Pablo Iglesias, der Vorsitzende der pseudolinken Partei „Podemos“, wird Mitglied der Geheimdienstkommission der Regierung. Diese Kommission leitet, überwacht und kontrolliert die Aktivitäten des nationalen Geheimdienstes Centro Nacional de Inteligencia (CNI).
Iglesias ist stellvertretender Ministerpräsident der Koalitionsregierung aus Podemos und der sozialdemokratischen Partido Socialista Obrero Español (PSOE). Letzte Woche nahm er erstmals an einer der wöchentlichen Sitzungen der Geheimdienstkommission teil, nachdem er sich zur Geheimhaltung verpflichtet hatte.
Laut Gesetz gehört es zu den Aufgaben der Kommission, die jährlichen Richtlinien für den Geheimdienst zu entwerfen. Dieses wichtige Geheimdokument wird dem CNI übergeben und legt dessen Aufgaben fest.
Zuvor unterbreiten die Mitglieder der Kommission ihre Vorschläge Ministerpräsident Pedro Sánchez (PSOE). Wenn er sie genehmigt, werden sie in die Richtlinien aufgenommen. Die Kommission soll außerdem die Koordination zwischen den Geheimdiensten und der Polizei, dem Militär und dem Rest der Staatsmaschinerie gewährleisten.
Die Hauptaufgabe des CNI ist es, „allen Risiken oder Bedrohungen für die Unabhängigkeit und Integrität Spaniens, für seine nationalen Interessen und die Stabilität des Rechtsstaats und für seine Institutionen vorzubeugen und sie abzuwenden“. Iglesias wird folglich das CNI anweisen, den sozialen Widerstand der Arbeiterklasse zu überwachen und zu unterdrücken. Denn es kommt zunehmend zu Protesten gegen Austerität, Armut, die Polizeiunterdrückung in Katalonien, die staatliche Untätigkeit in Bezug auf den Coronavirus und die imperialistischen Nato-Kriege im Ausland. Zu Iglesias‘ Aufgaben wird die Zusammenarbeit zwischen dem CNI und islamistischen Netzwerken bei den Nato-Regimewechseloperationen im Nahen Osten gehören.
Die Einbindung von Podemos in die geplante staatliche Unterdrückung der Arbeiterklasse ist kein politischer Irrtum oder eine Verirrung, sondern der Höhepunkt der Rechtsentwicklung einer ganzen Schicht von „populistischen“ und antimarxistischen Organisationen, die aus den stalinistischen und Post-68er-Studentenbewegungen hervorgegangen sind und sich aus privilegierten kleinbürgerlichen Schichten rekrutieren. Während die Medien diese Organisationen seit Jahrzehnten als „links“ darstellen, stehen sie der Arbeiterklasse in Wirklichkeit feindlich gegenüber – nicht nur in Spanien, sondern auf der ganzen Welt.
In Deutschland sitzen Mitglieder der Linkspartei im Parlamentarischen Kontrollgremium, das die deutschen Nachrichtendienste überwacht. Die Linkspartei ist außerdem berüchtigt dafür, die Geheimdienste zu verteidigen –, selbst nach den Enthüllungen über deren Beteiligung an Massenüberwachung und ihrer Zusammenarbeit mit der rechtsextremen AfD. Sie hat sogar den ehemaligen Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen zu einem ihrer Parteitage eingeladen.
In Frankreich hat der Vorsitzende von La France insoumise (LFI), Jean-Luc Mélenchon, zahlreiche Gewerkschaftsvorstände in seine Partei aufgenommen, die daneben auch hohe Positionen im Polizei- und Inlandsgeheimdienst innehaben. Diese Leute helfen LFI dabei, ihre internationale und ihre Sicherheits-Politik zu gestalten, und sorgen dafür, dass LFI alle französischen Militäroperationen im Ausland unterstützt.
In Griechenland war die Syriza-Regierung („Koalition der Radikalen Linken“) für vier Jahre Austeritätspolitik und Angriffe auf demokratische Rechte verantwortlich – u.a. für den Bau von Konzentrationslagern für Flüchtlinge aus dem Nahen Osten. Dabei hat sie die Polizei, die Geheimdienste und das Militär eingesetzt.
Als Iglesias am Sonntag seine Kandidatur für den Posten des Podemos-Generalsekretärs bekanntgab, ließ er eine unflätige Schimpftirade gegen Kritiker seiner Mitarbeit mit den spanischen Geheimdiensten los. Er behauptete, diese Kritiker seien „in der Kanalisation“, und erklärte: „Es gibt einige, die sind verärgert darüber, dass es demokratische Kontrollen [über das CNI] geben wird.“ Weiter erklärte er, er sei „stolz“, einer Regierung anzugehören, die dafür sorge, dass die Polizei und die Geheimdienste „ihre Pflicht tun, nämlich ganz einfach die Bürger zu beschützen“.
Als Beispiele nannte Iglesias zwar rechte Kritiker von Podemos, doch sein Ausbruch richtete sich eindeutig gegen alle Gegner seiner Zusammenarbeit mit den spanischen Geheimdiensten, auch gegen die auf der Linken.
Er erklärte: „Liebe Freunde in der Kanalisation, wir sind in der Regierung.“ Er behauptete, seine Kritiker würden „an den Hämorrhoiden der Mächtigen lecken“, und stellte sie den „Tausenden von Polizisten und paramilitärischen Polizisten“ gegenüber, die „den Bürgern dienen“. Er erklärte, seine Kritiker seien „wütend, weil es in einer Demokratie demokratische Kontrollen gibt“.
Er drohte offen: „Unsere Demokratie wird besser sein, wenn die Anführer der Kanalisation in Politik, Polizei und Journalismus da sind, wo sie hingehören: im Gefängnis.“
Iglesias wird keinesfalls die demokratische Kontrolle über den Polizeistaat gewährleisten, sondern Teil von ihm werden. Das CNI ist keine demokratische Institution.
Es wurde 1968 vom Regime des faschistischen Massenmörders Francisco Franco als Organización Contrasubversiva Nacional (OCN) gegründet und während der „Transición“, dem Übergang zur parlamentarischen Herrschaft, mehrfach umbenannt. Das CNI unterhielt Todeslisten von baskischen Nationalisten, die während der Amtszeit des PSOE-Ministerpräsidenten Felipe Gonzalez zwischen 1983 und 1987 in Spanien und Frankreich ermordet wurden.
Im Jahr 2017 hinderte es Kämpfer des Islamischen Staates trotz intensiver Überwachung nicht daran, Anschläge in Barcelona durchzuführen, und bespitzelte auch Podemos selbst.
Jetzt arbeitet die PSOE daran, Podemos fest im CNI zu verankern. PSOE-Ministerpräsident Sánchez bindet Iglesias in die Geheimdienstkommission ein, obwohl seine Funktionen – stellvertretender Ministerpräsident, Minister für soziale Rechte und Minister für die Agenda 2030 – nichts mit Sicherheit oder Verteidigung zu tun haben. Sánchez umging das Gesetz von 2002, laut dem die Kommission nur aus dem Außen-, Verteidigungs-, Innen- und Wirtschaftsminister sowie dem Sekretär des Ministerpräsidenten, dem Staatssicherheitssekretär und dem Direktor des CNI besteht.
Mit der direkten Einbindung von Podemos in die Polizeistaatsmaschinerie reagiert die spanische Bourgeoisie auf den zunehmenden weltweiten Aufschwung der Arbeiterklasse. Seit Beginn von Sánchez' Amtszeit ist die Zahl der Streiks und Proteste steil angestiegen, u.a. protestierten Bauern gegen die niedrigen Preise, die sie von Supermärkten für ihre Waren erhalten, und das Baskenland wurde durch einen kurzen Generalstreik für bessere Arbeitsplätze und Renten lahmgelegt. Daneben kam es zu Kämpfen gegen Entlassungen beim Autobauer Nissan in Barcelona, dem Flugzeughersteller Airbus in Sevilla und dem Fernsehsender Canal Sur in Andalusien.
Die Coronavirus-Pandemie wird die Klassenspannungen weiter verschärfen, vor allem, da der Produktions- und der Tourismussektor von ihr betroffen sind. Letzte Woche verlor der wichtigste spanische Aktienindex Ibex 35 mehr als 60 Milliarden Euro oder 12 Prozent seines Börsenwerts.
Die nationalistische Bewegung in Katalonien gilt als Gefahr für die territoriale Integrität Spaniens. Am Samstag strömten mehr als 200.000 Menschen (laut Polizei nur 110.000) zu einer Rede des abgesetzten katalanischen Ministerpräsidenten Carles Puigdemont im französischen Perpignan, in der Grenzregion zu Katalonien. Seit Madrid 2017 das Unabhängigkeitsreferendum brutal unterdrückt hat, benutzt das politische Establishment Spaniens die katalanische Krise als Vorwand für drakonische Polizeistaatsmaßnahmen. Das CNI war einer der Hauptverantwortlichen für die Überwachung, Bespitzelung und Unterdrückung der Massenproteste in Katalonien.
Iglesias' Aufnahme in die CNI-Kommission bestätigt die Warnungen der World Socialist Web Site, dass Podemos' Eintritt in die Regierung der PSOE, der traditionellen sozialdemokratischen Partei der spanischen Bourgeoisie für Austerität und imperialistische Kriege, die Stabilität des Regimes festigen soll, während es im Ausland Krieg führt und im Inland die Arbeiterklasse angreift.
Podemos hat seit 2015 aufgrund der wachsenden sozialen Wut auf das ganze politische Establishment und die Gewerkschaften die Hälfte ihrer Wähler verloren. Deshalb ist die Partei zu dem Schluss gekommen, dass sie den sozialen Widerstand nicht mehr von außen unterdrücken kann und sich vollständig in den Staatsapparat integrieren muss. Aus diesem Grund hat Iglesias im Wahlkampf mehrfach an die Sozialdemokraten appelliert und der PSOE in allen Staatsfragen sogar „volle Loyalität“ versprochen.
Podemos‘ Integration in den kapitalistischen Staat bestätigt den Kampf des Internationalen Komitees der Vierten Internationale gegen die betrügerischen Theorien des „Linkspopulismus“, die die Arbeiterklasse, den Klassenkampf, den Sozialismus und die revolutionäre Politik ablehnen. Die postmodernistische Schriftstellerin und Unterstützerin der Podemos- und Syriza-Führung, Chantal Mouffe, hatte 2018 in ihrem Buch „Für einen linken Populismus“ in dieser Richtung argumentiert.
Mouffe erklärte: „Was wir dringend brauchen, ist eine linkspopulistische Strategie, die auf die Konstruktion eines ‚Volkes‘ abzielt und die Vielzahl demokratischer Widerstandsbewegungen gegen die Postdemokratie bündelt, um eine demokratischere hegemoniale Formation zu etablieren. (…) was dazu, wie ich behaupte, jedoch unnötig ist, ist ein ‚revolutionärer‘ Bruch mit dem liberal-demokratischen Regime.“ (Chantal Mouffe, „Für einen linken Populismus“, Berlin 2018, S.47)
Syriza hat durch ihren unpopulären Austeritätskurs und ihre Konzentrationslager für Flüchtlinge Mouffes Scharlatanerie entlarvt. Tatsächlich zerstört sich das „liberal-demokratische Regime“ von selbst, da alle Fraktionen der Kapitalistenklasse eine rapide Hinwendung zu Polizeistaatsmaßnahmen unterstützen. In diesem Kontext bestätigt Iglesias' Ernennung zu einem der Leiter der spanischen Geheimdienste die Orientierung der pseudolinken populistischen Verteidiger des Kapitalismus' auf Polizeistaatsmaßnahmen.