USA weiten Krieg im Nahen Osten aus, UN warnt: „Jeder Mensch in Gaza hungert“

Palästinenser stehen während der anhaltenden israelischen Boden- und Luftoffensive im Gazastreifen für kostenloses Essen an, 9. Januar 2024 in Rafah [AP Photo/Hatem Ali]

Am Dienstag griff das US-Militär erneut völkerrechtswidrig den Jemen an – die dritte Serie von Bombardierungen in weniger als einer Woche. Die jüngsten Angriffe machen deutlich, dass die USA den Krieg auf den gesamten Nahen Osten ausweiten, wobei der Iran und seine Verbündeten die Hauptziele sind. Gleichzeitig geht der amerikanisch-israelische Völkermord in Gaza weiter.

Das US-Militär erklärte, sein Angriff am Dienstagmorgen habe sich gegen Raketenabschussbasen im Jemen gerichtet, von denen aus die pro-iranischen Huthi-Rebellen US-Kriegsschiffe angreifen, die logistische Unterstützung beim Völkermord in Gaza leisten. Bereits am Donnerstag und Freitag hatte es Luftangriffe gegeben.

Ebenfalls am Dienstag meldeten die USA, dass zwei Elitesoldaten der Navy SEALS letzten Donnerstag auf See vermisst wurden und als tot gelten. Sie befanden sich auf einer Mission mit dem Ziel, Waffen zu beschlagnahmen, die nach US-Angaben aus dem Iran an die Huthi-Rebellen geliefert wurden.

Die Eskalation des Kriegs vollzieht sich vor dem Hintergrund neuer und verzweifelter Warnungen vor der humanitären Katastrophe im Gazastreifen. Die Vereinten Nationen erklärten vor kurzem, dass jeder einzelne Mensch in Gaza hungert.

Das Büro des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte warnte in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht, dass die Bewohner von Gaza inzwischen 80 Prozent aller weltweit von Hungersnot oder einer Hungerkatastrophe bedrohten Menschen ausmachen. Verantwortlich dafür sind Israels systematischen Luftangriffe und die Blockade von Nahrung, Wasser, Medizin und Strom.

Im Bericht heißt es:

Derzeit leidet jeder einzelne Mensch in Gaza Hunger. Ein Viertel der Bevölkerung hungert und hat Schwierigkeiten, Nahrung und Trinkwasser zu finden, es droht eine Hungersnot. Schwangere Frauen erhalten keine ausreichende Ernährung und medizinische Versorgung, was ihr Leben in Gefahr bringt. Zudem sind alle Kinder unter fünf Jahren – insgesamt 335.000 – von schwerer Unterernährung bedroht, da das Risiko einer Hungersnot anhält und wächst. Eine ganze Generation ist nun in Gefahr, zu verkümmern.

Die UN warnten, Hunger und Unterernährung in der Kindheit „verursachen irreparable körperliche und kognitive Beeinträchtigungen [und] werden die Lernfähigkeit einer ganzen Generation mindern“.

Der UN-Bericht machte deutlich, dass Israel die Verantwortung für die humanitäre Katastrophe trägt:

Im Gazastreifen ist es nirgendwo sicher. Seit dem 9. Oktober hat Israel eine „vollständige Belagerung“ über den Gazastreifen verhängt und damit 2,3 Millionen Palästinenser von Wasser, Nahrung, Treibstoff, Medizin und medizinischer Versorgung abgeschnitten. Dies geschieht vor dem Hintergrund einer 17 Jahre andauernden israelischen Blockade, die vor diesem Krieg dazu führte, dass die Hälfte der Bevölkerung unter Ernährungsunsicherheit litt und mehr als 80 Prozent auf humanitäre Hilfe angewiesen waren.

Zum Schluss heißt es: „Es ist beispiellos, eine ganze Zivilbevölkerung so schnell und so vollständig auszuhungern. Israel zerstört das Ernährungssystem des Gazastreifens und benutzt Nahrung als Waffe gegen die palästinensische Bevölkerung.“

Der israelische Ministerpräsident Netanjahu soll laut israelischer Medienberichte bei einem Treffen mit einem Vertreter der Biden-Regierung erklärt haben: „Es gibt keine humanitäre Katastrophe in Gaza.“

Angesichts der Anhörungen vor dem Internationalen Gerichtshof in der vergangenen Woche, in denen Israel des Völkermords in Gaza beschuldigt wurde, haben Vertreter der US-Regierung ihre Unterstützung für den Völkermord nur noch verstärkt.

US-Außenminister Blinken wurde in einem Interview mit CBS um eine Stellungnahme zu Netanjahus Aussage gebeten, Israel werde seinen Angriff auf den Gazastreifen ohne Rücksicht auf Den Haag fortsetzen.

Blinken antwortete darauf: „Wir haben vom ersten Tag an Israels Recht auf Selbstverteidigung nachdrücklich unterstützt. Wir haben ausdrücklich sein Recht unterstützt, dafür zu sorgen, dass sich der 7. Oktober nie mehr wiederholt.“

In einer anderen Erklärung in dem Interview sagte Blinken: „Wir haben uns darauf konzentriert, dafür zu sorgen, dass der 7. Oktober nie wieder passiert. Das sollte die Messlatte sein. Das sollte der Maßstab sein.“ Er verkündete absurderweise, Israel habe „gute Fortschritte“ gemacht.

Am Dienstag sprach Präsident Joe Biden mit Bundeskanzler Olaf Scholz, und beide „bekräftigten ihre Unterstützung für Israels Recht auf Selbstverteidigung“.

Die US-Medien verschärfen derweil ihre Forderungen nach einer Ausweitung des Kriegs auf den gesamten Nahen Osten. Das Wall Street Journal veröffentlichte einen Leitartikel mit dem Titel „Der Iran und die Huthi verstehen Bidens Botschaft nicht“, in dem es hieß: „Die iranischen Huthi-Stellvertretermilizen feuern weiterhin Raketen auf US-Schiffe, und zwei Navy-Seals werden auf See vermisst, nachdem sie vom Iran hergestellte Raketenteile beschlagnahmen sollten, die für die Huthi bestimmt waren.“

Das Journal forderte eine noch aggressivere militärische Reaktion und schrieb: „Es sieht ganz so aus, als seien die Huthi und der Iran im Krieg mit den USA.“

Bis Freitag lag die Zahl der Toten im Gazastreifen laut Euro-Med Monitor bei 31.497. Diese Zahl umfasst die offiziell als tot Gemeldeten und die seit mehr als 14 Tagen Vermissten, die wahrscheinlich unter Trümmern begraben liegen.

Laut dem Gesundheitsministerium von Gaza wurden zwischen Montag und Dienstag 158 Palästinenser getötet und weitere 320 Menschen verwundet. Die UN schrieben dazu: „Am Morgen des 15. Januar wurden Berichten zufolge 20 Menschen, die Mehrheit davon Frauen und Kinder, bei einem Treffer auf ein Haus im Viertel Al-Sabra in Gaza-Stadt getötet.“ Bei einem weiteren Angriff am gleichen Tag „um etwa 19 Uhr wurden Berichten zufolge zwölf Menschen getötet und weitere zwölf verwundet, als ein Haus zwischen Chan Yunis und Rafah getroffen wurde.“

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Die UN-Sonderberichterstatterin für Menschenrechte, Francesca Albanese, erklärte auf Twitter, sie hätte „nie gedacht, dass wir im 21. Jahrhundert eine Massenhungersnot von diesem Ausmaß erleben würden... Doch hier in Gaza gibt es sie, nach 100 Tagen Bombenangriffen, an denen zu wenig Nahrung, Treibstoff und Wasser ins Land gelassen wurde. ... Zuerst sterben die Kinder, dann werden die Erwachsenen folgen. Vor unseren Augen.“

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