Bildungsministerin Karliczek unterstützt rechtsradikalen Professor Baberowski

Am 12. Februar veranstaltete die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) ein Symposium mit dem Titel „Freiheit der Wissenschaft? Anspruch und Wirklichkeit eines Grundwertes“. Auf dem Podium saß neben Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU), dem ehemaligen Bundestagspräsidenten Norbert Lammert und dem Präsidenten des Deutschen Hochschulverbandes Bernhard Kempen auch der rechtsradikale Professor Jörg Baberowski. Auf der offiziellen Website der KAS ist der gemeinsame Auftritt dokumentiert.

Baberowski hatte wenige Tage vorher anschaulich demonstriert, was er unter Meinungsfreiheit versteht. Er hatte auf dem Campus der Humboldt-Universität eigenhändig Wahlplakate der International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) zur Wahl des Studierendenparlaments von einem schwarzen Brett abgerissen und zerstört. Als er bemerkte, dass Sven Wurm, der Hochschulsprecher der IYSSE, die Tat mit seinem Handy filmte, schlug er zu und bedrohte ihn mit den Worten: „Soll ich dir was in die Fresse hauen?“ Der Vorgang ist auf Video festgehalten.

Rechtsradikaler Professor Baberowski greift linke Studierende tätlich an

Auf dem Symposium der KAS störte sich niemand an Baberowskis Angriff auf kritische Studierende. Wie schon die sozialdemokratische Präsidentin der Humboldt-Universität, Sabine Kunst, unterstützt auch die Bundesregierung den rechtsradikalen Professor. Bildungsministerin Karliczek hatte sich bereits 2019 in einem offiziellen Statement hinter Baberowski gestellt.

Die gesamte KAS-Veranstaltung verfolgte das Ziel, sich unter dem Deckmantel der Wissenschaftsfreiheit mit rechtsextremen und militaristischen Professoren zu solidarisieren und Gewalt gegen linke Studierende zu rechtfertigen. „Die jüngsten Vorfälle und Störungen des Lehr- und Wissenschaftsbetriebs an einigen Hochschulen sind Warnsignale. Wissenschaftler und Hochschullehrer dürfen, ja müssen unbequem sein und auch über kontroverse Themen öffentlich nachdenken können“, erklärte Karliczek in ihrer Eröffnungsrede.

Der Präsident des Deutschen Hochschulverbandes, Bernhard Kempen, ebenfalls ein notorischer Verteidiger Baberowskis, sprach in der folgenden Debatte offen aus, um welche „unbequemen“ Professoren und Meinungen es geht.

„Die Vorfälle um die streitbaren Wissenschaftler wie Jörg Baberowski, Bernd Lucke oder Herfried Münkler, die zu Protesten an den Universitäten geführt hatten, ‚stehen für eine Spektralverschiebung des wissenschaftlichen Diskussionsspektrums‘, die Kempen als bedrohlich einstufte“, heißt es im Bericht der KAS über das Symposium. Kempen habe sich „für eine deutliche Positionierung der Hochschulen ausgesprochen“. Sie dürften „nicht als Schutzraum missverstanden werden, in dem jede selbst definierte Gruppe festlegen kann, was wissenschaftlich sagbar oder unsagbar ist“.

Was Kempen als „wissenschaftliche“ Meinungen bezeichnet, die von studentischen Gruppen nicht kritisiert werden dürfen, sind rechtsextreme Standpunkte, die an deutschen Universitäten tatsächlich lange als „unsagbar“ galten. Und das aus gutem Grund. Nach den Verbrechen des Nationalsozialismus und den beiden Weltkriegen, die von deutschem Boden ausgingen, galt es als inakzeptabel, Hitler und das Dritte Reich zu verharmlosen und rechtsextreme und militaristische Standpunkte zu vertreten.

Das ist seit langem vorbei. Medien und Politik feiern Rechtsextreme, Militaristen und Parteigänger der AfD als ehrbare „Wissenschaftler“ und denunzieren Kritik an ihnen als Angriff auf die „Freiheit der Wissenschaft“.

Baberowski, der an der HU den Lehrstuhl für Osteuropäische Geschichte innehat, ist nach dem Tod seines Vorbilds Ernst Nolte der bekannteste Nazi-Apologet unter den deutschen Historikern. „Hitler war kein Psychopath, er war nicht grausam. Er wollte nicht, dass an seinem Tisch über die Judenvernichtung geredet wird“, erklärte er 2014 im Spiegel. Im Januar diesen Jahres behauptete er gegenüber der FAZ, dass Hitler „nichts von Auschwitz habe wissen wollen“ – eine zentrale Lüge vieler Holocaust-Leugner. Auch Baberowskis „wissenschaftliches“ Werk ist geprägt von der Verharmlosung des Nationalsozialismus und der Verbrechen des Dritten Reichs.

Der mittlerweile emeritierte Humboldt-Professor Münkler zählt zu den prominentesten Kriegstreibern und Großmachtstrategen des deutschen Imperialismus. In seinem 2015 erschienenen Essay „Macht in der Mitte“ verlangt er, dass Deutschland die Rolle des Hegemons in Europa übernimmt und sich vom „Zahlmeister“ zum „Zuchtmeister“ aufschwingt. In Reden und Interviews plädiert er regelmäßig für die Anschaffung und den Einsatz von Kampfdrohnen, bezeichnet Giftgas als „eine eher ‚humane‘ Waffe“ und jammert, dass die Bevölkerung in der „postheroischen Gesellschaft“ nicht mehr bereit sei, in Kriegen für geostrategische und wirtschaftliche Interessen zu sterben.

Lucke, gegen den es Proteste an der Universität Hamburg gibt, ist der Gründer der rechtsextremen AfD, deren Ehrenvorsitzender Alexander Gauland die Wehrmacht verherrlicht und den Nationalsozialismus als „Vogelschiss in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte“ bezeichnet.

Der thüringische AfD-Landeschef Björn Höcke, mit dem Lucke in seiner Zeit als Parteivorsitzender eine gemeinsame Wahlparty feierte, ist ein Faschist. Er warnt in einem Buch vor dem „bevorstehenden Volkstod durch Bevölkerungsaustausch“ und fordert die gewaltsame Deportation von „kulturfremden“ Menschen aus Deutschland in einem „groß angelegten Remigrationsprojekt“.

Lucke selbst vertritt ebenfalls rassistische Standpunkte und denunzierte Flüchtlinge u.a. als „sozialen Bodensatz“ der Gesellschaft. Das hinderte den rot-grünen Hamburger Senat nicht daran, Luckes Rückkehr an die Universität im November 2019 mit massiver Polizeigewalt gegen den Widerstand der Studierenden zu erzwingen.

Der offene Schulterschluss der Bundesregierung mit Baberowski und die aggressive Verteidigung von AfD-Professoren wie Lucke müssen als Warnung verstanden werden. Unter Bedingungen der tiefsten Krise des Kapitalismus seit den 1930er Jahren, wachsender Konflikte zwischen den Großmächten und der Vorbereitung neuer Kriege paktiert die herrschende Klasse nicht nur mit rechtsextremen Kräften, sondern übernimmt auch deren Methoden.

Baberowskis Angriff auf Wurm gibt einen Eindruck davon, welches Regime die herrschende Klasse in Deutschland 75 Jahre nach dem Zusammenbruch des Dritten Reichs wieder anstrebt, um ihre Politik des Militarismus, der inneren Aufrüstung und der sozialen Angriffe gegen die Opposition der Bevölkerung durchzusetzen.

Während Baberowskis vulgäre Drohungen und seine physische Gewalt gegen Studierende offenbar von der „Wissenschaftsfreiheit“ gedeckt sind, ist es die Kritik an seinen rechtsextremen Standpunkten nicht. Der Grund dafür ist nicht schwer zu verstehen. Die Positionen der rechten Professoren werden von der Regierung geteilt. Nach der Bundestagswahl 2017 haben SPD und CDU/CSU mit der Fortsetzung der Großen Koalition die AfD zur offiziellen Oppositionsführerin im Bundestag gemacht, seither haben sie sie systematisch in die parlamentarische Arbeit integriert und ihre Hetze und Politik übernommen.

Zum Arsenal der Großen Koalition gehören auch die Verharmlosung des Nationalsozialismus und der Kampf gegen links. Bezeichnenderweise spielt Baberowski in diesem Jahr eine wichtige Rolle beim offiziellen Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkriegs. So soll der rechtsextreme Vordenker am 4. Mai auf einer zentralen Veranstaltung der Stiftung Sächsische Gedenkstätten in Torgau sprechen, auf der auch der Parlamentarische Staatssekretär des Verteidigungsministeriums, Peter Tauber (CDU), eine Rede halten wird.

In ihrem aktuellen Verfassungsschutzbericht führt die Große Koalition die Sozialistische Gleichheitspartei (SGP) zum zweiten Mal in Folge als „Beobachtungsobjekt“ an, weil sie für ein sozialistisches Programm eintritt, das sich – so der Vorwurf des Innenministeriums – „gegen die bestehende, pauschal als ‚Kapitalismus‘ verunglimpfte staatliche und gesellschaftliche Ordnung“ und „gegen vermeintlichen Nationalismus, Imperialismus und Militarismus“ richtet.

Die SGP hat 2019 Klage gegen den Verfassungsschutz eingereicht und in ihrem Statement „Stoppt die rechte Verschwörung! Verteidigt die SGP gegen den Verfassungsschutz!“ gewarnt: „Mit ihrem Angriff auf die SGP will diese kriminelle Behörde einen Präzedenzfall für eine neue Gesinnungsjustiz schaffen, mit der jeder verfolgt werden kann, der die reaktionäre soziale und politische Entwicklung kritisiert. Streikende Arbeiter werden dann ebenso verfolgt wie Buchhändler, die marxistische Literatur verkaufen, oder kritische Künstler, Journalisten und Intellektuelle.“

Baberowskis Angriffe auf linke Studierende und seine Verteidigung durch die Bundesregierung zeigen, wie weit dieser Prozess fortgeschritten ist. Es ist höchste Zeit aktiv zu werden. Wir rufen alle, die demokratische Rechte verteidigen und der Rückkehr von Militarismus und Faschismus entgegentreten wollen, dazu auf, uns noch heute zu kontaktieren und sich dem Kampf für eine sozialistische Gegenoffensive anzuschließen.

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