Der stürmische Beifall von Kritikern und Publikum bei den diesjährigen Internationalen Filmfestspielen in Venedig für die neuen Filme von Woody Allen, Roman Polanski und Luc Besson, die von der #MeToo-Kampagne unablässig verfolgt wurden, war eine eindeutige Solidaritätserklärung mit den drei Filmemachern und eine entschiedene Abfuhr für die #MeToo-Kampagne.
Aufgrund des Drucks durch die #MeToo-Hexenjagd finden die Filme von Allen und Polanski in den USA faktisch keinen Verleih. Momentan stehen beide so fest auf der schwarzen Liste wie die Opfer der „Kommunistenjagd“ der McCarthy-Ära in den 1940er und 1950er Jahren. In den feigen, eingeschüchterten US-Medien im Allgemeinen und in der Presse der Filmindustrie im Besonderen gibt es keine Proteste gegen diesen beschämenden Zustand.
Am Montag wurde der 87-jährige Allen auf dem Filmfestival von Fans bejubelt, als er über den roten Teppich lief, und vor und nach der Aufführung seines neuen Films Coup de Chance (Glückstreffer) mit ausgiebigem Beifall begrüßt. Allen war sichtlich gerührt von der Reaktion, die zweifellos noch länger angedauert hätte, wenn er das Lido-Kino nicht verlassen hätte. Die Menge, die ihm zujubelte, war bei weitem größer als die 15-köpfige Gruppe, die bei einer Aktion neben dem Roten Teppich mit entblößten Brüsten gegen die Anwesenheit von angeblichen „Vergewaltigern“ auf dem Filmfestival protestierten.
Allen wurde beschämenderweise wegen jahrzehntealter Behauptungen, die gründlich untersucht wurden und sich als völlig haltlos erwiesen, aus der amerikanischen Filmbranche ausgestoßen. Coup de Chance ist Allens erster französischsprachiger Film.
Owen Gleiberman schrieb dazu in Variety: „In den letzten Jahren spielte sich das Drama um Allens Karriere hinter den Kulissen ab. Dabei ging es um die Weigerung von Verleihern, seine Filme in den USA zu vertreiben, weil seine Tochter Dylan ihm sexuellen Missbrauch vorgeworfen hat. Seit Wonder Wheel im Jahr 2017 ist kein Film von ihm in den USA erschienen.“
Gleibermans Protest gegen diesen beschämenden Zustand beschränkt sich auf die verhaltene Frage, ob Coup de Chance „in Amerika veröffentlicht werden sollte? Kulturell betrachtet wäre ich nicht allzu überrascht, wenn wir darüber debattieren würde, ob die Zeit gekommen ist, Woody Allen als Filmemacher nochmal eine Chance zu geben.“ Das ist kaum eine „militante“ Haltung, doch dem Kritiker wird das vermutlich trotzdem Empörung einbringen.
Die Weltpremiere von Roman Polanskis Drama The Palace, das an Silvester 1999 in einem Schweizer Luxushotel spielt, erhielt dreiminütigen Beifall vom Publikum. Auch der neue Film des französischen Regisseurs Besson, Dogman, erhielt nach der Vorführung auf dem Filmfestival Beifall.
In Bezug auf Polanskis Werk zitierte Reuters den Kommentar des Filmproduzenten Luca Barbareschi, er habe „Vertriebsrechte für ganz Kontinentaleuropa verkauft, nicht jedoch an Frankreich, Großbritannien oder die USA, obwohl bekannte Schauspieler aus allen drei Ländern in dem Film auftreten“. Der letzte Film des mittlerweile 90-jährigen Polanski, Intrige (J’accuse), ein wichtiges Werk über die Dreyfus-Affäre, wurde nie in den USA, Großbritannien, Australien und Neuseeland gezeigt.
Wie vorauszusehen war, erschienen im Vorfeld der Veranstaltung in Venedig zahlreiche Artikel in den Medien über die „kontroverse“ Entscheidung des Festivals und ihres künstlerischen Leiters, Alberto Barbera, Filme der drei Regisseure zu zeigen.
In einer prinzipiellen Antwort auf solche Kritiker sagte Barbera dem Guardian: „Ich bin kein Richter über das persönliche Fehlverhalten von irgendjemandem. Ich bin Filmkritiker, und meine Aufgabe ist es, die Qualität seiner Filme zu beurteilen.“ (In einem anderen Artikel über Allens Lage, der am Freitag im Guardian erschien, war von einem „Nebel der Anschuldigungen“ die Rede, der „sich nicht lichten wird“. Er wird sich nicht „lichten“, solange Publikationen wie der Guardian die diskreditierten und leichtfertigen Anschuldigungen am Leben erhalten.)
In Bezug auf Polanski erklärte Barbera, der Regisseur habe drei Jahre zuvor den Großen Preis der Jury für Intrige gewonnen. Barbera erklärte zu Deadline: „Warum sollten wir irgendwelche Zweifel haben, seinen neuen Film zu zeigen, wenn sein letzter vor ein paar Jahren so erfolgreich war? ... Wir befinden uns in dieser nutzlosen Situation, die meiner Meinung nach keinen Sinn ergibt. Roman hat sein Fehlverhalten zugegeben und akzeptiert, dass es falsch war. Sein Opfer hat ihm mehrfach vergeben. Warum müssen wir einen 89-jährigen Meister des Kinos weiterhin angreifen?“ Barbera fügte hinzu, niemand in seinem ganzen Team, inklusive der weiblichen Mitglieder, habe etwas gegen Polanskis Einladung zum Filmfestival einzuwenden gehabt.
Was Allen und Besson angeht, so wies Barbera das Hauptargument der #MeToo-Kampagne zurück, die Behauptungen und Ansichten ihrer angeblichen Opfer sollten wichtiger sein als alle Erwägungen hinsichtlich demokratischer Prozesse: „Warum sollten wir einen Film [von einem der beiden] verbannen, wenn sie vor Gericht nicht schuldig sind? Warum sollten wir ihnen gegenüber strenger sein? Wir müssen Vertrauen in das Justizsystem haben.“ Er fügte hinzu, Allen sei von jeglichem kriminellen Verhalten „vollständig freigesprochen worden“, und er halte die anhaltende Feindseligkeit gegen den langjährigen Regisseur für „absolut unverständlich“.
Barbera wies auch darauf hin, dass Besson in allen Anklagepunkten freigesprochen wurde: „Es wird über Dinge diskutiert, die gar nicht existieren. Was das Festival angeht, so ist meine Position, dass wir zwischen dem Verhalten des Künstlers und der Kunst selbst unterscheiden müssen. Andernfalls müssten wir die Kunst der ganzen bisherigen Geschichte neu bewerten.“
Polanski leidet nach wie vor unter den Angriffen und Sanktionen. Aufgrund eines Auslieferungsabkommens zwischen Italien und den USA konnte der renommierte Filmemacher nicht am Festival teilnehmen. Er befürchtete, dass er sonst wegen Vorfällen, die fast ein halbes Jahrhundert zurückliegen, an die USA ausgeliefert würde. Polanski darf faktisch in kein Land einreisen, das ein Auslieferungsabkommen mit den USA unterzeichnet hat.
Außerdem erschien vor kurzem eine Dokumentation von Mateusz Kudla und Anna Kokoszka-Romer mit dem Titel Polanski, Horowitz. Hometown (2021), die sich zum Teil mit Polanskis Kindheitserlebnissen mit den Nazis im jüdischen Ghetto Krakau befasst, aber in Frankreich und im Rest der Welt nur eingeschränkt zu sehen war. Laut der Verantwortlichen für die Verleihrechte, Michèle Halberstadt, haben ihr Kinobetreiber erklärt, sie seien wegen des feindseligen Klimas gegenüber Polanski nicht bereit, den Film in ihre Programme aufzunehmen.
Roman Polanski war zehn Jahre als, als seine Mutter aus dem Krakauer Ghetto nach Auschwitz deportiert und dort 1943 ermordet wurde. Sein Vater saß im Konzentrationslager Mauthausen, kam aber mit dem Leben davon.
Aufgrund der unablässigen Hetzkampagne der #MeToo-Meute wird Kinobesuchern das Recht vorenthalten, wichtige Filme von einigen der führenden Regisseure der Welt zu sehen.
Der Applaus und die positive Reaktion auf die drei Regisseure in Venedig deuten darauf hin, dass es für die privilegierten kleinbürgerlichen Schichten hinter der #MeToo-Bewegung immer schwieriger wird, ihre Verleumdungen und Falschdarstellungen aufrechtzuerhalten. Mehrere Gerichtsverfahren wegen sexuellen Missbrauchs gegen prominente Schauspieler und Kulturschaffende sind kläglich gescheitert, vor allem die Fälle gegen Johnny Depp und Kevin Spacey.
Gleichzeitig ist die große Mehrheit der Schauspieler, Drehbuchautoren und Filmemacher mit existenziellen Fragen hinsichtlich ihrer Arbeitsbedingungen und Einkommen konfrontiert. Auch dieser Umstand hat die #MeToo-Kampagne in den Hintergrund gedrängt. Bezeichnenderweise begannen die Filmfestspiele in Venedig mit einem Boykott des roten Teppichs durch mehrere führende Schauspieler und Filmemacher, die ihre uneingeschränkte Unterstützung für die Forderungen der streikenden Autoren und Schauspieler in den USA erklärten.
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