Die Bundeswehr soll ein neues Nato-Hauptquartier in Deutschland aufbauen. Laut Informationen der Deutschen Presse-Agentur haben sich die Mitgliedsstaaten des Militärbündnisses grundsätzlich darauf geeinigt, einem vorliegenden Angebot der deutschen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) zuzustimmen. Andere Kandidaten für das Hauptquartier habe es nicht gegeben. Die offizielle Entscheidung über die Einrichtung soll auf dem Verteidigungsministertreffen in der kommenden Woche verkündet werden.
Als möglicher Standort für das neue Hauptquartier gilt die Region Köln-Bonn. Dort haben bereits die Streitkräftebasis und das Streitkräfteamt der Bundeswehr ihren Sitz. Aus dem Bundesverteidigungsministerium hieß es, der Aufbau eines neuen Planungs- und Führungszentrums für schnelle Truppen- und Materialtransporte sei Bestandteil der „laufenden Anpassung“ der Nato. Deutschland sei „mit Blick auf seine Kompetenzen, seine Anerkennung im Bündnis sowie seine zentrale geografische Lage eine der Nationen, die für die Aufstellung und den Betrieb dieses Kommandos grundsätzlich in Frage kommen“, erklärte ein Sprecher des Ministeriums.
In Wirklichkeit würde Deutschland, das seit 2014 massiv aufrüstet und versucht, sein militärisches Gewicht innerhalb der Nato zu erhöhen, damit noch stärker als bisher zum Dreh- und Angelpunkt der Nato-Kriegsvorbereitungen gegen Russland. Bereits im vergangenen Herbst unterstrich ein Bericht des Spiegel (Ausgabe 43/2017), der aus einem geheimen Dokument des Verteidigungsbündnisses zitierte, wie weit die Pläne dafür fortgeschritten sind.
In dem Papier mit dem Titel „Fortschrittsbericht über das verstärkte Abschreckungs- und Verteidigungsdispositiv der Allianz“ plädieren führende Nato-Militärs für eine deutliche Verstärkung militärischer Fähigkeiten, um eine sogenannte „Major Joint Operation Plus“ führen zu können. Die Bezeichnung umschreibt einen Krieg, an dem militärische Großverbände aller Nato-Länder und damit Hunderttausende Soldaten beteiligt sind.
Im Geheimbericht heißt es weiter, die Nato müsse in der Lage sein, „schnell einen oder mehrere bedrohte Verbündete zu stärken, Abschreckung in Friedens- und Kriegszeiten zu untermauern und Verbündete im Falle eines Angriffs zu unterstützen“. Sie müsse befähigt werden, schnell Truppen zu mobilisieren und zu halten, unabhängig von „Natur, Bedarf, Ort oder Dauer der Operation“. Dazu seien eine „robuste militärische Logistik und Fähigkeiten“ mit Kommunikationslinien notwendig, die vom Norden Amerikas bis zur Ost- und Südgrenze des Bündnisgebiets reichen und auch „innereuropäische Routen“ einschlössen.
Die hinter dem Rücken der Bevölkerung ausgearbeiteten Pläne sind so weitreichend – unter anderem geht es darum, die zivile Infrastruktur (Straßen, Schienennetze und Flughäfen) kriegsfähig zu machen und den Nachschub besser zu organisieren –, dass selbst der Spiegel zum Schluss gelangte: „Im Klartext: Die Nato bereitet sich auf einen möglichen Krieg mit Russland vor.“
Es ist kein Zufall, dass der Aufbau eines neuen Nato-Hauptquartiers in Deutschland – ein zweites soll nach dpa-Informationen in den USA entstehen, um die Luft- und Seewege zwischen Nordamerika und Europa über den Atlantik zu sichern – nur einen Tag nach der Einigung zwischen SPD und Union an die Öffentlichkeit drang. Im Koalitionsvertrag bekennt sich die Große Koalition ausdrücklich dazu, „einen angemessenen Beitrag zum Erhalt der Abschreckungs- und Verteidigungsfähigkeit des [Nato-]Bündnisses und zu einer starken europäischen Verteidigung [zu] leisten“.
Im Abschnitt „Deutschland als verlässlicher Partner in NATO, OSZE und Europarat“ heißt es außerdem: „Wir wollen den europäischen Beitrag zur transatlantischen Partnerschaft stärken und setzen uns für eine engere Zusammenarbeit der NATO und der EU ein. Wir wollen die vereinbarten NATO-Fähigkeitsziele erreichen und Fähigkeitslücken schließen.“
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Mit der Formulierung verpflichten sich Union und SPD offensichtlich darauf, die Verteidigungsausgaben bis 2024 auf das vereinbarte Nato-Minimum von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts anzuheben. Aber was ist noch darin beinhaltet? Welchen konkreten Kriegsplänen haben die Verhandlungsführer von SPD und CDU/CSU bereits zugestimmt, als sie den Koalitionsvertrag in Rahmen einer regelrechten Verschwörung hinter dem Rücken der Bevölkerung aushandelten?
Würde sich die deutsche Bundesregierung, die eine zentrale Rolle beim pro-westlichen Putsch in Ukraine 2014 gespielt hat und seit mehr als einem Jahr Kampftruppen in Litauen stationiert hält, an einem US-geführten Nato-Krieg gegen Russland beteiligen? Oder betrachtet die herrschende Klasse in Deutschland das neue Hautquartier vor allem als Möglichkeit, von der Nato unabhängige deutsch-europäische Kriegseinsätze vorzubereiten?
„Besonderheit des neuen Hauptquartiers in Deutschland soll sein, dass es nicht in die bestehende Nato-Kommandostruktur integriert wird. Dies könnte ermöglichen, das Personal und die Fähigkeiten auch für nationale Übungen und Einsätze außerhalb des Bündnisses zu nutzen,“ heißt es in den Artikeln der Deutschen Presse-Agentur.