Pelosi verspricht bei Besuch in Kiew den „Sieg“, Republikaner unterstützen Truppenentsendung und deuten Einsatz von Atomwaffen an

Am Wochenende setzte Washington mit aller Kraft seinen Kurs auf einen offenen Krieg mit Russland fort. Die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, besuchte Kiew, der republikanische Kongressabgeordnete Adam Kinzinger schlug die Entsendung von US-Truppen in die Ukraine vor, und sein Kollege Michael McCaul stellte sogar den Einsatz von Atomwaffen gegen Russland in Aussicht.

Die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, traf am Wochenende zu einem geheimen Besuch im Kriegsgebiet Kiew ein, um der Ukraine die Unterstützung der USA „bis zum Sieg“ zu versichern.

Pelosi, die an zweiter Stelle der möglichen Nachfolge des US-Präsidenten steht, war die bisher ranghöchste US-Regierungsvertreterin in Kiew. Ihr Besuch zeigt, wie stark die USA in einen Konflikt verwickelt sind, der rapide zu einem dritten Weltkrieg eskaliert.

Nancy Pelosi (links), Sprecherin des Repräsentantenhauses, erhält am 1. Mai 2022 vom ukrainischen Präsident Wolodymyr Selenksyj (rechts) den Orden der Fürstin Olga dritter Klasse (AP Photo/Pressestelle des ukrainischen Präsidenten via AP) [AP Photo/Ukrainian Presidential Press Office via AP]

Bei ihrem Treffen mit Präsident Selenskyj erklärte Pelosi, die USA werden „für Sie da sein, bis der Kampf vorbei ist“. Da die offizielle Militärdoktrin der Ukraine die Rückeroberung der Krim mit militärischen Mitteln umfasst, hat Pelosis Äußerung enorme und weitreichende Implikationen.

Sie fügte hinzu: „Unsere Delegation ist nach Kiew gereist, um der ganzen Welt unmissverständlich und nachdrücklich deutlich zu machen: Amerika steht fest an der Seite der Ukraine... Wir halten zur Ukraine, bis der Sieg errungen ist. Und wir halten zur Nato.“

Sie fuhr fort: „Lasst euch nicht von Tyrannen einschüchtern. Wenn sie drohen, dürft ihr nicht nachgeben. Wir sind hier um zu kämpfen, und man darf einem Tyrannen nicht nachgeben.“

Neben Pelosi waren sechs weitere demokratische Abgeordnete des Repräsentantenhauses in die Ukraine gereist: der Vorsitzende des Rules Committee, Jim McGovern, der Vorsitzende des Außenpolitikausschusses, Gregory Meeks, der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses, Adam Schiff, sowie Barbara Lee, Bill Keating und Jason Crow.

Die sieben Demokraten erklärten in einer Stellungnahme: „Unsere Mitglieder haben stolz die Botschaft übermittelt, dass zusätzliche amerikanische Unterstützung auf dem Weg ist. Wir sind dabei, Präsident Bidens starken Antrag auf Finanzmittel in ein Gesetzespaket umzuwandeln.“

Der demokratische Abgeordnete Jason Crow, ein ehemaliger Fallschirmjäger, Mitglied der Army Ranger und einer der „CIA-Demokraten“, die bei der Zwischenwahl 2018 gewählt wurden, erklärte: „Wir müssen sicherstellen, dass die Ukrainer bekommen, was sie brauchen, um zu gewinnen... Die Vereinigten Staaten von Amerika sind hier engagiert, um zu gewinnen, und wir werden zur Ukraine halten, bis der Sieg errungen ist.“

Im Vorfeld des Besuchs der Delegation hatten letzten Sonntag US-Außenminister Antony Blinken und Verteidigungsminister Lloyd Austin das Land besucht. Austin erklärte dabei, die USA befänden sich in einem „Kampf“ mit Russland und verfolgten das Ziel, es „zu schwächen“.

Alle Mitglieder der Kongressdelegation waren Demokraten. Einen „heißen Krieg“ zwischen der Ukraine und Russland zu führen, war seit langem ein zentrales Element des Programms der Demokraten. Im Jahr 2019 versuchten sie, den ehemaligen Präsidenten Donald Trump mit der Behauptung abzusetzen, er habe der Ukraine Militärhilfe vorenthalten.

In der derzeitigen Krise zeigen sich beträchtliche Teile der Republikaner jedoch genauso kriegslüstern wie die Demokraten.

Der republikanische Kongressabgeordnete Adam Kinzinger erklärte am Sonntag, er habe eine Genehmigung zum Einsatz militärischer Gewalt (Authorization for Use of Military Force, AUMF) eingebracht, die es Präsident Biden erlauben würde, US-Truppen in einem offenen Krieg gegen Russland einzusetzen.

In der CBS-Sendung „Face the Nation“ erklärte Kinzinger: „Ich habe gerade eine AUMF, eine Genehmigung zum Einsatz militärischer Gewalt, eingebracht, die dem Präsidenten im wesentlichen die Erlaubnis oder Unterstützung des Kongresses gibt, sie zu benutzen, wenn in der Ukraine atomare, biologische oder chemische Massenvernichtungswaffen zum Einsatz kommen.“

Weiter erklärte er: „Sie gibt ihm, wie soll man sagen, mehr Flexibilität, aber sie ist auch ein Abschreckungspotenzial gegenüber Wladimir Putin.“

Er fuhr fort: „Es könnte einen Punkt geben, an dem wir erkennen müssen, nun ja, dass es sich um einen Weltkrieg handelt. Vor dem Zweiten Weltkrieg gab es auch Momente, in denen niemand reingezogen werden wollte, aber man schließlich erkannt hat, dass man es muss.“

In Kinzingers AUMF heißt es:

Der Präsident ist befugt, die Streitkräfte der Vereinigten Staaten einzusetzen, wenn der Präsident es für notwendig und angemessen erachtet, um – die nationalen Sicherheitsinteressen der Vereinigten Staaten hinsichtlich der Ukraine zu schützen und bei der Verteidigung und Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine zu helfen.

Michael McCaul, ein texanischer Republikaner und hochrangiges Mitglied des Außenpolitikausschusses des Repräsentantenhauses, erklärte in der ABC-Sendung „This Week“, der Kongress würde Bidens Ausgabenpaket im Wert von 33 Milliarden Dollar für den Krieg gegen Russland schnell verabschieden und erklärte: „Zeit spielt eine entscheidende Rolle. Die nächsten zwei bis drei Wochen werden in diesem Krieg sehr wichtig und sehr entscheidend werden. Und ich glaube nicht, dass wir viel Zeit zu verlieren haben.“

Der wohl atemberaubendste Moment unter allen Talkshows vom Sonntag ereignete sich, als McCaul einen möglichen US-Atomangriff auf russische Truppen in Aussicht stellte.

Der Moderator George Stephanopoulous fragte: „Was würde passieren, wenn in der Ukraine eine Chemiewaffe oder eine taktische Kurzstrecken-Atomrakete eingesetzt würde?... Was würden wir – was sollten wir dann tun?“

Darauf antwortete McCaul: „Das würde eine rote Linie überschreiten. Und ich glaube, wenn das passiert, müssten wir darauf in gleicher Weise reagieren.“

Senator Tim Kaine, der 2016 als Hillary Clintons Vizepräsidentschaftskandidat angetreten war, schloss in der CBS-Sendung „Face the Nation“ die Entsendung von US-Truppen in die Ukraine nicht aus.

Kaine wurde von Moderatorin Margaret Brennan gefragt: „Ihr demokratischer Kollege Senator Coons hatte vor einigen Wochen in dieser Sendung gesagt, man müsste zumindest über den potenziellen Einsatz von Gewalt in der Ukraine reden.“

Darauf antwortete Kaine: „Momentan ist der Status quo, dass wir der Ukraine massive Mengen an Waffen liefern, sowohl die USA als auch die Nato-Verbündeten und andere Staaten. Sollte es zu einem Überfall auf ein Nato-Land kommen, einem kinetischen oder auch einem Cyberangriff, oder wenn in der Ukraine chemische oder atomare Waffen eingesetzt würden, so würde das die Gleichung ändern.“

Die US-Presse ruft derweil nach weiterer Eskalation. Die Washington Post schreibt in einem Leitartikel mit dem Titel „Putin zu besiegen, fordert von den USA mehr Einsatz und größere Risiken“: „Putins Kriegsziel ist nicht nur die Eroberung der Ukraine, sondern die internationale Ordnung selbst umzustoßen. Man sollte Kosten akzeptieren und Risiken eingehen, um sicherzustellen, dass Russland scheitert – und aus dem Konflikt so geschwächt hervorgeht, dass es zu keiner derartigen Aggression mehr in der Lage ist.“

Die Äußerungen vorherrschender Teile des amerikanischen politischen Establishments vom Wochenende müssen als deutliche Warnung aufgefasst werden, dass Washington eine massive Eskalation der US-Beteiligung an dem Krieg vorbereitet, einschließlich eines direkten Einsatzes von Truppen oder sogar von Atomwaffen gegen Russland.

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