Letzte Woche gab das Pentagon erstmals zu, im Jemen „mehrere Bodenoperationen“ geführt zu haben. Außerdem haben die USA in dem völlig verarmten Land dieses Jahr mehr als 120 Luftangriffe geflogen, dreimal so viele wie im Vorjahr.
Damit hat sich die US-Militärintervention im Nahen Osten offiziell auf eine weitere Front ausgeweitet. Saudi-Arabien und die anderen Ölscheichtümer führen bereits seit mehr als tausend Tagen Krieg gegen den Jemen. Das ärmste Land des Nahen Ostens ist vom Krieg mittlerweile völlig verwüstet.
Mehrere Hilfsorganisationen weisen darauf hin, dass die Todesopfer bald die Millionengrenze erreicht. Der Krieg fordert nicht nur immer neue Opfer, sondern setzt auch große Teile der Bevölkerung der Gefahr von Hungersnot und Krankheit aus.
Wie schwer die humanitäre Krise in dem Land ist, zeigt eine Meldung, die das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) vor einigen Tagen über die Ausdehnung der Cholera veröffentlichte. Demnach wird die Zahl der gemeldeten Cholera-Fälle bald eine Million erreicht haben, was bedeutet, dass der Jemen die schlimmste jemals dokumentierte Epidemie erlebt.
Seit April sind über 2.200 Menschen an der Krankheit gestorben, ein Drittel davon waren Kinder. Die schnelle Cholera-Ausbreitung ist ein unverkennbares Anzeichen dafür, dass die soziale Infrastruktur durch den saudischen Luftkrieg des Landes weitgehend zerstört ist. Dazu hat auch die ununterbrochene Blockade des Landes seit fast drei Jahren beigetragen.
Cholera lässt sich leicht verhindern und behandeln, solange sauberes Wasser vorhanden ist. Allerdings hat Saudi-Arabien mit den Bomben und Raketen der USA einen Großteil der Wasser- und Abwasserinfrastruktur des Jemen zerstört. Durch die Blockade des Luft-, See- und Landverkehrs kann das Land außerdem keinen Treibstoff importieren, um die wenigen bisher noch unzerstörten Systeme am Laufen zu halten. Zudem wurden mindestens 50 Prozent der Krankenhäuser und ähnlichen Einrichtungen zerstört.
Laut dem IKRK haben mittlerweile 80 Prozent der jemenitischen Bevölkerung keinen Zugang mehr zu Nahrung, Treibstoff, sauberem Wasser und medizinischer Versorgung. Diese Lage schafft nicht nur die Bedingungen für die Ausbreitung von Krankheiten, sondern auch für eine Hungersnot.
Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) veröffentlichte am 22. Dezember in Kairo einen Bericht, laut dem 25 Prozent der jemenitischen Bevölkerung, d.h. etwa sieben Millionen Menschen, unter schwerer Ernährungsunsicherheit leiden und vom Hungertod bedroht sind. Für weitere 36 Prozent der Bevölkerung ist laut der Organisation die Ernährungssicherheit „angespannt“.
Die Preise für die noch verbliebenen Nahrungsmittel sind alleine im November um 28 Prozent gestiegen, sodass die große Mehrheit der Bevölkerung ihre grundlegenden Bedürfnisse nicht mehr befriedigen kann.
Seit Beginn des Kriegs wurden nachweislich 12.000 Zivilisten getötet. Diese Zahl wird jedoch deutlich in den Schatten gestellt durch die Zahl der Toten infolge Hunger und Krankheit, die der Krieg ebenfalls hauptsächlich verursacht. Letzten Monat hatte die Hilfsorganisation Save the Children davor gewarnt, dass bis zum Jahresende 50.000 Kinder sterben könnten. Aufgrund der Informationen der Vereinten Nationen stirbt im Jemen alle zehn Minuten ein Kind einen eigentlich vermeidbaren Tod.
Oxfam bezeichnete die Lage im Jemen als „apokalyptisch“ und erklärte: „Seit 1000 Tagen werden riesige Mengen von hochmodernen Waffen gegen den Jemen entfesselt. Dazu erleben wir dort eine wirklich mittelalterliche Belagerung, bei der die Hungerkatastrophe als Waffe eingesetzt wird.“
Saudi-Arabien und seine Verbündeten und Waffenlieferanten, vor allem die USA und Großbritannien, begehen im Jemen offensichtlich ein Kriegsverbrechen von welthistorischer Tragweite. Die Methoden, die sie gegen die jemenitische Bevölkerung einsetzen, sind mit denen Hitler-Deutschlands vergleichbar.
Saudi-Arabien führt diesen Krieg im Jemen seit März 2014. Es geht ihm darum, seinen Marionettenherrscher Rabbu Mansur Hadi an die Macht zurückzubringen und damit eine Regierung zu verhindern, die bessere Beziehungen zum Iran anknüpfen würde.
Die Intervention von US-Bodentruppen und ihre Luftangriffe, die das Central Command des Pentagon am 21. Dezember zugegeben hat, richten sich vorgeblich gegen al-Qaida auf der arabischen Halbinsel und den Islamischen Staat im Jemen. Diese sunnitischen Milizen sind aber erbitterte Feinde der Huthi. Diese rekrutieren sich aus der Sekte der Zaiditen, die historisch aus dem schiitischen Islam hervorgegangen ist.
Viele Opfer der amerikanischen Militäroperationen sind Zivilisten, die bei Luftangriffen und Zerstörungseinsätzen von Spezialeinheiten getötet wurden. Im vergangenen Januar haben Spezialeinheiten, Drohnen und Kampfhubschraubern bei einem Angriff, über den ausnahmsweise berichtet wurde, in der zentraljemenitischen Provinz Al Baydah 57 Menschen getötet. Mindestens sechzehn von ihnen waren Zivilisten. Die US-Truppen verloren nur einen Soldaten.
Die USA führen seit dem Jahr 2002 einen verdeckten Drohnenkrieg gegen den Jemen. Laut dem Bureau of Investigative Journalism wurden bis 2017 schätzungsweise 1.500 Jemeniten durch Drohnenangriffe getötet.
In der gleichen Stellungnahme, in der das Pentagon seine Bodenoperationen und die Eskalation seines Luftkriegs bekanntgab, erklärte es auch, dass sich die Zahl der IS-Kämpfer seit Beginn des Jahres verdoppelt habe. Diese Schätzung legt nahe, dass die US-Intervention wenig mehr bewirkt als weitere tote Zivilisten. Sie ist nur ein Nebenschauplatz des Krieges, den Saudi-Arabien mit Washingtons Unterstützung führt.
Die saudische Monarchie könnte diesen verbrecherischen Krieg gar nicht führen, hätte sie nicht die Unterstützung der US-Regierung und ihres Militärs. Die amerikanische Rüstungsindustrie hat die saudische Luftwaffe in großem Stil mit Raketen, Streubomben und anderer Munition ausgerüstet, mit denen sie im Jemen Schulen, Krankenhäuser, Wohngebiete, Bauerndörfer, Fabriken und die grundlegendste Infrastruktur in Schutt und Asche legt. Die US-Luftwaffe fliegt Luftbetankungseinsätze, und ihre Geheimdienstoffiziere liefern Zieldaten, damit die Saudis ihre Bomberflüge rund um die Uhr fortsetzen können. Die US-Navy operiert vor der jemenitischen Küste und unterstützt damit gleichzeitig die saudische Blockade.
Die Trump-Regierung und die amerikanischen Mainstreammedien verlieren kaum ein Wort über die schlimmste humanitäre Krise der Welt, die sich laufend weiter verschärft. Sie erklären im Gegenteil immer wieder ihre Unterstützung für den beinahe völkermörderischen Angriffskrieg Saudi-Arabiens.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Trump sieht den Krieg nur unter dem Blickwinkel seines Projekts, mit Saudi-Arabien, den anderen sunnitischen Ölscheichtümern am Persischen Golf und Israel ein Militärbündnis gegen den Iran aufzubauen. Der Iran soll daran gehindert werden, die amerikanische Hegemonialstellung im ölreichen Nahen Osten zu blockieren.
Washingtons Unterstützung für Saudi-Arabien und seine Entschlossenheit, eine militärische Konfrontation mit dem Iran zu provozieren, zeigte sich letzte Woche bei einem abstoßenden Fernsehauftritt der amerikanischen UN-Botschafterin Nikki Haley. Sie präsentierte auf einer Militärbasis in Washington DC die Überreste einer angeblichen iranischen Rakete, die letzten Monat vom Jemen aus auf den internationalen Flughafen von Riad abgefeuert worden war. Niemand wurde beim Einschlag der Rakete verletzt.
Haley erklärte, die Trümmer seien ein „unwiderlegbarer“ Beweis dafür, dass der Iran die Huthi-Rebellen mit Waffen versorge und gegen das Atomabkommen mit den Großmächten von 2015 verstoße. Der Iran „gefährdet den Frieden und die Sicherheit der ganzen Welt“, so Haley.
Die Show rief die „unbestreitbaren“ Beweise für irakische „Massenvernichtungswaffen“ in Erinnerung, die der damalige US-Außenminister Colin Powell im Februar 2003, kaum einen Monat vor dem US-Einmarsch im Irak, dem UN-Sicherheitsrat vorgelegt hatte.
Im jetzigen Fall sind die „Beweise“ der USA genauso konstruiert. Dem Magazin Foreign Policy liegt ein Bericht vor, den die UN aufgrund einer Untersuchung von Teilen der angeblichen Raketenüberreste erstellt hat. Das Magazin schreibt, die UN-Ermittler hätten darin nicht nur iranische, sondern auch amerikanische Teile entdeckt. Dies könnte bedeuten, dass die Rakete erst im Jemen auf dilettantische Weise zusammengebaut worden war.
Haley erklärte in ihrer Präsentation nicht, wie der Iran Raketen durch die Seeblockade in den Jemen eingeschmuggelt haben soll. Die saudische und amerikanische Marine schickt sogar Schiffe mit Nahrungsmitteln, Medizin und Treibstoff zurück. Außerdem besitzt auch das jemenitische Militär, dessen Lagerbestände die Huthi-Regierung übernommen hat, zahlreiche eigene Raketen.
Der iranische Außenminister Javad Zarif bezeichnete die Vorwürfe der USA am Mittwoch als „provokant“ und „gefährlich“. In seiner Stellungnahme zu Haleys Auftritt erklärte er: „Sie versuchen, mit solchen Vorwürfen davon abzulenken, dass sie den Luftkrieg gegen die unschuldige Bevölkerung im Jemen unterstützen.“
Am 19. Dezember übernahm die Führung der Huthi die Verantwortung für einen weiteren Raketenangriff auf Riad und erklärte, sie habe den saudischen Königspalast treffen wollen. Genau wie die letzte Rakete, konnte auch diese Rakete abgeschossen werden, ohne dass sie ein einziges Todesopfer verursacht hatte.
Das Weiße Haus verurteilte den gescheiterten Raketenangriff und wies erneut ohne jeden Beweis dem Iran die Verantwortung dafür zu. Der US-Imperialismus unterstützt und benutzt den Völkermord im Jemen, um die Bedingungen für einen Krieg gegen den Iran zu schaffen. Ein solcher Krieg hätte unvorhersehbare Folgen für die ganze Welt.