Weltweit steigt die Zahl der Neuinfektionen mit Covid-19 aufgrund der weiteren Lockerungen von Schutzmaßnahmen und des bevorstehenden Winters. In den USA tendiert der 14-Tage-Durchschnitt nach einem kurzen Rückgang wieder nach oben. Dazu gehören auch Kinder, die im Jahr 2021 aufgrund der Schulöffnungen den verheerenden Folgen von Covid-19 ausgesetzt wurden. Laut dem wöchentlichen Bericht der American Association of Pediatrics (AAP) von Montag ist in dieser Woche die Zahl der positiv getesteten Kinder zum ersten Mal seit dem 2. September gestiegen – um offiziell 107.350, was etwa 24 Prozent aller US-Fälle ausmacht, die während der letzten Woche gemeldet wurden.
Die Zahl der Todesopfer unter Kindern und Jugendlichen liegt weiterhin bei mehr als 15 pro Woche. Sterblichkeitsdaten der AAP zeigen 17 gemeldete Todesfälle im Verlauf dieser Woche in folgenden Bundesstaaten und Territorien der USA: Kalifornien (1), Colorado (1), Guam (1), Maryland (1), South Carolina (1), Tennessee (1), Texas (8), Virginia (1) und Washington (2). Eine Onlinesuche nach lokalen oder nationalen Berichten über diese tragischen Todesfälle liefert kein einziges Ergebnis.
Die AAP vermeldet seit 13 Wochen in Folge mehr als 100.000 Neuinfektionen unter Kindern pro Woche. In 14 Bundesstaaten haben sich mehr als 12 Prozent aller Kinder mit Covid-19 angesteckt, was drei Infizierten in einer Klasse von 25 Kindern entspricht. Bezeichnenderweise zeigt ein Blick auf die Regionaldaten der AAP, dass der größte Anstieg bei den Infektionsraten im Westen, Nordosten und mittleren Westen stattfand, während sie im Süden weiterhin zurückgehen.
Die aktuellen Daten der US-Seuchenschutzbehörde CDC zeigen diesen regionalen Trend ebenfalls. Die Schwerpunkte der Ansteckungen haben sich am 12. August vom Süden und Südosten bis zum 7. November in den Westen und Nordwesten verlagert. Am Sonntag wurde ein Tweet von Eric Topol, Kardiologe und Professor für Molekularmedizin in Südkalifornien, verbreitet, der erklärte, die Karten seien „fast Gegensätze“.
Die Daten der AAP bieten nur einen flüchtigen Eindruck von der monumentalen Katastrophe, unter der die Kinder zu leiden haben. Die tatsächlichen Zahlen an Infektionen, Hospitalisierungen und Todesfällen liegen deutlich höher als die offiziellen.
Auf dem Covdi-19-Dashboard von Texas beispielsweise wird nur bei drei Prozent der Bevölkerung eine Altersverteilung angegeben, weshalb die Zahl der infizierten Kinder im Bericht der AAP deutlich zu niedrig liegt. Der Bundesstaat meldet jedoch positive Fälle von Covid-19 unter Schülern und Daten des Department of State Health Services, laut denen seit Beginn der Pandemie mindestens 359.985 Infektionen bei Schülern gemeldet wurden. Angesichts der fehlenden Testkapazitäten in texanischen Schulen liegen die Fallzahlen zweifellos viel höher.
Während die Fallzahlen steigen, haben sowohl demokratische als auch republikanische Bundesstaatsregierungen Sicherheitsmaßnahmen wie die Maskenpflicht und Tests abgeschafft – lange bevor die Mehrheit der Kinder geimpft ist. In Florida haben die Demokraten vor dem faschistischen republikanischen Gouverneur Ron DeSantis kapituliert und die Maskenpflicht in den drei größten Schulbezirken des Landes – Orange County, Broward County und Miami-Dade County – mit zusammen 830.000 Schülern aufgehoben.
In New York City, dem größten Schulbezirk des Landes mit etwa 1,1 Millionen Schülern, hat der vor Kurzem gewählte demokratische Bürgermeister Eric Adams versprochen, nach seinem Amtsantritt im Januar die Maskenpflicht in den öffentlichen Schulen der Stadt aufzuheben. Der Los Angeles Unified School District, mit mehr als 600.000 Schülern der zweitgrößte des Landes, will bis Ende des Jahres das Testen von Schülern einstellen.
Laut einem Schulöffnungs-Tracker des Unternehmens Burbio besteht an 68 Prozent der 500 größten Schulbezirke des Landes eine Maskenpflicht. Doch laut einem aktuellen investigativen Bericht von NBC News auf der Grundlage der Daten von Burbio haben mehr als ein Dutzend der 200 größten Schulbezirke in den letzten Wochen die Maskenpflicht aufgehoben.
Angesichts des bevorstehenden Winters und einer weiteren tödlichen Welle in greifbarer Nähe werden die Pläne der großen Schulbezirke, alle Einschränkungen aufzuheben, bevor die Mehrheit der Kinder geimpft ist, zu Masseninfektionen, langfristigen Erkrankungen und Todesfällen für zahllose Kinder führen.
Im Verlauf der Pandemie sind durchschnittlich 1.200 Menschen pro Tag an Covid-19 gestorben. Die herrschende Klasse hat versucht, dieses Sterben zu ignorieren und zu normalisieren, was schreckliche Folgen hatte. Die Katastrophe beim Astroworld-Festival, wo acht Menschen auf einem überfüllten Zuschauergelände bei einem Konzert in Houston (Texas) zu Tode kamen und Hunderte verletzt wurden, ist beispielhaft für diese Entwicklung. Obwohl die Pandemie weiterhin wütet, wurde erlaubt, das Festivalgelände extrem zu überfüllen, ohne dass die Polizei oder die Betreiber interveniert hätten. Der ganze Vorfall zeigt die Politik des Massensterbens der herrschenden Klasse: eine massive Wiedereröffnung ohne Rücksicht auf Menschenleben, damit die Unternehmen profitieren können. In demselben Bundesstaat, in dem sich die Tragödie abspielte, starben bisher 109 Kinder an Covid-19, deutlich mehr als in jedem anderen Bundesstaat.
Trotz der eskalierenden Fallzahlen und des Massensterbens haben die USA alle Einschränkungen für den internationalen Verkehr per Flug- und Landreisen aufgehoben, die seit 20 Monaten in Kraft waren, obwohl von erhöhtem Reiseverkehr in die USA ausgegangen wird. Delta Airlines rechnet für die kommenden Wochen mit einem Anstieg der eintreffenden Flüge um 50 Prozent.
Überall auf der Welt werden die noch verbliebenen Sicherheitsmaßnahmen abgeschafft, und das katastrophale Beispiel der USA wird als Vorbild benutzt. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind die Fallzahlen in Europa im vergangenen Monat um mehr als 55 Prozent gestiegen. Russland und Deutschland verzeichnen dabei Höchstwerte. Doch trotz dieses katastrophalen Anstiegs hat Deutschland die Pandemie für beendet erklärt und plant die Abschaffung der meisten verbliebenen Schutzmaßnahmen am 25. November. In Osteuropa steigen die Zahlen u.a. in Slowenien, Estland und Georgien stark an.
Die WHO warnte vor zusätzlichen 500.000 Toten durch Covid-19 in Europa und den ehemaligen Sowjetrepubliken bis Februar – zusätzlich zu den bisher bereits 1,4 Millionen Todesopfern. Letzte Woche rief der Direktor der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für Europa, Hans Kluge, die Gesundheitsbehörden zu sofortigem Handeln auf, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen und einen weiteren tödlichen Winter zu verhindern. Er erklärte: „Wir müssen unsere Taktik ändern: von der Reaktion auf einen Wiederanstieg der Fallzahlen von COVID-19 hin zur Verhinderung eines solchen Anstiegs.“
Asiatische Länder wie Singapur und Vietnam haben ihre Eliminierungsstrategie aufgegeben, wodurch die Fallzahlen stark steigen. In Japan sind die Fallzahlen zurückgegangen, aber nicht auf Null gesunken; dennoch lockern Regierungsvertreter die Einschränkungen. Unter anderem wurde die Quarantäne für Geschäftsreisen von zehn auf drei Tage verkürzt.
Der bevorstehende Winter droht weltweit die Zahl der Infektionen und Todesfälle in die Höhe zu treiben. Alle diese Opfer wären vermeidbar. Die Aufhebung der bestehenden Maßnahmen durch die Regierungen erhöht die sehr reale Möglichkeit, dass virulentere und impfstoffresistente Varianten entstehen und sich ausbreiten.
Auf dem von der World Socialist Web Site und der Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees (IWA-RFC) am 24. Oktober organisierten Webinar „Wie die Pandemie beendet werden kann“ wurde erklärt, dass die Pandemie nur durch eine globale Eliminierungsstrategie beendet werden kann. Dies erfordert die vorübergehende Schließung von Schulen und nicht systemrelevanten Unternehmen für einige Monate sowie massive Investitionen in Tests, Quarantäne und Kontaktverfolgung, ein global koordiniertes Massenimpfprogramm und volle wirtschaftliche Unterstützung für Familien und Arbeiter von Unternehmen, die aus Gesundheitsgründen geschlossen werden.
Für dieses Programm muss die Arbeiterklasse kämpfen, da sie die einzige gesellschaftliche Kraft ist, die die notwendigen Gesundheitsmaßnahmen durchsetzen kann, die objektiv in ihrem Interesse sind. Ihr Programm steht in Opposition zur Finanzelite, deren Aktienkurse auf ein obszönes Niveau gestiegen sind, während Millionen an Covid-19 starben. Die herrschende Elite lehnt ein umfassendes Programm zur Eliminierung von Covid-19 ab, weil es ihre Profite beeinträchtigen würde und zum Zusammenbruch des immer labileren Aktienmarkts führen könnte.
Ein Programm zur Beendigung der Pandemie erfordert die Massenaufklärung der Bevölkerung. Die Arbeiterklasse muss die wissenschaftlichen Fakten über die Ausbreitung des Virus kennen und sich mit einer revolutionären sozialistischen Perspektive bewaffnen, um zu verstehen, welche grundlegenden wirtschaftlichen Kräfte die Politik weltweit diktieren.