USA werfen Waffen in Syrien ab

Nur wenige Tage nach der Abwicklung des gründlich gescheiterten Programms, die von den USA unterstützten „Rebellen“ in Syrien zu bewaffnen und auszubilden, warf das Pentagon am Montag fünfzig Tonnen Waffen, Munition und Granaten für regierungsfeindliche Truppen aus C-17 Frachtflugzeugen ab, die von der US-Air Force eskortiert wurden.

„Dieser erfolgreiche Abwurf versorgt die syrisch-arabischen Gruppen mit Munition, deren Führer von den Vereinigten Staaten entsprechend überprüft wurden“, versicherte Pentagon-Sprecher Oberst Patrick Ryder.

Das Pentagon unterließ es, sowohl die Namen der Gruppen zu enthüllen, die von diesen „überprüften“ Führern geführt werden als auch die Orte zu nennen, an denen die Waffen abgeworfen wurden. In den Medien wurde von der Syrisch-Arabischen Koalition gesprochen. Dieser Name wurde vom Pentagon selbst erfunden, um diverse Milizen zu bezeichnen, die es militärisch unterstützen will.

Ein nicht namentlich benannter „hoher Vertreter des Verteidigungsministeriums“ sagte auf Fox News: „Alle Paletten haben freundliche Kräfte erreicht.“ Er sagte, die Waffen seien Lagern entnommen worden, die für das Ausbildungs- und Bewaffnungsprogramm einer Miliz gedacht waren, die vom amerikanischen Militär in der Türkei und in Jordanien ausgebildet und ausgerüstet werden sollte.

„Wir konzentrieren uns also momentan mehr auf den ‚A’-Teil des Ausrüstungs- und Trainingsprogramms“, sagte der Sprecher.

Das bisherige Programm war spektakulär gescheitert. General Lloyd Austin, der Kommandeur des US Central Command gab letzten Monat vor dem Kongress zu, dass zu dem Zeitpunkt lediglich „vier oder fünf“ von den USA ausgebildete Kämpfer in Syrien aktiv seien und sich gerade einmal einhundert in Ausbildung befänden. Dafür waren ca. 40 Millionen Dollar von den 500 Millionen ausgegeben worden, die für das Programm vorgesehen waren.

Innerhalb einer Woche nach Austins erstaunlichem Eingeständnis wurde eine zweite Gruppe von den USA ausgebildeter und bewaffneter Rebellen nach Syrien geschickt. Kaum dort angekommen, übergaben sie ihre Fahrzeuge und Waffen an den syrischen Ableger von al-Qaida, die al-Nusra Front.

Diese Politik scheint zunehmend von Verrückten ausgeheckt zu werden: Washington wirft jetzt tonnenweise Waffen in ein Bürgerkriegsgebiet ab, wo sie aller Wahrscheinlichkeit nach zügig in die Hände von al-Nusra und dem Islamischen Staat (IS) gelangen werden, gegen die die Obama-Regierung angeblich kämpft.

Die USA unternehmen immer weitere verzweifelte Versuche, die syrischen Anhänger von Al-Qaida zu retten, d.h. die Kräfte, die der amerikanischen Bevölkerung in den letzten achtzehn Jahren als die tödlichste Bedrohung präsentiert wurden und die mit einem endlosen Krieg und weitreichenden Angriffen auf die demokratischen Rechte bekämpft werden mussten.

Zehntägige russische Bombenangriffe haben wesentlich mehr im Kampf gegen diese Kräfte erreicht, als ein ganzes Jahr Luftangriffe der USA und ihrer so genannten Koalition, die weitgehend aus Saudi-Arabien und den anderen sunnitischen Monarchien am Persischen Golf besteht. Diese monarchischen Diktaturen sind auch die wichtigsten Financiers von al-Nusra und dem IS.

Russland hat die Zahl seiner täglichen Luftangriffe in Syrien verdoppelt. Am Montag erklärte das russische Verteidigungsministerium, es habe 53 Ziele, darunter Leitstände, Ausbildungslager sowie Treibstoff- und Munitionslager des IS und anderer „Terroristen“ getroffen.

Washington und seine europäischen Verbündeten verurteilen die russische Intervention immer wieder, weil sie sich nicht ausschließlich auf den IS konzentriere, sondern auch auf Nicht-IS Kräfte, die gegen die Regierung des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad kämpfen.

Sie legen jedoch keinen großen Wert darauf, diese angeblichen Nicht-IS Ziele zu benennen. Das liegt vor allem daran, dass die wichtigste „Rebellentruppe“, die von diesen Angriffen betroffen ist, die „Eroberungsarmee“ ist, eine Ansammlung sunnitisch-islamistischer Milizen, deren stärkster Bestandteil die Al-Nusra Front ist.

Russland hat viele seiner Angriffe im Nordwesten Syriens geflogen, um die Niederlagen der Regierungstruppen wettzumachen, die ihnen die al-Qaida-Elemente beigebracht hatten. Davon betroffen sind vor allem die Provinzen Idlib und Hama. Außerdem wollen sie diese Elemente aus der nördlichen Küstenprovinz Lakatia zurücktreiben, die ein Kerngebiet der Assad-Regierung ist.

Washington befindet sich de facto im Bündnis mit al-Nusra und ähnlichen Elementen, die zusammen mit dem IS die kraftvollsten regierungsfeindlichen Kräfte in dem seit vier Jahren andauernden Bürgerkrieg sind.

Washington und Moskau behaupten, in Syrien für die gleichen Ziele zu kämpfen: für die Vernichtung des IS und eine Verhandlungslösung in dem Konflikt.

Unter dem Deckmantel dieser angeblich gleichen Ziele verfolgen die USA und Russland aber genau entgegengesetzte Absichten, wodurch sie sich auf einem Kollisionskurs befinden.

Die USA haben den spalterischen Bürgerkrieg im Bündnis mit Saudi-Arabien und den anderen sunnitischen Ölscheichtümern angestachelt, bewaffnet und finanziert. Sie sind entschlossen, wie schon im Irak und in Libyen einen Regimewechsel herbeizuführen. Washington will zwar den Sturz von Assad und die Einsetzung einer amerikanischen Marionettenregierung, aber es strebt nicht den völligen Zerfall des syrischen Staates und auch nicht die Machtübernahme durch al-Nusra oder ähnliche Kräfte an, die jetzt noch das schmutzige Geschäft für die USA besorgen.

Sein Ziel ist es, das Regime so weit zu schwächen, dass es bereit ist, vor den amerikanischen Forderungen zu kapitulieren. Deswegen lässt Washington die Waffen und das Geld an die regierungsfeindlichen Kräfte weiter fließen, um sicherzustellen, dass der Krieg sich weiter hinschleppt.

An den Gräueltaten des IS störte sich die Obama-Regierung nicht, solange sie in Syrien begangen wurden. Sie reagierte erst, als die Kolonnen des IS im Sommer 2014 ca. ein Drittel des Irak überrannten. Seit der Zeit führt sie einen bemerkenswert ineffektiven Luftkrieg gegen den IS, der sich darauf zu beschränken scheint, dessen Vormarsch im Irak zurückzudrängen, während er in Syrien scheinbar zwar unter Kontrolle gehalten, aber als kämpfende Kraft erhalten bleiben soll.

Diese zynische Politik, das Chaos und Blutvergießen, das in der Region in den letzten imperialistischen Kriegen der USA im Irak und in Libyen angerichtet wurde, trägt die entscheidende Verantwortung für den Tod von mehr als einer Viertelmillion Syrer und der Entstehung von mehreren Millionen Flüchtlingen.

Russland will andererseits sowohl den IS, als auch die anderen islamistischen Milizen wie Al-Nusra besiegen, die von westlichen Regierungen und Medien oftmals als „moderat“ bezeichnet werden. Russland ist der Auffassung, dass eine Verhandlungslösung nur möglich ist, wenn die Assad-Regierung überlebt. Der russische Präsident Wladimir Putin erklärte am Sonntag, das militärische Eingreifen Russlands ziele darauf ab, „die legitimen Behörden zu stabilisieren und die Bedingungen für einen politischen Kompromiss zu finden.“

Sein Ziel ist ein den russischen Interessen freundlich gesonnenes Regime in Syrien – mit oder ohne Assad – das Moskaus einzig verbliebener Verbündeter im Nahen Osten ist und mit dem Mittelmeerhafen Tartus den einzigen Marinestützpunkt Russland außerhalb der ehemaligen Sowjetunion beherbergt.

Eine erfolgreiche Regimewechsel-Operation in Syrien würde definitiv die Interessen des russischen Staates und der herrschenden Klasse krimineller Oligarchen, die er repräsentiert, durchkreuzen. Dazu gehört die Möglichkeit, dass Syrien als neue Pipeline-Route für den Transport von Gas von Katar aus auf den europäischen Markt genutzt werden könnte. Dadurch würden die Geschäfte von Gazprom geschädigt, dem größten Konzern und größten Exporteur Russlands. Assads Weigerung, eine solche Pipeline in Betracht zu ziehen, war für Katar ein wesentlicher Grund, Waffen im Wert von Dutzenden Milliarden Dollar an die syrischen „Rebellen“ zu liefern.

Die Gefahr, dass die zunehmend explosive Situation in Syrien die beiden größten Atommächte der Welt in direkten Konflikt bringt und einen Dritten Weltkrieg heraufbeschwören könnte, wurde am Montag noch einmal durch die Meldung unterstrichen, dass britische Kampfflugzeuge die Freigabe bekommen haben, mit Luft-zu-Luft Raketen auf russische Flugzeuge zu schießen, wenn sie bedroht würden.

Großbritanniens Verteidigungsattaché in Moskau dementierte diesen Bericht, als er in den Kreml einbestellt wurde. Er bekräftigte aber Londons Ablehnung des russischen Luftkriegs in Syrien.

Loading