Leipzig, das Buch und die Messe – Klassenbesinnung ...

David North im Gespräch

Nach der Vorstellung seines Buches „Die Frankfurter Schule, die Postmoderne und die Politik der Pseudolinken“ auf der Leipziger Buchmesse hat David North, der Chefredakteur der WSWS und Vorsitzende der Socialist Equality Party in den USA, der elektronischen Zeitung Schattenblick das folgende Interview gegeben, das wir hier mit der Genehmigung der Redaktion wiedergeben. Die Einleitung stammt von der Redaktion des Schattenblick.

David North über den Unterschied zwischen Linken und Pseudolinken, die Bedeutungslosigkeit der Occupy-Bewegung, die Notwendigkeit, Literatur, Film und Kunst neu zu erfinden, und vieles mehr

Rund zwei Jahrzehnte nach der Veröffentlichung des Buchs „The Clash of Civilizations“ (Kampf der Kulturen) von Samuel Huntington zur „Neugestaltung der Weltpolitik im 21. Jahrhundert“ haben die Vereinigten Staaten von Amerika innerhalb eines Jahres (2015) 23.144 Bomben auf sechs vorwiegend muslimische Länder abgeworfen. Das berichtete die „Welt“ unter Berufung auf die konservative US-Denkfabrik Council on Foreign Relations. Der weitaus größte Teil der Bomben fiel auf Irak und Syrien, wo sich aus den Trümmern der einst von den USA vom Thron gestoßenen und seitdem unterdrückten sunnitischen Kräfte, in Verbindung mit dem muslimisch-militanten Dschihadismus, eine Bewegung herausgeschält hat, die sich Islamischer Staat nennt und den Krieg inzwischen in die westlichen Metropolen trägt.

Angesichts der sich rasant steigernden Aggression des westlichen Militärbündnisses nach außen und seiner wenig beachteten Repression nach innen können die Analysewerkzeuge gar nicht scharf genug sein, um die beteiligten Interessen, die von ihnen eingesetzten Mittel und die Folgen ihres Wirkens zu beschreiben; wobei jedes Ergebnis ungenügend bliebe, würden die historischen, ökonomischen, politischen und sozialen Voraussetzungen vernachlässigt.

Auf der Leipziger Buchmesse 2016 stellte am 18. März mit David North ein Autor sein neuestes Buch vor, der seit über 40 Jahren politische Analysen publiziert, die zwar von den Mainstream-Medien weitgehend ignoriert und von linken Parteien und Gruppierungen keineswegs immer geteilt werden (was im linken Spektrum jedoch keine Seltenheit ist), die aber zweifelsohne manchen geschärften Blick auf das Weltgeschehen erlauben.

North ist Chefredakteur der World Socialist Web Site (WSWS) und Vorsitzender der Socialist Equality Party in den USA. Der Titel seines neusten Buchs, „Die Frankfurter Schule, die Postmoderne und die Politik der Pseudolinken. Eine marxistische Kritik“ (Mehring Verlag), das Ende April 2016 in deutscher Übersetzung aus dem Druck kommt, spricht für sich. In dieser Polemik zeigt North anhand der Biographien der ehemaligen amerikanischen Trotzkisten Alex Steiner und Frank Brenner beispielhaft auf, wie diese beiden ehemaligen Mitstreiter immer mehr nach rechts abgedriftet sind.

Peter Schwarz von der deutschen Ausgabe der WSWS sagte in seiner Einführung zur Buchpräsentation über diese beiden Ex-Trotzkisten:

„Ihre Bedeutung besteht darin, dass ihre politische Entwicklung symptomatisch für eine Generation ehemaliger Radikaler ist, die immer weiter nach rechts gehen. Ihre Dokumente sind, wie es im Vorwort des Buches heißt, ein regelrechtes Kompendium antimarxistischer Auffassungen, die sich unter breiten Schichten ehemaliger kleinbürgerlicher Radikaler und Akademiker großer Beliebtheit erfreuen.“

Zu den Pseudolinken zählt North die Partei Syriza in Griechenland, Podemos in Spanien und die Linkspartei in Deutschland. Im Anschluß an die Buchpräsentation stellte sich der Autor dem Schattenblick für einige Fragen zur Verfügung. Das Interview wurde teils in Deutsch, teils in Englisch geführt.

Schattenblick (SB): Wie würden Sie einem Durchschnittsbesucher der Leipziger Buchmesse, der von linker Politik keine Ahnung hat, den Unterschied zwischen links und pseudolinks erklären?

David North (DN): Ich habe in meinem Buch in einer Definition zu „Pseudolinken“ zusammengefaßt, was das am präzisesten ausdrückt (North liest aus seinem Buch vor:) „The pseudo-left denotes political parties, organizations and theoretical/ideological tendencies, which utilize populist slogans and democratic phrases to promote the socioeconomic interests of privileged and affluent strata of the middle class.“ [z. Dt.: „Der Begriff ‚Pseudolinke‘ bezeichnet politische Parteien, Organisationen und theoretische/ideologische Tendenzen, die populistische Parolen und demokratische Phrasen benutzen, um die sozioökonomischen Interessen privilegierter und wohlhabender Schichten der Mittelklasse zu fördern.“]

Damit will ich sagen, daß Pseudolinke die Interessen des wohlhabenden Teils der Mittelklasse vertreten und Identitätspolitik betreiben. Die zeichnet sich dadurch aus, daß sie auf Rasse, Nationalität, sexuelle Orientierung und Geschlecht ausgerichtet und im wesentlichen mit einer Auseinandersetzung innerhalb der obersten zehn Prozent der Gesellschaft verbunden ist. Auch dort findet eine Umverteilung des Reichtums an die Spitze statt. Deshalb besteht innerhalb dieser Schicht eine starke soziale Unzufriedenheit darüber, daß sich ein großer Teil des Reichtums auf das oberste ein Prozent konzentriert.

Nun werden unterschiedliche Formen von Identitätspolitik geschaffen, was wir in den USA „affirmative action“ (z. Dt.: positive Diskriminierung) nennen. Gefordert werden Quotenregelungen, prozentuale Beteiligungen bestimmter Gruppen und auch, daß nur farbige Professoren zu farbigen Studierenden und nur weibliche Professoren zu Frauen sprechen dürfen, etc. All solche Themen dienen einer Politik, die größtenteils darauf ausgerichtet ist, einen höheren Anteil am Reichtum an der Spitze sicherzustellen, haben aber nicht im mindestens mit dem Kampf der Arbeiterklasse zu tun. Das ist der Grund, warum viele schockiert waren, als in Griechenland Syriza an die Macht kam und innerhalb weniger Tage ihre sämtlichen Forderungen und Versprechungen von vor der Wahl aufgegeben hatte.

Sehen Sie, ich habe erst gestern eine Ausgabe der „jungen Welt“ in der Hand gehalten und mir fiel auf, daß sie sich der sexuellen Orientierung gewidmet hat, und das in einer Zeit, in der sich Deutschland schnurstracks in Richtung Remilitarisierung bewegt. Wie ich es eben bei der Buchvorstellung erklärt habe, existiert ein neuer Drang Deutschlands nach der Weltmacht. Ist das denn kein Thema, über das die Leute sprechen sollten? Warum gibt es in Deutschland keine Antikriegsdemonstrationen, warum keine Opposition?

Unsere Bewegung in Deutschland war an einer wichtigen Auseinandersetzung gegen die Präsenz von rechten Kräften an der Humboldt Universität zu Berlin beteiligt. Doch außerhalb unserer Bewegung hat es keinerlei öffentliche Opposition gegeben, auch nicht beispielsweise gegen Jörg Baberowski. Er wurde sogar von der Linkspartei verteidigt.

Wenn man von Pseudolinken spricht, so meint man damit letzten Endes Imperialismusbefürworter, die die Einhaltung von Menschenrechten fordern, um damit sogar direkte neokoloniale Militäroperationen zu legitimieren und zu unterstützen. Das ist eine Linke, die nichts mit der Linken zu tun hat, wie sie von Marx, Engels, Lenin, Kautsky, Luxemburg, Liebknecht, Mehring und vielen anderen bedeutenden Persönlichkeiten der revolutionären Geschichte verstanden wird.

SB: In Deutschland gibt es basisaktivistische Menschen, die beispielsweise gegen Atomkraft oder Braunkohle protestieren und mit Aktionen wie dem Anketten an Schienen oder Bäumen ihren Widerstand gegen die bestehenden Verhältnisse zum Ausdruck bringen. Gleichzeitig lehnen viele von ihnen den Kommunismus ab. Wie könnte man diese Menschen, die bereits von sich aus für gesellschaftliche Widersprüche sensibilisiert sind und etwas dagegen machen wollen, erreichen?

DN: Ich zweifle nicht an der Ernsthaftigkeit vieler Menschen, die aus den von Ihnen genannten Gründen protestieren. Ich greife auch niemanden persönlich an. Aber wir müssen uns die politischen Strömungen genau anschauen und ihren sozialen Inhalt untersuchen. Proteste wegen der Umwelt, die in sich selbst legitimiert sind, haben nicht notwendigerweise einen Klassencharakter. Besonders in Deutschland besteht eine lange Tradition verschiedener Formen dessen, was Lukács ganz richtig „romantischen Antikapitalismus“ genannt hat.

Der Antikapitalismus des Individuums, der sich gegen verschiedene Lebensumstände unter dem Kapitalismus richtet, von denen das Individuum betroffen ist, bleibt unverknüpft. Ein typischer Repräsentant dieser Richtung ist Gustav Landauer. Das ist eine Art Anti-Marxist/Anti-Kapitalist. Er lehnt sehr spezifisch eine Politik ab, die auf die Mobilisierung der Arbeiterklasse als die führende und entscheidende revolutionäre Kraft hinausläuft.

Was Sie in Ihrer Frage beschreiben, kommt mir wie eine anarchistische, kleinbürgerliche Bewegung vor. Wir hatten etwas sehr ähnliches in den USA mit der Occupy-Wall-Street-Bewegung. Und was hat sie erreicht? Nichts! Das größte Problem, das gelöst werden muß und in vielen radikalen Strömungen sehr tief verankert ist, besteht meiner Meinung nach in der Distanzierung von der Arbeiterklasse und dem Mißtrauen ihr gegenüber.

Eine der ideologischen Konsequenzen das Marcusianismus bestand darin, daß vielen radikalen Gruppen ein tiefes Mißtrauen gegenüber der Arbeiterklasse eingeimpft worden war. Marcuse hatte immer wieder behauptet, daß die Arbeiterklasse besonders in Amerika reaktionär ist und die Arbeiter Faschisten sind. Er hat nicht das geringste von der Arbeiterklasse verstanden! Aber diese Vorurteile halten sich bis heute.

Mir wurde die Frage gestellt, warum jetzt im US-Vorwahlkampf Donald Trump eine gewisse Resonanz unter bestimmten Schichten von oftmals weißen Arbeitern erhält. Das trifft zwar zu, aber es ist auch nicht ungewöhnlich, daß dieselben Arbeiter sagen, sie werden im November entweder den Republikaner Trump oder den Demokraten Bernie Sanders wählen. Das heißt, sie suchen in erster Linie eine Alternative zu dem bestehenden System. Dessen kleinbürgerliche Schichten haben der Arbeiterklasse überhaupt nichts zu sagen.

SB: Gibt es heute noch Arbeiter mit Klassenbewußtsein?

DN: Zunächst einmal gibt es eine Arbeiterklasse, und die ist eine unterdrückte Klasse. Wir sollten zu den Klassikern des Marxismus zurückkehren. Die großartige Marxistische Intelligentia, beginnend mit Marx und Engels, hat versucht, der Arbeiterklasse sozialistisches Bewußtsein nahezubringen. Denn in ihr hatten sie die objektive Quelle der sozialen Revolution ausgemacht. Aber wie gesagt, die Arbeiterklasse wird unterdrückt und kann nicht spontan die marxistische Theorie entwickeln. Sie wird heftige Kämpfe auszufechten haben.

Die Schwierigkeit der heutigen Zeit besteht darin, wie Sie es ja auch gefragt haben: Gibt es eine Arbeiterklasse? Es ist interessant, daß in Amerika der Begriff „working class“ vollkommen geächtet ist. Kein Politiker bezieht sich auf sie, auch Bernie Sanders nicht. Er hebt immer nur auf die Mittelklasse ab. Mit anderen Worten: In keinem Land wird die Existenz der Arbeiterklasse grundlegender verleugnet als ausgerechnet in einem Land mit einer der größten Arbeiterklassen in der Welt!

Deshalb denke ich, daß das Problem, das Sie beschreiben, auf den Einfluß der demoralisierten, intellektuellen Reaktion auf die Niederlagen der Arbeiterklasse in Europa zurückgeht. Marcuse und die übrige Frankfurter Schule sind meiner Einschätzung nach zu einem erheblichen Teil aus einem tiefen politischen Pessimismus entstanden, nämlich aus der Absage an die Arbeiterklasse. Doch deren Niederlagen haben nicht die Unfähigkeit der Arbeiterklasse per se bewiesen, eine Revolution anzufangen. Sie hat es bislang nur nicht gemacht. Im übrigen hat Marcuse weder die Kommunistische Partei kritisiert noch diese politisch analysiert; er hat niemals eine politische Kritik am Stalinismus vorgenommen.

SB: Erinnere ich das richtig, daß Marcuse mit dem US-Geheimdienst CIA zusammengearbeitet hat?

DN: Ja, das war ein Ausdruck seines Pessimismus.

SB: Hier auf der Leipziger Buchmesse wird Literatur präsentiert. Welche Bedeutung hat sie im Trotzkismus, um Menschen zu erreichen?

DN: Zunächst einmal bin ich Redakteur der World Socialist Web Site, und wir setzen uns ausgesprochen intensiv mit den Fragen der Kultur auseinander. Ich sehe das so, daß sich die politische Krise in der Kultur widerspiegelt, beispielsweise in Form des niedrigen Niveaus von Filmen.

In der aktuellen Ausgabe der World Socialist Web Site haben wir eine lange Rezension zu Jonathan Franzens jüngstem Roman „Purity“ [7] veröffentlicht. Der Roman ist unglaublich schlecht. Ich glaube, die Probleme von Politik und Kultur sind miteinander verbunden. Wir fordern deshalb die Wiederkehr eines echten revolutionären Realismus und das ist nicht – man muß das immer betonen – Realsozialismus oder stalinistischer Realismus. Sondern wir fordern eine echte Revolution, die sich der Probleme unserer Zeit in Politik und Gesellschaft annimmt. Das betrifft auch den Film und jede Form von Kunst; sie müssen neu erfunden werden. Beispielsweise hat die Frankfurter Schule, insbesondere durch Adorno, der Musik Schaden zugefügt.

SB: Sie erwähnten Bernie Sanders, der sich bei den US-Demokraten für die Präsidentschaftskandidatur bewirbt. Die Mitbegründerin und ehemalige Präsidentin der Physicians for Social Responsibility (PSR) Helen Caldicott, die sich seit Jahrzehnten weltweit für die Abschaffung von Atomwaffen einsetzt, sagte, daß Sanders, selbst wenn er verlöre, ein revolutionäres Potential unter der US-amerikanischen Jugend freigesetzt hätte. Nach der Wahl wären die USA nicht mehr die gleichen wie vor der Wahl. Teilen Sie diese Einschätzung?

DN: Sanders selbst hat das gar nicht gemacht, das war auch nicht seine Absicht. Er ist ein alter Radikaler und hat natürlich Beziehungen zu vielen Linksdemokraten. Die wußten ganz genau, daß in den USA eine große Unzufriedenheit wegen Hillary Clinton besteht, die ich einmal als die „Lady Macbeth der amerikanischen Politik“ bezeichnet habe. Sanders sagt es sogar selbst, daß sie Sorge vor der Entwicklung einer unabhängigen politischen Bewegung nach links hatten. Deswegen hat er sich als Blitzableiter zur Verfügung gestellt. Er sollte diese Entwicklung wieder kanalisieren und war völlig erstaunt über den breiten Zuspruch. Besonders hatte er nicht erwartet, daß sich die Arbeiter für ihn interessieren. Das konnte sich wohl keiner vorstellen. Als Sozialist treffe ich immer wieder Arbeiter, die sagen: „Ja, einer von euren Jungs kandidiert, ich bin für ihn.“ Sie glauben, Sanders sei ein Parteimitglied. (lacht)

Das ist er natürlich nicht. Aber ich glaube, die Leute werden sich mehr und mehr dafür interessieren, was der wirkliche Sozialismus ist. Die Arbeiter in Amerika schrecken nicht vor der Frage der Revolution zurück – das Kleinbürgertum hat Angst davor. Die Arbeiter wollen das, was man in Amerika „the real thing“ (z. Dt.: das Eigentliche) nennt. Natürlich besteht die Gefahr, wenn das nicht richtig angepackt wird, daß Scharlatane und Hochstapler wie Trump an die Macht kommen. Aber weder er noch die anderen Bewerber um die Präsidentschaftskandidatur haben je von den Problemen der Arbeiterklasse gesprochen.

Dennoch bin ich davon überzeugt, daß die Leute anfangen werden, gründlich darüber nachzudenken, und Sie können mir glauben, der Faschismus kommt in Amerika nicht einfach mal so an die Macht. Sie erschaffen keinen zweiten Hitler. Das geht nicht so einfach.

Vor acht Jahren wurde behauptet, alle Arbeiter seien Rassisten. Aber viele weiße Arbeiter haben gesagt, sie würden durchaus einen Schwarzen wählen, wenn er sich für sie einsetze, und haben Barack Obama unterstützt. Dann wurden sie völlig von ihm enttäuscht. Er hat nichts für sie getan, hat sich nur nach rechts bewegt, hat Drohnenkriege geführt und das Gesundheitssystem angegriffen. Diese Politik wird von kleinbürgerlichen Radikalen, den Pseudolinken, unterstützt.

SB: Könnten Sie sich vorstellen, daß ein Bündnis zwischen der schwarzen Protestbewegung, die sich jetzt aufgrund der vielen Todesfälle durch die Polizei gebildet hat, mit linken Kräften geschlossen wird, vielleicht mit Ähnlichkeiten zur früheren Black-Panther-Bewegung?

DN: Natürlich gibt es Rassismus, aber der ist vornehmlich eine Klassenfrage. Auch viele weiße Jungen wurden von der Polizei ermordet. Wenn nur „black lives matter“ (z. Dt.: schwarze Leben zählen) gesagt wird und man entgegnet, „alles Leben zählt, nicht nur das der Schwarzen“, dann wird einem unterstellt, man sei Rassist. Aber das stimmt nicht. Die Polizeibrutalität ist eine Klassenfrage. Wir verleugnen nicht, daß Rassismus existiert, aber was ist die objektive Grundlage für Rassismus? Das ist die Spaltung der Arbeiterklasse. Das Mittel wurde schon immer dafür eingesetzt. Was war der Antisemitismus in Deutschland? Eine Waffe gegen den Sozialismus. Es gab einen deutschen Schriftsteller, Konrad Heiden, der in der ersten Biographie über Hitler geschrieben hat, daß dieser die Juden nicht wegen Rothschild, sondern wegen Karl Marx hasse. Antisemitismus ist eine Klassenfrage.

SB: Vor den Toren Europas stehen viele Flüchtlinge. Wie sollte die EU damit umgehen?

DN: Zunächst einmal sage ich dazu, daß wiederum die Arbeiterklasse das Problem lösen muß. Die EU wird das nicht machen, sie ist eine Festung Europa. Als erstes muß man die Kriege beenden. Dafür sind die EU und der amerikanische Imperialismus verantwortlich. Sie haben Irak zerstört, dann haben sie Libyen zerstört und jetzt Syrien. Sie haben all diese Kriege angezettelt. Warum gibt es Hunderttausende von Flüchtlingen aus Syrien? Weil das ein Krieg ist, um einen Regime-change herbeizuführen. Das war keine Revolution.

Wenn ich Vorträge über den Zweiten Weltkrieg halte, frage ich oft: Wie lautete die Hauptanklage gegen die Naziverbrecher bei den Nürnberger Prozessen? Die meisten Leute antworten auf diese Frage, daß die Nazis Juden umgebracht haben. Aber das stimmt so nicht, sondern sie waren wegen Verbrechen gegen den Frieden angeklagt; sie haben Krieg als ein politisches Instrument benutzt, um ihre Interessen durchzusetzen. Amerika benutzt ebenfalls Krieg als politisches Mittel. Bush hat das getan, Clinton hat das getan und Obama ebenfalls. Sie sind Kriegsverbrecher, und sie sind für die Flüchtlingsströme verantwortlich.

Wie gesagt, als erstes müssen diese Kriege aufhören. Natürlich hat jeder das Recht, zu wohnen, wo er will. Man soll für die Flüchtlinge sorgen und anständige Bedingungen schaffen. Und von Anfang an soll ein Steuersatz von 80 Prozent auf Vermögen von über zehn Millionen Dollar eingeführt werden.

SB: Herr North, herzlichen Dank für das Gespräch.

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