaßnahmen verbindet, die alle Regierungen der Welt jetzt durchzusetzen, um die Kriegskosten zu decken. Auch müssen wir die grundlegenden demokratischen Rechte gegen eine herrschende Klasse verteidigen, die entschlossen ist, jeden Widerstand gegen ihre Verbrechen zu unterdrücken.
Dies ist kein nationaler Kampf. Die Arbeiterklasse ist eine internationale Klasse. Sie hat ein Interesse daran hat, dem imperialistischen Feind gemeinsam gegenüberzutreten. Ihr internationaler Charakter macht die Arbeiterklasse zu der revolutionären Klasse, die in der Lage ist, den Kapitalismus zu stürzen und die Aufteilung der Welt in antagonistische Nationalstaaten zu beenden – die Hauptursachen für Kriege – und den Sozialismus im Weltmaßstab zu errichten.
Die Entwicklung einer solchen sozialistischen Massen-Antikriegsbewegung erfordert neue Organisationen, eine neue Perspektive und den Aufbau einer neuen Führung: des Internationalen Komitees der Vierten Internationale (IKVI) – Weltpartei der sozialistischen Revolution – und ihrer britischen Sektion, der Socialist Equality Party.
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