In wenigen Tagen, am 14. September, laufen die vierjährigen Tarifverträge für 158.000 Arbeiter von General Motors (GM), Ford und Fiat Chrysler in den USA aus.
Die Autoarbeiter sind entschlossen, gegen sinkende Reallöhne, die Ausbreitung von Niedriglohn- und Zeitarbeit sowie den Angriff auf Arbeitsplätze und Sozialleistungen vorzugehen. Anfang dieses Monats stimmten sie mit 96 Prozent dafür, den ersten großen nationalen Streik in der Autoindustrie seit 1976 zu beginnen.
Die Arbeiter stehen vor dem Hintergrund der auslaufenden Verträge vor einer außergewöhnlichen Situation. Die Organisation, die sie angeblich vertritt, die Gewerkschaft United Auto Workers (UAW), wurde als korruptes Werkzeug der Unternehmensführung entlarvt. Ihre Spitzenfunktionäre, einschließlich des Präsidenten der Organisation, werden wegen Bestechung strafrechtlich verfolgt und potenziell verurteilt.
Während sich die Arbeiter auf den kommenden Kampf vorbereiten, haben 10.000 GM-Arbeiter in Südkorea den ersten umfassenden Streik in dem Land seit 22 Jahren begonnen. Von dem dreitägigen Ausstand waren die GM-Montagewerke in Incheon, westlich von Seoul, und Changwon, 400 Kilometer südöstlich der Hauptstadt, sowie das Technikzentrum von GM betroffen. Zuvor hatte GM wiederholt damit gedroht, den Betrieb wegen zu hoher Arbeitskosten einzustellen.
Im Rahmen seines globalen Umstrukturierungsplans schloss GM bereits im Mai letzten Jahres sein Montagewerk im südkoreanischen Gunsan und vernichtete dadurch 2.000 Arbeitsplätze in der Produktion und Tausende weitere in der Zulieferindustrie. Mit der Unterstützung der Gewerkschaft Korean Metal Workers Union (KMWU) setzte GM die verbliebenen Beschäftigten unter Druck. Sie sollten akzeptieren, dass zur Steigerung der Rentabilität ihre Löhne und Zusatzleistungen eingefroren und höhere Produktionsquoten festgelegt werden.
In den laufenden Verhandlungen fordert GM eine Ausweitung des Lohnstopps. Bei seinem Besuch in Korea im vergangenen Monat erklärte der GM-Vizepräsident für den Bereich Internationale Operationen, das Unternehmen sei „extrem enttäuscht“ von dem geplanten Streik und würde die Produktion in seine Werke in anderen Ländern verlagern, um die Produktionsausfälle auszugleichen. Er drohte auch damit, dass GM die Zuteilung zukünftiger Modelle an die koreanischen Standorte überdenken würde.
In Nordamerika berichteten GM-Beschäftigte aus dem riesigen Produktionskomplex im mexikanischen Silao, dass das dortige Management die Produktion beschleunige und gegen militante Arbeiter vorgehe, die sich dagegen zur Wehr setzten. Die Arbeiter sagen, die Beschleunigung sei Teil der internationalen Strategie von GM, die Produktion der hochprofitablen Pickups des Unternehmens zu erhöhen, bevor es in den USA zu einem möglichen Streik kommt.
Die mexikanischen Arbeiter werden zum Ziel von Repressionen, weil sie sich weigern, für GM als Streikbrecher zu fungieren. Einer der entlassenen Arbeiter, Israel Cervantes, kommentierte gegenüber der World Socialist Web Site: „Wir hoffen, damit die Leute in den USA zu unterstützen und von dort Unterstützung zu erhalten“. Ein Kollege fügte hinzu, ein gemeinsamer Kampf mit den Arbeitern in den USA wäre „eine großartige Strategie“.
Die Kämpfe der Autoarbeiter finden inmitten eines bedeutenden Anwachsens von sozialen Konflikten und Klassenkämpfen auf der ganzen Welt statt – von den Massenprotesten in Puerto Rico und Hongkong bis hin zum Streik von 4.000 Piloten bei British Airways in dieser Woche.
Die Arbeiter erkennen, dass es nicht möglich ist, globale Konzerne in einem begrenzten nationalen Rahmen zu bekämpfen. Anfang dieses Jahres rebellierten 70.000 Arbeiter, die in den Maquiladora-Werken im mexikanischen Matamoros Autoteile und Elektronik herstellen, gegen die Gewerkschaften, die auf der Seite der Unternehmen stehen. Sie richteten Streikkomitees ein und führten wilde Streiks durch. Die streikenden Arbeiter appellierten an die Solidarität der amerikanischen Arbeiter, marschierten zur US-Grenze nahe Brownsville, Texas, und sangen: "Gringos [US-Amerikaner], wacht auf!".
Das objektive Bestreben der Arbeiter, ihre Kämpfe über die Landesgrenzen hinweg zu vereinen und zu koordinieren, ist das wirksamste Gegenmittel gegen den schädlichen Nationalismus und die Fremdenfeindlichkeit, die von kapitalistischen Regierungen geschürt werden – von der Trump-Regierung in den USA und den rechtsextremen Regierungen in Europa bis hin zur Modi-Regierung in Indien und dem African National Congress in Südafrika.
Die Wut der Arbeiter kocht über. Aber der kommende Kampf muss von einer bewussten internationalen und sozialistischen Strategie geleitet werden.
Die Autokonzerne und die reichen Investoren haben natürlich eine globale Strategie. Ihre Entscheidungen darüber, wo die Produktion angesiedelt werden soll, hängt davon ab, wo die Gewerkschaften sie mit den billigsten Arbeitskräften versorgen, und sie nutzen ihre globalen Aktivitäten, um die Auswirkungen eines Streiks in einem einzelnen Land zu untergraben. GM, Ford, VW und Nissan treiben alle eine rücksichtslose Umstrukturierung ihrer Operationen voran. Sie schließen Werke und entlassen zehntausende Arbeiter, um sich für den brutalen Wettbewerb um die Vorherrschaft auf schrumpfenden Märkten und bei neuen Technologien wie Elektroantrieben und dem Autonomen Fahren in Stellung zu bringen.
Die Expansion der Automobilhersteller in China, Indien und anderen „aufstrebenden Märkten“ versandet bereits aufgrund zunehmender Handelskonflikte und dem Abschwung der globalen Wirtschaft. Hunderttausende Autoarbeiter in China und Indien haben bereits ihre Arbeitsplätze verloren.
GM verzeichnete im Jahr 2018 einen Gewinn von 11,8 Milliarden US-Dollar und hat in den letzten sechs Jahren mehr als 25 Milliarden US-Dollar in Form von Aktienrückkäufen und Dividendenzahlungen an die Aktionäre ausgegeben. Doch das ist nicht genug. Am Montag stufte die Ratingagentur Moody's die Kreditwürdigkeit von Ford auf „Junk“-Status herab und machte damit den Willen der Wall Street deutlich, dass die Autokonzerne die Arbeitskosten weiter senken. Dies soll unter anderem durch die Ausweitung von Leiharbeit und die Entkernung von betrieblichen Gesundheitsfonds geschehen. Letztere bezeichnete Forbes kürzlich als „das letzte Überbleibsel des Quasi-Sozialismus, der in der US-Automobilindustrie 100 Jahre lang dominierte“.
Autoarbeiter auf der ganzen Welt sind durch einen globalen Produktionsprozess miteinander verbunden. So etwas wie ein „amerikanisches“ Auto gibt es ebenso wenig wie ein mexikanisches oder chinesisches. Der legendäre Ford Mustang wird in Flat Rock in Michigan gebaut – mit Getriebeteilen aus China, Frankreich, Großbritannien und Mexiko. Zwischen acht und neun Millionen Arbeiter sind in einer hochkomplexen globalen Liefer- und Produktionskette miteinander verbunden, die sich über mindestens 62 Länder erstreckt.
Die globale Verzahnung der Arbeitsprozesse von Millionen Arbeitern auf der ganzen Welt verschafft den Arbeitern einen immensen Vorteil, wenn sie verstehen, wie man diesen Vorteil nutzen kann.
Um diesen Kampf aufzunehmen, müssen Autoarbeiter in den USA und international den Würgegriff der korporatistischen und nationalistischen Gewerkschaften durchbrechen, indem sie neue Kampforganisationen aufbauen – Fabrikkomitees, die von den Arbeitern selbst demokratisch kontrolliert werden.
Die massive Korruption der UAW ist nicht einfach das Ergebnis des Handelns einzelner Spitzenfunktionäre. Auf besonders groteske Weise drückt sich darin vielmehr die Verwandlung der Gewerkschaften in Instrumente der Konzernvorstände aus. Die Gewerkschaften sind fest mit ihrer nationalistischen und pro-kapitalistischen Perspektive verwachsen und reagierten auf die Globalisierung der Produktion, indem sie mit den Unternehmen zusammenarbeiteten, um den Lebensstandard der Arbeiterklasse zu senken.
Seit Jahrzehnten geht die UAW mit der Lüge hausieren, dass ausländische Arbeiter „amerikanische Jobs stehlen“, während sie gleichzeitig mit den Konzernen zusammenarbeitet, um die Arbeitskosten zu senken und amerikanische Arbeiter zu billigen Arbeitskräften zu machen, derer man sich leicht entledigen kann. Im Gegenzug haben die Konzerne die UAW-Funktionäre mit Millionen bestochen, damit diese Tarifverträge unterzeichnen und durchzusetzen, deren Bestimmungen ganz im Sinne der Konzerne waren.
In jedem Land sind Autoarbeiter mit der Sabotage der Gewerkschaften konfrontiert, die auf einer veralteten nationalen Perspektive und der Verteidigung des kapitalistischen Profitsystems basieren. Die UAW, Unifor in Kanada, die IG Metall in Deutschland, die KMWU und die übrigen Gewerkschaften tun, was sie können, um die Arbeiter nach Nationalitäten zu spalten.
Nur wenn sich die amerikanischen Autoarbeiter von diesen bezahlten Funktionären der Konzerne befreien, können sie starke Verbindungen zu ihren Kollegen in Kanada, Mexiko, Korea und auf der ganzen Welt knüpfen, um die transnationalen Konzerne zu bekämpfen. In diesem Kampf wird das Internationale Komitee der Vierten Internationale alles in seiner Macht Stehende tun, um die Arbeiter bei der Koordinierung ihrer Kämpfe zu unterstützen und sie mit der politischen Perspektive und der revolutionären Führung auszustatten, die notwendig sind, um die kapitalistische Ausbeutung ein für allemal zu beseitigen.