Am Freitag teilte Facebook betroffenen Nutzern mit, dass ein Artikel der World Socialist Web Site mit dem Titel „Washington Posts Verschwörungstheorie vom ,Wuhan-Labor‘ ist entlarvt“ unrechtmäßigerweise zensiert wurde.
Der Artikel berichtete darüber, wie die Washington Post indirekt zugab, dass die US-Regierung keine Beweise für die Behauptung vorgelegt hat, Covid-19 gehe auf eine biologische Waffe zurück. Diese Verschwörungstheorie war u.a. von der Post selbst verbreitet worden.
Seit dem 25. Februar hat Facebook alle Nutzer daran gehindert, den WSWS-Artikel zu teilen, da er angeblich gegen ihre „Community-Richtlinien verstößt“ und „mehrfach widerlegte Falschinformationen“ enthalte.
Jeder Nutzer und jede Gruppe, die versuchten, den Artikel zu teilen, erhielten eine Warnung. Einigen, darunter auch Reportern der WSWS, wurde kurzzeitig der Account gesperrt, weil sie den Artikel gepostet hatten.
Doch nachdem Facebook zwei Monate lang jeden zum Schweigen gebracht hatte, der versuchte, den Artikel zu teilen, erklärte das Unternehmen nun in einer Nachricht an seine Nutzer: „Es tut uns leid, dass das falsch gelaufen ist. Wir haben Ihren Post nochmals geprüft und festgestellt, dass er unseren Community-Richtlinien entspricht.“
Die Behauptung der Trump-Regierung, Covid-19 sei ein „als Waffe benutztes Virus“ war ein zentrales Element ihrer rassistischen Hetze gegen Asiaten und asiatisch-stämmige Amerikaner. Beispielhaft dafür war Trumps Behauptung, Covid-19 sei ein „chinesisches Virus“ und nannte das Virus „Kung-Flu“.
Am 29. März, nur wenige Tage nachdem Facebook den Artikel der WSWS zensiert hatte, veröffentlichte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) einen Bericht, der die Behauptungen der US-Regierung völlig demontierte, das Virus sei eine „Waffe“. Darin hieß es, die Behauptung, Covid-19 sei als Waffe geschaffen worden, sei noch nicht einmal eine Diskussion wert. Auch ein versehentlicher Ausbruch aus einem Labor sei „extrem unwahrscheinlich“ und keine weitere Untersuchung wert.
Facebooks Eingeständnis wirft drängende Fragen auf: Wer hat beschlossen, den WSWS-Artikel zunächst zu unterdrücken und aus welchem Grund? Hat die Washington Post oder ihr Besitzer Jeff Bezos die Zensur des Artikels gefordert? Und warum hat es ganze zwei Monate gedauert, bis Facebook seine Fehlentscheidung rückgängig gemacht hat?
Der Artikel wirft der Washington Post vor, sie habe vorsätzlich eine falsche, diskreditierte und gefährliche Verschwörungstheorie verbreitet und damit selbst gegen Facebooks Richtlinien über Fehlinformationen zu Covid-19 verstoßen. Zudem zielt die Theorie darauf ab, rassistischen Hass auf Asiaten und asiatisch-stämmige Amerikaner zu schüren.
Nach der scheinbar sehr sorgfältigen, zwei Monate andauernden Überprüfung haben die Faktenchecker von Facebook entdeckt, dass nichts an den Aussagen der WSWS falsch war.
In diesem Zusammenhang stellt sich eine weitere Frage: Warum wurde die WSWS zensiert, die versuchte, die Position der WHO zu der Verschwörungstheorie über das Wuhaner Labor zu veröffentlichen, während andererseits nichts gegen die Washington Post unternommen wurde, die eine diskreditierte und rassistische Verschwörungstheorie der Trump-Regierung verbreitet hat?
Um nur ein Beispiel zu nennen: Am 14. April 2020 war in der Post eine Kolumne von Josh Rogin mit dem Titel „Telegramme des Außenministeriums warnten vor Sicherheitsproblemen in Wuhaner Labor, in dem Coronaviren an Fledermäusen studiert wurden“. Dort hieß es unter Berufung auf einen anonymen Vertreter der Trump-Regierung: „Momentan spricht vieles dafür, dass es aus dem Labor entwichen ist, und fast nichts dagegen.“
Weiter hieß es in Rogins Artikel: „Ein hoher Regierungsvertreter erklärte mir, die Telegramme würden einen weiteren Beweis für die Möglichkeit liefern, dass die Pandemie das Ergebnis eines Laborunfalls in Wuhan ist.“
Doch als das diplomatische Telegramm, von dem Rogin sprach, im Juli vollständig veröffentlicht wurde, kam die Post selbst zu dem Schluss: „Das vollständige Telegramm bekräftigt die Behauptung nicht, das Virus sei bei einem Laborunfall freigekommen.“ Im Gegensatz zu Rogins Behauptungen weisen die Telegramme nicht auf Verstöße gegen die Sicherheitsprotokolle im Labor hin, vielmehr erklären sie, das Labor habe wegen Personalmangel nicht mit voller Kapazität arbeiten können.
Eine mögliche Schlussfolgerung ist, dass Rogin und die Washington Post die rassistische Verschwörungstheorie der Trump-Regierung verbreitet haben, ohne auch nur die Dokumente zu lesen, die sie als Beweis anführen. Oder noch schlimmer, dass sie Zugang zu den Dokumenten hatten, aber über ihren Inhalt gelogen haben. Bis heute hat die Post Rogins Kolumne nicht zurückgezogen.
Doch nicht nur Rogin hat in der Washington Post die Lüge über das „Wuhaner Labor“ verbreitet. Am 5. Februar veröffentlichte die Post einen Leitartikel, in der sie sich hinter die Position von Trumps Außenministerium stellte, „ein Unfall oder eine Freisetzung in einem Labor“ sei eine „plausible“ Erklärung für die Pandemie.
Nur wenige Wochen später musste die Post jedoch ein verheerendes Eingeständnis machen und in einem Leitartikel erklären: „Vollständige Transparenz wird nicht nur von China gefordert, sondern auch von den USA. Die Geheimdienstinformationen, auf die sich Pompeo beruft, müssen freigegeben und ihre Quellen und Methoden angemessen geschützt werden. Die Wahrheit zählt, und die USA sollten keine relevanten Beweise unterschlagen.“
In dem zensierten WSWS-Artikel hieß es: „Hinter dieser scheinbar unparteiischen Darstellung verbirgt sich ein vernichtendes Eingeständnis. Die Post muss stillschweigend anerkennen, dass sie nicht den geringsten Beweis besitzt, um ihre früheren Behauptungen, die Freisetzung des Virus sei ein ,plausibles‘ Szenario, zu untermauern.“
Der Bericht der WHO über die Ursprünge von Covid-19 stellt einen schweren Rückschlag für die Versuche der US-Regierung dar, der chinesische Regierung – und damit der chinesischen Bevölkerung und den chinesisch-stämmigen Amerikanern – die Schuld am Tod von drei Millionen Menschen zu geben.
Doch diese Lügen haben bereits Wirkung gezeigt. Wie im März die Anhörung des Justizausschusses des Repräsentantenhauses über „Diskriminierung und Gewalt gegen asiatisch-stämmige Amerikaner“ verdeutlicht, hat die Schuldzuweisung für Covid-19 an China zu zahllosen Gewalttaten gegen asiatisch-stämmige Amerikaner geführt, teilweise auch zu Todesopfern.
Dass Facebook den WSWS-Artikel zensiert, der die Verschwörungstheorie über das „Wuhaner Labor“ widerlegt, verdeutlicht eine grundlegende Tatsache: Das Hauptziel des Zensurapparats, den die Social-Media-Konzerne aufgebaut haben, sind nicht die rechtsextremen Verbreiter von rassistischen Verschwörungstheorien, sondern die linken Gegner von und Militarismus.
Dies wurde im November letzten Jahres deutlich, als Google-Vorstandschef Sundar Pichai bei einer Anhörung vor dem Kongress aufgefordert wurde, eine „bekannte Personen oder Unternehmen mit liberaler Ideologie“ zu nennen, die zensiert wurde. Darauf nannte Pichai die WSWS.
Google zensiert die WSWS auch weiterhin. Bei der Suche nach „1619 Project“, der Geschichtsfälschungskampagne der New York Times, die von den führenden Historikern des Landes zuerst auf der World Socialist Web Site entlarvt wurde, erscheint die WSWS erst auf der sechsten Seite.
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