Bundesregierung meldet Rekord-Militärhaushalt und rüstet für Krieg

Deutschland hat der Nato für dieses Jahr erneut einen Rekordwert der Verteidigungsausgaben gemeldet. Informationen der Deutschen Presse-Agentur zufolge übermittelte die Bundesregierung für das laufende Jahr einen Betrag von 53,03 Milliarden Euro an das Militärbündnis. Die eigentlichen Militärausgaben liegen damit weit über dem im Dezember verabschiedeten offiziellen Wehretat in Höhe von 46,93 Milliarden.

Die massive Aufrüstung der letzten Jahre – im Jahr 2014 belief sich der Verteidigungshaushalt auf 32,4 Milliarden – ist dabei erst der Anfang. Ein am 9. Februar veröffentlichtes Positionspapier des Verteidigungsministeriums mit dem Titel „Gedanken zur Bundeswehr der Zukunft“ zeigt, was die herrschende Klasse hinter dem Rücken der Bevölkerung vorbereitet: die größte deutsche Rüstungsoffensive seit der Hochrüstung der Wehrmacht in den 1930er Jahren.

Das Papier stammt direkt aus der Feder von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) und Generalinspekteur Eberhard Zorn und erinnert in mehrfacher Hinsicht an die größenwahnsinnigen Pläne des deutschen Imperialismus in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Es droht anderen Mächten, allen voran Russland und China. Im Zentrum steht die Forderung, Deutschland müsse aufgrund seiner geographischen Lage und wirtschaftlichen Stärke nicht nur Europa führen, sondern auch weltweit eine zentrale Rolle spielen und brauche dafür die entsprechenden Streitkräfte.

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer und der Generalinspekteur der Bundeswehr Eberhard Zorn (AP Photo/Michael Sohn)

Unter der Überschrift „Zeit für neues Denken“ heißt es: „Jetzt, im Frühjahr 2021, bietet sich der ideale Moment, um die Debatte über unsere Sicherheit zu vertiefen und Entscheidungen voranzutreiben. In Deutschland wird im September ein neuer Bundestag gewählt und mancherorts haben Diskussionen um Verteidigungsfragen schon begonnen… Unser Fokus richtet sich deswegen auf die Aufgaben, die wir heute anpacken müssen, um Deutschlands Sicherheit auch morgen zu wahren; auf die Rolle, die Deutschland in Europa und darüber hinaus annehmen muss – und auf die Streitkräfte, die es für beides braucht.“

Vorbereitung auf Krieg

Im Abschnitt, „Was das für Deutschland heißt“, erklären Kramp-Karrenbauer und Zorn unverblümt, dass die geplante Aufrüstung der Vorbereitung umfassender Kriege dient. Deutschland stehe „aufgrund seiner geografischen Lage in der Mitte Europas und seiner wirtschaftlichen Kraft für die Sicherheit Europas besonders in der Pflicht“ und müsse „einen seiner Lage und Leistungsfähigkeit entsprechenden Beitrag für Sicherheit und Frieden leisten – auch im militärischen Bereich“.

Dann schreiben die Ministerin und Deutschlands höchster General: „Deutschland trägt dabei Verantwortung für die Sicherung des eigenen Hoheitsgebiets – die Landesverteidigung – als auch für die ebenso wichtige Aufgabe der Bündnisverteidigung. Für beides ist glaubwürdige militärische Abschreckung und Verteidigungsfähigkeit in allen Dimensionen – Land, Luft, See, Weltraum und Cyber – grundlegend... Der Auftrag der Landes- und Bündnisverteidigung verlangt von unseren Soldatinnen und Soldaten die Bereitschaft und das Können, auch im Kampf zu bestehen.“

In diesem Ton geht es weiter. Um seiner „doppelten Verantwortung“ gerecht zu werden, müsse Deutschland „über einen breiten Mix an militärischen Fähigkeiten verfügen“. Ein „breites militärisches Profil“ sei dabei „kein Luxus, sondern eine strategische Notwendigkeit. Ohne eine vielfältig einsetzbare Bundeswehr kann es kein handlungsfähiges Europa geben.“

Im Abschnitt „Rollen“ geht es konkret um Deutschlands Rolle in zukünftigen und potentiell alles vernichtenden Kriegen. „Aufgrund seiner zentralen Lage“ müsse Berlin als „first responder“ „schneller als alle anderen bei Krisenfällen insbesondere an den Außengrenzen von NATO und EU zur Stelle sein“. Diese gelte „für das Baltikum ebenso wie für den Balkan, für das Mittelmeer ebenso wie für die Nord- und Ostsee“.

Es folgen weitere kaum verhohlene Kriegsdrohungen gegen die Nuklearmacht Russland. Als „‚Drehscheibe‘ im Bündnis“ sei die Rolle Deutschland „in der Mitte Europa entscheidend für die Mobilität verbündeter Streitkräfte“. Die Bundeswehr müsse deshalb „Infrastruktur und Logistik vorhalten und seinen Beitrag zur Koordination und zum Schutz leisten, damit Operationen im gesamten Bündnisgebiet reibungslos durchgeführt werden können“.

Hinzu komme „die Rolle als Truppensteller im internationalen Krisenmanagement auch jenseits des Bündnisgebietes“, das heißt bei neokolonialen Eroberungskriegen in Afrika, im Nahen und Mittleren Osten und in Zentralasien. „Gerade für diese Aufgabe“ würden „oft spezialisierte ‚Hochwertfähigkeiten‘ benötigt, wie zum Beispiel Aufklärung, Luftbetankung und -transport, elektronische Kampfführung oder Spezialkräfte“.

Militarisierung im Inneren

Als eine weitere Aufgabe der Bundeswehr nennen Kramp-Karrenbauer und Zorn den Einsatz der Armee im Inneren. Der „Heimatschutz im Frieden wie im Krisenfall“ schließe „eine starke Reserve mit ein, die im Katastrophenfall für die Amtshilfe in Deutschland ebenso zur Verfügung steht wie als wichtiger Kraftverstärker für die anderen genannten Rollen“.

Die WSWS hat den geplanten „freiwilligen Wehrdienst im Heimatschutz“ bereits in einem früheren Artikel als „eine Einladung an Neonazis und andere Rechtsextreme“ bezeichnet, „sich vom Staat gegen Bezahlung militärisch ausbilden zu lassen“. Die reaktionären Pläne, die die herrschende Klasse damit verfolgt, sind klar. Bereits im Kaiserreich, der Weimarer Republik und unter den Nazis wurden das Militär und faschistische Milizen zur Niederschlagung sozialer Proteste und revolutionärer Erhebungen im Inneren eingesetzt.

Wie am Vorabend des Ersten und Zweiten Weltkriegs geht die Kriegspolitik nach außen einher mit der umfassenden Militarisierung der Gesellschaft im Inneren. Zorn und Kramp-Karrenbauer kündigen an, „die Strategiefähigkeit und die strategische Kultur in unserem Land [zu] fördern“. Geplant seien u.a. „die Weiterentwicklung des Bundessicherheitsrats zu einem Nationalen Sicherheitsrat“, die Schaffung eines „Bundesbeirat Sicherheit“, die Etablierung einer „Sicherheitswoche im Deutschen Bundestag“ und „ein Bundeswehrplanungsgesetz, das die Finanzierung der Streitkräfte wie in anderen Ländern auf ein solides, mehrjähriges Fundament stellt, ohne die Finanzhoheit des Bundestages einzuschränken“.

An mehreren Stellen fordert das Papier die massive Erhöhung der Verteidigungsausgaben. Gleichzeitig sollen auch Gelder aus anderen Ressorts angezapft werden, um die weitreichenden Aufrüstungs- und Kriegspläne zu finanzieren. So weisen Kramp-Karrenbauer und Zorn „mit besonderem Nachdruck darauf hin, dass Verteidigung eine gesamtstaatliche Aufgabe ist, die sich nicht allein im Verteidigungshaushalt niederschlagen kann. Für die Finanzierung von politisch übergeordneten Großvorhaben“ stehe „die Bundesregierung gemeinschaftlich in der Verantwortung. Die staatliche Kernaufgabe Sicherheit“ müsse „breit getragen werden“.

Unmittelbare Rüstungspläne

Bei der Militarisierungsoffensive kann es der herrschenden Klasse offenbar nicht schnell genug gehen. „Wir spüren nun, dass neben den Fähigkeiten und der Ausrüstung auch die Strukturen und die Führungsorganisation zügig der Lage angepasst werden müssen,“ heißt es im Papier. „Mit Blick auf die Landes- und Bündnisverteidigung“ zeige „jüngst die Unterstützung der Bundeswehr in der Corona-Pandemie deutlich die Schwachstellen im Hinblick auf territoriale Strukturen und Führungsprozesse auf“.

Ganz unmittelbar gehe es darum, „die Fähigkeiten der Streitkräfte für alle Rollen unseres Landes und in der gesamten Bandbreite weiter zu modernisieren und dem technologischen Wandel anzupassen, die Lücken in der Ausrüstung und Ausstattung zu füllen, schlankere, funktionalere, resilientere Strukturen sowie kürzere und damit schnellere Prozesse in der militärischen Führungsstruktur, in der Beschaffungs- und Nutzungsorganisation und im Verteidigungsministerium zu schaffen“.

Bereits in den nächsten Wochen und Monaten sollen zahlreiche milliardenschwere Großprojekte und auf den Weg gebracht und die Rekrutierung für den im Kern faschistischen „Heimatschutz“ lanciert werden.

Bis Ende März liege „eine umfassende Bewertung des Themas bodengestützte Luftverteidigung vor“, bis zum Ende des I. Quartals „die Beschaffungsvorlage für die Eurodrohne“ und im II. Quartal folge „die Entscheidung zur Beschaffung eines schweren Transporthubschraubers“. Außerdem präsentiere man im April „die Grundzüge für einen modernen und zeitgemäßen Heimatschutz“ und im Mai „Eckpunkte für die Bundeswehr der Zukunft“, d.h. „konkrete Vorschläge zur Weiterentwicklung der Streitkräfte hinsichtlich ihrer Fähigkeiten, Strukturen und Einsatzbereitschaft“.

Weitere „noch nicht entscheidungsreife Fragen“ würden „so vorbereitet, dass sie mit Beginn der neuen Legislaturperiode entschieden werden können“. Unter anderem plant die Bundeswehr zahlreiche Großprojekte voranzutreiben, darunter neue Panzer, Kriegsschiffe und das europäische Kampfflugzeugsystem, FCAS, dessen Umsetzung allein mehrere hundert Milliarden Euro verschlingen wird.

Das Verteidigungsministerium und die Führung der Bundeswehr können nur deshalb so aggressiv voranpreschen, weil sie von allen Bundestagsparteien – von der rechtsextremen AfD bis zur Linkspartei – unterstützt werden. Vor allem die nominell linken Oppositionsparteien haben zuletzt immer wieder klargestellt, dass sie den Kriegskurs der Großen Koalition voll unterstützen. So plädieren die Grünen in ihrem neuen Grundsatzprogramm für eine massive Aufrüstung des europäischen Imperialismus unter deutscher Führung, und auch Die Linke fordert in einem aktuellen Papier den Aufbau einer europäischen Armee und die Hochrüstung der Bundeswehr.

Nur die Sozialistische Gleichheitspartei (SGP) tritt der Rückkehr des deutschen Militarismus und Faschismus entgegen und bewaffnet die weit verbreitete Opposition unter Arbeitern und Jugendlichen mit einem sozialistischen Programm. In unserem Wahlaufruf heißt es: „Inmitten der Corona-Pandemie bereiten sich alle Großmächte auf neue Kriege vor, um ihre wirtschaftlichen Interessen durchzusetzen… Millionen sollen sterben, um die imperialistischen Interessen der deutschen Finanzelite mit militärischer Gewalt zu verfolgen. Wir fordern: Sofortige Beendigung aller Auslands- und Kriegseinsätze! Auflösung der Nato und der Bundeswehr! Milliarden für Bildung und Arbeit statt Rüstung und Krieg!“

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