Am Freitagabend begannen die USA eine Offensive im Nahen Osten, die laut Regierungsvertretern auf Wochen oder Monate ausgelegt ist und sich gegen den Iran richtet.
US-Präsident Joe Biden hat atomwaffenfähige B-1B-Bomber vom Luftwaffenstützpunkt Dyess in Texas entsandt, um 125 Geschosse auf 85 Ziele an sieben Orten im Irak und in Syrien abzufeuern. Laut den USA handelte es sich bei den Zielen um militärische Einrichtungen der „Quds-Einheit der Iranischen Revolutionsgarde und mit ihr verbündeter Milizen“.
In der Nacht zum Sonntag attackierten die USA dann gemeinsam mit dem britischen Militär Stellungen der Huthis im Jemen. Es seien 36 Ziele an 13 Orten in Jemen attackiert worden, teilte das US-Verteidigungsministerium mit.
Die Angriffe waren illegal und fanden unter Missachtung der Regierungen der angegriffenen Länder statt. Außerdem wurden sie ohne Bewilligung des Kongresses und ohne den Versuch durchgeführt, die Einwilligung oder Zustimmung der amerikanischen Bevölkerung zu erhalten.
Ein offizieller Vertreter des Irak verurteilte den Angriff auf Ziele im Land als „inakzeptabel“ und als „Verletzung der Souveränität des Irak“. Er fügte hinzu, sie stelle „eine Bedrohung dar, die für den Irak und die Region unvorhersehbare Konsequenzen haben wird“. Syrische Staatsmedien verurteilten den Angriff als Akt „amerikanischer Aggression“.
Die pro-imperialistische Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete gegenüber AFP, in Ostsyrien seien mindestens 18 Menschen getötet worden, und zwar in einem großen Abschnitt des Landes, der sich über mehr als 100 Kilometer erstreckt.
Die USA behaupteten, die Angriffe seien eine Reaktion auf die Tötung von drei US-Soldaten in Jordanien vor einer Woche. Biden hatte danach die Dover Air Force Base in seinem Heimatstaat Delaware besucht, um der Überführung der sterblichen Überreste der Soldaten beizuwohnen. Als er seine knappe, drei Absätze lange Erklärung dazu abgab, waren die Bomber bereits auf dem Weg zu ihren Zielen.
In Wirklichkeit war der Tod dieser Soldaten das Ergebnis der anhaltenden militärischen Besetzung der Region und der massiven militärischen Eskalation während der letzten drei Monate.
Während sie Israel mit Geld, Waffen, logistischer Hilfe und politischer Deckung für seinen Völkermord in Gaza unterstützen, überschwemmen die USA selbst die Region mit Kriegsschiffen, Flugzeugen und Soldaten, um bewusst eine Ausweitung des Konflikts zu provozieren.
Als Biden die Angriffe am Freitag ankündigte, erklärte er: „Die Vereinigten Staaten streben keinen Konflikt im Nahen Osten oder irgendwo sonst auf der Welt an.“
Solche Erklärungen, die Tag für Tag bis zum Überdruss wiederholt werden, sind bedeutungslos. Unabhängig davon, ob der US-Imperialismus einen offenen Krieg im Nahen Osten „anstrebt“ oder nicht, hat er die Länder der Region seit Jahrzehnten ununterbrochen bombardiert, ausgehungert und überfallen. Allein die Invasion des Iraks im Jahr 2003 hat mehr als eine Million Todesopfer gefordert.
Es ist offensichtlich, dass die USA das Ziel „anstreben“, das diesem ausufernden Krieg zugrunde liegt: eine Neuordnung des Nahen Ostens als Teil der Bestrebungen des US-Imperialismus, Russland und China zu unterwerfen.
Daher machte Biden deutlich, dass die neue Militäroffensive im Nahen Osten über einen längeren Zeitraum andauern wird. Er erklärte, die Bombenangriffe werden „zu Zeiten und an Orten unserer Wahl fortgesetzt“, und fügte dem eine weitere Drohung hinzu: „Alle, die uns schaden wollen, sollten wissen: Wenn Sie einem Amerikaner Schaden zufügen, werden wir reagieren.“
Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats des Weißen Hauses, John Kirby, erklärte: „Das ist eine erste Reihe von Reaktionen.“ Es würden „weitere Reaktionen“ folgen, fügte er hinzu.
Mit anderen Worten: die Angriffe stellen eine Fortsetzung und Verschärfung des „permanenten Kriegs“ des amerikanischen Imperialismus im Nahen Osten dar.
Die US-Medien berichteten völlig unkritisch über die Angriffe und wiederholten die fadenscheinige Rechtfertigung, es handele sich um „Vergeltungs-“ und „Verteidigungsmaßnahmen“. Wenn es überhaupt Kritik im politischen Establishment gab, dann nur um Biden zu verurteilen, weil er nicht mehr unternimmt.
Das Wall Street Journal veröffentlichte einen Leitartikel mit dem Titel „Wird Biden den Iran endlich abschrecken?“ Die Zeitung warf Biden darin vor, er zeige zu viel „Zurückhaltung“, und forderte das Weiße Haus auf, „genug Wucht gegen die richtigen Ziele anzuwenden, damit US-Soldaten nicht länger zu Opfern feindlicher Zielübungen werden“.
Führende Mitglieder des politischen Establishments stellten sich ebenfalls schnell hinter die Angriffe. Der Vorsitzende des Militärausschusses des Senats, Jack Reed (Demokraten), unterstützte sie öffentlich.
Die massiven Langstrecken-Bombardements sollten eindeutig demonstrieren, auf welche Art und Weise die USA potenziell Ziele im Iran angreifen würden. Pentagon-Sprecher General Douglas A. Sims erklärte am Freitagabend vor der Presse: „Das Schöne am amerikanischen Bomber ist, dass wir überall auf der Welt zu einem Zeitpunkt unserer Wahl zuschlagen können.“ Von besonderer Bedeutung ist, dass diese Bomber die gleichen Angriffe auch mit Atomwaffen durchführen könnten.
Die Angriffe richteten sich zwar nicht direkt gegen das iranische Staatsgebiet, doch das Weiße Haus verhängte im Vorfeld weitere Sanktionen und erhob Strafanzeigen gegen Offiziere und Vertreter der iranischen Revolutionsgarde.
Das Weiße Haus wies darauf hin, dass sich bei den nächsten Angriffen vermutlich auch Flugzeuge aus Jordanien beteiligen werden, und unterstrich damit, in welchem Ausmaß der Nahe Osten in den Strudel eines eskalierenden regionalen Kriegs gezogen wird.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Während die USA Syrien und den Irak angriffen, setzte US-Außenminister Antony Blinken seine Reise durch die Region fort. Als nächstes wird er Saudi-Arabien, Ägypten, Katar, Israel und das Westjordanland besuchen.
Blinken behauptete, er wolle eine „humanitäre Pause“ aushandeln, die „eine anhaltende und umfassendere Lieferung von humanitärer Hilfe für die Zivilbevölkerung in Gaza ermöglicht“.
In Wirklichkeit zielt Blinkens Reise darauf ab, den vom Imperialismus angezettelten Krieg in der Region zu befördern und die Unterstützung für Israel zu mobilisieren, das mit Unterstützung der USA einen Vernichtungskrieg gegen die Bevölkerung von Gaza führt.
Am 1. Februar erklärte der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation, Tedros Adhanom Ghebreyesus, mehr als 100.000 Einwohner des Gazastreifens seien entweder tot, verwundet oder würden vermisst. Deren Tod gelte als wahrscheinlich.
Tedros bezog sich dabei auf einen Bericht des Euro-Med Monitor vom 13. Januar, laut dem 92 Prozent der Todesopfer Zivilisten waren. Laut den Zahlen von Euro-Med sind 32.246 Einwohner des Gazastreifens nachweislich tot oder werden seit über zwei Wochen vermisst und gelten als tot. Darunter befinden sich 12.660 Kinder und 6.860 Frauen.
Israel hat mehr als 190.000 Wohneinheiten in Gaza, d. h. mehr als 60 Prozent der Bausubstanz, ganz oder teilweise zerstört. Am Donnerstag veröffentlichte die New York Times einen Artikel über die systematische Zerstörung von Gebäuden im Gazastreifen, in dem es hieß: „Bei mindestens 33 kontrollierten Abrissen wurden seit November Hunderte von Gebäuden zerstört, darunter Moscheen, Schulen und ganze Bereiche von Wohnvierteln.“
Die Times stellte fest: „Für diese Zerstörungen gehen die Soldaten in die Gebäude, platzieren dort Minen oder andere Sprengstoffe und zünden sie anschließend aus sicherer Entfernung.“
Der Internationale Gerichtshof hatte letzte Woche entschieden, es bestehe ein plausibler Verdacht, dass die israelische Regierung einen Völkermord begeht, und hatte diese angewiesen, weitere völkermörderische Aktivitäten und Äußerungen zu verhindern. In der darauf folgenden Woche hat die israelische Armee jedoch mindestens 874 Palästinenser ermordet.
Zeitgleich wurden weitere Beweise für Massenhinrichtungen gefunden, zuletzt u. a. ein Massengrab mit 30 Leichen, die Fesseln und Augenbinden trugen und offenbar kollektiv hingerichtet wurden.
Der anhaltende und eskalierende Völkermord in Gaza und die neuen massiven US-Bombenangriffe im gesamten Nahen Osten machen deutlich, dass weder der Internationale Gerichtshof noch die Vereinten Nationen dazu in der Lage sind, dem Blutbad der imperialistischen Mächte im Nahen Osten ein Ende zu setzen.
Der Kampf gegen diesen Ausbruch imperialistischer Barbarei erfordert die weltweite Mobilisierung von Arbeitern und Jugendlichen auf der Grundlage eines sozialistischen Programms.