Facebook, das größte Social-Media-Unternehmen der Welt, will im Torre Glòries, einem Paradebau des modernen Barcelona, ein „Internet Content Control Center“ eröffnen. Diese moderne Version von Orwells Wahrheitsministerium wird die neuesten „Gemeinschaftsstandards“ von Facebook umsetzen und unter der Vorgabe, „Falschmeldungen“ auszuschalten, Inhalte der Social-Media-Plattform zensieren.
Vor zwei Wochen mietete das Competence Call Center (CCC) 9.000 Quadratmeter in acht Stockwerken des hoch aufragenden Wahrzeichens. Das Unternehmen, ein Dienstleister, den Facebook für diesen Zweck anheuert, hat in Deutschland bereits ein solches Zensurzentrum in Essen eröffnet. Nach diesem Modell wird es nun eins in Barcelona aufbauen, so die spanische Wirtschaftszeitung Cinco Días.
Die gleiche Tageszeitung kündigte an, dass die neuen Büros mit rund 500 Mitarbeitern besetzt sein werden. Wie ein Informant des Immobilienberatungsunternehmens Engels & Völkers der Nachrichtenagentur EFE mitteilte, wird die Niederlassung der CCC Holding GmbH in Barcelona in ihren Räumlichkeiten Facebook-Mitarbeiter beschäftigen.
Barcelona wurde von Facebook nach Abschluss einer Outsourcing-Vereinbarung mit CCC ausgewählt, so die Quellen gegenüber EFE.
Facebook wird nicht der direkte Mieter sein und hat auch keine Aussagen dazu gemacht, aber CCC-Quellen versicherten der katalanischen Tageszeitung El Periódico, dass es Aufgabe der neuen Mitarbeiter in Barcelona sein wird, Videos, Publikationen und Fotos zu löschen, die gegen die Regeln des sozialen Netzwerks verstoßen.
Erst vor wenigen Wochen hat Facebook seine neuen „Gemeinschaftsstandards“ veröffentlicht. Rein nach eigenem Ermessen und ohne juristische Aufsicht und Beschwerdemöglichkeit wird Facebook jede kritische politische Ansicht, die als „gewalttätig“, „diffamierend“, „extremistisch“, „tyrannisierend“ oder „gefälscht“ angesehen wird, kennzeichnen und so zensieren, dass sie nicht mehr auffindbar ist.
Angesichts der neuen Grundsätze werden Facebook-Nutzer nicht einmal wissen, dass ihre Inhalte als „Fake News“ für die Verbreitung gesperrt worden sind, denn eine solche Zensur sei ein „sensibles Thema“. Das heißt im Klartext, es würde die Nutzer wütend machen, wenn sie wüssten, dass ihre demokratischen Rechte verletzt werden.
Die 500 neuen Mitarbeiter werden mit den 20.000 anderen Zensoren von Facebook zusammenarbeiten, die für die Abteilungen „Security“ und „Moderation“ des Unternehmens arbeiten.
Die katalanische politische Elite kann die Eröffnung kaum erwarten und feiert den Einstieg von Facebook in Barcelona.
Der Stadtrat von Barcelona, der von der pseudolinken Partei Barcelona en Comú (Barcelona Gemeinsam) kontrolliert wird, begrüßte die Ankündigung von Facebook. Der Ratsherr für Tourismus, Handel und Märkte, Agustí Colom, sagte, dass der Stadtrat das Unternehmen kontaktieren werde, um seine „Landung“ in der Stadt zu erleichtern. Er fügte hinzu: „Es ist eine großartige Nachricht, die mit dem Wirtschaftswachstum der Stadt im Einklang steht. Barcelona hat in den letzten Jahren immer viele Investitionen angezogen.“
Der Sprecher der katalanisch-separatistischen Oppositionspartei Partit Demòcrata Europeu Català (PDeCat) erklärte, dies sei „eine gute Nachricht für Barcelona und Katalonien“ und werde „die Lebensfähigkeit der katalanischen Unabhängigkeit beweisen“.
Auch die anderen politischen Parteien begrüßten den Zuzug von Facebook. Ein Vertreter der Sozialistischen Partei erklärte, dies schaffe „Qualitätsarbeitsplätze“.
Beide politischen Lager, die in der Unabhängigkeitsfrage Kataloniens so tief verfeindet sind, sind sich in der Frage von Facebook einig. Nicht nur nackte finanzielle Überlegungen, auch der wachsende soziale Widerstand hat sie überzeugt, dass die politische Diskussion auf Facebook kontrolliert und zensiert werden müsse. Und das, obwohl Facebook mit dem Militär und den Geheimdiensten auf der ganzen Welt zusammenarbeitet, um kritische Nachrichtenmedien zu unterdrücken.
Am Tag bevor die „Landung“ von Facebook in Barcelona angekündigt wurde, organisierten die Leading European Newspaper Alliance (LENA) und die spanische Tageszeitung El País eine Diskussionsveranstaltung zum Thema „Fake News“.
An der Konferenz beteiligten sich Vertreter von Google und Facebook, Mitglieder des Europäischen Parlaments, Vertreter großer politischer Parteien Europas und die acht Chefredakteure der LENA-Zeitungen (EL País, Le Figaro, Le Soir, Die Welt, Gazeta Wyborcza, La Repubblica, Tages-Anzeiger und Tribune de Genève).
Den Ton gab Jaume Duch an, der Generaldirektor für Kommunikation und Sprecher des Europäischen Parlaments. Duch sagte mit Verweis auf Russland, es gebe innerhalb der europäischen Institutionen „eine echte Besorgnis über mögliche negative Auswirkungen von ‚Fake News‘ und Interventionen Dritter im kommenden Jahr“.
Pilar Castillo von der regierenden rechtsgerichteten Volkspartei (PP) forderte ein System zur Eindämmung „der Folgen von Fake News, welche die Wahlen zum Europäischen Parlament beeinflussen könnten“. Ihrer Ansicht nach sollte dieses System so bald wie möglich von den europäischen Institutionen in Form einer „präventiven Schocktherapie“ entwickelt werden, da es „lange dauern würde“, entsprechende Gesetze auszuarbeiten.
Der sozialdemokratische Abgeordnete des Europäischen Parlaments, Iratxe García, sprach sich für die Einführung von rechtlichen Instrumenten aus.
Maite Pagazaurtundúa, Mitglied der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa (ALDE), bezeichnete „Fake News“ als „ein transnationales Problem“ und forderte Maßnahmen zur „Vermeidung einer Katastrophe bei den nächsten Wahlen“.
Die Botschaft, die von der Konferenz ausging, war klar. Die bürgerlichen Politiker und Medien aller Couleur bereiten den nächsten Vorwand vor, um verschärft gegen das Internet und demokratische Rechte vorzugehen: eine „russische Einmischung“ bei den Europawahlen 2019.
Dies wurde am nächsten Tag durch einen Leitartikel in El País deutlich gemacht:
„Damit antieuropäische Nachrichten nicht an Boden gewinnen, bedarf es der Zusammenarbeit mit Technologieunternehmen wie Google und Facebook. Der erste, wenn auch unzureichende Schritt besteht darin, dass Technologieunternehmen ihre Algorithmen so ändern, dass Fake News ein niedrigeres Ranking erhalten und im Internet schwerer zu finden sind. Qualitativ hochwertige Inhalte sollen deutlicher ins Blickfeld gerückt werden. Es ist auch wichtig, die Menschen so zu erziehen, dass sie ein kritisches gesellschaftliches Bewusstsein entwickeln, das sie in die Lage versetzt, trügerische Argumente zu durchschauen (…)
Die Einführung dieser Maßnahmen aus einer globalen Perspektive, an der alle europäischen Staaten beteiligt sind, ist der einzige Weg, wie die EU die Herausforderung durch Desinformation erfolgreich bewältigen kann.“
Dies steht in einer Zeitung, die vor vier Monaten von einem Gericht gezwungen wurde, eine Richtigstellung eines erlogenen und demagogischen Artikels in TV3, dem katalanischen öffentlich-rechtlichen Fernsehen, zu veröffentlichen. In dem Artikel war eine Liste von angeblichen „Fakten“ zusammengestellt worden, um die Behauptung zu untermauern, dass einer der Gründe für das Wachstum des katalanischen Nationalismus die Rolle des katalanischen öffentlichen Fernsehens sei. El País hat zudem seinen regelmäßigen Mitarbeiter, John Carlin, rausgeschmissen, weil er einen Beitrag in der Times veröffentlicht hatte, der die spanische Regierung und die Rolle des Königs in Bezug auf die Situation in Katalonien kritisierte.
Am 19. Dezember nahm ein Ausschuss des britischen Parlaments seine Arbeit auf, der die russische Einmischung in ausländische Wahlen untersuchen sollte. Unter den Gutachtern befand sich auch eine spanische Delegation, der David Alandete, der Geschäftsführer von El País, angehörte. Die Tageszeitung hat über 50 Artikel über die „Einmischung Russlands“ in das katalanische Referendum über die Unabhängigkeit im vergangenen Oktober veröffentlicht.
Alandete und andere Mitglieder der spanischen Delegation mussten auf Nachfrage von Abgeordneten zugeben, dass sie tatsächlich keine Beweise dafür haben, dass russische Nachrichtenquellen das Ergebnis des katalanischen Referendums beeinflusst hätten. Mit anderen Worten, alle diesbezüglichen Artikel sind reine Erfindungen.
Anstatt diese Heuchelei und die Rolle der bürgerlichen Medien bei der Förderung von „Fake News“ zur Verteidigung von Sparpolitik, Krieg und Angriffen auf demokratische Rechte anzuprangern, arbeitet die pseudolinke Partei Podemos an diesem Prozess mit.
Miguel Urbán, Europaabgeordneter für Podemos und führender Pablist, nahm an der von El País organisierten betrügerischen Konferenz teil. Er riet seinen Politikerkollegen, die „digitale Kompetenz und Transparenz“ zu verbessern, und erklärte, er sei dagegen, „Hals über Kopf Gesetze zu erlassen“.