Arbeiter auf der ganzen Welt fordern immer entschlossener Sicherheitsmaßnahmen am Arbeitsplatz, die Stilllegung nicht-lebenswichtiger Betriebe und die Mittel für den Kampf gegen die Corona-Pandemie. In einem Land nach dem anderen entwickeln sich Streiks und Proteste der Beschäftigten, die kritische Dienstleistungen erbringen und oft nahezu ohne jeden Schutz arbeiten. Dazu gehören Pflegekräfte und medizinische Beschäftigte, Amazon-Arbeiter, Postbeschäftigte, Beschäftigte im Einzelhandel und der Lebensmittelindustrie sowie andere Dienstleistende.
Gleichzeitig versuchen die Trump-Regierung und Ihresgleichen weltweit, die Grundlagen zu schaffen, um die Arbeiter zur Rückkehr in die Betriebe zu zwingen, auch wenn dies eine weitere Ausbreitung der Pandemie und noch katastrophalere Todesraten bedeutet.
US-Präsident Trump warnte am Sonntag bei seiner Pressekonferenz im Weißen Haus, in der kommenden Woche werde es „eine Menge Tote geben“, bekräftigte aber dennoch seine Forderung, die amerikanische Wirtschaft schnell wieder zu „öffnen“. Er klagte: „Wir bezahlen die Leute dafür, dass sie nicht zur Arbeit gehen [...] Wir müssen die Arbeit wieder aufnehmen.“
Während Trump und die anderen kapitalistischen Regierungen die Frage umtreibt, wie schnell sie die Produktion und damit den Profitfluss an die Konzerne und Banken wieder in Gang bringen können, bestehen immer mehr Arbeiter mit größtenteils spontanen Streiks und Protesten auf ihren eigenen Interessen und Forderungen:
In Belgien legten am Freitag die Beschäftigten in zehn Supermärkten der Einzelhandelskette Carrefour die Arbeit nieder, um gegen niedrige Löhne und unzureichenden Schutz gegen das Coronavirus zu protestieren. Ende März hatten auch die Beschäftigten in einem Carrefour-Markt in Südfrankreich die Arbeit niedergelegt.
In einer Postsortieranlage der Royal Mail in Kent (Großbritannien) haben die Arbeiter letzte Woche aus Protest gegen fehlende Sicherheitsmaßnahmen wie Handdesinfektionsmittel die Arbeit niedergelegt. Die Communication Workers Union hatte Anfang März einen Streik abgebrochen, obwohl die Royal Mail zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen unnachgiebig abgelehnt hatte.
In den USA haben Postbeschäftigte letzte Woche mit einer Onlinepetition für Gefahrenzulagen begonnen, die bis Sonntagabend fast 500.000 Unterschriften erhielt. Im Text der Petition wird die Postarbeitergewerkschaft verurteilt: „Die Gewerkschaft ist den Beschäftigten in dieser Zeit überhaupt keine Hilfe. Sie sollten für diese Gefahrenzulage kämpfen oder mit einem weiteren Ausstand drohen. Wir müssen lauter werden, Postbeschäftigte!!“
Auf den Bahamas organisierte das medizinische Notfallpersonal am Freitag einen Krankheitsstreik, um gegen fehlende Sicherheitsmaßnahmen zu protestieren. Daraufhin versprach der Gesundheitsminister des Landes eine Zahlung von bis zu 5.000 Dollar für Beschäftigte im direkten Patientenkontakt.
In Massachusetts streikten am Montag mehr als 10.000 Bauarbeiter, die in der Gewerkschaft North Atlantic States Regional Council of Carpenters organisiert sind, gegen Sicherheitsprobleme auf den Baustellen. Der Gouverneur hat bisher den örtlichen Verwaltungen die Entscheidung darüber gelassen, ob Bautätigkeiten weitergehen sollen, und lediglich zahnlose Richtlinien für Sicherheitsmaßnahmen erlassen.
Bei JBS, einem großen Schweine- und Rindfleischverarbeitungsbetrieb in Colorado, legten am letzten Montag fast 1.000 Beschäftigte die Arbeit nieder. Ein Großteil der Belegschaft besteht aus Immigranten, die 27 unterschiedliche Sprachen sprechen. Sie weigerten sich weiterzuarbeiten, nachdem mindestens zehn von ihnen positiv auf Covid-19 getestet wurden. Laut dem lokalen Präsidenten der Gewerkschaft UFCW wurde der Streik nicht von ihr organisiert.
In einem Amazon-Lieferzentrum in Chicago demonstrierten Beschäftigte am Freitag und Samstag, nachdem zwei Kollegen positiv getestet wurden. Letzte Woche hatten Amazon-Arbeiter in Detroit und New York gestreikt.
Am Donnerstag legten Dutzende von Arbeitern eines Lebensmittelverpackungswerks in Palmyra (Pennsylvania), das vom Logistikkonzern XPO betrieben wird, die Arbeit nieder. Einer der Beschäftigten erklärte gegenüber der Lokalpresse: „Wir fordern eine Erklärung dafür, warum sie das Werk nicht geschlossen und verheimlicht haben, dass dort ein Infizierter gearbeitet hat.“
Mehr als zwei Dutzend Arbeiter des Geflügelverarbeitungswerks von Pilgrim Pride in Timberville (Virginia) legten die Arbeit nieder, um gegen fehlende Informationen zu protestieren, nachdem ein Beschäftigter des Werks positiv auf Covid-19 getestet wurde. Einer von ihnen erklärte in einer lokalen Nachrichtensendung: „Sie haben uns den ganzen Tag arbeiten lassen. Sie haben uns nichts gesagt, und wir wissen nicht, seit wann sie es schon wissen.“
In Louisville (Kentucky) organisierten Baristas der Cafékette Heine Brothers am Freitag einen Krankheitsstreik für bessere Schutzmaßnahmen und Gefahrenzulagen. Die Schichtleiterin Hannah Jones erklärte vor der Presse: „Das Unternehmen hat seit Beginn des Covid-19-Ausbruchs gesagt: ,Abwarten, abwarten, abwarten. Wir hören euch zu, wir hören euch zu. Wir sind auch nervös.‘ Sie kommen aber nicht jeden Tag mit 200 Menschen in Kontakt.“
Die Trump-Regierung erklärte zunächst, die Wirtschaft müsse zu Ostern wieder in Gang kommen, machte jedoch angesichts der weit verbreiteten Wut und der zunehmenden Proteste der Arbeiter sowie der wachsenden Zahl von Infektionen und Toten einen vorübergehenden Rückzieher. Allerdings versucht sie trotzdem, mit Unterstützung der gefügigen Mainstream-Medien, ein Narrativ aufzubauen, laut dem es möglich ist, in der näheren Zukunft die wirtschaftliche Aktivität wieder aufzunehmen und in großem Stil an die Arbeit zurückzukehren.
Bei Trumps Pressekonferenz am Samstag erklärte der Chef der Lebensmittelsicherheitsbehörde, Stephen Hahn, Antikörpertests seien ein „Werkzeug, das uns hilft, Menschen wieder an die Arbeit zu bringen“. Allerdings gibt es kaum wissenschaftliche Beweise dafür, dass die Präsenz von Antikörpern die Immunität gegen das Virus garantiert, das Covid-19 auslöst.
Die Autobauer, die sich dafür eingesetzt haben, vom Heimatschutzministerium als „systemrelevante Infrastruktur“ eingestuft zu werden, bleiben größtenteils geschlossen, hauptsächlich als Reaktion auf die Welle von spontanen Streiks, die Ende März ausbrach. Obwohl weiterhin Autoarbeiter an der Pandemie sterben (mindestens elf bei Fiat Chrysler und sechs bei Ford), ziehen die Autokonzerne dennoch in Erwägung, Ende April die Produktion wieder aufzunehmen.
Ein langjähriger GM-Arbeiter in Indiana erklärte gegenüber der WSWS: „General Motors hat erklärt, es werde die Situation ,Tag für Tag‘ beobachten und die Produktion nicht vor dem 14. April wieder aufnehmen. Aber was wird danach anders werden? Werden wir auf das Virus getestet und bekommen Fieber gemessen?“
„Bevor alle wieder an die Arbeit zurückkehren, sollte zumindest jeder getestet und am Werkstor Fieber gemessen bekommen, bevor sie reingehen. Aber wenn die Ausgangsbeschränkungen im Bundesstaat länger andauern als bis zum 14. April, sehe ich nicht, wie sie dann berechtigterweise wieder öffnen können. Ich verstehe, dass einige Arbeitsplätze wichtig sind, aber nicht der Bau von neuen Autos. Das hier gerät außer Kontrolle.“
Der Arbeiter erklärte, der kriminelle Mangel an Vorbereitung sowohl vonseiten der Republikaner als auch der Demokraten habe die Feindschaft der Regierung gegenüber den Arbeitern gezeigt: „Dieses Virus hat wirklich gezeigt, dass beide Parteien unfähig sind. Wenn irgendetwas Gutes dabei rausgekommen ist, dann die Tatsache, dass die meisten Leute jetzt wissen, dass unserer Regierung Profite wichtiger sind als Menschenleben und dass sie uns für entbehrlich hält.“
Er teilte die Ansicht, dass die Arbeiterklasse den Kampf gegen die Pandemie anführen muss und erklärte: „Wenn wir es nicht tun, wird es niemand tun. Ich glaube an die Kraft der Masse. Wir waren so viele Jahre lang selbstzufrieden. Jetzt müssen wir für die kommenden Generationen kämpfen.“