Nachdem Nordkorea am Dienstag eine Interkontinentalrakete getestet hat, die Berichten zufolge die US-Ostküste erreichen kann, verschärft die Trump-Regierung ihre provokanten Drohungen gegen das Land.
Die amerikanische UN-Botschafterin Nikki Haley warnte am Mittwoch auf einer Krisensitzung des UN-Sicherheitsrats: „Machen Sie sich nichts vor: wenn es zu einem Krieg kommt, wird das nordkoreanische Regime vollständig zerstört werden.“ Mit „vollständiger Zerstörung“ kann nur ein Vernichtungskrieg gegen ein Land mit 25 Millionen Einwohnern gemeint sein.
Haleys Angriffe richteten sich ebenso sehr gegen China wie gegen Nordkorea. Berichten zufolge hat Präsident Trump den chinesischen Präsidenten Xi telefonisch aufgefordert, alle Ölexporte in das verarmte Land einzustellen. Sie erklärte: „China muss Führungsstärke zeigen und hart bleiben. China kann das allein tun, oder wir nehmen die Sache mit dem Öl selbst in die Hand.“ Haley erklärte nicht, was sie mit dieser Drohung meinte.
Klar ist allerdings, dass die Planungen der USA für eine Militäroperation gegen Nordkorea fast abgeschlossen sind. Ihre Umsetzung hätte katastrophale Folgen, selbst wenn es nicht zum Einsatz von Atomwaffen käme.
Es scheint als wolle die Trump-Regierung ganz offen die Fassade der Diplomatie aufgeben. Die New York Times schrieb am Donnerstag, das Weiße Haus plane die Absetzung von Außenminister Rex Tillerson. Trump hatte ihn zuvor öffentlich gerügt, er würde mit seinen Versuchen, Verhandlungen mit Nordkorea aufzunehmen, „seine Zeit verschwenden“. Am Dienstag hatte Tillerson nach dem Raketentest erklärt, diplomatische Lösungen seien momentan weiterhin „tragfähig und offen“.
Der republikanische Senator Lindsey Graham solidarisierte sich trotz seiner gelegentlichen Kritik an Trump mit den Kriegsdrohungen der Regierung. Am Mittwoch erklärte er auf CNN: „Wenn wir Krieg führen müssen, um das aufzuhalten, werden wir das tun. Uns steht ein Krieg bevor, wenn sich die Dinge nicht ändern.“
Graham erklärte, Trump sei „bereit, dieses Regime notfalls zu zerstören, um Amerika zu schützen. Ich hoffe, das Regime versteht, dass Präsident Trump es zerstören wird, wenn er sich zwischen der Zerstörung des nordkoreanischen Regimes oder amerikanischen Bodens entscheiden muss. Ich hoffe, China versteht das auch.“ Der Kolumnist Nicholas Kristof von der New York Times schrieb am Donnerstag einen Artikel mit dem Titel „Droht ein neuer Koreakrieg?“, der zweifellos auf Informationen aus Militär- und Staatskreisen basiert. Darin hieß es: „Eine Lehre aus der Geschichte: Wenn ein Präsident und seine Berater sagen, sie erwägen einen Krieg, sollte man sie ernst nehmen.“ Weiter schrieb Kristof, laut den „internationalen Sicherheitsexperten, die ich konsultiert habe, liegt die Wahrscheinlichkeit eines Krieges bei zwischen 15 und über 50 Prozent. Das sollte zu denken geben.“
Die USA haben im Laufe des Jahres ihre Drohungen, Nordkorea zu zerstören, stetig verschärft. Nur zwei Monate vor Haleys Äußerungen hatte Trump in einer Rede vor den Vereinten Nationen erklärt, die USA seien „bereit, willens und in der Lage“, Nordkorea und seine 25 Millionen Bewohner „vollständig zu zerstören“.
Die Drohungen folgen einer eigenen Logik. Die Regierung hat bereits erklärt, die USA würden „präventiv“ gegen Nordkorea vorgehen, falls es Waffen entwickelt, mit denen es das amerikanische Festland treffen kann. Jetzt fühlt sie sich zunehmend gezwungen, diese Drohungen wahrzumachen. Sie befürchtet, ein Rückzieher würde die Glaubwürdigkeit ähnlicher künftiger Drohungen durch den amerikanischen Imperialismus schwer beschädigen.
Wenn ein Krieg erst einmal ausgebrochen ist, folgt er ebenfalls seiner eigenen Logik, die Millionen von Menschenleben in Asien und der Welt gefährdet. Die Forderung, China solle gegen Nordkorea aktiv werden, verdeutlicht den Umstand, dass es der amerikanischen herrschenden Klasse hauptsächlich um dessen wachsenden Einfluss in der Region geht. Die USA haben seit Jahren systematisch ihre militärischen Kapazitäten in und um das Südchinesische Meer ausgebaut, vor allem im Rahmen des „Pivot to Asia“ der Obama-Regierung. Führende Generäle und Denkfabriken haben bereits davor gewarnt, dass es nur noch eine Frage der Zeit bis zu einem direkten Konflikt mit China ist.
Im ersten Koreakrieg von 1950-53, in dem die USA einen Großteil der Infrastruktur auf der Nordhälfte der Halbinsel zerstörten, reagierte China mit einem massiven militärischen Gegenschlag. Die gegenwärtige chinesische Regierung würde einen Versuch der USA, das nordkoreanische Regime zu stürzen, zweifellos als existenzielle Bedrohung für ihre eigenen strategischen Interessen betrachten.
Und wie wird Russland auf einen Angriff auf seinen Nachbarstaat Nordkorea reagieren? Der oberste Diplomat des Landes warf den USA am Donnerstag vor, sie würden Nordkorea zu einem „überstürzten Handeln“ drängen und forderte die USA und Südkorea auf, ihre für diese Woche geplanten Militärübungen einzustellen.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Die Trump-Regierung und die ganze herrschende Klasse Amerikas gehen mit erschreckender Rücksichtslosigkeit und Kriminalität vor. Der wahnsinnige Kriegskurs wird fortgesetzt, ohne dass die Medien oder der Kongress nennenswert über seine wirklichen Folgen diskutieren. Die Medien beschäftigen sich mit einer endlosen Aneinanderreihung von Vorwürfen wegen sexueller Belästigung, der Kongress mit der Verabschiedung einer massiven Steuersenkung für die Konzerne und die Reichen, die die Aktienkurse erneut in die Höhe getrieben hat. Unbeeindruckt von dem drohenden Krieg ist der Dow Jones am Donnerstag erstmals auf über 24.000 Punkte gestiegen, und die Finanzaristokratie leckt sich schon die Finger angesichts der bevorstehenden Profite.
Die Kriegsdrohungen gegen Nordkorea fallen zusammen mit einer beispiellosen politischen Krise in den USA, die sich um die erbitterten Konflikte innerhalb der herrschenden Klasse angesichts der explosiven sozialen Spannungen im Land dreht. Die Trump-Regierung reagiert darauf einerseits mit verschärften Drohungen gegen Nordkorea, andererseits mit verstärkten Bemühungen, rechtsextreme Kräfte zu mobilisieren. Beispielhaft dafür ist Trumps Entschluss von Anfang der Woche, antimuslimische Videos der faschistischen Britain-First-Bewegung zu retweeten.
Trumps Kritiker aus der herrschenden Klasse haben scharfe Differenzen mit der Regierung um die Ausrichtung der Außenpolitik. Doch sofern sie geäußert werden, konzentriert sich die Kritik innerhalb des politischen Establishments an den jüngsten Drohungen nur darauf, wie diese sich auf die Interessen des amerikanischen Imperialismus auswirken. Die Demokraten betreiben momentan eine Kampagne wie zur Zeit der McCarthy-Ära, laut der Russland in den USA „Spaltungen schürt“. Damit wollen sie ein Zensurregime im Internet rechtfertigen und einen militärischen Konflikt mit Russland vorbereiten. Russland ist das Hauptziel derjenigen Teile des Militär- und Geheimdienstapparats, die Hillary Clinton bei der Wahl 2016 unterstützt hatten.
Letzten Endes sind die Streitigkeiten innerhalb der herrschenden Klasse von taktischem Charakter. Alle unterstützen die grundlegende Strategie, die militärische Stärke der USA zu benutzen, um ihre globale Vormachtstellung zu wahren.
Ein Vierteljahrhundert endloser Kriege hat einen kritischen Punkt erreicht. Die Gefahr eines Atomkriegs zwischen den Großmächten ist real und akut. Die entscheidende politische Aufgabe ist jetzt die unabhängige Intervention der Arbeiterklasse gegen imperialistischen Krieg und das kapitalistische System, das ihn hervorbringt.