USA und Südkorea nehmen groß angelegte Militärübungen wieder auf

Die USA und Südkorea haben zum ersten Mal seit vier Jahren wieder groß angelegte Militärübungen durchgeführt, was die Spannungen mit Nordkorea und dem Rest der Region mit Sicherheit weiter verschärfen wird.

Mit der Wiederaufnahme groß angelegter Militärübungen wird eine stillschweigende Übereinkunft zwischen dem früheren US-Präsidenten Donald Trump und Kim Jong-un vom Juni 2018 gebrochen. Die USA hatten auf solche Übungen verzichtet, wenn Nordkorea im Gegenzug seine Tests von Atomwaffen und Langstreckenraketen stoppt.

Zwei Air-Force-Flugzeuge des Typs A-10 Thunderbolt II neben einem südkoreanischen Flugzeug der Buddy Squadron über dem Luftwaffenstützpunkt Wonju, Südkorea, am 12. Juli 2022 (US-Verteidigungsministerium) [Photo: US Department of Defense]

Die Militärübungen in Südkorea, das an Nordchina und den Fernen Osten Russlands grenzt, finden vor dem Hintergrund des Nato-Stellvertreterkriegs gegen Russland und den US-Provokationen gegen China wegen Taiwan statt.

Nachdem letzte Woche bereits Vorübungen stattgefunden hatten, begann am Montag die Militärübung Ulchi Freedom Shield (UFS), die bis zum 1. September dauern wird. Es sind zwar nur wenige Details über Ausmaß und Größe der Übung bekannt, allerdings sind Tausende oder möglicherweise Zehntausende von Soldaten aus den USA und Südkorea daran beteiligt.

Laut der Nachrichtenagentur Yonhap basieren die Übungen auf dem „Konzept eines offenen Kriegs“ und beinhalten Übungen mit Computersimulationen, 13 groß angelegte Feldübungen und Zivilverteidigung.

Es wird ein breites Spektrum an Waffen eingesetzt, darunter Militärflugzeuge, Kriegsschiffe und Panzer. Auch gemeinsame Angriffe mit Flugzeugträgern und amphibische Landungen werden geprobt.

Am Montag begann außerdem die mit den Manövern verbundene viertägige Zivilschutzübung, an der 480.000 Menschen aus etwa 4.000 öffentlichen Einrichtungen teilnehmen.

Die militärischen Übungen werden als defensiv dargestellt und sollen für die Abwehr eines nordkoreanischen Angriffs und die Verteidigung der Hauptstadt Seoul sowie eine anschließende Gegenoffensive proben. Die gemeinsamen Planungen im Rahmen des OPLAN 5015, auf den sich die USA und Südkorea 2015 geeinigt haben, sehen jedoch Präventivschläge gegen Nordkorea und „Enthauptungsangriffe“ von Spezialeinheiten zur Ermordung der nordkoreanischen Führungsspitze vor.

Im Rahmen des Militärbündnisses zwischen Südkorea und den USA haben letztere 28.500 Soldaten auf Stützpunkten im ganzen Land stationiert, die zusammen mit Kampfflugzeugen und anderem militärischen Gerät dauerhaft in Alarmbereitschaft sind. Zudem hätte das US-Militär im Fall eines Kriegs die operative Kontrolle (OPCON) über das riesige, schwer bewaffnete, 550.000-köpfige südkoreanische Militär. Eine Übergabe der Befehlsgewalt an Südkorea wird zwar seit Jahren verhandelt und angekündigt, ist aber noch nicht erfolgt.

Sowohl die USA als auch Südkorea behaupten, die Wiederaufnahme dieser Militärübungen sei notwendig, da Nordkorea in diesem Jahr mehr als 30 Raketentests durchgeführt hat und angeblich einen siebten Atomtest vorbereitet. Tatsächlich ist der rechte südkoreanische Präsident Yoon Suk-yeol, der im Mai sein Amt antrat, im Wahlkampf für eine härtere militärische Haltung gegenüber Nordkorea eingetreten, einschließlich der Fähigkeit für einen Präventivschlag und der Wiederaufnahme der riesigen jährlichen Militärübungen mit den USA.

Als letzte Woche die Vorübungen beginnen sollten, kündigte Präsident Yoon eine „mutige Initiative“ für den Frieden auf der koreanischen Halbinsel an. Er bot Pjöngjang ein umfangreiches Nahrungsmittelprogramm und Wirtschaftshilfe zur Verbesserung der Infrastruktur an, wenn Nordkorea im Gegenzug sein Atomprogramm und sein Atomarsenal zerstört. Dabei handelte es sich jedoch um ein Scheinangebot. Yoon wusste im Voraus, dass Nordkorea ablehnen würde, da das Angebot nicht das enthält, was für Nordkorea lebenswichtig wäre: ein Ende der wirtschaftlichen und diplomatischen Sanktionen, angeführt von den USA, die seine Wirtschaft lahmgelegt haben.

Die Wiederaufnahme der groß angelegten Militärübungen in Südkorea durch Washington ist eine kalkulierte Provokation. Nicht Nordkorea, sondern die USA haben die Vereinbarung gebrochen, die Trump 2018 mit Kim Jong-un getroffen hatte. Obwohl Trump weitere Gespräche faktisch mit der Forderung ausgeschlossen hatte, Nordkorea müsse vor einer Aufhebung der Sanktionen nuklear abrüsten, hat Pjöngjang keinen Atomtest durchgeführt und seine Raketentests auf Kurz- und Mittelstreckenraketen beschränkt.

Die Biden-Regierung kalkuliert damit, dass die Wiederaufnahme der Übungen Ulchi Freedom Shield Nordkorea zu einer Reaktion zwingen wird, möglicherweise mit einem Atomtest, der den Vorwand für eine weitere militärische Eskalation seitens der USA liefern würde.

Letzte Woche kündigten die USA an, dass sie auf einen weiteren nordkoreanischen Atomtest mit der Stationierung „strategischer Mittel“ in Südkorea reagieren würden. Die Warnung der USA erfolgte im Anschluss an ein zweitägiges Treffen im Rahmen des integrierten koreanisch-amerikanischen Verteidigungsdialogs (KIDD) und ist Teil einer von Washington und Seoul vereinbarten gemeinsamen Strategie.

Diese „strategischen Mittel“ werden nicht näher spezifiziert, könnten aber strategische Bomber, Atom-U-Boote oder Flugzeugträger umfassen, die Atomraketen und Atombomben tragen können, sowie taktische Kernwaffen.

Am 11. August hatte sich der südkoreanische Verteidigungsminister Lee Jong-sup ähnlich geäußert und vor einer „hochintensiven“ Reaktion auf einen nordkoreanischen Atomtest gewarnt: „Wir planen nicht nur die Mobilisierung der südkoreanischen militärischen Kapazitäten, sondern auch der strategischen Mittel der USA.“

Die Stationierung von strategischen US-Waffen in Südkorea richtet sich nicht nur, oder hauptsächlich, gegen Nordkorea, sondern auch gegen China und Russland. Noch während die Biden-Regierung ihren Stellvertreterkrieg gegen Russland ausweitet, inszeniert sie eine Provokation nach der anderen gegen China, mit Fokus auf Taiwan. Damit erhöht sie die Gefahr eines globalen Konflikts zwischen Atommächten.

Südkorea ist bereits in die Vorbereitungen der USA auf einen Atomkrieg eingebunden. In dem Land befinden sich dauerhafte US-Militärbasen, zudem ist es, genau wie Japan, Teil des US-Raketenabwehrnetzes in Nordostasien. Im Jahr 2017 stationierten die USA in Südkorea ihr Raketenabwehrsystem THAAD, das Langstreckenraketen entdecken und abschießen kann.

Trotz der Behauptung, solche Raketenabwehrsysteme seien defensiver Natur, können sie keinen umfassenden Atomangriff abwehren. Vielmehr will das Pentagon die Fähigkeit entwickeln, einen verheerenden Atomangriff auf Russland und/oder China zu starten, der eine Vergeltung ausschalten würde. Die THAAD-Systeme sind darauf ausgelegt, alle noch vorhandenen feindlichen Atomraketen abwehren zu können. Die USA haben einen atomaren Erstschlag nie ausgeschlossen.

Bezeichnenderweise haben die USA Anfang des Monats gemeinsam mit Südkorea und Japan in Hawaii erstmals seit 2017 so genannte Raketenabwehrübungen durchgeführt. Die USA haben erheblichen Druck auf ihre militärischen Verbündeten ausgeübt, damit sie zusammenarbeiten, u.a. durch die Unterzeichnung eines Abkommens über den Austausch von Geheimdienstinformationen auf höchster Ebene. Das Pentagon hält einen raschen Austausch von Erkenntnissen für das Funktionieren gemeinsamer Raketenabwehrsysteme für wesentlich.

Bei den KIDD-Gesprächen letzte Woche kündigten die USA nicht nur die Stationierung strategischer Mittel in Südkorea an, sondern bekräftigten auch das General Security of Military Information Agreement (GSOMIA) zwischen Tokio und Seoul sowie die trilaterale militärische Kooperation. Auch das 2018 ausgesetzte militärische Koordinierungsgremium zwischen den USA und Südkorea wurde wieder aktiviert, um Maßnahmen zur „erweiterten Abschreckung“ von Nordkorea zu planen. Zudem wurde über eine stärkere Zusammenarbeit bei der Forschung und Entwicklung von Hightech-Waffen diskutiert, u.a. in den Bereichen Weltraum, Quantencomputer, Cyberverteidigung, künstlicher Intelligenz und Automatisierung.

Das südkoreanische Defense Aquisition Program kündigte Anfang August an, es arbeite an fast 200 Projekten, darunter neue Überwachungssatelliten, taktische Boden-Boden-Lenkwaffen, Raketenfrühwarnsysteme und Langstrecken-Boden-Luft-Raketen.

Nordkorea dient zwar als Vorwand für die Stärkung der militärischen Zusammenarbeit der USA mit Südkorea und Japan und die Ausweitung der Militärpräsenz in diesen Ländern, doch es geht vor allem um die Vorbereitung auf einen umfassenderen Krieg gegen Russland und China.

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