USA und Russland: Wachsende Spannungen über Osteuropa und Syrien

Die Nato-Verteidigungsminister sind am Mittwoch in Brüssel zu einem zweitägigen Treffen zusammengekommen, um die Umsetzung ihrer Pläne zu diskutieren, Truppen an der russischen Grenze zu stationieren. Zirka 4.000 Soldaten, unterteilt in vier Kampfeinheiten, sollen in unmittelbarer Nähe zu Russland aufgestellt werden.

Diese Frontstreitkräfte sollen von einer 40.000 Mann starken schnellen Eingreiftruppe unterstützt werden, die innerhalb weniger Tage einsatzbereit ist.

Der Plan stellt die größte militärische Eskalation in der Region seit dem Höhepunkt des Kalten Kriegs zwischen den USA und der ehemaligen Sowjetunion dar. Er erhöht die Gefahr einer bewaffneten Konfrontation zwischen Washington und Moskau, den beiden größten Atommächten der Welt.

Am Ende der Sitzung vom Mittwoch bestätigte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg, dass die Vereinigten Staaten, Großbritannien, Deutschland und Kanada übereingekommen seien, die führenden Teile der Kampftruppen zu stellen, die in Polen und den drei ehemaligen baltischen Sowjetrepubliken, Litauen, Lettland und Estland, stationiert werden sollen.

Stoltenberg fügte hinzu, dass weitere Nato-Mitglieder Soldaten und Waffen beisteuern werden. Er beschrieb die Stationierung als „multinational“ und betonte, dies unterstreiche, dass „ein Angriff auf einen Verbündeten als Angriff auf alle angesehen wird“.

US-Verteidigungsminister Ashton Carter erklärte, Washington werde „ein kampfbereites Einsatzkommando“ von zirka 900 Soldaten ins östliche Polen entsenden. Die Einheiten werden vom 2nd Stryker Cavalry-Regiment abgezogen, das nach dem Stryker-Schützenpanzer benannt ist. Diese Einheit wurde wiederholt in die Kriege in Afghanistan und im Irak entsandt.

Zusätzlich schickt das Pentagon eine Panzerbrigade der 4. Infanteriedivision, ausgerüstet mit Kampfpanzern und schwerer Artillerie, die in Polen stationiert wird, aber im Umkreis der ehemaligen Sowjetrepubliken und früheren Mitglieder des Warschauer Pakts an Russlands westlicher Flanke operieren wird. Außerdem werden Luftstreitkräfte entsandt, die mit Black Hawk Kampfhubschraubern ausgerüstet sind.

Washington hat ferner angekündigt, 330 Marinesoldaten auf einem Stützpunkt in Norwegen zu stationieren, nachdem die norwegische Regierung der Stationierung am Montag zugestimmt hat. David Lute, der US-Botschafter bei der Nato, erklärte diesen Schritt mit den Worten: „ Aufgrund seiner militärischen Aktivitäten erwarten wir eine anhaltende Bedrohung aus dem Osten, durch Russland.“

Großbritannien hat mittlerweile Pläne bekanntgegeben, 800 mit Kampfpanzern, Schützenpanzern und Drohnen ausgerüstete Soldaten in Estland zu stationieren. Sie sollen durch Einheiten aus Frankreich und Dänemark ergänzt werden. Außerdem sollen britische Kampfflugzeuge auch nach Rumänien geschickt werden.

Deutschland wird ein Bataillon von 400 bis 600 Mann in Litauen stationieren. Das ist das erste Mal seit der Besetzung durch die Nazis, dass deutsches Militär in das Land kommt. Die Nazis haben dort fast eine Viertel Million Juden umgebracht. Die deutschen Truppen werden von den Niederlanden, Norwegen, Belgien, Kroatien und Luxemburg unterstützt werden.

Laut Berichten schickt Kanada 450 Soldaten nach Lettland, die von 140 italienischen Armeeangehörigen ergänzt werden.

Der aus dem Amt scheidende amerikanische Vizegeneralsekretär der Nato, Alexander Vershbow, verteidigte in einem Interview mit der Deutschen Welle die Stationierungen und behauptete, die von den US-angeführte Allianz „hat keine andere Wahl“.

Vershbow erklärte: „Russland hat 2014 mit seiner Aggression gegen die Ukraine und seiner illegalen Besetzung der Krim das ganze Paradigma verändert.“

Das ist eine unverschämte Lüge. Die Krise in der Ukraine wurde nicht durch die „Aggression“ der Kreml-Oligarchie ausgelöst, sondern vielmehr durch die Verschwörung Washingtons und Berlins, die mit der Mobilisierung gewalttätiger faschistischer und rechter nationalistischer Kräfte die gewählte Regierung in Kiew stürzte. Die USA stellten sich offen hinter diesen Putsch. Die Staatssekretärin im Außenministerium Victoria Nuland prahlte damit, die USA hätten 5 Milliarden Dollar ausgegeben, um den Regimewechsel in der Ukraine zu unterstützen.

Der Wiedereingliederung der Krim nach Russland hatte die Bevölkerung in einer Volksbefragung mit überwältigender Mehrheit zugestimmt. Die Krim wurde außerdem erst 1956 unter ukrainische Verwaltung gestellt, als Russland und die Ukraine beide noch Teil der Sowjetunion waren. Von Moskaus Standpunkt aus, war dies eine defensive Maßnahme, um den historischen Stützpunkt der Schwarzmeerflotte Russlands zu schützen.

Der Coup in der Ukraine war der Höhepunkt einer unablässigen militärischen Einkreisung Russlands, mit der die Nato ihre Grenzen um zirka 1300 km nach Osten vorgeschoben hatte. Die Stationierung, die am Mittwoch verkündet wurde, hat die Nato-Russland-Grundakte, die solche Truppenverlegungen ausschließt, zunichte gemacht.

Nach dem Putsch in der Ukraine flog US-Präsident Barack Obama nach Estland und erklärte Washingtons „immerwährende“ Verpflichtung, Estland und die zwei anderen baltischen Staaten „mit amerikanischen Bodentruppen“ zu verteidigen. Dadurch verpflichtete er die USA auf einen Krieg zur Verteidigung drei winziger Territorien, in denen rechte und fanatisch antirussische Regierungen an der Macht sind.

Stoltenberg rechtfertigte die gegenwärtige Nato-Aufrüstung am Mittwoch weiter mit den Worten: „In der Nähe unserer Grenzen setzt Russland seine militärischen Drohgebärden fort.“ Angesichts der Tatsache, dass die Nato ihre Reichweite in Richtung der russischen Grenzen ausgeweitet hat, bedeutet das im Endeffekt, dass Russland eine Bedrohung darstellt, weil es Truppen auf seinem eigenen Boden unterhält.

Die Spannungen mit Russland wie auch innerhalb der Nato selbst wurden weiter angefacht, weil Moskau eine Flotte aus acht Schiffen, angeführt vom Flugzeugträger Admiral Kuznetsow, ins östliche Mittelmeer entsandt hat, um die russischen Operationen zur Unterstützung der syrischen Regierung zu verstärken.

Nachdem Berichte bekannt geworden waren, die russische Flotte werde in Ceuta, der von Spanien kontrollierten Hafenstadt an der Nordküste Afrikas, Halt machen, um aufzutanken, hatten die Nato-Mächte enormen Druck auf die spanische Regierung ausgeübt, damit sie den russischen Kriegsschiffen das Anlegen verbietet.

Der britische Verteidigungsminister Michel Fallon erklärte, seine Regierung „wäre extrem beunruhigt, wenn ein Nato-Mitglied in Erwägung ziehen sollte, einer russischen Flugzeugträgergruppe zu helfen, die möglicherweise Syrien bombardieren wird.“

Laut Berichten hat Spanien seit 2011 60 russischen Kriegsschiffen erlaubt, in Ceuta aufzutanken und Vorräte aufzufüllen. Diese Praxis hat im US-Kongress zu scharfer Kritik und zur Verabschiedung eines Zusatzes zum Haushaltsgesetz des Pentagons geführt, der das Pentagon verpflichtet, dem Kongress über Länder zu berichten, in denen russische Schiffe anlegen.

Russische Medien haben am Mittwoch berichtet, dass Moskau seine Anfrage, in diesem Hafen auftanken zu dürfen, zurückgezogen hat. Russische Regierungsquellen erklärten, die Schiffe verfügten über ausreichend Treibstoff und Vorräte, um ihr Ziel zu erreichen

Die Auseinandersetzung widerspiegelt die immer größer werdende Kluft innerhalb der Nato unter dem Druck der eskalierenden Konfrontation mit Russland. Die Länder Südeuropas, speziell Spanien, Italien und Griechenland, lehnen das Regime von Sanktionen gegen Russland immer mehr ab, weil dadurch ihre eigene Wirtschaftskrise nur noch verschärft wird. In der Zwischenzeit treiben Frankreich und Deutschland Pläne voran, die Europäische Union in eine unabhängige militärische Allianz zu verwandeln, was den wachsenden Konflikt zwischen den Interessen der USA und Europas reflektiert.

Vertreter der Nato haben die Frage des russischen Flottenverbands als angebliche „humanitäre“ Sorge über die Situation in Syrien dargestellt. Sie warnten, die Kampfjets an Bord der Kuznetsow würden sich an Luftangriffen gegen Ost-Aleppo und andere Gebiete beteiligen, die von al-Qaida-nahen Milizen kontrolliert werden.

Viel wichtiger ist zweifellos die Tatsache, dass der Ausbau der russischen Seestreitkräfte im östlichen Mittelmeer und die russische Stationierung von Kampfflugzeugen und dem hochentwickelten mobilen S-400- und S-300-Flugabwehrsystem in Syrien selbst, in den Augen der USA ihre Kontrolle über ein Gebiet bedroht, das historisch von der sechsten Flotte der USA kontrolliert wird. Die US-Flotte wurde durch den amerikanischen „Pivot to Asia“ schmerzlich geschwächt.

Die russische Feuerkraft in und um Syrien herum schließt außerdem die Durchsetzung einer „Flugverbotszone“ ohne eine direkte militärische Konfrontation mit Russland praktisch aus. Diese Politik wird von der demokratischen Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton und einem Großteil des außenpolitischen Establishments der USA vertreten und nur durch die Anwesenheit Russlands verhindert.

Dies wurde am Dienstag vom Nationalen Geheimdienstdirektor, James Clapper, in Äußerungen vor dem Council on Foreign Relations bestätigt. Clapper sagte während eines Gesprächs im Council über das russische Militär: „Ich würde nicht ausschließen, dass sie amerikanische Flugzeuge abschießen, wenn sie glauben, dass sie eine Bedrohung ihrer Bodentruppen darstellen. Das System, dass sie dort haben, ist sehr modern, sehr leistungsfähig; und ich glaube nicht, sie würden es dort stationieren – wenn sie nicht die Absicht hätten, es notfalls auch einzusetzen.“

Ob der Auslöser in Osteuropa liegen wird oder in Syrien: das Streben des US-Imperialismus nach globaler Vorherrschaft verschärft die Gefahr eines Weltkriegs unaufhörlich.

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