US-Präsident Donald Trump prüft verschiedene Listen mit Zielen für US-Militärschläge im Iran. Damit rückt der US-Imperialismus einem bewaffneten Konflikt mit dem Iran immer näher. Dieser könnte sich als Vorspiel zu einem dritten Weltkrieg erweisen.
Laut einem Bericht der New York Times haben Militärplaner des Pentagon und des US Central Command (CENTCOM) dem Weißen Haus am Mittwochabend Optionen für Militärschläge vorgelegt. Sie beinhalten die riesigen iranischen Ölraffinerien bei Abadan auf der Insel Charg, mehrere iranische Raketenabschussbasen und Militärbasen und Stützpunkte der iranischen Revolutionsgarden.
Die Times schreibt: „Ein Angriff auf den Iran würde fast mit Sicherheit mit einem Hagel von Marschflugkörpern von Schiffen der Navy aus beginnen. Dazu würden sich Jagdbomber für weitere Angriffe bereithalten, falls der Iran Vergeltungsangriffe gegen die erste Welle starten würde.“
Während sich die Gefahr eines Kriegs gegen den Iran ständig verschärft, verbreiten auch die amerikanischen Medien, allen voran die Times, immer sklavischer die Vorwürfe der US-Regierung, der Iran sei für die Angriffe auf die saudischen Ölraffinerien am letzten Samstag verantwortlich. Kein ernsthafter Versuch wird unternommen, diese Behauptungen kritisch zu hinterfragen. Noch weniger wird versucht, sie im Kontext der vielen nachweislichen Lügen und falschen Vorwände zu betrachten, mit denen die USA in der Vergangenheit militärische Aggressionen gerechtfertigt haben. Dazu gehörten der Zwischenfall im Golf von Tonkin in Vietnam oder die irakischen „Massenvernichtungswaffen“.
Obwohl Teheran mehrfach die Verantwortung für die Angriffe auf die saudischen Ölraffinerien dementiert hat, erklärte Trump am Mittwoch, er werde innerhalb der nächsten 48 Stunden neue Sanktionen gegen den Iran ankündigen, und drohte erneut mit einer Militäraktion.
Der US-Präsident, der momentan in Kalifornien Wahlkampfspenden sammelt, wies die Fragen von Reportern zurück, ob das Weiße Haus Militärschläge vorbereite, und erklärte: „Wir haben genug Zeit, um einige hinterhältige Dinge zu tun. Es ist sehr leicht, damit anzufangen. Wir werden sehen, was dann passiert.“
Weiter erklärte Trump: „Wir haben viele Möglichkeiten. Es gibt die ultimative Option, und es gibt andere, viel weniger weitgehende Optionen.“
Er verneinte die Frage eines Reporters, ob er mit der „ultimativen Option“ den Einsatz von Kernwaffen gegen den Iran meinte, und fügte hinzu: „Wenn ich ‚die ultimative Option‘ sage, dann meine ich damit den Einmarsch – Krieg.“
Dass solche Fragen gestellt und solche Antworten gegeben werden, verdeutlicht die akute und wachsende Gefahr, dass ein katastrophaler neuer Krieg im Nahen Osten einen weltweiten atomaren Flächenbrand auslösen könnte.
Da Trump in der Vergangenheit mehrfach erklärt hat, er könnte den Krieg in Afghanistan von einem Tag auf den anderen beenden, wenn er „zehn Millionen Menschen töten wollte“, ist die Frage nach der „nuklearen Option“ alles andere als weit hergeholt. Was seine Antwort angeht, so würde ein Krieg und Einmarsch im Iran noch zu deutlich mehr Todesopfern und Zerstörungen führen als die katastrophalen Kriege im Irak und Afghanistan. Er würde hunderttausende von Soldaten erfordern. Dies würde außerdem unweigerlich die Wiedereinführung der Wehrpflicht in den USA bedeuten.
US-Außenminister Mike Pompeo bezeichnete während eines Besuchs im westsaudischen Dschidda die Angriffe auf die saudischen Ölraffinerien als kriegerische Handlung und erklärte, es habe sich um einen Angriff des Iran gehandelt, ohne dafür Beweise vorzulegen. Nach dem Rücktritt von Sicherheitsberater John Bolton ist Pompeo der wichtigste Hardliner gegenüber dem Iran in der Regierung.
Pompeo war nach Saudi-Arabien gereist, um sich mit dem blutbesudelten Kronprinzen Mohamed bin Salman, dem faktischen Oberhaupt des Königreichs, zu Beratungen zu treffen. Dieser hatte vor fast einem Jahr den amerikanisch-saudischen Journalisten Jamal Khashoggi im saudischen Konsulat von Istanbul auf grausame Weise ermorden und zerstückeln lassen. Allein in der ersten Hälfte dieses Jahres hat er mindestens 134 Menschen enthaupten lassen, darunter Dutzende von politischen Dissidenten.
Die Huthi-Rebellen, die einen Großteil des Jemen kontrollieren, haben die Verantwortung für den Angriff auf die saudischen Ölanlagen übernommen. Sie bezeichnen ihn als Vergeltung für den nahezu völkermörderischen Krieg der Saudis, der mit Unterstützung der USA geführt wird. Er hat fast 100.000 Jemeniten ermordet und fast acht Millionen Menschen an den Rande des Hungertodes getrieben.
Pompeo betonte, hinter den Angriffen könne nur der Iran stecken, da die Huthi nicht über die dafür notwendigen technischen Kapazitäten verfügten. Er behauptete, die US-Geheimdienste seien sich „sehr sicher“, dass die eingesetzten Waffen nicht aus dem Jemen stammen könnten. Er ließ sich auch nicht beirren, als er auf einen Bericht der UN vom letzten Januar hingewiesen wurde, laut dem die Huthi tatsächlich Drohnen besitzen, mit denen man derartige Angriffe durchführen kann.
Er erklärte: „Das ist egal. Das war ein iranischer Angriff. Man kann nicht die Zerstörung von fünf Prozent der weltweiten Energieversorgung an jemand anderen delegieren und meinen, man könne sich damit aus der Verantwortung stehlen.“
Er fügte hinzu, selbst wenn die Huthi die Angriffe durchgeführt hätten, „ändert das nichts daran, dass der Ajatollah dafür verantwortlich ist, dass die weltweite Energieversorgung gefährdet wurde“.
Mit anderen Worten, Washington hat keinen Beweis dafür, dass der Iran für den Angriff verantwortlich ist. Die Huthi haben zwar allen Grund dafür, den Angriff als Selbstverteidigung darzustellen, doch in diesem Falle würden sie nur als iranische „Stellvertreter“ abgetan werden, um das Aufgebot der USA gegen den Iran zu rechtfertigen.
Diese Behauptungen glauben nicht einmal Washingtons ehemalige Verbündete. Der japanische Verteidigungsminister Taro Kono erklärte am Mittwoch, seiner Regierung seien „keine Informationen bekannt, die auf die Schuld des Iran [für die Angriffe auf Saudi-Arabien] hindeuten … Wir glauben, dass die Huthi den Angriff durchgeführt haben, weil sie öffentlich die Verantwortung dafür übernommen haben.“
Es ist allgemein bekannt, dass die USA die Konfrontation mit dem Iran bewusst provoziert haben. Letztes Jahr haben sie einseitig und rechtswidrig das Atomabkommen von 2015 zwischen dem Iran, den fünf ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates und Deutschland aufgekündigt und drakonische Wirtschaftssanktionen verhängt, die einem Kriegszustand gleichkommen.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Der Iran hat am Mittwoch über die Schweizer Botschaft eine offizielle diplomatische Note an die USA verschickt, in der er die Verantwortung für die Angriffe auf die saudischen Ölraffinerien zurückweist und warnt: „Falls irgendwelche Maßnahmen gegen den Iran unternommen werden, wird dies eine sofortige Reaktion des Iran nach sich ziehen, deren Ausmaß nicht auf Drohungen beschränkt bleiben wird.“ Iranische Regierungsvertreter hatten zuvor gewarnt, dass US-Basen in der ganzen Region und die etwa 70.000 US-Soldaten, die dort stationiert sind, sich in Reichweite iranischer Raketen befinden.
Dass die Trump-Regierung einer iranischen Delegation, zu der auch Präsident Hassan Rohani und Außenminister Javad Zarif gehörten, keine Einreisevisa zur Eröffnung der UN-Vollversammlung in New York ausgestellt hat, hat die Spannungen noch weiter verschärft. Eine Vorgruppe hätte bereits in New York sein sollen, während Zarif am Freitag und Rohani am Montag eintreffen sollten.
Trump erklärte dazu am Mittwoch in einer schwachsinnigen Stellungnahme: „Wenn es nach mir geht, könnten sie kommen“. Dabei liegt es völlig in der Verantwortung des US-Präsidenten, die Iraner einreisen zu lassen oder auszusperren. Pompeo rechtfertigte das Einreiseverbot der iranischen Regierungsvertreter mit der Behauptung, sie hätten sich des „Terrorismus“ schuldig gemacht.
Eine Zeitlang wurde angedeutet, Trump und Rohani könnten sich am Rande der UN-Vollversammlung treffen. Der iranische Ajatollah Ali Chamenei schloss jedoch Gespräche mit US-Regierungsvertretern „auf jeder Ebene“ aus. Am Dienstag bezeichnete er die Vorschläge der USA für eine Verhandlungslösung als bewährte „Masche“, die Washingtons Kampagne dienen solle, die iranische Bevölkerung durch „maximalen Druck“ auszuhungern und zur Kapitulation zu zwingen.
Andere iranische Regierungsvertreter betonten, vor einer Wiederaufnahme der Verhandlungen müsse sich Washington erst wieder an das Atomabkommen halten, das Teheran 2015 mit den Großmächten ausgehandelt hat, und die Sanktionen aufheben.
Die Reaktion der Demokratischen Partei, der angeblichen Opposition gegen Trump, auf die wachsende Kriegsgefahr kann bestenfalls als schwach bezeichnet werden. Führende Demokraten im Kongress haben sich weitgehend auf die Forderung beschränkt, eine Militäraktion müsse erst dem Kongress vorgelegt werden. Dort würde sie mit großer Wahrscheinlichkeit von einer Mehrheit beider Parteien bewilligt werden.
Michael Morell, den Obama zum amtierenden CIA-Direktor ernannt hatte, und der im Wahlkampf 2016 die demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton unterstützte, schloss sich den Forderungen nach einem militärischen Angriff auf den Iran an. Am Montagabend erklärte er bei einer Rede im nördlichen Virginia, Washington müsse auf eine „kriegerische Handlung“ reagieren, und schlug Angriffe auf iranische Militäreinrichtungen vor, um den Iran „abzuschrecken“.
Ein Krieg für einen Regimewechsel im Iran und die Festigung des Würgegriffs der USA über die riesigen Energievorkommen im Nahen Osten ist seit etwa 40 Jahren ein strategisches Ziel der USA. Ein großer Teil des herrschenden Establishments und des Militär- und Geheimdienstapparats, ganz gleich ob unter einem Demokratischen oder Republikanischen Präsidenten, unterstützt dieses Ziel.
Hinter der Eskalation des Konflikts mit dem Iran stehen die Krise des amerikanischen Kapitalismus und vor allem das Anwachsen der sozialen Ungleichheit und des Klassenkampfs in den USA selbst, der sich eindrucksvoll im Streik der Autoarbeiter bei General Motors zeigt. Ein weiterer Krieg wird provoziert, um die sozialen Spannungen in einer Explosion militärischer Gewalt nach außen abzulenken.
In einen solchen Krieg würden alle Großmächte der Welt hineingezogen werden, einschließlich der Atommächte Russland und China, die große strategische Interessen am Iran haben. Ein Krieg gegen den Iran und die Gefahr eines neuen Weltkriegs, der das Ende der menschlichen Zivilisation bedeuten könnte, kann nur durch die unabhängige Mobilisierung der internationalen Arbeiterklasse gegen Kapitalismus verhindert werden.