Kein Schutz, keine Arbeit! Für unabhängige Arbeiterkomitees im Nahverkehr!

Weltweit sind Millionen Menschen gefährdet, sich mit dem hochgefährlichen Coronavirus anzustecken. Die Pandemie offenbart den gnadenlosen und inhumanen Charakter der heutigen kapitalistischen Gesellschaft und des Nationalstaatensystems, auf dem sie beruht. Auf der ganzen Welt riskieren die Regierungen in krimineller Weise das Leben und die Gesundheit der arbeitenden Bevölkerung.

Der Berliner Senat aus SPD, Grünen und Linkspartei zeigt eine besonders arrogante und verachtende Haltung gegenüber den Sorgen der Arbeiterklasse, ließ Schulen und Kitas besonders lange offen und hat bis heute keine umfassende Maßnahmen zum Schutz der öffentlich Beschäftigten getroffen.

Bei den Berliner Verkehrsbetrieben zeigt sich das in scharfer Form. Selbst als sich das Coronavirus in Deutschland und Berlin rasant ausbreitete, waren wir gezwungen, ohne jegliche Schutz Maßnahmen überfüllte Busse und Bahnen durch die Straßen zu fahren. Wir mussten Arbeiter in Betriebe bringen, die längst hätten geschlossen werden müssen, weil sie nicht für die Aufrechterhaltung der Lebensmittel- und Gesundheitsversorgung notwendig sind.

Das hat sich bis heute nicht grundlegend geändert. Sogar im öffentlichen Dienst müssen viele Arbeiter in die Büros, Schulen und Betriebe kommen, obwohl Heimarbeit möglich wäre oder nicht notwendige Arbeiten verrichtet werden. Rudimentäre Schutzmaßnahmen für die Fahrer und Fahrgäste wurden erst nach massivem Protest und einer wachsenden Zahl von Krankmeldungen umgesetzt und sind bis heute völlig ungenügend.

Die Situation bei der BVG

Erst am 12. März, als die Zahl der Ansteckungen schon längst nach oben schnellte, wurde der vordere Zustieg zu den Bussen beim Fahrer geschlossen. Statt Plexiglas oder ähnlichen Schutzvorkehrungen wurde aber lediglich ein rot-weißes Flatterband vor den Fahrern aufgespannt, das die Fahrer überfüllter Busse nicht ansatzweise schützt.

Am 18. März wurde der Linienverkehr dann auf Anweisung der BVG-Geschäftsführung ausgedünnt, was die Ansteckungsgefahr durch überfüllte Fahrzeuge für Fahrer und Fahrgäste noch einmal drastisch erhöhte. Erst nach heftigen Protesten der Fahrgäste wurde diese Ausdünnung zumindest teilweise wieder aufgehoben.

Um die enorme Wut der Kollegen und Fahrgästen über dieses verantwortungslose Verhalten unter Kontrolle zu bekommen, hat die Geschäftsführung am Anfang dieser Woche einige Placebo-Maßnahmen eingeführt, die nach Gesundheitsschutz aussehen sollen, aber der Gefährdungslage in keiner Weise gerecht werden.

So erhalten Fahrer seit Montag eine Mund-Nase-Schutzmaske, die aber nicht den notwendigen Standards genügt, sondern durchlässig für Coronaviren ist. Die Weltgesundheitsorganisation hat vor der Verwendung dieser Masken gewarnt, weil sie eine falsche Sicherheit vortäuschen.

Die Art und Weise, wie wir mit den Masken umgehen sollen, erhöht das Risiko für die Fahrer eher, als dass sie die Sicherheit verbessert. So erhalten Kollegen neue Masken oft nur alle zwei Tage. In der offiziellen Anweisung heißt es, dass wir die Masken immer wieder auf- und absetzen sollen, wenn Fahrgäste Fragen an uns richten oder wir ihnen assistieren müssen.

Eine ähnliche Vortäuschung von Sicherheit findet mit der Reinigung der Fahrzeuge statt. Seit Dienstag reinigen Fahrschüler der BVG und Reserve-Kollegen auf den Betriebshöfen und an einigen Endhaltestellen einige Fahrzeuge. Dabei handelt es sich nicht um professionelle Reinigungskräfte, und sie arbeiten auch nicht mit Desinfektionsmitteln, die notwendig wären, um den Virus zuverlässig von den Oberflächen zu entfernen. Gegenüber dem RBB lehnte BVG-Sprecherin Petra Nelken eine solche Desinfektion mit dem unverschämten Argument ab, dass die Fahrzeuge anschließend wieder kontaminiert würden. Gleiches kann man natürlich über jede Gesundheits- und Reinigungsmaßnahme sagen.

Die ohnehin schon mangelhaften hygienischen Bedingungen in den WCs an den Wendepunkten – sofern überhaupt vorhanden – werden derweil immer noch nicht verbessert. Es gibt für Fahrer an einigen Endstellen nicht einmal mehr die Möglichkeit, sich vernünftig die Hände zu waschen. Die Seifenspender sind oft leer, ebenso die Papierhandtücher. Desinfektionsmittel gibt es nicht. Auch das Testen von Fahrern, das notwendig ist, um den Virus einzudämmen, findet nicht statt.

Baut unabhängige Arbeiterkomitees auf!

Der rot-rot-grüne Senat und die BVG-Geschäftsleitung können diese verantwortungslose und kriminelle Politik der massenhaften Ansteckung nur durchführen, weil sie von den Gewerkschaften unterstützt werden. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi setzt alles daran, die Wut der Kollegen zu unterdrücken und sie auch unter den gefährlichen Bedingungen zur Arbeit zu zwingen.

So antworten Verdi und der DGB Arbeitern, die wegen mangelnden Schutzes ihre Arbeit niederlegen wollen: „Es gehört zum allgemeinen Lebensrisiko, sei es bei der Arbeit oder in der Freizeit, sich zu verletzen oder sich mit einer Krankheit anzustecken. Das gilt auch für Beschäftigte mit einer Vorerkrankung, die sie zwar nicht arbeitsunfähig macht, aber mit der sie einem höheren Risiko ausgesetzt sind, einen schwereren Krankheitsverlauf durch eine Coronavirus-Infektion zu entwickeln.“

Tatsächlich gibt es bei der BVG viele ältere und vorerkrankte Fahrer, die bei einer Ansteckung durch einen schweren bis tödlichen Krankheitsverlauf gefährdet sind. Doch die Leben dieser Kollegen und auch unser aller Angehörigen sind den Gewerkschaften und der Betriebsleitung offensichtlich völlig gleichgültig.

Um ihre Gesundheit und die ihrer Fahrgäste zu schützen, müssen Arbeiter sich unabhängig von den Gewerkschaften organisieren und einen gemeinsamen Kampf gegen den Senat und die Betriebsleitung führen. Auf der ganzen Welt beginnen Arbeiter, sich so zur Wehr zu setzen und für sichere Arbeitsbedingungen zu kämpfen. Um das zu erreichen, müssen sie sich international zusammenschließen. Das gilt insbesondere für den Öffentlichen Nahverkehr.

In Detroit ergriffen vergangene Woche die Busfahrer der Verkehrsbetriebe die Initiative gegen den Kurs der Geschäftsleitung und Gewerkschaften, indem sie durch „sick-out“-Krankschreibungen vom Job fernblieben und so zumindest rudimentäre Sicherheitsmaßnahmen erkämpften. Ähnliche Entwicklungen finden jetzt in New York statt.

Gegen die Front aus Regierung, Unternehmen und Gewerkschaften müssen unabhängige Arbeiterkomitees folgende grundlegenden Forderungen durchsetzen:

• Keine Arbeit ohne Test und Schutz!

• Einstellung des regulären Fahrbetriebs. Spezialbusse mit besonderer Ausrüstung, Desinfektion und besonders geschütztem Personal transportieren das für die Aufrechterhaltung der medizinischen und öffentlichen Grundversorgung Personal von ihren Wohnvierteln zur Arbeitsstelle.

• Voller Lohnausgleich, unabhängig von Infektion oder Gesundheit, für alle von Kurzarbeit, Schließungen oder anderer durch die Pandemie verursachten Lohnverluste!

• Milliardenschwere Sofortinvestitionen in den Gesundheitsbereich für den Ausbau der Behandlungskapazität und den Schutz der Beschäftigten.

• Besondere Schutzmaßnahmen für Ältere, Gefängnisinsassen, Obdachlose und Flüchtlinge in den unhygienischen Lagern!

Für eine sozialistische Antwort auf die Pandemie

Diese Forderungen müssen Teil einer umfassenden Bewegung der gesamten Arbeiterklasse sein. So wie die Sicherheit unserer Busse und Bahnen für die Gesundheit aller Arbeiter von größter Bedeutung ist, können auch wir uns und unsere Familien nur schützen, wenn die größten gesamtgesellschaftlichen Anstrengungen unternommen werden. Ein ernsthafter Kampf gegen die Corona-Pandemie muss die Interessen der Menschen und nicht die Profite der Reichen ins Zentrum stellen.

Davon sind wir weit entfernt. Die Rücksichtslosigkeit des rot-rot-grünen Senats ist Teil des kriminellen Verhaltens der gesamten herrschenden Klasse. Im privatisierten und kaputtgesparten Gesundheitssystem mangelt es an den notwendigsten Schutzmaterialien. Die Mitarbeiter stehen schon im Normalbetrieb kurz vor dem Zusammenbruch.

Doch statt hunderte Milliarden in den Aufbau neuer Krankenhäuser und Intensivstationen zu investieren, um Leben zu retten, werden 600 Milliarden Euro für die Banken und Konzerne bereitgestellt. Kleine und mittlere Unternehmen, in denen 58 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten arbeiten, erhalten hingegen nur 50 Milliarden Euro. Einfache Arbeiter werden mit Kurzarbeitergeld abgespeist und müssen auf bis zu 40 Prozent ihres Gehaltes verzichten. Hunderttausende wurden bereits auf die Straße gesetzt.

Die Kapitalisten gehen nicht nur über Leichen, um ihren Reichtum zu schützen, sie nutzen die Krise auch, um diesen weiter zu mehren. Überall diskutieren sie nun, Arbeiter zurück an die Arbeit zu zwingen und damit Masseninfektionen und Tote in Kauf zu nehmen, um die Profite der Großunternehmen zu steigern.

Das Coronavirus hat die Krise des Kapitalismus nicht geschaffen, sondern hat sie nur offengelegt und verschärft. Es zeigt sich, dass ein Gesellschaftssystem, das auf Nationalstaaten und der privaten Aneignung des gesellschaftlichen Reichtums basiert, nicht in der Lage ist, rational mit einer solchen globalen Krise umzugehen. Deshalb setzt die herrschende Klasse immer mehr auf faschistische und autoritäre Herrschaftsformen, um dieses irrationale und menschenfeindliche System aufrechtzuerhalten.

Eine Wirtschaft, die international demokratisch und rational geplant wird, erscheint unter diesen Bedingungen als objektive Notwendigkeit. Aber die Durchsetzung eines solchen sozialistischen Programms erfordert den Sturz des Kapitalismus und die Mobilisierung der internationalen Arbeiterklasse.

Ich rufe deshalb alle Kollegen der BVG und anderer Betriebe auf, sich an diesem Kampf zu beteiligen. Der Aufbau einer internationalen sozialistischen und revolutionären Bewegung ist die zentrale Frage unserer Zeit. Es ist eine Frage von Leben und Tod. Schreibt mir, wenn Ihr den Aufbau von den Gewerkschaften unabhängiger Arbeiterkomitees unterstützen wollt und registriert Euch noch heute als aktiver Unterstützer der Sozialistischen Gleichheitspartei (SGP), der deutschen Sektion der Vierten Internationale.

Loading