Stilllegung von Opel Bochum: Ein abgekartetes Spiel

Die Zusammenarbeit zwischen IG Metall, Opel/General Motors-Management und Betriebsrat gleicht immer mehr einer Verschwörung gegen die Beschäftigten.

Die IG Metall ist seit langem über die Stillegungspläne für das Werk in Bochum informiert und stimmt damit überein. Sie berät die Konzernleitung, wie sie vorgehen soll, um ernsthaften Widerstand der Arbeiter zu verhindern. Auch ihr ist die Bochumer Belegschaft, die in der Vergangenheit sehr militante Kämpfe geführt hat, ein Dorn im Auge.

Gestützt auf diese Zusammenarbeit tritt der Unternehmensvorstand äußerst aggressiv auf und droht mit sofortiger Werksschließung, wenn die Belegschaft nicht zu weitgehenden Zugeständnissen bereit ist. Der Betriebsrat protestiert dagegen, unterdrückt aber jeden ernsthaften Widerstand und beschuldigt jeden Arbeiter, der kämpfen will, er gefährde die Verhandlungen. Schließlich wird er die schrittweise Stilllegung als Erfolg feiern, weil eine sofortige Werksschließung verhindert worden sei.

Nach diesem Muster fand am Montag in Bochum eine ganztägige Betriebsversammlung statt. Betriebsratschef Rainer Einenkel, der das zynische Wechselspiel zwischen IG Metall, Konzernleitung und Betriebsrat seit vielen Jahren kennt und mitspielt, klagte die Opel/GM-Konzernleitung scharf an. Sie habe als Vorbedingung für weitere Verhandlungen einen „Horror-Katalog“ vorgelegt, den die Opel-Arbeiter akzeptieren sollten.

Wichtigste Punkte dieses Katalogs seien:

  • · Wegfall der Nachtschicht ab April, was den Abbau von 700 Stellen nach sich zieht;
  • · keine Übernahme von Auszubildenden nach Ablauf dieses Jahres;
  • · Einstellung der Ausbildung ab 2016;
  • · Abbau von bis zu 3.000 Arbeitsplätzen (von knapp 3.300) bis 2016, wobei betriebsbedingte Kündigungen ausdrücklich nicht ausgeschlossen werden;
  • · Einfrieren der Löhne der verbleibenden Arbeiter bis mindestens 2015, nachdem schon in den letzten Jahrzehnten alle Beschäftigten 25 bis 30 Prozent ihres Lohns eingebüßt haben.

Als Antwort auf die Ankündigung, die Getriebeproduktion 2014 in Bochum zu beenden, habe der Betriebsrat gefordert, die Motorenproduktion nach Bochum zu holen, doch das sei abgelehnt worden, sagte Einenkel.

Indirekt gab Einenkel zu, dass IG Metall und Betriebsrat die Einstellung der PKW-Produktion akzeptieren und nur Ersatzarbeitsplätze fordern. Der Vorschlag des Betriebsrats, durch eine Komponentenfertigung und den Aufbau eines Technologie-Zentrums für Elektro-Antriebe, Leichtbau- und Verbundwerkstoffe alternativen Arbeitsplätze zu schaffen, sei nur zur Kenntnis genommen worden, sagte er. Die Vorschläge würden „geprüft“.

Dann rief Einenkel: „So geht das nicht!“. Er warf der Konzernleitung vor, sie blockiere mit diesem Horror-Katalog die Verhandlungen. Der Betriebsrat werde diese Verhandlungsverweigerung aus Detroit nicht akzeptieren und die Unternehmensleitung zwingen, ihre Verantwortung zu übernehmen.

Danach ließ Einenkel abstimmen. Viele Arbeiter stimmten gegen das aggressive Vorgehen der Konzernleitung, obwohl sie wussten, dass die Unternehmensleitung nur deshalb so rücksichtslos auftreten kann, weil IG Metall und Betriebsrat jegliche Kampfmaßnahmen unterdrücken. Doch Einenkel bezeichnete das Abstimmungsergebnis als „überwältigenden Vertrauensbeweis“ der Belegschaft gegenüber dem Betriebsrat.

Unmittelbar danach gab er diese Information an die Medien weiter. Die regionale Website der WAZ-Mediengruppe (derwesten.de) meldete am frühen Nachmittag, die Bochumer Belegschaft habe „dem Betriebsrat und den Verhandlungsführern das volle Vertrauen für die bisherigen und weiteren Verhandlungen ausgesprochen“.

Viele Arbeiter durchschauen dieses abgekartete Spiel von Betriebsrat und IG Metall.

Schon Ende Januar hatte die IG Metall und der Gesamtbetriebsratsvorsitzende von Opel Dr. Wolfgang Schäfer-Klug der Schließung der Fahrzeugproduktion in Bochum zugestimmt. Armin Schild, Bezirksleiter der IG Metall Hessen und Mitglied im Opel-Aufsichtsrat, hatte erklärt: „Wir müssen mit den Realitäten umgehen, die der Vorstand schafft.“

Auf der Belegschaftsversammlung wiederholte die erste Bevollmächtigte der Bochumer IG Metall, Eva Kerkemeier, dies noch einmal. Sie forderte, dass General Motors „qualifizierte Arbeitsplätze in Bochum“ absichern müsse. Von Fahrzeugproduktion war keine Rede mehr.

Die konservative Tageszeitung Die Welt berichtete am Montag noch während der Belegschaftsversammlung, dass eine „Einigung von Management und Arbeitnehmervertretern“ um die „Sanierung“ der deutschen GM-Tochter Opel absehbar sei. Sie zitierte einen nicht namentlich genannten IG Metall-Sprecher mit den Worten: „Wir gehen davon aus, dass wir bis Ende der Woche ein Ergebnis haben. Das ist unser Ziel, und aus jetziger Sicht ist das machbar.“

Noch vor Beginn der kommenden neuen Tarifrunde, die im März beginnt, wolle man „ein Ergebnis haben“. Sonst sei es schwierig, „eine Empfehlung für die Tarifrunde 2013 abzugeben, wenn bei Opel weiter alles in der Schwebe ist“.

Auch die Betriebsversammlung hat deutlich gemacht, dass IG Metall und Betriebsrat in den kommenden Tagen vollendete Tatsachen schaffen wollen und die geplante Werksschließung akzeptieren.

Die Wut und Empörung vieler Arbeiter ist groß. Es ist nötig, aus der Rolle der IG Metall und der Betriebsräte die nötigen Schlussfolgerung zu ziehen: Ein Kampf gegen die geplante Werksschließung kann nur unabhängig von der IG Metall und dem Betriebsrat geführt werden. Arbeiter stehen vor der Aufgabe, den Kampf selbst in die Hand zu nehmen.

Genau diese Frage stand im Mittelpunkt eines Flugblatts, das von Mitarbeitern der WSWS zu Beginn der Betriebsversammlung verbreitet wurde. Darin heißt es: „Die Partei für Soziale Gleichheit (PSG) und die World Socialist Web Site rufen alle Arbeiter, die ernsthaft gegen die Werksschließung kämpfen wollen, zur Zusammenarbeit auf. Es ist notwendig die Zwangsjacke des Betriebsrats und der IG Metall zu durchbrechen und ein Aktionskomitee aufzubauen, das einen Besetzungsstreik vorbereitet.“

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