Letzte Woche zeigte die spanische Arbeiterklasse durch ihren Generalstreik, dass sie bereit ist, sich gegen die Sparmaßnahmen zu wehren, die ihr von der rechten Volkspartei-Regierung, der EU und dem IWF auferlegt werden.
Das brutale Vorgehen der Polizei während und nach dem Streik muss als Warnung davor verstanden werden, wie die herrschende Elite auf diese massenhafte Unmutsäußerung reagiert.
In Katalonien wurden 79 Menschen verhaftet, einhundert wurden verletzt. In dieser Region wurden auch die größten Kürzungen im Gesundheits- und Bildungswesen vorgenommen. Katalonien gilt als „Versuchslabor“ für Sparprogramme, die in anderen Landesteilen durchgeführt werden.
Laut der Wochenzeitung La Directa wurden während des Streiks 9.385 Spitzel eingesetzt, d.h. 60 Prozent der insgesamt verfügbaren Kräfte. Dazu gehörte auch die gesamte Mobile Brigade, eine Truppe aus mehr als 400 „Anti-Aufruhr“-Agenten.
Sie gingen mit Gummigeschossen, Blendgranaten und Tränengas gegen Demonstranten vor. Das Gas wurde zum ersten Mal seit sechzehn Jahren eingesetzt. Es richtete sich gegen mehrere Dutzend Feuerwehrmänner in der Innenstadt von Barcelona, die die Polizei dazu aufforderten, nicht mit Gummigeschossen auf die Menschenmenge zu schießen. Auch Zivilpolizisten und Helikopter wurden eingesetzt.
Ein Jugendlicher erlitt drei Rippenbrüche und einen Lungenriss, als er von einem Gummigeschoss getroffen wurde. Ein weiterer verlor ein Auge, einem anderen musste die Milz entfernt werden. Etwa neunzehn Menschen kamen mit Verletzungen ins Krankenhaus, darunter sieben, die von Gummigeschossen getroffen wurden. Dutzende weitere Menschen mussten wegen der Auswirkungen von Blendgranaten und Tränengas ins Krankenhaus. Ein Rollstuhlfahrer, der gegen das Vorgehen der Polizei protestierte, wurde wegen „Erregung öffentlichen Ärgernisses“ verhaftet.
Acht Minderjährige wurden von der Polizei über Nacht festgehalten, bevor sie entlassen wurden. 41 Menschen erhielten Strafanzeigen.
Zwei Studenten und ein Mitglied der Vereinigung El Clot, einem Nachbarschaftskomitee, sind noch in Haft. Den beiden Studenten wird Erregung öffentlichen Ärgernisses, Sachbeschädigung und tätlicher Angriff auf Polizisten und andere Amtspersonen vorgeworfen. Ihnen wird außerdem vorgehalten, an den Störungen beteiligt gewesen zu sein, die am Nachmittag nach dem Streik stattfanden, obwohl sie bereits am Morgen verhaftet wurden.
Die Polizei behauptete, dies Vorgehen sei gerechtfertigt, weil sie zu einer Gruppe gehörten, die später an den Störungen beteiligt war. Die Behörden behaupten, sie sollten in Haft bleiben, damit sie sich nicht an künftigen Aktivitäten gegen das System beteiligen, genauer gesagt an Protesten, die während des Gipfeltreffens der Europäischen Zentralbank am 3. Mai in Barcelona geplant sind.
Dass Personen wegen eines in der Zukunft liegenden Verbrechens verhaftet werden können, kommt einer Präventivverhaftung gleich und ist nur die neueste unheimliche Entwicklung in einer Reihe von repressiven Maßnahmen, die die herrschende Elite seit dem Beginn der Wirtschaftskrise 2008 anwendet.
Erstmals wurden diese Maßnahmen von der sozialdemokratischen Sozialistischen Arbeiterpartei im Dezember 2010 angewandt. Sie setzte das Militär gegen streikende Fluglotsen ein, die gegen eine 50prozentige Gehaltskürzung und Angriffe auf ihre Arbeitsbedingungen protestierten.
Im Mai 2011 ging die Polizei mit Gummigeschossen und Knüppeln gegen Demonstranten auf der Plaza de Catalunya in Barcelona vor. Sie hatten den Platz besetzt und protestierten friedlich gegen die Sparmaßnahmen. Im darauffolgenden Monat löste die Polizei eine Demonstration vor dem katalanischen Parlament gegen Kürzungen im Bildungs- und Gesundheitswesen gewaltsam auf.
Die Volkspartei eskaliert diese Angriffe systematisch. Vor dem Generalstreik demonstrierten im Februar Studenten und Schüler in Valencia gegen die Kürzungen im Bildungsbereich. Nachdem der Polizeichef sie als „den Feind“ bezeichnet hatte, ging die Polizei brutal gegen sie vor.
Jedes Mal haben die rechten Medien das Vorgehen der Polizei bejubelt, ein noch härteres Vorgehen gefordert und versucht, faschistische Kräfte zur Niederschlagung des Widerstandes gegen den Sparkurs zu mobilisieren.
Die Zeitung ABC beispielsweise, die seit ihrer Gründung 1903 jedes reaktionäre und faschistische Regime in Spanien unterstützt hat, veröffentlicht die Namen von Einzelpersonen und Organisationen, denen sie vorwirft, zum Widerstand gegen die Regierung aufzurufen. Sie hat es dabei vor allem auf Mitglieder der „Bewegung 15-M, Umweltschützer und Radikale“ abgesehen.
Entsprechend diesen Forderungen kündigte der katalanische Innenminister Felip Puig am Dienstag an, dass die anarchosyndikalistischen Gewerkschaften CNT und CGT für die Störungen während des Generalstreiks zur Rechenschaft gezogen werden, Zu diesem Zweck schlug er eine Änderung der Gesetze zur Versammlungsfreiheit vor.
Er sagte, es soll eine Webseite eingerichtet werden, auf der „Bürger die Gewalttätigen identifizieren können.“ Dies solle mit strengeren Ausweiskontrollen, der Einstellung weiterer 100 Bereitschaftspolizisten und „besserer Koordination mit europäischen Polizeibehörden“ bei der Verfolgung von Demonstranten „gegen das System“ verbunden werden.
Innenminister Jorge Fernández Díaz hatte bereits erklärt, die Regierung plane, das Gesetz zu ändern. Die Antiterrorgesetze, die gegen die baskischen Separatisten angewandt werden, sollen zukünftig auch bei öffentlichen Unruhen Anwendung finden.
Die Regierung von Mariano Rajoy setzt Kürzungen in Höhe von 27 Milliarden Euro durch, um das Haushaltsdefizit von 8,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes in diesem Jahr noch auf 5,3 Prozent zu senken, und die herrschende Klasse Europas weiß, dass dies nicht mit demokratischen Mitteln möglich ist
Was sie vorhat, kann man in Griechenland bereits sehen. Seit fünf Jahren wird den Arbeitern und Jugendlichen eine Runde Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen nach der anderen zugemutet, eine brutaler als die andere und ohne dass ein Ende in Sicht ist.
In Spanien und in ganz Europa steht der Arbeiterklasse ein Kampf um die politische Macht gegen die Bourgeoisie und ihre Vertreter - auch die Gewerkschaften – bevor.
Sparprogramme und die Entwicklung einer Diktatur können nur durch den Kampf für eine Arbeiterregierung auf der Grundlage sozialistischer Politik verhindert werden.