Perspektive

Nato-Mächte autorisieren Angriffe auf russisches Kernland, um Kriegseskalation zu provozieren

Dass die Biden-Regierung der Ukraine gestattet, US-Langstreckenwaffen für Schläge auf russisches Kernland einzusetzen, stellt eine neue und gefährliche Eskalation des Kriegs dar, den die USA und Nato gegen Russland führen. Der Schritt, auf den nur zwei Tage später ukrainische Angriffe mit diesen Waffen folgten, unterstreicht das unablässige Streben der USA und der anderen Nato-Mächte nach einer Verschärfung des Konflikts, ungeachtet der katastrophalen Folgen.

Von dem US-amerikanischen Raketenwerfer M270 MLRS wird eine ATACMS-Rakete abgefeuert.

Am Dienstag griff die Ukraine einen Militärstützpunkt in Brjansk, 110 Meilen hinter der russischen Grenze, mit von den USA gelieferten ATACMS-Raketen an. Es gibt widersprüchliche Berichte darüber, wie viele Raketen abgefeuert wurden und wie viele davon von russischen Abwehrsystemen abgeschossen wurden.

Am selben Tag berichtete der Guardian, dass das Vereinigte Königreich den USA folgen würde, indem es den Einsatz seiner Langstreckenraketen für Angriffe innerhalb Russlands zulässt. „Wir müssen die Unterstützung für die Ukraine verdoppeln“, erklärte der britische Verteidigungsminister John Healy. Der britische Premierminister Keir Starmer sagte am Rande des G20-Gipfels in Brasilien, dass die „unverantwortliche Rhetorik aus Russland... uns nicht von unserer Unterstützung für die Ukraine abhalten wird“.

Der französische Präsident Emmanuel Macron begrüßte die Ankündigung der Vereinigten Staaten und nannte sie „eine gute Entscheidung“ und eine angemessene Reaktion auf die Stationierung nordkoreanischer Truppen in Russland. „Russland ist die einzige Macht, die eine eskalierende Entscheidung getroffen hat... Es ist wirklich dieser Bruch, der zu der Entscheidung der USA geführt hat“, sagte Macron auf dem G20-Gipfel.

In den europäischen Medien wird intensiv über die Notwendigkeit diskutiert, dass der europäische Imperialismus eine selbstbewusstere und aggressivere Rolle im Krieg gegen Russland übernehmen müsse, nötigenfalls unabhängig von den Vereinigten Staaten.

Die Biden-Regierung und die Nato-Mächte sind sich sehr wohl bewusst, dass die Erlaubnis des Einsatzes von Langstreckenwaffen durch die Ukraine gegen Russland Vergeltungsmaßnahmen des Putin-Regimes auslösen wird. Sie überschreiten damit bewusst und vorsätzlich eine „rote Linie“, die vom russischen Präsidenten Wladimir Putin als Anlass einer militärischen Antwort, einschließlich des möglichen Einsatzes von Atomwaffen, bezeichnet wurde.

Der Schritt der Biden-Regierung, der Ukraine den Einsatz von Langstreckenwaffen zu erlauben, erfolgte weniger als zwei Wochen nach den US-Präsidentschaftswahlen und nur 60 Tage vor der Machtübergabe an die neue Trump-Regierung.

Biden wollte zweifellos unter anderem „Fakten schaffen“, um die Situation so aggressiv wie möglich zu gestalten. Das Weiße Haus hatte zunächst geplant, die Schläge gegen Russland im September anzukündigen, entschied sich dann aber schließlich dafür, die Ankündigung auf die Zeit nach einem erwarteten Sieg von Vizepräsidentin Kamala Harris zu verschieben. Im Wahlkampf waren die bevorstehenden Pläne für eine massive Eskalation nicht angedeutet worden.

Die Wahl endete mit dem Sieg von Donald Trump, der sich demagogisch als Kritiker des Krieges in der Ukraine positionierte. Letzte Woche trafen sich Biden und Trump im Weißen Haus, wobei beide Männer einen „reibungslosen Übergang“ gelobten und sich die Gespräche hinter den Kulissen auf die Ukraine konzentrierten. Bezeichnenderweise hat sich Trump, der täglich dutzende Posts auf seiner Social-Media-Plattform veröffentlicht, mit keinem Wort über die ATACMS-Genehmigung oder deren Verwendung durch die Ukraine geäußert.

Als Reaktion auf Berichte, wonach die USA bald Langstreckenangriffe auf russische Städte zulassen würden, hatte Putin im September Änderungsvorschläge an der russischen Nukleardoktrin präsentiert. Der russische Präsident erklärte, dass „eine Aggression gegen Russland durch einen Nichtkernwaffenstaat, aber mit der Beteiligung oder Unterstützung eines Kernwaffenstaates, als gemeinsamer Angriff auf die Russische Föderation betrachtet werden sollte“.

Am Dienstag, nach dem ukrainischen Angriff auf Brjansk, unterzeichnete Putin die neue Nuklearstrategie, die die Einsatzschwelle russischer Atomwaffen als Reaktion auf Angriffe auf sein Territorium deutlich herabsetzt. Darunter fallen nun bereits Angriffe „mit konventionellen Waffen, wenn ein solcher Angriff eine kritische Bedrohung für seine Souveränität und/oder territoriale Integrität darstellt.“

Gemäß früheren Verlautbarungen Putins und der neuen Doktrin der Russischen Föderation könnte Russland auf den Nato-Angriff mit einer Eskalation in der Ukraine, mit Angriffen auf amerikanische Stützpunkte in Europa oder europäische militärische Ziele, mit anderen Formen der „asymmetrischen Kriegsführung“ oder sogar mit dem Einsatz von Atomwaffen reagieren.

Wie auch immer die Reaktion ausfällt, die USA und die Nato-Mächte sind bereit, die Konsequenzen zu riskieren. Die Tendenz geht in Richtung einer unerbittlichen Eskalation. Es muss die Frage gestellt werden: Was ist die nächste Stufe der Eskalation des Krieges? Wann werden Nato-Waffen auf Moskau niedergehen? Werden Nato-Truppen entsandt werden?

Am Montag erklärte der estnische Außenminister Margus Tsahkna gegenüber der Financial Times, dass er es befürworte, wenn die europäischen Mächte in der Ukraine „Stiefel auf dem Boden“ bereitstellen. Der direkte Einsatz von Nato-Truppen in dem Konflikt wurde zwar im Kontext eines möglichen von Trump entworfenen „Friedensabkommens“ vorgeschlagen, aber wiederholt geäußert – insbesondere vom französischen Präsidenten Macron zu Beginn dieses Jahres.

Die Biden-Regierung versucht mit Unterstützung der europäischen Mächte, eine Reihe von Schritten zur Verschärfung des Krieges zu unternehmen, die eine weitere Eskalation umso wahrscheinlicher machen. Eine künftige Trump-Regierung, die sich dem skrupellosen Streben nach Weltherrschaft der USA nicht weniger verschrieben hat, wird in der ganzen Welt ebenso aggressive Kriege führen.

Der Krieg der USA und der Nato gegen Russland ist selbst Teil eines eskalierenden Weltkriegs, zu dem auch der anhaltende Völkermord im Gazastreifen, Israels Bombardierung des Libanon und die Kriegsdrohungen gegen den Iran, sowie der sich entwickelnde Konflikt mit China gehören, der im Zentrum von Trumps Politik steht.

Die Kriegseskalation findet inmitten einer sich verschärfenden politischen Krise in allen imperialistischen Mächten statt, der Hinwendung zu diktatorischen Formen der Herrschaft und der immensen Eskalation des Angriffs auf die Arbeiterklasse. Die Oligarchen sind entschlossen, die gesamte Gesellschaft dem Krieg unterzuordnen. Es ist die internationale Arbeiterklasse, die auf der Grundlage eines sozialistischen Programms mobilisiert werden muss, um den Sturz in einen dritten Weltkrieg zu verhindern.

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