Lufthansa-Flugbegleiter setzen Streik bis Freitag fort

Im bislang längsten Streik in der Lufthansa-Geschichte geht die Geschäftsführung mit äußerster Brutalität gegen die Beschäftigten vor. Sie hat jeden ernsthaften Kompromiss abgelehnt und versucht, gerichtlich gegen den Arbeitskampf vorzugehen. Die Gewerkschaft Ufo hat dieser Eskalation nichts entgegenzusetzen.

Lufthansa-Chef Carsten Spohr erklärte am Mittwoch in Frankfurt, dass ein vorzeitiges Ende des Streiks nicht in Sicht sei. Die Arbeitgeberseite sei bereit, die Auseinandersetzung mit den Mitarbeitern solange auszutragen, wie es notwendig sei. „Wir müssen das durchstehen, um unsere Position zu sichern“, sagte Spohr. „Der Widerstand gegen Veränderungen im Unternehmen ist groß, insbesondere bei bestimmten Beschäftigtengruppen.“

Das Management will den Konzern trotz Millionengewinnen auf Kosten der Beschäftigten umstrukturieren. Im Zentrum stehen Angriffe auf die Altersversorgung, die momentan vom Unternehmen garantiert wird. Ziel ist es, die Arbeitsbedingungen des Luft- und Bodenpersonals der Lufthansa jenen der Tochtergesellschaften Germanwings und Eurowings anzugleichen, die in den letzten Jahren bereits massiv verschlechtert wurden.

Dagegen richtet sich der Streik der Flugbegleiter, der seit Freitag andauert. Für Donnerstag wurden aufgrund des Arbeitskampfes 930 Flüge gestrichen. Laut Konzern seien davon bis zu 100.000 Fluggäste betroffen.

Um solche Arbeitskampfmaßnahmen zu unterbinden, hat die Lufthansa schon mehrfach Unterstützung beim Staatsapparat gesucht. Im September ließ sie Streiks der Piloten, die sich gegen die Umstrukturierung wandten, gerichtlich verbieten.

Auch die Arbeitskämpfe der Flugbegleiter wollte Spohr verbieten lassen. Einen ersten Erfolg konnte er am Dienstagabend vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf erwirken. Das Gericht verbot den Streik der Flugbegleiter für den Dienstag am Standort Düsseldorf unter dem Vorwand, die Gewerkschaft habe die Streikziele nicht hinreichend bestimmt. Einem Folgeantrag für die weiteren Streiktage entsprach das Gericht jedoch nicht.

Das Arbeitsgericht Darmstadt wies die Klage der Lufthansa für die Standorte München und Frankfurt ebenfalls ab. Nichtsdestotrotz zeigt das Verbot vom Dienstag, dass deutsche Gerichte ähnlich wie bei den Piloten bereit sind, das Grundrecht auf Streik außer Kraft zu setzen, um die Angriffe der Unternehmensleitung zu unterstützen.

Die Lufthansa dient hier als Präzedenzfall. Der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Joachim Pfeiffer, hat sich längst für allgemeine gesetzliche Streikverbote ausgesprochen.

Der Rheinischen Post sagte er: „Wir fordern unverhältnismäßigen Arbeitskampfmaßnahmen einen Riegel vorzuschieben, damit weiterer Schaden vom Wirtschaftsstandort Deutschland abgewendet wird und das Chaos für die Passagiere endlich ein Ende hat.“ Er regte Streikverbote für Beschäftigte in „zentralen Bereichen der Daseinsvorsorge“ an und meinte damit explizit den „Luft- und Bahnverkehr“. Spartengewerkschaften dürften „nicht weiter ganze Branchen und deren Kunden in Geiselhaft nehmen können“.

Um die Möglichkeiten der Arbeiter, Streiks zu organisieren, einzuschränken, hatte die Regierung unter Federführung von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) erst im Sommer das „Tarifeinheitsgesetz“ verabschiedet. Es dient dazu, den Spartengewerkschaften Streiks zu verbieten.

Nach dem neuen Gesetz darf in einem „Betrieb“ jeweils nur eine Gewerkschaft die Tarifverhandlungen für alle Beschäftigten führen, und zwar die mit den meisten Mitgliedern. Dies soll den DGB-Gewerkschaften ihr Monopol garantieren. Bislang ist das Tarifeinheitsgesetz nicht angewandt worden, die Lufthansa ist allerdings der aussichtsreichste Kandidat dafür.

Bei der Lufthansa ist die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi DGB-Mitglied. Seit letzten Donnerstag führt sie Tarifverhandlungen für etwa 33.000 Beschäftigte des Bodenpersonals. Verdi wird versuchen, mit der Lufthansa einen Deal auszuhandeln, um der Konzernspitze den Rücken freizuhalten. Von Streiks war bislang noch nicht die Rede. In der letzten Tarifrunde vor zwei Jahren hatte das Bodenpersonal zwei Warnstreiks geführt.

Die Unabhängige Flugbegleiter Organisation (UFO) hat der geschlossenen Phalanx aus Konzernleitung, Bundesregierung und DGB-Gewerkschaften, die gemeinsam daran arbeiten, die Arbeiterrechte bei der Lufthansa zu schleifen, nichts entgegenzusetzen.

Erst am letzten Wochenende hatte Ufo-Chef Nicoley Baublies wieder betont, dass es der Gewerkschaft nicht darum gehe, die Kürzungen grundsätzlich zu verhindern. „Wir fordern mitnichten eine Erhöhung der Betriebsrenten“, sagte er. UFO habe bereits mit der Lufthansa in den vergangenen zwei Jahren intensiv verhandelt und habe „einer Umstellung zugunsten des Unternehmens bereits zugestimmt“. Er erwarte aber bei den Kostensenkungen eine vertrauensvolle gemeinsame Zusammenarbeit.

Baublies und Co. wollen den Kürzungen nicht entgegentreten, sondern in deren Durchführung eingebunden werden. Wenn der Streik in den Händen dieser Gewerkschaft bleibt, ist eine Niederlage vorprogrammiert. Zwar hat Baublies angekündigt, in den letzten zwei Tagen des Streiks sämtliche Flüge zu bestreiken. Doch zugleich hat er betont, dass ihm eigentlich an einem raschen Abbruch des Arbeitskampfes gelegen sei.

„Wenn Lufthansa ohne Vorbedingungen eine Schlichtung anruft, werden wir die Streiks umgehend aussetzen. Das kann innerhalb von Minuten passieren“, sagte Baublies am Dienstag in Frankfurt. „Wir brauchen ein öffentlich belastbares Statement der Lufthansa.“

Ufo hatte sogar angeboten, eine Gesamtbefriedung mit anderen Gewerkschaften zu organisieren, die ebenfalls in Verhandlungen über die Betriebsrenten stehen. „Wir fordern Lufthansa dazu auf, zu prüfen, ob sie dazu bereit sind“, hatte Baublies mit Blick auf Verdi und die Pilotenvereinigung Cockpit erklärt.

Klarer kann man den Bankrott der gewerkschaftlichen Proteste kaum formulieren. Baublies geht mit der Forderung in den Streik, endlich wieder am Verhandlungstisch Platz nehmen und über die Sparprogramme mit entscheiden zu dürfen.

Die Perspektive von Ufo unterscheidet sich in dieser Hinsicht nicht grundsätzlich von derjenigen der DGB-Gewerkschaften. Schon in einer Erklärung vom 2. November hatte Baublies betont, Ufo habe dem Konzernvorstand immer wieder Angebote unterbreitet. „Bereits unser Vorschlag zu einer neuen Versorgung hätte jedes Jahr mehr als 70 Millionen [Euro] Einsparungen erzeugt, von den obendrein positiven Bilanzeffekten im Bereich mehrerer hundert Millionen wegen aufzulösender Rückstellungen ganz zu schweigen.“

An anderer Stelle schreibt Ufo, ihr Vorschlag führe sogar zu Einsparungen von „ca. 130 Millionen pro Jahr“.

Wenn die Flugbegleiter diese horrenden sozialen Angriffe zurückschlagen wollen, müssen sie den Streik in die eigenen Hände nehmen. Ihre Gegner sind dabei nicht nur die Konzernleitung und die Bundesregierung, sondern auch deren Helfer in den Gewerkschaften.

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