In der vergangenen Woche verkündete die Bundesregierung, mindestens 40 Marder-Schützenpanzer und ein Patriot-Raketensystem an die Ukraine zu liefern. Laut offiziellen Angaben sollen ukrainische Soldaten an den Waffensystemen ausgebildet und die Systeme in den nächsten drei Monaten an die Front gebracht werden.
Die Maßnahmen bedeuten eine massive Eskalation des Stellvertreterkriegs, den die Nato in der Ukraine gegen Russland führt. Sie sind Teil einer Eskalationsspirale, die die Gefahr eines dritten nuklearen Weltkriegs heraufbeschwört. Politik und Medien führen eine aggressive Kampagne, der ukrainischen Armee nun auch Kampfpanzer und weiteres schweres Kriegsgerät zur Verfügung zu stellen.
„Wir sollten alles tun und liefern, was möglich ist. Dazu gehören auch Leopard-Panzer,“ sagte Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) der Funke-Mediengruppe. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), geiferte auf Twitter: „Unser Einsatz hat gewirkt. Aber: Wir lassen nicht locker. Nach dem Marder kommt der Leopard.“
Auch Saskia Esken, die Co-Vorsitzende der Kanzlerpartei SPD, die am Wochenende in Berlin tagte, stellte weitere Waffenlieferungen in Aussicht. Man werde die Ukraine weiter „humanitär, finanziell und militärisch“ unterstützen. Es bleibe aber dabei, dass man sich mit den internationalen Partnern in Bezug auf Sanktionen und Waffenlieferungen abstimme, „insbesondere mit den Vereinigten Staaten von Amerika“.
Es ist klar, was das heißt. Nach der gemeinsamen deutsch-amerikanischen Ankündigung, Schützenpanzer an die Ukraine zu liefern, ist die Entsendung von Kampfpanzern nur eine Frage der Zeit. Am Sonntag deutete der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ an, dass die Entscheidung für Kampfpanzer und weitere Waffenlieferungen hinter den Kulissen bereits gefallen ist.
Die letzte Woche habe „gezeigt, dass die Bundesregierung zusammen mit den anderen befreundeten alliierten Staaten immer wieder ihre Entscheidungen der Situation ‚on the ground‘ auf dem Schlachtfeld anpasst, um die Ukraine maximal zu unterstützen,“ erklärte Habeck. Man habe ja, „wenn man den langen Weg von den ersten noch umstrittenen Entscheidungen für Panzerfäuste bis hin zu Panzerhaubitzen und jetzt den Mardern nachvollzieht, eine enorme Dynamik auch in den Entscheidungen der Bundesregierung. Und ich denke, dass diese Dynamik weitergehen wird, so lange dieser Krieg sich dynamisch entwickelt.“
Auf die konkrete Nachfrage der ARD, ob er damit auch die Lieferung von Leopard 2 und Leopard 1 nicht ausschlösse, antwortete Habeck: „Nein, ausgeschlossen ist das natürlich nicht.“ Man prüfe „immer die Situation, wir stimmen uns mit den anderen Ländern ab und innerhalb dieses Korridors werden Entscheidungen auch weiter getroffen“. Die Entscheidung für die Marder sei „lange überfällig“ gewesen, und es sei „gut, dass sie getroffen wurde“. Man werde jetzt zusehen, „dass die Dinger rüberkommen, und beobachten, wie sich die Debatte entwickelt“.
Tatsächlich handelt es sich um keine „Debatte“, sondern um pausenlose Kriegspropaganda, die darauf abzielt, den Konflikt weiter zu eskalieren. Die Grünen, die wie keine andere Partei für kriegsbegeisterte wohlhabende Mittelschichten sprechen, spielen dabei eine besonders aggressive Rolle. Ihre führenden Vertreter fordern nicht nur dutzende, sondern tausende Kampfpanzer für die Ukraine.
Auf einer Veranstaltung der Berliner Zeitung im Dezember forderte der grüne Europa-Politiker Anton Hofreiter, die Ukraine entweder in die Nato aufzunehmen oder 3200 (!) Leopard-Kampfpanzer an Kiew zu liefern. Was wie der pure Wahnsinn klingt, meinte Hofreiter offenbar ernst. Die Berliner Zeitung schreibt in ihrem Veranstaltungsbericht, dass der Grüne seine Forderung auch auf kritische Nachfragen hin verteidigt habe. U.a. mit der Aussage, Putin sei wie ein „Straßenschläger, der erst zurückweicht, wenn ihm die Nase gebrochen wird“.
Das ist eine faschistoide Sprache, in deren dunklen Tradition trotz der offiziellen Propaganda von „Freiheit“ und „Demokratie“ auch die deutsche Kriegspolitik steht. 82 Jahre nach dem Vernichtungskrieg der Nazis gegen die Sowjetunion, dem fast 30 Millionen Menschen zum Opfer fielen, rollen wieder deutsche Panzer gegen Russland.
In ihrem Statement „Keine Panzerlieferungen an die Ukraine! Stoppt die Gefahr eines dritten Weltkriegs!“ schreibt die Sozialistische Gleichheitspartei über die deutschen Kriegsziele:
Seit der Wiedervereinigung arbeitet die herrschende Klasse systematisch daran, Europa unter deutscher Führung zu organisieren, um weltweit ihre geostrategischen und wirtschaftlichen Interessen durchzusetzen... Nun nutzt sie den reaktionären Einmarsch Russlands in die Ukraine als Vorwand, um die größte Aufrüstung seit Hitler ins Werk zu setzen und wieder gegen Russland loszuschlagen. Dabei geht es dem deutschen Imperialismus nicht nur um geostrategische Interessen und die gewaltigen Rohstoffvorkommen des Landes – ihn treibt auch der Wunsch nach Vergeltung für die Kriegsniederlagen im 20. Jahrhundert.
Die deutsche Generalität schwadroniert wieder von einem umfassenden deutschen Panzerkrieg gegen Russland. In einem Kommentar für die Welt mit dem Titel „Endlich, Herr Bundeskanzler! Aber jetzt auch Kampfpanzer für die Ukraine“ schreibt Brigadegeneral a.D. Klaus Wittmann:
Doch jetzt sollte die Bundesregierung ihre Entscheidung als Befreiungsschlag betrachten und auch bei Kampfpanzern nicht weiter zögern. Es ist doch so offenbar, dass neben Flugabwehr und Artillerie die Ukraine dringend gepanzerte Gefechtsfahrzeuge benötigt, will sie weitere Fortschritte machen beim Zurückdrängen der russischen Truppen und beim Wiedererobern von geraubtem Territorium. Es geht um Kampf-, Schützen- und Transportpanzer.
Deutschland müsse in Führung gehen, um die Ukrainische Armee zur Gegenoffensive zu befähigen. „Würde Deutschland hier endlich die Initiative ergreifen, würden viele folgen, und es wäre eine abgestimmte Aktion von enormer Wirkung“, schreibt Wittmann. „Obwohl auch jetzt bei gefrorenem Boden Operationen von Kettenfahrzeugen möglich“ seien, „sollten spätestens im Frühjahr gepanzerte Gefechtsfahrzeuge für wirksame größere Gegenoffensiven in ausreichender Zahl und mit ausgebildeten Besatzungen zur Verfügung stehen.“
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Mittlerweile sprechen die Medien offen aus, was seit Langem der Fall ist: die Nato-Mächte führen in der Ukraine Krieg gegen Russland und verfolgen das Ziel, die Atommacht militärisch zu besiegen. „Am 6. Januar ist Deutschland in den russisch-ukrainischen Krieg eingetreten, es ist ein Stellvertreterkrieg. Die Ukraine muss ihn gewinnen, oder (auch) Deutschland wird ihn verlieren“, schreibt der Leiter des Politikressorts bei RTL und n-tv Nikolaus Blome. Sein Gastkommentar für den Spiegel trägt den Titel: „Marder-Panzer für die Ukraine: Olaf Scholz ist jetzt Kriegspartei.“
Scholz, Blome und die anderen Kriegstreiber in Politik und Medien sollten erklären, welche Folgen ihre Eskalationspolitik hat. Wie viele Hunderttausende oder Millionen Menschenleben sind sie bereit, für einen „konventionellen“ militärischen Sieg über Russland zu opfern? Klar ist, dass eine nukleare Eskalation des Konflikts – deren Gefahr mit jeder Waffenlieferung wächst – nicht nur Europa in eine nukleare Wüste verwandeln, sondern das Überleben der gesamten Menschheit in Frage stellen würde.
Die einzige Möglichkeit, diesen Wahnsinn zu stoppen, besteht im Aufbau einer internationalen Massenbewegung gegen Krieg und seine Wurzel, den Kapitalismus. Während die herrschende Klasse alle Hemmungen verliert und ein Blutbad vorbereitet, ist die Stimmung unter Arbeitern und Jugendlichen eine völlig andere. Laut dem aktuellen ARD-Deutschland Trend geht nur 25 Prozent der Bevölkerung die aktuelle „Unterstützung der Ukraine mit Waffen nicht weit genug“. Mit anderen Worten: 75 Prozent lehnen die nun beschlossenen Panzerlieferungen ab.
Die Sozialistische Gleichheitspartei tritt zu den Berlinwahlen an, um dieser Opposition eine Stimme und eine sozialistische Perspektive zu geben. Werdet jetzt aktiv, unterstützt unseren Wahlkampf und wählt am 12. Februar SGP!