Autoindustrie: Gewerkschaften setzen Werksschließungen durch

In Europa und weltweit spielen die Gewerkschaften eine Schlüsselrolle dabei, Massenentlassungen, Lohnsenkungen und die Stilllegung ganzer Werke durchzusetzen. In der europäischen Autoindustrie nimmt das besonders krasse Formen an.

Die Zustimmung der IG Metall zur Schließung des Opelwerks in Bochum und die Unterstützung des belgischen Metallarbeiterbunds (ABVV-Metaal) für die Schließung des Fordwerks in Genk bilden den Auftakt zu einem radikalen Kahlschlag. Die europäische Autoindustrie soll nach amerikanischem Vorbild umstrukturiert, das heißt auf Kosten der Arbeiter rationalisiert werden.

Unternehmensvertreter haben angekündigt, angesichts rückgängiger Verkaufszahlen müssten in Europa Produktionskapazitäten für mindestens fünf Millionen Einheiten stillgelegt werden. Das bedeutet die Schließung von zwanzig Montagewerken, zehn Motorenwerken, zehn Getriebewerken sowie dreißig Presswerken und den Abbau von 115.000 Arbeitsplätzen, wie die auf die Autoindustrie spezialisierte Website autoline.tv bereits vor einigen Monaten schrieb.

Seitdem vergeht kaum eine Woche ohne Bekanntgabe von Massenentlassungen. PSA Peugeot Citroën will 8.000, Ford 6.000 und Opel mindestens 2.600 Arbeitsplätze abbauen. Dazu kommen viele Tausend Arbeitsplätze in der Zulieferindustrie. Auch die sogenannten Premium-Marken BMW und Daimler planen milliardenschwere Sparprogramme. Im Nutzfahrzeugbereich will die Fiat-Tochter Iveco fünf europäische Werke schließen.

Die Gewerkschaften bezeichnen Werksschließungen, Kurzarbeit und Lohnsenkungen als notwendige und unvermeidliche Umstrukturierungsmaßnahmen, um Überkapazitäten abzubauen und die europäische Autoindustrie wieder wettbewerbsfähig zu machen. In Wirklichkeit werden die Autoarbeiter gezwungen, für die Krise des kapitalistischen Profitsystems zu zahlen. In Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften wälzen die Autokonzerne die Krise auf die Arbeiter ab und machen alle Rechte und Errungenschaften rückgängig, die sich Generationen von Arbeitern erkämpft haben.

Die Hungerlöhne in Osteuropa, China und anderen asiatischen Ländern werden systematisch ausgenutzt, um die Lohnkosten auch im Rest der Welt zu senken. In den USA hat die Obama-Administration in enger Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften die Autoindustrie umstrukturiert, indem sie zehntausende Arbeitsplätze vernichtete, Rentenansprüche annullierte und die Einstiegslöhne um die Hälfte senkte. Nun steht dasselbe in Europa bevor.

Der Kahlschlag in der Autoindustrie ist untrennbar mit dem Spardiktat der Europäischen Union verbunden, das derzeit die Lebengrundlage der arbeitenden Bevölkerung in Griechenland, Spanien, Portugal und zahlreichen anderen Ländern zerstört. Große Teile der Bevölkerung in Europa können sich wegen der Sparmaßnahmen kein Auto mehr leisten; in Spanien ist die Zahl der Neuzulassungen innerhalb des vergangenen Jahres um 37, in Italien um 26 und in Frankreich um 18 Prozent eingebrochen.

Die sozialen Kürzungen, Massenentlassungen und Werksschließungen werden oft direkt in den Gewerkschaftshäusern geplant und ausgearbeitet. In der Autoindustrie zeigt sich in aller Deutlichkeit die Verwandlung der Gewerkschaften in Organisationen, die nicht mehr die Interessen der Arbeiter, sondern als korporatistische Syndikate die Profitinteressen der Konzerne vertreten.

Typisch für diese Integration der Gewerkschaften ins Management der Konzerne und in die Regierung ist die IG Metall. Ende Februar stimmte sie der Schließung des Opelwerks in Bochum zu. Nun hat sie die Aufgabe übernommen, die Opelarbeiter der einzelnen Standorte zu spalten, einzuschüchtern und gegeneinander auszuspielen.

Das Magazin Wirtschaftswoche hat die Verwandlung der IG Metall in ein profitorientiertes Unternehmen mit Zahlen dokumentiert. Die Gewerkschaft kassiert jährlich 460 Millionen Euro an Mitgliederbeträgen und verfügt über ein geschätztes Vermögen von zwei Milliarden Euro. Diese Gelder investiert sie in Aktienanteile von Unternehmen und ist damit ein einflussreicher Konzern mit wirtschaftlicher Macht und eigenen Kapitalinteressen.

Mit 1.700 Vertretern sitzt die IG Metall in den Aufsichtsräten von Unternehmen. Ihre Funktionäre werden dafür fürstlich entlohnt und verschmelzen mit dem Management. Ein Teil der Aufsichtsratstantiemen fließt über die Hans-Böckler-Stiftung der Gewerkschaft zu und kann gleichzeitig von den Aufsichtsratsmitgliedern steuerlich abgesetzt werden. Über diesen Weg wird die Gewerkschaft neben den Mitgliederbeträgen indirekt durch Unternehmen und Regierung finanziert.

Die 50.000 Betriebsräte der IG Metall sind unkündbar und viele sind freigestellt. Sie bilden gemeinsam mit 80.000 Vertrauensleuten eine Art Betriebspolizei, die jede selbstständige Regung der Arbeiter unterdrückt.

Die rechte Politik der Gewerkschaften ergibt sich direkt aus ihrer bedingungslosen Verteidigung des kapitalistischen Profitsystems. Sie wollen den Kapitalismus nicht abschaffen, sondern mitgestalten und daran mitverdienen.

Ein typischer Vertreter des modernen Gewerkschafters ist Oliver Burkhard. Der bisherige Bezirksleiter der IG Metall Nordrhein-Westfalen rückt zum 1. April als Arbeitsdirektor in den Vorstand von ThyssenKrupp auf. Dort ist er für ein siebenstelliges Jahresgehalt für den Abbau tausender Arbeitsplätze zuständig.

Die Gewerkschaften unterstützen die Konzerne im globalen Kampf um Absatzmärkte und niedrige Produktionskosten. Ihr oberstes Ziel ist Wettbewerbsfähigkeit. Deshalb halten sie Lohneinbußen, Sozialabbau, Entlassungen und Werksschließungen für unvermeidbar und spielen die Beschäftigten an den unterschiedlichen Standorten gegeneinander aus.

Je offener sich die Gewerkschaften nach rechts entwickeln und den Arbeitern feindlich entgegentreten, desto stärker werden sie von der Linkspartei und ihren pseudolinken Anhängern verteidigt. Gruppen wie SAV und Marx21 sind aufs Engste mit dem korrupten Milieu der Gewerkschaften verbunden.

Die Verteidigung der Arbeitsplätze, Löhne und sozialen Errungenschaften erfordert einen unnachgiebigen Kampf gegen die Gewerkschaften und ihre pseudolinken Verteidiger. Arbeiter müssen sich in den Betrieben völlig unabhängig von den Gewerkschaften organisieren und Aktionskomitees aufbauen, die der Spalterpolitik der Gewerkschaften entschlossen entgegentreten.

Die Verteidigung der Arbeitsplätze darf nicht von der Wettbewerbsfähigkeit des betroffenen Standorts oder von der Kassenlage des Konzerns abhängig gemacht werden. Ein gut bezahlter Arbeitsplatz ist ein unveräußerliches Grundrecht und muss unter allen Umständen verteidigt werden.

Das erfordert eine internationale Strategie und ein sozialistisches Programm. Die Autokonzerne müssen – ebenso wie andere Großkonzerne, Banken und große Vermögen – enteignet, in gesellschaftliches Eigentum überführt und demokratisch kontrolliert werden. Auf dieser Grundlage kann das gesamte Wirtschaftsleben neu organisiert werden, so dass es den Bedürfnissen der Arbeitenden und der Gesellschaft als Ganzer dient, und nicht den Profitansprüchen von Milliardären, Bankern und sonstigen Spekulanten.

Die wichtigste Voraussetzung für die Verwirklichung einer solchen sozialistischen Perspektive ist der Aufbau einer neuen, internationalen und revolutionären Arbeiterpartei.

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