Die Große Koalition und allen voran der sozialdemokratische Außenminister Heiko Maas, der gegenwärtig Lateinamerika bereist, spielen eine zentrale Rolle bei der imperialistischen Offensive gegen Venezuela. In einer gemeinsamen Pressemitteilung mit der rechtsextremen brasilianischen Regierung hat sich das Auswärtige Amt am Dienstag hinter den kriminellen Putschversuch gegen den venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro gestellt und der US-Marionette Juan Guaidó seine Solidarität ausgesprochen.
„Beide Seiten bekräftigten ihre Anerkennung Juan Guaidós als Übergangspräsident Venezuelas mit dem Auftrag, so bald wie möglich freie und faire Präsidentschaftswahlen zu organisieren. Sie zeigen sich solidarisch mit dem venezolanischen Volk in seinem Kampf für die Wiederherstellung der Demokratie“, heißt es in der Erklärung. Die „brasilianische Seite“ bedauere zudem „die Ausweisung des deutschen Botschafters in Caracas durch das Maduro-Regime“.
Der Bundesregierung und ihren neuen Verbündeten in Brasilia ist keine Lüge zu dreist. Bei den Ereignissen in Venezuela handelt es sich offensichtlich nicht um „die Wiederherstellung der Demokratie“, sondern um einen von den USA orchestrierten Putsch, der darauf abzielt, ein rechtes pro-imperialistisches Marionettenregime in Caracas zu installieren. Mit seiner Unterstützung für die Operation hofft Berlin nicht nur, seine Hand an die größten Ölreserven der Welt zu bekommen, sondern sein politisches und wirtschaftliches Gewicht in der gesamten Region zu erhöhen.
Dabei arbeitet die Große Koalition auf das Engste mit den rechtesten Regierungen Lateinamerikas zusammen und lobt sie über den grünen Klee. Nach seinem Treffen mit dem brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro am Dienstag und kurz vor seiner Weiterreise nach Kolumbien erklärte Maas: In der Vergangenheit habe Bolsonaro zwar mit seinen Äußerungen für Verwirrung gesorgt, „aber was ich heute gehört habe zu Brasiliens Engagement auf internationaler Bühne und was wir noch in einer gemeinsamen Erklärung festlegen konnten, war genau das, was wir uns erhofft hatten“. Es zeige den „Wert persönlicher Begegnungen“, und dass man „nicht nur aus der Ferne den Kopf schütteln“ solle.
Vor dem Hintergrund dieser Aussage bekommt Maas Mantra, er sei „wegen Auschwitz in die Politik gegangen“, eine ganz neue Bedeutung. Der ehemalige Offizier Bolsonaro ist ein offener Faschist und Bewunderer der blutigen Militärdiktatur, die in Brasilien von 1964 bis 1985 an der Macht war und zehntausende Arbeiter und Studenten eingesperrt, gefoltert und ermordet hat. Bolsonaro ist berüchtigt für seine Hetztiraden gegen Schwarze, Homosexuelle und den Sozialismus. In einer seiner ersten Reden nach der Vereidigung als Präsident skandierte er: „Brasilien über alles, Gott über allem.“ Dann schwenkte er eine brasilianische Flagge und rief: „Das ist unsere Flagge und sie wird niemals rot sein. Es sei denn, unser Blut ist notwendig, um ihr Grün und Gelb zu erhalten.“
Dass Maas nach seiner „persönlichen Begegnung“ mit Bolsonaro über derartige Aussagen nicht mehr „aus der Ferne den Kopf schütteln will“, spricht Bände über den Charakter der Großen Koalition. Sie ist die rechteste deutsche Regierung seit dem Untergang des Dritten Reichs, und ihre Flüchtlingspolitik ist ebenso von der rechtsextremen AfD geprägt, wie die massive Aufrüstung von Polizei, Geheimdiensten und Bundeswehr. Auch in der Außenpolitik arbeitet die Große Koalition eng mit der AfD zusammen. Ein Mitglied von Maas‘ Delegation in den Irak im vergangenen Dezember war Petr Bystron, der Obmann der AfD im Auswärtigen Ausschuss. Hier ist er auf Bildern direkt neben Maas zu sehen.
Auch die Offensive des deutschen Imperialismus in Südamerika, die die Bundesregierung im Rahmen einer „Lateinamerika-Karibik-Konferenz“ in Berlin am 28. Mai vorantreiben will, wird von der AfD unterstützt. In einem Interview mit Sputnik Deutschland pries der außenpolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Armin-Paulus Hampel, Maas‘ Kooperation mit Bolsonaro: „Ja, das Treffen ist generell wichtig, weil ich dem deutschen Außenminister in einem Punkt Recht geben muss: Dass die deutsche Politik Südamerika viel zu lange vernachlässigt hat.“ Er glaube jedoch nicht, dass die Bundesregierung in Südamerika gleich mit den „Grundforderungen nach Demokratie, Menschenrechten, Gender und mit dem ‚deutschen Gutmenschentum‘“ auftreten solle.
Diesen Rat hat Maas offenbar beherzigt. In der gemeinsamen deutsch-brasilianischen Erklärung geht es neben der Unterstützung für den Putsch in Venezuela vor allem um die engere Zusammenarbeit in Fragen der Wirtschafts-, Außen- und Verteidigungspolitik. Maas und sein brasilianisches Pendant Ernesto Araújo hätten unter anderem beschlossen, „die Wirtschaftspartnerschaft und die bilateralen Investitionen in enger Koordination mit dem Privatsektor in beiden Ländern mit neuem Leben zu erfüllen“, heißt es in der Pressemitteilung des Auswärtigen Amts.
Im „Bereich der Verteidigung“ habe man „die erreichten Fortschritte“ gewürdigt und das „Interesse an der Durchführung eines bilateralen strategischen Dialogs“ bekräftigt. Dabei sei es auch um „die Beteiligung der deutschen Firma thyssenkrupp am Bau von vier leichten Fregatten der Tamandaré-Klasse für die brasilianische Marine“ gegangen. Außerdem hätten Maas und Araújo ihr Bekenntnis zur Reform des VN-Sicherheitsrates in Zusammenarbeit [bekräftigt], um ihn repräsentativer, legitimer und effizienter zu gestalten“. Man beabsichtige auch „einen regelmäßigen Erfahrungsaustausch zur Teilnahme an friedenserhaltenden Maßnahmen der VN“.
Araújo ist wie Bolsonaro ein rechtsextremer Nationalist, der den Klimawandel als „linke Verschwörungstheorie“ bezeichnet und vom Kampf gegen den „kulturellen Marxismus“ schwadroniert. Sein Vater, Henrique Fonseca de Araújo, war Generalstaatsanwalt zu Zeiten der Militärdiktatur und verhinderte während seiner Amtszeit die Auslieferung des SS-Oberscharführers und stellvertretenden Kommandanten des Vernichtungslagers Sobibór, Gustav Franz Wagner, nach Israel, Österreich, Polen und Deutschland. Ernesto Araújo verteidigt seinen Vater bis heute und erklärt, dass er nur nach dem Prinzip der „Rechtsstaatlichkeit“ gehandelt habe.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Obwohl die Große Koalition ganz offen mit faschistischen Kräften zusammenarbeitet, unterstützen auch die nominell linken Oppositionsparteien ihren außenpolitischen Kurs. In einem Statement vom 1. Mai fordert der außenpolitische Sprecher der Grünen, Omid Nouripour, „die Bundesregierung auf, sich in den Vereinten Nationen und innerhalb der EU dafür stark zu machen, dass die Situation in Venezuela so lange oben auf der Agenda steht, bis Neuwahlen und ein Machtwechsel ermöglicht worden sind“.
Die Linke hatte sich bereits auf ihrem Europa-Parteitag in Bonn Ende Februar hinter die imperialistische Kampagne gegen Venezuela gestellt. Nun fungiert sie als Informant und Türöffner für den deutschen Imperialismus vor Ort.
Ende April bereiste der europapolitische Sprecher der Linken im Bundestag, Andrej Hunko, für elf Tage das Land, um die Lage zu sondieren. In einem Post auf seiner Facebook-Seite prahlt Hunko damit, dass er neben Maduro auch „den Parlamentspräsidenten Juan Gaidó und weitere hochrangige Vertreter der Opposition getroffen“ habe. Guaidó habe ihm „verschiedene Gewerkschaftsführer vor[gestellt], die in Opposition zur Regierung stehen“. Außerdem habe er „als Beobachter an einer Parlamentssitzung teilgenommen.“
Die Haltung der Linkspartei deckt sich weitgehend mit jener der Bundesregierung, sie drängt allerdings darauf, die imperialistischen Interessen Deutschlands unabhängiger von den USA zu verfolgen und die Lage vor Ort realistischer einzuschätzen. Ein Problem sei, „dass sich die europäischen Regierungen oft auf die Berichte und Darstellungen der extremsten Teile der Opposition stützen“, die eng mit den USA zusammenarbeiten. Auch die Bundesregierung habe „geglaubt, dass die Regierung Maduro in wenigen Tagen oder Wochen gestürzt wird“. Das sei jedoch „eine völlige Fehleinschätzung der Situation im Lande“.
Die Sozialistische Gleichheitspartei (SGP) ist die einzige Partei, die die imperialistischen Intrigen aller Bundestagsparteien ablehnt und die wachsende Opposition unter Arbeitern und Jugendlichen gegen die Rückkehr von Faschismus und Militarismus mit einem sozialistischen Programm bewaffnet. In unserem Wahlaufruf zu den Europawahlen heißt es: „Die SGP tritt im Mai 2019 zur Europawahl an, um dem Aufstieg der extremen Rechten, dem wachsenden Militarismus und der schreienden sozialen Ungleichheit entgegenzutreten. Gemeinsam mit unseren Schwesterparteien in der Vierten Internationale kämpfen wir in ganz Europa gegen die EU und für die Vereinigung des Kontinents auf sozialistischer Grundlage. Nur so kann der Rückfall in faschistische Barbarei und Krieg verhindert werden.“