Angesichts von Präsident Donald Trumps Putschversuchen in Washington wächst mit jeder Stunde die Gefahr, dass das Weiße Haus einen katastrophalen neuen Krieg im Nahen Osten provoziert.
Das Pentagon hat eine enorme militärische Schlagkraft im Persischen Golf konzentriert, um eine Konfrontation mit dem Iran vorzubereiten, die die gesamte Region und sogar die ganze Welt in einen Krieg hineinziehen könnte.
Am Sonntag wurde der Befehl zur Rückkehr der Flugzeugträger-Kampfgruppe USS Nimitz in ihren Heimathafen in den USA überraschend rückgängig gemacht. Stattdessen wurde sie auf persönlichen Befehl Trumps, nach einem Treffen mit seinem neuen Verteidigungsminister Christopher Miller im Weißen Haus, wieder in den Persischen Golf zurückgeschickt.
Miller, ein ehemaliger Colonel der Spezialeinheiten, wurde nach der Wahl vom 3. November im Rahmen einer umfassenden Säuberung der zivilen Führung des Pentagon zum Nachfolger von Mark Esper ernannt. Dieser hatte sich im Sommer Trumps Zorn zugezogen, weil er sich öffentlich dagegen ausgesprochen hatte, dass der Präsident gestützt auf den Insurrection Act Soldaten einsetzt, um Proteste gegen Polizeigewalt zu unterdrücken. Miller und sein neuer Stellvertreter, Ezra Cohen, gehören zur Kabale faschistischer Trump-Anhänger und fanatischer Gegner des Iran, die in die obersten Positionen des Verteidigungsministeriums gebracht wurde.
Die USS Nimitz ist mit 90 Kampfflugzeugen ausgerüstet, und ihre Begleitflotille umfasst u.a. Lenkwaffenzerstörer. Daneben wurde das Atom-U-Boot USS Georgia im Golf stationiert, das mit Marschflugkörpern bewaffnet und von einer eigenen Gruppe Kriegsschiffe begleitet wird.
Neben der Stationierung der Kriegsschiffe haben während des letzten Monats dreimal je zwei atomwaffenfähige schwere Bomber vom Typ B-52 Stratofortress den Persischen Golf überflogen. Ihre Einsätze kamen einem Probelauf für einen verheerenden Luftangriff auf den Iran gleich.
Der Persische Golf entwickelt sich zunehmend zu einem überfüllten und gefährlichen Seegebiet. Ein israelisches U-Boot der Dolphin-Klasse, das letzten Monat den Suezkanal durchfahren hatte, ist dorthin unterwegs. Auch ein südkoreanischer Zerstörer wurde in den Golf entsandt, nachdem der Iran einen südkoreanischen Tanker beschlagnahmt hatte. Laut den iranischen Behörden waren aus dem Tanker giftige Chemikalien ausgetreten. Der Vorfall ereignete sich vor dem Hintergrund eines Streits zwischen Teheran und Seoul über iranisches Vermögen im Wert von sieben Milliarden Dollar, das südkoreanische Banken eingefroren haben. Südkorea war früher ein wichtiger Importeur von iranischem Öl, hat sich aber mittlerweile Washingtons Kampagne angeschlossen, durch Sanktionen gegen Ölimporte und Finanztransaktionen mit dem Iran „maximalen Druck“ auf das Regime auszuüben.
Jeder Zusammenstoß zwischen iranischen Seestreitkräften und dem südkoreanischen Kriegsschiff könnte einen Krieg mit den USA auslösen, die sich als militärischer Verbündeter verpflichtet haben, Südkorea gegen alle „bewaffneten Angriffe von außen“ zu verteidigen.
Israel seinerseits hat die Entscheidung des Iran, die Urananreicherung in ihrer unterirdischen Anlage Fordo auf 20 Prozent wieder aufzunehmen, als Vorwand für Kriegsdrohungen benutzt. Mit der verstärkten Urananreicherung reagiert der Iran auf Washingtons einseitigen Ausstieg aus dem Atomabkommen zwischen Teheran und den anderen Großmächten und die Unfähigkeit Europas, Washingtons Sanktionsregime entgegenzutreten. Tel Aviv betont hingegen, Teheran bereitete sich damit auf die Produktion von Atomwaffen vor.
Der israelische Verteidigungsminister Benny Gantz erklärte vor der Presse mit Hinweis auf die zunehmenden Spannungen rund um die politische Krise in den USA: „Ich weiß nicht, ob die Situation explodieren wird. Eine Explosion der Situation kann im Verlauf dieser Ereignisse passieren. Ich muss hinzufügen, dass die Israelischen Verteidigungskräfte und der Rest der israelischen Sicherheitskräfte in Alarmbereitschaft sind und wissen, was an dieser Front passiert.“
Der Iran wirft Israel vor, bewusst eine militärische Konfrontation anzetteln zu wollen, bevor Trump sein Amt niederlegt. Am Samstag erklärte der iranische Außenminister Mohammad Javad Zarif: „Neue Geheimdienstdaten aus dem Irak deuten darauf hin, dass israelische Provokateure Anschläge auf Amerikaner planen“, um Trump „einen fingierten Kriegsgrund“ zu liefern.
Pentagon-Chef Christopher Millers Rechtfertigung für seinen Befehl, die Nimitz solle wieder Kurs auf den Golf nehmen, waren angebliche Drohungen „gegen Präsident Trump und andere Vertreter der US-Regierung“.
Die Behauptung, der Iran habe „gedroht“, muss in folgendem Kontext gesehen werden: Am 3. Januar letzten Jahres wurde der führende iranische General Qassem Suleimani von einer US-Drohne ermordet. Kurz zuvor war er auf dem internationalen Flughafen von Bagdad zu einem offiziellen Staatsbesuch angekommen.
Anlässlich dieses Jahrestags kam es im Irak zu Demonstrationen für den Rückzug aller US-Truppen aus dem Land sowie zu Protesten in anderen Teilen der Region. Obwohl Washington vor iranischen Vergeltungsschlägen am Jahrestag der Ermordung gewarnt hatte – die einen Vorwand für einen Angriffskrieg liefern würden –, blieben solche Angriffe aus. Teheran soll die pro-iranischen schiitischen Milizen im Irak, deren Anführer Abu Mahdi al-Muhandis bei dem Angriff auf Suleimani ebenfalls getötet wurde, gebeten haben, keine Angriffe auf US-Truppen und Einrichtungen auf irakischem Boden zu unternehmen.
Der Sprecher der iranischen Justiz, Gholamhossein Esmaili, erklärte am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Teheran, der Iran habe Interpol gebeten, einen „internationalen Haftbefehl“ für Präsident Trump und 47 weitere US-Regierungsvertreter zu erlassen, die für die Ermordung Suleimanis verantwortlich sind. Zuvor hatte Interpol erklärt, es sei nicht zur Einmischung in Fragen von politischem oder militärischem Charakter befugt.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Die Gefahr eines US-Kriegs im Persischen Golf im Rahmen von Trumps Putschplänen wird von hochrangigen ehemaligen britischen Kommandeuren, die vom Independent interviewt wurden, sehr ernst genommen. Generalmajor Jonathan Shaw, ein ehemaliger stellvertretender Stabschef und Kommandant der britischen Truppen im Irak, erklärte angesichts der zunehmenden Besorgnis wegen der Putschversuche in Washington: „Die Möglichkeit, dass Trump einen Angriff auf den Iran beginnt, erhält weniger Aufmerksamkeit, obwohl es beunruhigende Anzeichen gibt, dass wir diese Gefahr ernst nehmen sollten.“
Weiter erklärte er: „Das erste beunruhigende Anzeichen ist, dass das Pentagon seine Unterrichtung des Verteidigungsteams der designierten Biden-Regierung eingeschränkt hat. Dem Team des Amtsnachfolgers den Zugang zu versperren, verstößt gegen alle Regeln der Parteipolitik und guten Führung und könnte eine gefährliche Diskontinuität des Verteidigungsapparats während der Übergangsperiode schaffen. Aber wenn man etwas plant, wovon man weiß, dass der Nachfolger es nicht billigt, würde man dann nicht genau das tun?“
General Shaw fügte hinzu: „Falls sie einen konzertierten Angriff auf iranische Einrichtungen anordnen, haben sie alle notwendigen Werkzeuge vor Ort. B-52-Bomber, Tankflugzeuge und Jagdflugzeuge als Begleitung, die Flugzeugträger-Kampfgruppe der USS Nimitz. Die USS Georgia ist über die Straße von Hormus in den Golf gekommen, was sowohl ihre Empfindlichkeit im seichten Wasser und ihre Stärke erhöht. Und die Israelis schicken ein Angriffs-U-Boot der Dolphin-Klasse durch den Suezkanal zur Unterstützung der US-Truppen, allerdings nicht in den Golf selbst. Trump muss nur noch den Befehl geben.“
General Sir Richard Barrons, der ehemalige Leiter des Joint Forces Command, erklärte gegenüber der Zeitung, neben Trump gäbe es noch weitere Elemente in der US-Militärführung, die einen Krieg mit dem Iran wollen: „Das US-Militär ist in gewisser Weise zerstritten darüber. Ein Teil ist sehr aggressiv gegenüber dem Iran eingestellt und betrachtet ihn als Gefahr. Diese Einstellung ist fast eine Religion für sie.“
Ein eindeutiger Vertreter dieser Schicht ist der verurteilte General a.D. Michael Flynn, Trumps erster nationaler Sicherheitsberater. Letzten Monat hatte er mit Trump darüber diskutiert, die Wahl durch die Verhängung des Kriegsrechts zu kippen.
Die Washington Post veröffentlichte am Sonntag eine gemeinsame Erklärung aller zehn noch lebenden US-Verteidigungsminister beider Parteien. Sie warnten darin, dass das Pentagon keine Rolle beim Ausgang der US-Präsidentschaftswahl spielen dürfe. Diese Erklärung war ein unmissverständliches Zeichen, dass die Planungen zum Einsatz des Militärs genau für diesen Zweck weit fortgeschritten sind.
Ein Krieg gegen den Iran, der unter den Zehntausenden von US-Soldaten in der Region massive Todesopfer fordern könnte, würde Trump möglicherweise einen Vorwand liefern, das Kriegsrecht zu verhängen und die Amtsübergabe zu verweigern.
Während sogar die britischen Generäle diese Gefahr erkennen, schlagen der designierte Präsident Joe Biden und die Demokraten deswegen keinen Alarm. Stattdessen erklären sie nur, dass die nahtlose Übergabe der US-Kriegsmaschinerie gefährdet wird, wenn sie weiterhin aus dem Pentagon ausgesperrt werden. In erster Linie wollen sie vermeiden, dass sich die Arbeiterklasse in den USA der Kriegsgefahr bewusst wird und einen unabhängigen Kampf dagegen aufnimmt.