Griechische Arbeiter streiken gegen Syrizas Sparmaßnahmen

Die Arbeiter in Griechenland haben am Montag gegen die Syriza-Regierung (Syriza = Koalition der Radikalen Linken) gestreikt. In Athen brachen am Abend Proteste aus, als Syriza ein 1.300-Seiten-„Gesetzespaket“ mit Austeritätsmaßnahmen der Europäischen Union durch das griechische Parlament peitschte. Die konservative Nea Dimokratia (Neue Demokratie), der sozialdemokratische Dimokratiki Symbarataxi (Demokratischer Zusammenschluss), die nationalistische Union der Zentristen und die neonazistische Goldene Morgenröte stimmten im Parlament gegen das Gesetz.

Die Schifffahrt und der öffentliche Nahverkehr in Athen kamen fast vollständig zum Erliegen. Der Hintergrund der Arbeitskämpfe ist die massive Opposition gegen neue Angriffe der EU auf grundlegende soziale und demokratische Rechte, darunter auch das Recht auf Streik. Die Arbeiter der Athener U-Bahn, Busse und Straßenbahnen und die Fluglotsen traten in den Ausstand. Die Schulen blieben geschlossen, und die Krankenhäuser arbeiteten nur mit Notbesetzung, weil die Ärzte sich am Streik beteiligten. Zehntausende Menschen protestierten auf zwei verschiedenen Gewerkschaftskundgebungen in der Hauptstadt.

In Athen kam es zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei, nachdem das griechische Parlament unter Führung der Syriza-Abgeordneten das Gesetzespaket mit 154 zu 141 Stimmen verabschiedet hatte. Mit dem Gesetz werden Sozialhilfeleistungen für Familien drastisch gekürzt und Zwangsversteigerungen erleichtert. Darüber hinaus enthält es drakonische Einschränkungen des Streikrechts.

Die Demonstranten warfen Molotowcocktails, Zementblöcke und Steine, und die Polizei schlug mit Tränengas und Blendgranaten zurück.

Der Ausbruch von Arbeiterkämpfen gegen Syrizas Angriff auf das Streikrecht und gegen die unablässigen Angriffe auf den Lebensstandard, die die EU seit dem Börsencrash von 2008 führt, kennzeichnet ein neues Stadium im internationalen Klassenkampf. Er lässt die Lüge platzen, dass Syriza eine linke oder sozialistische Organisation sei. Das Internationale Komitee der Vierten Internationale (IKVI) hat konsequent gegen diese Behauptung gekämpft. Syriza ist eine rechte Partei, die den Arbeitern feindlich gegenübersteht.

Sie hat ihre Wahlversprechen gebrochen, die Sparmaßnahmen der EU zu beenden, und setzt jetzt undemokratische Methoden ein, um die Opposition der Arbeiter zum Schweigen zu bringen.

Dies wird weitreichende Auswirkungen weit über die Grenzen Griechenlands hinaus haben, denn immer größere Teile der Arbeiterklasse in ganz Europa fangen an, gegen Massenentlassungen und Angriffe auf Löhne und Sozialausgaben zu kämpfen.

Ähnliche kleinbürgerliche, populistische und antimarxistische Parteien in ganz Europa, die die Wahl von Syriza unterstützt haben, sind jetzt als Feinde der Arbeiter entlarvt. Dazu gehören Die Linke in Deutschland, die Neue Antikapitalistische Partei und Jean-Luc Mélenchons Organisation in Frankreich und die Socialist Workers Party in Großbritannien. Der wachsende Konflikt zwischen der Arbeiterklasse und diesen Kräften, die als die „Linken“ im europäischen politischen Establishment gelten und eng mit den Gewerkschaften verbunden sind, wird explosive und letzten Endes revolutionäre Konsequenzen haben.

Diese Ereignisse entlarven in den Augen von Millionen von Arbeitern die zunehmend fadenscheinige parlamentarisch-demokratische Fassade der EU und der europäischen nationalen Regierungen, die als Diktatur der Finanzaristokratie zur Unterdrückung der Arbeiterklasse fungieren.

Die Syriza-Abgeordneten im griechischen Parlament winkten das „Gesetzespaket“ durch, das zweifellos von der EU und den großen Banken verfasst wurde, ohne sich überhaupt die Mühe zu machen, es zu lesen. Die rechte griechische Tageszeitung Kathimerini schrieb leicht verlegen: „Hunderte Seiten des Gesetzentwurfs mussten in nur wenigen Tagen diskutiert werden, und es gibt berechtigte Zweifel daran, ob die Abgeordneten völlig verstehen, wofür sie ihre Stimme abgeben“.

Es wurde ausführlich darüber berichtet und Syriza wusste genau, dass das „Gesetzespaket“ drastische Angriffe auf grundlegende soziale und demokratische Rechte enthält, die die Menschen in Griechenland und in ganz Europa ablehnen. Dazu gehören die Bestimmungen über elektronische Auktionen zwangsvollstreckter Häuser. Dadurch sollen die Bewohner und Nachbarn davon abgehalten werden, die Zwangsvollstreckungen physisch zu blockieren. Weiter enthält das Gesetzespaket tiefe Einschnitte bei den Sozialleistungen für Familien sowie Maßnahmen, mit denen Streiks verhindert werden sollen. So soll die Zustimmung von 50 Prozent aller Gewerkschaftsmitglieder (im Unterschied zu 50 Prozent aller bei einer Streikabstimmung anwesenden Gewerkschaftsmitglieder) notwendig sein, um Streikmaßnahmen zu beginnen.

Reuters vermerkt dazu, dass dies eine Maßnahme ist, „mit der die Gläubiger“ Griechenlands „hoffen, die Häufigkeit von Streiks zu beschränken und die Produktivität zu steigern“, d.h. die Ausbeutung der Arbeiter zu erhöhen.

Bei seiner Rede vor dem Parlament am Montag versuchte der Syriza-Vorsitzende und Ministerpräsident Alexis Tsipras den konterrevolutionären Charakter dieses Programms zu verschleiern. Er versprach, dieses Austeritätspaket sei das letzte Bündel an Kürzungen, das die EU dem griechischen Volk im Rahmen der EU-Sparmaßnahmen diktiert habe. Tsipras begrüßte das „Ende eines langen und schwierigen Prozesses“ und erklärte: „Wir stehen nur einen Schritt vor dem Ende des Programms und dem endgültigen Ende der Vorschriften.“ Er fügte hinzu: „Im Sommer werden wir ... eine harte, unfaire und zerstörerische Periode hinter uns lassen.“

Tsipras leugnete, dass das Gesetzespaket zum Ziel habe, das Streikrecht, das von der griechischen Verfassung geschützt wird, effektiv abzuschaffen. Er fuhr fort: „Es ist eine unverschämte Lüge [zu behaupten], dass diese Regierung, die Forderungen der Gläubiger und Unternehmer durchsetzt, um den Arbeitsmarkt zu liberalisieren. Das Recht auf Streik ist eine unantastbare Errungenschaft der Arbeiterklasse.“

Der unverschämte Lügner ist in diesem Fall Tsipras. Seine Versprechungen vor dem Parlament sind genauso wertlos wie seine Wahlversprechungen, die EU-Austeritätsprogramme zu beenden, als er vor drei Jahren an die Macht kam. Noch während seiner Rede vor dem Parlament verkündeten hohe Vertreter der EU, dass sie auch weiterhin drakonische Sparmaßnahmen von Griechenland verlangen werden, selbst nach dem formellen Ende der EU-Hilfsmaßnahmen für das Land.

Thomas Wieser, Mitarbeiter des ehemaligen deutschen Finanzministers Wolfgang Schäuble und aus dem Amt scheidender Vorsitzender der European Working Group (EWG), erklärte gegenüber Kathimerini: „Wenn es nach dem Ende des Programms weitere Schuldenerleichterungen geben soll, dann ist es sinnvoll, eine weitere Vereinbarung zu treffen.“ Daraus folgt, dass die EU zusätzliche verheerende soziale Kürzungen fordern wird, wenn Griechenland versuchen sollte, den Bankrott zu erklären, seine Staatsschulden in Höhe von 323 Milliarden Euro umzustrukturieren oder die EU erneut um Hilfe zu bitten, um seine Schulden zu bedienen.

Syrizas „Gesetzespaket“ ist Teil des Angriffs der Bourgeoisie auf das Streikrecht und auf andere gesetzliche Rechte, den sie seit geraumer Zeit in Europa führt. Dazu gehören die gewerkschaftsfeindlichen Gesetze in Großbritannien, die Festsetzung von Mindestanforderungen für die Aufrechterhaltung von Dienstleistungen, die dazu führten, dass Streiks im öffentlichen Dienst in großen Teilen Westeuropas verboten wurden, sowie der Ausnahmezustand und die Arbeitsgesetzgebung in Frankreich, die es ermöglichen, Demonstrationen zu verbieten und Löhne unter Mindestlohn festzusetzen.

Die Proteste in Griechenland zeigen die wachsende Militanz der Arbeiterklasse in ganz Europa: Die deutschen Metallarbeiter und die britischen Eisenbahner streiken, in Spanien gibt es zunehmend Arbeitskämpfe, es steigt die soziale Empörung über das gegen die Arbeiter gerichtete Programm der französischen Regierung und in Rumänien und anderen osteuropäischen Ländern streiken ebenfalls Arbeiter. Angesichts der Verschärfung des Klassenkampfs beginnt die kapitalistische Klasse damit, grundlegende demokratische Rechte abzuschaffen.

Die internationale Arbeiterklasse tritt in eine Periode ein, in der Klassenkämpfe wieder aufleben. In diesem Zusammenhang hat die Erfahrung mit der Syriza-Regierung eine grundlegend strategische Bedeutung. Solange die Kämpfe unter der politischen und organisatorischen Kontrolle der Gewerkschaftsbürokratie und der pseudolinken Parteien bleiben, gibt es keine Chance voranzukommen. Die Erfahrung mit Syriza zeigt mehr als deutlich, dass diese Kräfte der Arbeiterklasse feindlich gegenüberstehen. Der einzige Weg nach vorn ist die Schaffung von Kampforganisationen, die unabhängig von den Gewerkschaften sind und die den Widerstand der Arbeiterklasse auf europäischer und internationaler Ebene koordinieren.

Angesichts des Verrats und des Bankrotts von Syriza braucht die Arbeiterklasse dringend eine revolutionäre politische Führung, die für eine sozialistische und internationalistische Perspektive kämpft. Das erfordert, Parteien des IKVI in Griechenland und in allen anderen Ländern aufzubauen. Das IKVI ist die einzige Organisation, die Syriza vom Standpunkt der internationalen Arbeiterklasse aus bekämpft und vor ihrer verräterischen Rolle gewarnt hat, noch bevor Syriza an die Macht kam.

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