Die streikenden akademischen Beschäftigten der University of California (UC) wehren sich gegen den Versuch ihrer Verhandlungsführer von der Gewerkschaft United Auto Workers (UAW), ihre Kernforderung nach einem Inflationsausgleich fallen zu lassen.
Am 14. November haben 48.000 Lehrassistenten, Dozenten, Forscher und andere akademische Beschäftigte die Arbeit niedergelegt. Im Zentrum ihrer Forderungen steht eine sogenannte COLA-Klausel („Cost-of-Living-Adjustment“), die das Einkommen an die Inflation anpasst. Daneben fordern sie wesentliche Gehaltserhöhungen, längeren Elternurlaub und andere Verbesserungen.
Letzte Woche sagten die UAW-Verhandlungsteams während einer Online-Veranstaltung, sie hätten die Forderung nach Inflationsausgleich aufgegeben. Daraufhin riefen zahlreiche Arbeiter wütend: „Kein COLA – kein Vertrag!“ Die UAW-Vertreter drehten ihnen den Ton ab und beendeten rasch die Veranstaltung. Viele Streikende fordern seither die Ablösung des Verhandlungsteams.
Während des Thanksgiving-Wochenendes wurden die Streikposten aufgelöst, und das Verhandlungsteam des UAW-Ortsverbands 5810 stellte auf Twitter ein Video ein, in dem es heißt: „Die UC hat den Postdoktoranden endlich ein ernsthaftes Angebot gemacht, das auf die wichtigsten Anliegen eingeht.“ Die Verhandlungsführer lobten die vorgeschlagene Erhöhung der Elternzeit von vier auf acht Wochen und eine Anhebung des Jahresgehalts um 11.000 Dollar für Postdoktoranden ab Oktober 2023.
Allerdings sind mehrere dieser Behauptungen irreführend. Nach kalifornischem Recht haben Eltern während der Elternzeit für bis zu acht Wochen Anspruch auf 60 bis 70 Prozent ihres Lohns. Das bedeutet, das Angebot der UC entspricht lediglich den staatlichen Vorgaben. Und was die Gehaltserhöhung betrifft, so würden die steigenden Lebenshaltungskosten sie schnell auffressen. Laut dem Wirtschaftsausschuss des Kongresses sind die Verbraucherpreise in Kalifornien zwischen Januar 2021 und Oktober 2022 um 13,9 Prozent gestiegen.
27 Mitglieder des Verhandlungsteams des UAW-Ortsverbands 2865 und Student Researchers United-UAW haben ein Statement unterzeichnet. Es handelt von dem weit verbreiteten Widerstand gegen den Verzicht auf einen wirklichen Inflationsausgleich, und der Versuch wird unternommen, die erbärmliche Kapitulation zu verteidigen. Die Argumente von „einigen unserer Kollegen“, es sei „zu früh und unser Streik sei zu stark, um Zugeständnisse zu machen“ seien fehl am Platz und würden das „Geben und Nehmen“ des Tarifprozesses nicht verstehen. Zudem seien die Streikenden unrealistisch, wenn nicht gar egoistisch, wenn sie „nicht klar definierte“ Lohnerhöhungen forderten.
Sie schreiben: „Wenn wir jetzt verhandeln, solange wir stark sind, können wir die Kraft unseres Streiks nutzen, um Kompromisse zu unseren Bedingungen zu erreichen – und diese Strategie funktioniert.“ Die „Entscheidung, konkreten Lohnerhöhungen den Vorzug vor nicht klar definierten zu geben“, gehe nicht „auf Angst oder Verzweiflung“ zurück, sondern sei „ein aktiver Schritt, von dem wir überzeugt sind, dass er im endgültigen Tarifvertrag die größten materiellen Gewinne bringen wird“.
Zum Schluss schreiben sie: „Unser Streik ist historisch, aber unsere Macht nicht unbegrenzt. Selbst wenn wir die Universität zwingen könnten, die unbefristeten und nicht klar benannten Lohnerhöhungen von Jahr zu Jahr zu akzeptieren, würde dies unserer Meinung nach auf Kosten einer entscheidenden Erhöhung des Grundgehalts gehen.“
Erstens ist die Forderung nach „nicht klar definierten“ Lohnerhöhungen absolut notwendig, weil auch die Inflation, von der sie abhängig sind, „nicht klar definiert“ ist. Ohne Inflationsausgleich, der sich an den steigenden Lebenshaltungskosten orientiert, werden immer mehr Arbeiter in die Abhängigkeit der Tafeln getrieben. Sie werden sich verschulden, und viele werden in die Obdachlosigkeit rutschen und ihre Kinder nicht mehr zum Arzt bringen können – oder sie werden gar keine Kinder haben können.
Zweitens: Warum stehen sofortige Lohnerhöhungen im Gegensatz zum Inflationsausgleich? Arbeiter und ihre Familien brauchen beides und müssen für beides kämpfen. Aber mit dem Argument, Inflationsausgleich gehe zu Lasten von Grundlohnerhöhungen, akzeptiert die UAW uneingeschränkt die Lügen der UC-Verwaltung und des Gouverneurs, es sei nicht genug Geld vorhanden, um die Forderungen der Arbeiter zu erfüllen. Zweifellos haben die Demokraten im Bundesstaat und Gouverneur Newsom der UAW-Bürokratie einen festen Betrag genannt, und die Bürokraten haben keinerlei Absicht, dagegen zu opponieren.
Was die Arbeiter erreichen oder nicht erreichen können, wird allein im Kampf entschieden. Aber der Streik darf nicht unter der Kontrolle der UAW-Bürokratie bleiben. Sie ist mit den Demokraten verbündet, die seit Jahrzehnten die Mittel für das öffentliche und höhere Bildungswesen kürzen, während sie dem Silicon Valley, der Ölindustrie und anderen kalifornischen Konzernen durch Steuersenkungen Milliarden zuschustern.
Deshalb müssen die Beschäftigten der UC ein Streikkomitee gründen, das nicht-verhandelbare Forderungen entwirft und die größtmögliche Unterstützung der Arbeiterklasse im Kampf dafür mobilisiert.
Jorge, ein streikender Lehrassistent an der UC Los Angeles, sprach mit der WSWS über die Entscheidung des Verhandlungsteams, auf den Inflationsausgleich zu verzichten: „Für mich ist das Wichtigste im Moment eine richtige Lohnerhöhung, denn das Gehalt, das sie uns als Assistenten anbieten, reicht nicht zum Leben. Und ich denke, wenn sie [die UAW] jetzt auf COLA verzichtet, wäre das nach allem, was wir bisher erreicht haben, ein schwerer Rückschlag.
Wir sind hier jeden Tag draußen im Streik, wir opfern eine Menge, um zu streiken. Und ich würde sagen, dass es inakzeptabel ist, wenn sie jetzt auf COLA verzichten, denn das ist der Hauptgrund, warum wir hier draußen sind. Und einen Rückzieher zu machen, wäre ein schlechter Dienst an dem, was wir bisher geschafft haben ... Ich glaube, viele von uns wären sehr wütend, wenn wir akzeptierten, weniger zu bekommen als das, was wir fordern.“
Jamie, ein UCLA-Student mit Hauptfach Statistik und Klimawissenschaft, erklärte: „Ich habe mit meinen Eltern gesprochen, die in den 1980ern und 1990ern Chemie studierten. Als ich noch klein war, habe ich viel darüber gehört, wie sie kämpfen mussten, um über die Runden zu kommen. Darüber gab es viele Geschichten. Ich habe mit meiner Mutter über den Studentenstreik gesprochen. Sie sagte, sie hätten damals, vor 30 Jahren, 24.000 Dollar verdient, und das verdienen einige der Streikenden noch heute. Das ist nicht gut. Es war ein sehr polarisierender Moment für mich. Es ist ja nicht einfach so, dass sie die Löhne langsam und zu gering anheben, nicht genug, um die Inflation auszugleichen. Die Dinge waren damals schon schlecht, und sie sind es noch heute.
Ich glaube, wegen dieses persönlichen Zusammenhangs beschäftigt mich die Gehaltsfrage am meisten, aber die anderen Fragen sind auch von entscheidender Bedeutung. Wohnungen sind ein wichtiges Thema. Die UC bezahlt ihre Doktoranden und holt sich das meiste davon wieder zurück, was wirklich übel und schäbig ist. Andere Themen sind Transport, Gesundheitsversorgung und Kindertagesstätten.“