Russland wirft USA Ausbildung ehemaliger IS-Kämpfer vor

Die russische Militärführung hat am Mittwoch einen Bericht veröffentlicht, laut dem US-Spezialeinheiten ehemalige Kämpfer des Islamischen Staates im Irak und Syrien (IS) heimlich ausgebildet hätten. Dies sei auf dem abgelegenen Stützpunkt im syrischen Al-Tanf nahe der strategisch wichtigen Grenze zum Irak und zu Jordanien geschehen.

Der russische Generalstabschef und stellvertretende Verteidigungsminister General Waleri Gerasimow erhob diesen Vorwurf. Er erklärte, dass russische Drohnen und Satelliten mehrere Brigaden von IS-Kämpfern innerhalb und außerhalb des Stützpunktes von Al-Tanf und einer weiteren US-Militärbasis in der Nähe der von kurdischen Milizen kontrollierten Stadt Al-Shaddadi im Nordosten des Landes entdeckt hätten.

„In Wirklichkeit werden sie dort ausgebildet“, erklärte Gerasimow gegenüber der russischen Tageszeitung Komsomolskaja Prawda. „Sie sind praktisch der Islamische Staat“, fügte er hinzu. „Aber nachdem sie ausgebildet sind, ändern sie ihre Stellung und nehmen einen neuen Namen an. Ihre Aufgabe ist es, die Situation zu destabilisieren.“ Er deutete an, die islamistischen Kämpfer würden dann als „Neue Syrische Armee“ bezeichnet.

Laut Schätzungen des russischen Generalstabs befinden sich in dem Stützpunkt bei Shaddadi etwa 750 Aufständische und rund 350 weitere in Al-Tanf.

Das Pentagon reagierte nicht sofort auf den Vorwurf, obwohl es in der Vergangenheit immer alle Vorwürfe, die USA würden mit dem IS zusammenarbeiten, zurückgewiesen hatte. In den letzten Tagen der brutalen Belagerung der syrischen Stadt Rakka waren jedoch unwiderlegbare Beweise dafür aufgetaucht, dass Washington und seine Stellvertretertruppen – die kurdisch dominierten Demokratischen Kräfte Syriens – in der Stadt festsitzende IS-Kämpfer gerettet und an einen anderen Ort gebracht hatten.

Die BBC dokumentierte, dass das Pentagon und seine syrisch-kurdischen Stellvertreter im letzten Oktober einen mehr als sechs Kilometer langen Fahrzeugkonvoi organisiert hatten, um IS-Kämpfer sowie tonnenweise Waffen, Munition und Sprengstoff aus der sogenannten Hauptstadt des IS zu evakuieren.

Der Bericht wurde vom ehemaligen offiziellen Sprecher der Syrischen Demokratischen Kräfte, Talal Silo, bestätigt, der im Oktober in die Türkei übergelaufen war. Er erklärte vor der Presse, dass etwa 4.000 Menschen aus der Stadt gebracht worden seien. Nur 500 von ihnen seien keine bewaffneten IS-Kämpfer gewesen.

Silo erklärte außerdem, dass ähnliche Operationen bereits während der Belagerungen von Manbij im Norden der Provinz Aleppo sowie Al-Tabqah am Euphrat durchgeführt worden seien. Dort habe man Tausende von IS-Kämpfern mit Waffen und Munition entkommen lassen.

Die amerikanische Strategie habe nicht, wie hohe US-Regierungsvertreter immer wieder erklärten, darin bestanden, den IS zu „vernichten“, sondern ihn gegen die syrische Armee einzusetzen. Die USA hätten die syrische Regierung daran hindern wollen, strategisch wichtige Gebiete wie die Ölfelder von Deir Ezzor an der Ostgrenze zum Irak zurückzuerobern, in denen Washington die Kontrolle ausüben will.

Die russischen Vorwürfe decken sich vollständig mit diesen früheren Berichten und entlarven erneut den sogenannten „Krieg gegen den Terror“ als Lüge, die zur Rechtfertigung für die andauernde Intervention des US-Imperialismus im Irak und in Syrien und für frühere Kriege in der Region benutzt wurde.

Der IS selbst ist ein Produkt der Interventionen der USA im Nahen Osten. Er diente den USA gleichzeitig als Werkzeug und als Vorwand für militärische Aggressionen, die darauf abzielten, die Vorherrschaft des US-Imperialismus in der ölreichen Region durchzusetzen.

Der Bericht, laut dem US-Truppen in Syrien ehemalige IS-Kämpfer für den Einsatz als neue Miliz gegen die Regierung ausbilden, ist ein weiteres Anzeichen dafür, dass Washington eine neue und noch gefährlichere Phase seiner Militärintervention in dem kriegszerstörten Land vorbereitet.

In gewisser Weise nähert sich die Strategie der USA wieder ihrem Ausgangspunkt an: die CIA schürt erneut einen Regimewechselkrieg, indem sie islamistische Milizen bewaffnet, finanziert und ausbildet, die al-Qaida nahe stehen. Sie sollen die Regierung von Präsident Baschar al-Assad stürzen und ein gefügiges Marionettenregime an die Macht bringen.

Diese Milizen wurden nicht nur von Washington unterstützt, sondern auch von den anderen westlichen Mächten, von Saudi-Arabien und den Golfscheichtümern sowie der Türkei und Israel. Dass sie besiegt wurden, lag nicht nur an der militärischen Unterstützung Russlands und des Iran für Assads Truppen, sondern auch an der überwältigenden Ablehnung, die in der Bevölkerung gegenüber diesen sozial und politisch reaktionären islamistischen Elemente herrscht.

Der Versuch, einen zweiten Krieg zum Regimewechsel zu beginnen, erfordert eine direktere und noch größer angelegte US-Militärintervention in Syrien.

Die irakische und syrische Regierung haben ihren Feldzug gegen den IS für siegreich und beendet erklärt. Das Pentagon selbst erklärte am Mittwoch gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, dass in beiden Ländern nur noch weniger als eintausend IS-Kämpfer aktiv seien.

Das US-Militär verweigerte die Antwort auf eine Frage von Reuters, ob einige IS-Kämpfer in andere Länder entkommen konnten, und erklärte, man werde sich nicht an „öffentlichen Spekulationen“ beteiligen. In Wirklichkeit wissen das US-Militär und die Geheimdienste sehr genau, wo diese Kämpfer sind. Sie sind selbst dabei, die Kämpfer neu zu organisieren und auszubilden.

Doch trotz dieses angeblichen Siegs im Krieg gegen den IS hat Washington nicht die Absicht erkennen lassen, seine Truppenstärke im Irak oder Syrien zu verringern.

Russland hat derweil angekündigt, seine Abkommen mit der syrischen Regierung über „ständige Stützpunkte“ am Mittelmeerhafen Tartus und am Militärflughafen von Hmeimim sowie dem dortigen Kontroll- und Kommandozentrum zu erneuern. Moskau deutete an, es wolle seinen Marinestützpunkt Tartus so weit ausbauen, dass er eine Flotte von elf Kriegsschiffen beherbergen kann, darunter atomgetriebene Schiffe und mit Raketen bewaffnete Zerstörer.

Der russische Außenminister Sergei Lawrow erklärte am Mittwoch, nach der Niederlage des IS sei nun das „Hauptziel im Kampf gegen Terroristen“ die Vernichtung der al-Nusra-Front, die ursprünglich als syrischer Ableger von al-Qaida gegründet wurde. Das Gros der islamistischen Miliz befindet sich in der nordwestsyrischen Provinz Idlib, wo sie eng mit den sogenannten Rebellen zusammenarbeitet, die von der CIA und Washingtons regionalen Verbündeten finanziert werden. Al-Nusra erhielt den größten Teil der Waffen, die ins Land geschmuggelt wurden.

Mit der Korrektur seiner Strategie für „Syrien nach dem IS“ schwenkt der US-Imperialismus noch direkter auf einen Kollisionskurs mit dem Iran und Russland ein. Der „Krieg gegen den Terror“ diente Washington von Anfang an als Tarnung für das strategische Ziel, mit militärischen Mitteln den Einfluss Russlands und des Iran zurückzudrängen. Diese beiden Länder gelten als die wichtigsten Hindernisse bei der Durchsetzung der US-amerikanischen Vorherrschaft über die Region.

Die wachsende Gefahr einer direkten militärischen Konfrontation zwischen den beiden größten Atommächten der Welt wird auch von den jüngsten Berichten aus Washington und Moskau über Begegnungen und provokante Konfrontationen zwischen amerikanischen und russischen Kampfflugzeugen über dem Euphrattal in Syrien unterstrichen.

Gleichzeitig hat die Trump-Regierung eine Strategie ausgearbeitet, die offensiv gegen den Iran ausgerichtet ist und deren Grundlage in einem Bündnis zwischen den USA, Saudi-Arabien, den anderen sunnitischen Ölmonarchien und Israel besteht. Saudi-Arabien hat Teheran wiederholt „Kriegshandlungen“ vorgeworfen. Diese Vorwürfe basieren auf der haltlosen Unterstellung, der Iran habe den Huthi-Rebellen im Jemen Raketen geliefert, die die Rebellen dann auf das Königreich abgefeuert hätten. Israel hat mit einer Militärintervention gedroht, um den Aufbau von iranischen Stützpunkten in Syrien zu verhindern.

Während der US-Imperialismus auf eine weitere Eskalation in Syrien hinarbeitet, die einen regionalen oder sogar globalen Krieg auslösen könnte, wächst die Zahl der Opfer durch den angeblichen Kampf gegen den IS. Hunderttausende Flüchtlinge aus dem irakischen Mossul und dem syrischen Rakka, deren Häuser in Schutt und Asche gelegt wurden, leben jetzt in Eiseskälte. Ihnen fehlt es an Nahrungsmitteln und medizinischer Versorgung, sodass weitere Todesopfer zu befürchten sind.

Associated Press veröffentlichte letzte Woche einen Bericht, der auf Daten von Leichenhallen und Totengräbern aus Mossul basiert. Laut diesem Bericht liegt die Zahl der zivilen Todesopfer in Folge der „Befreiung“ der irakischen Stadt im letzten Juli bei etwa 11.000. Diese Zahl ist zehnmal höher als die offiziell vom Pentagon genannte. Die vielen Leichen, die noch unter den Trümmern verschüttet sind, sind dabei noch nicht berücksichtigt.

Letzten Juli hatte der erfahrene Nahost-Korrespondent des britischen Independent Patrick Cockburn berichtet, der ehemalige irakische Außenminister Hoshyar Zebari habe vom Geheimdienst der irakischen Autonomen Region Kurdistan erfahren, dass die wirkliche Zahl der Todesopfer in Mossul bei über 40.000 liege.

Diese Zahl wurde von den amerikanischen Mainstreammedien zumeist ebenso totgeschwiegen wie die jüngsten Berichte darüber, dass die USA ehemalige IS-Kämpfer schützen und ausbilden. Bei der Vertuschung von Washingtons Kriegsverbrechen erweisen sie sich damit erneut als zuverlässig.

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